Urteil des VG Düsseldorf vom 24.10.2003

VG Düsseldorf: mündliche prüfung, staatsprüfung, französisch, ausbildung, gymnasium, sport, hausarbeit, prüfer, prüfungsbehörde, kontaktaufnahme

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 15 K 2194/01
Datum:
24.10.2003
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
15. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
15 K 2194/01
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 25,00 Euro
abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in
gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
1
Der Kläger absolvierte in der Zeit vom 1. Februar 1998 bis 23. Oktober 2000 den
Vorbereitungsdienst für ein Lehramt an öffentlichen Schulen. Der auf den Schwerpunkt
Gesamtschule ausgerichtete Vorbereitungsdienst an der Städtischen Gesamtschule H-
E1 sowie an den Gymnasien Nstraße und H1 in H erfasste die Lehrämter Sekundarstufe
II und Sekundarstufe I. Die fachliche Betreuung erfolgte durch Studiendirektorin I1 im
Hauptseminar, Studiendirektorin Dr. S im Fach Französisch und Studiendirektorin I2 im
Fach Sport. Am Ende der regulären Zeit des Vorbereitungsdienstes unterzog sich der
Kläger erstmalig der Zweiten Staatsprüfung. Nachdem er in der Zeit vom 25. März bis
25. Juni 1999 die schriftliche Hausarbeit im Fach Französisch gefertigt hatte, legte er am
25. November 1999 vor dem aus Studiendirektor E2 (Vorsitz), Studiendirektorin I1,
Studiendirektorin I2 sowie Oberstudienrätin X zusammengesetzten Prüfungsausschuss
die übrigen Prüfungsteile ab. Die Prüfungsleistungen wurden wie folgt bewertet:
schriftliche Hausarbeit im Fach Französisch: "ausreichend (3,7)", Unterrichtsprobe im
Fach Französisch am Gymnasium H1: "mangelhaft (5,0)", mündliche Prüfung im Fach
Französisch: "mangelhaft (5,0)", Unterrichtsprobe im Fach Sport an der Gesamtschule
H-E1: "ausreichend (3,7)", mündliche Prüfung im Fach Sport: ?ausreichend (3,7)" sowie
mündliche Prüfung im Hauptseminar: "mangelhaft (5,0)". Sowohl in den
Fachleitergutachten für die Fächer Französisch und Sport als auch im
Hauptseminarleitergutachten war der Kläger mit der Note "befriedigend (3,3)" bewertet
worden. Auf Grund der danach für das Fach Französisch berechneten Note "mangelhaft
(4,4)" teilte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 7. Dezember 1999, der eine
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Rechtsbehelfsbelehrung nicht enthielt, mit, dass er die Zweite Staatsprüfung nicht
bestanden habe. Er wies weiter darauf hin, dass der Kläger die Prüfung einmal
wiederholen könne, die schriftliche Hausarbeit im Fach Französisch mit der Note
"ausreichend (3,7)" in die Wiederholungsprüfung übernommen werde und der
Vorbereitungsdienst um 12 Monate verlängert werde.
Im Folgenden absolvierte der Kläger die Verlängerung seines Vorbereitungsdienstes,
und zwar wiederum an der Städtischen Gesamtschule H-E1 sowie am Gymnasium
Nstraße in H. Mit Schreiben vom 17. Dezember 1999 beantragte er beim Beklagten die
Verkürzung des zu wiederholenden Vorbereitungsdienstes auf 6 Monate. Daraufhin
forderte der Beklagte mit Schreiben vom 27. Dezember 1999 den für den ersten
Prüfungsversuch zuständigen Prüfungsausschuss auf, über diesen Antrag zu befinden.
Mit Bescheid vom 27. Februar 2000 teilte der Beklagte dem Kläger mit, der zuständige
Prüfungsausschuss habe bestimmt, dass der Vorbereitungsdienst um 9 anstatt 12
Monate verlängert werde. Insofern ändere er das Schreiben vom 7. Dezem- ber 1999 ab.
Nachdem der Beklagte mit Bezug auf die zu wiederholende Zweite Staats-prüfung des
Klägers dem Studienseminar mitgeteilt hatte, dass für die Unterrichtsproben und die
mündliche Prüfung des Klägers der Zeitraum vom 16. - 24. Oktober 2000 vorgesehen
sei, übermittelte das Studienseminar dem Beklagten mit Schreiben vom 21. August
2000 den Wunsch des Klägers, sich der Prüfung am 23. Oktober 2000 zu unterziehen.
Mit Schreiben vom 6. September 2000 bestätigte der Beklagte dem Studienseminar
diesen Termin und benannte - verbunden mit der Bitte, die Prüfer und den Kandidaten
entsprechend zu benachrichtigen - folgende Prüfer: Studiendirektor Dr. L als
Fremdprüfer, Studiendirektorin I2, Studiendirektorin I1 sowie Leitenden
Regierungsschuldirektor H2, der als Vorsitzender aufgeführt wurde. Nachdem
Studiendirektor Dr. L mit Schreiben vom 7. September 2000 mitgeteilt hatte, dass er an
der Wahrnehmung des Prüfungstermins verhindert sei, berief der Beklagte
Studiendirektor X1 als Fremdprüfer für das Fach Französisch.
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Am 23. Oktober 2000 unterzog sich der Kläger der Wiederholung der Zweiten
Staatsprüfung. Seine an diesem Tag erbrachten Prüfungsleistungen wurden wie folgt
bewertet: Unterrichtsprobe im Fach Französisch am Gymnasium Nstraße in H:
"ausreichend (4,0)", mündliche Prüfung im Fach Französisch: "ungenügend (6,0)",
Unterrichtsprobe im Fach Sport an der Gesamtschule H-E1: "mangelhaft (5,0)",
mündliche Prüfung im Fach Sport: "mangelhaft (5,0)" sowie mündliche Prüfung im
Hauptseminar: "mangelhaft (5,0)". In den Fachleitergutachten für die Fächer Fran-
zösisch und Sport war der Kläger mit der Note "befriedigend (3,3)" und im
Hauptseminar-leitergutachten mit der Note "ausreichend (4,0)" bewertet worden. Mit
Bescheid vom 24. Oktober 2000 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er die Zweite
Staatsprüfung am 23. Oktober 2000 nicht bestanden habe und eine weitere
Wiederholung der Prüfung nicht zulässig sei.
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Daraufhin legte der Kläger am 27. Oktober 2000 zunächst gegen den das erstmalige
Nichtbestehen der Zweiten Staatsprüfung betreffenden Bescheid des Beklagten vom 7.
Dezember 1999 Widerspruch ein. Am 14. November 2000 erfolgte dann der
Widerspruch gegen den Bescheid des Beklagten vom 24. Oktober 2000, in dem dieser
das Nichtbestehen der Wiederholungsprüfung und das endgültige Nichtbestehen der
Zweiten Staatsprüfung mitgeteilt hatte. In der gemeinsamen Widerspruchsbegründung
machte der Kläger mit Schriftsatz vom 27. November 2000 bezogen auf den ersten
Prüfungsversuch geltend, dass es im Rahmen des Vorbereitungsdienstes zu schweren
Ausbildungsdefiziten gekommen sei. Ein Kursangebot entsprechend seinem
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Schulschwerpunkt sei nicht vorhanden gewesen, und eine Änderung des
Schulschwerpunktes hin zur Schulform Gymnasium sei trotz seiner Bitten nicht
ermöglicht worden. Auf Grund noch weiterer, schwerer Ausbildungsdefizite habe der
Beklagte seine Fürsorgepflicht verletzt, sodass ein Verstoß gegen Art. 3 des
Grundgesetzes vorliege. Bezogen auf den wiederholten Prüfungsversuch nach
Verlängerung des Vorbereitungsdienstes wurde der Widerspruch mit der Fortwirkung
der genannten Ausbildungsdefizite begründet. Ferner sei die Entscheidung über die
Verkürzung des zu wiederholenden Vorbereitungsdienstes zu spät getroffen worden,
nämlich erst 3 Monate nach dem erfolglosen ersten Prüfungsversuch. Auch die
Benennung des Fremdprüfers im Fach Französisch sei verspätet erfolgt, nämlich erst 3
Tage vor dem Examenstermin, sodass eine ernsthafte Möglichkeit der Kontaktaufnahme
nicht bestanden habe. Darüber hinaus habe sich der als Fremdprüfer fungierende
Studiendirektor X1 vor der Unterrichtsprobe nicht mit dem Unterrichtsentwurf
beschäftigen können, da er erst zum Stundenbeginn eingetroffen sei. Schließlich sei die
Hauptseminarleiterin, Studiendirektorin I1, befangen gewesen. Das Verhältnis zu ihr
habe sich in der verlängerten Zeit des Vorbereitungsdienstes verschlechtert. Die
Spannungen seien größer geworden, und die Bewertung im
Hauptseminarleitergutachten sei um eine Note schlechter ausgefallen, sodass er bereits
Zweifel gehabt habe, ob noch mit einer unvoreingenommenen Bewertung gerechnet
werden könne. Diese Bedenken habe er wiederholt Frau I3, der Sekretärin des
Studienseminars, mitgeteilt. Vor der Prüfung habe Studiendirektorin I1 ihm noch den Rat
gegeben, er solle "Erzieher" oder "Kameramann" werden. Zu einer objektiven
Bewertung seiner Prüfungsleistungen sei sie danach nicht mehr in der Lage gewesen.
Nachdem der Beklagte eine Auskunft bei der Bezirksregierung L1 als der zuständigen
Ausbildungsbehörde sowie eine Stellungnahme des Prüfungsausschusses eingeholt
hatte, wies er mit Bescheid vom 25. Januar 2001 zunächst den Widerspruch des
Klägers gegen den das erstmalige Nichtbestehen betreffenden Bescheid vom 7.
Dezember 1999 zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen an, dass die
Bezirksregierung L1 als Ausbildungsbehörde mitgeteilt habe, dass Ausbildungsmängel
vor Ablegen der Zweiten Staatsprüfung zu keinem Zeitpunkt in schriftlicher und damit
wirksamer Form geltend gemacht worden seien. Da eine solche Geltendmachung auch
gegenüber dem Beklagten vor der Prüfung nicht erfolgt sei, könnten die nunmehr
vorgetragenen Mängel im Hinblick auf den Grundsatz der Chancengleichheit nicht mehr
berücksichtigt werden.
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Mit Bescheid vom 2. März 2001 wies der Beklagte auch den Widerspruch gegen den die
Wiederholungsprüfung und das endgültige Nichtbestehen betreffenden Bescheid vom
24. Oktober 2000 zurück. Hinsichtlich der einzelnen Einwendungen des Klägers stellte
er Folgendes fest: Dass auf Grund der späten Benennung des Fremdprüfers eine
Kontaktaufnahme mit Studiendirektor X1 nicht möglich gewesen sei, sei ohne Belang,
da eine solche Kontaktaufnahme nicht vorgesehen sei. Was das geltend gemachte
verspätete Erscheinen des Studiendirektors X1 betreffe, so ergebe sich aus der
Stellungnahme des Prüfungsausschusses, dass dieser bereits 25 Minuten vor
Unterrichtsbeginn anwesend gewesen sei, sodass eine Verletzung von Prüferpflichten
nicht erkennbar sei. Auch eine Befangenheit der Studiendirektorin I1 sei nicht
ersichtlich. Eine solche habe der Kläger im Übrigen bereits vor der Prüfung rügen
müssen, wenn er - was hier der Fall sei - Bedenken gegen ihre Unvoreingenommenheit
gehabt habe. Hinsichtlich des Einwands der fortwirkenden Ausbildungsdefizite
schließlich wiederholte der Beklagte seine im Widerspruchsbescheid vom 25. Januar
2001 gegebene Begründung.
7
Am 8. Februar 2001 hat der Kläger gegen den das erstmalige Nichtbestehen
betreffenden Bescheid des Beklagten vom 25. November 1999 und den
Widerspruchsbescheid vom 25. Januar 2001 unter dem Aktenzeichen 10 K 1085/01 vor
dem Verwaltungsgericht Köln Klage erhoben. Die Klageerhebung bezogen auf den
Bescheid des Beklagten betreffend die Wiederholungsprüfung und das endgültige
Nichtbestehen vom 23. Oktober 2000 und den Widerspruchsbescheid vom 2. März 2001
ist bei demselben Gericht am 8. März 2001 unter dem Aktenzeichen 10 K 1888/01
erfolgt. Mit Beschlüssen vom 10. April 2001 hat das Verwaltungsgericht Köln die
Verfahren an das Verwaltungsgericht Düsseldorf verwiesen, bei dem sie zunächst unter
den Aktenzeichen 15 K 2194/01 und 15 K 2195/01 anhängig geworden sind, bevor sie
durch Beschluss vom 23. April 2001 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung
verbunden worden sind und seitdem unter dem Aktenzeichen 15 K 2194/01 fortgeführt
werden.
8
Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger im Hinblick auf das erstmalige
Nichtbestehen der Zweiten Staatsprüfung Folgendes vor: Er räume ein, dass er die
Ausbildungsmängel nicht schriftlich gerügt habe. Allerdings habe er vehement versucht,
eine Änderung des Schulschwerpunktes zu erreichen. Im Übrigen sei es Aufgabe des
Seminars der Bezirksregierung gewesen, ihm einen Schwerpunktwechsel frühzeitig zu
ermöglichen. Schließlich habe er sich um diverse Oberstufenkurse selbst kümmern
müssen, was die Ausbildung ebenfalls erheblich erschwert habe.
9
In Bezug auf den Bescheid des Beklagten vom 24. Oktober 2000, der den zweiten
Prüfungsversuch betrifft, trägt der Kläger vor, die im Vergleich zu den
Fachleitergutachten schlechtere Bewertung vor allem der mündlichen Prüfung im Fach
Französisch sei pädagogisch nicht erklärlich. Daher verstärke sich sein Eindruck, dass
nicht unbedingt von völliger Unbefangenheit der Prüfer die Rede sein könne.
Hinsichtlich der Benennung des Fremdprüfers macht der Kläger nunmehr geltend, auf
Grund der späten Festsetzung habe sich dieser nicht mehr in der nach dem Erlass des
Kultusministers vom 24. September 1985, Nr. III C 1.40-22/0-226/85, erforderlichen
Weise mit der Materie auseinander setzen können. Ferner sei Studiendirektor X1
entgegen der Aussage des Prüfungsausschusses eher 10 als 25 Minuten vor der
Prüfung erschienen. Was den Vorwurf der Befangenheit betreffend Studiendirektorin I1
anbelange, belege der von ihm beantragte - jedoch abgelehnte - Wechsel des
Studienseminars, dass es Spannungen im Verhältnis zu Studiendirektorin I1 gegeben
habe, denn dort habe er als Begründung angeführt, dass ihm eine Zusammenarbeit mit
ihr auf einer Vertrauensbasis unmöglich geworden sei und sie ihm in seiner schwierigen
Situation kein Verständnis entgegengebracht habe.
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Der Kläger beantragt,
11
1. den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 7. Dezember 1999 und des
Widerspruchsbescheides vom 25. Januar 2001 zu verpflichten, ihn nach erneuter
Durchführung der Unterrichtsproben und gegebenenfalls der mündlichen Prüfung über
das Ergebnis der Zweiten Staatsprüfung im ersten Prüfungsversuch unter Beachtung
der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden,
12
2.
13
3. den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 24. Oktober 2000 und des
14
Widerspruchsbescheides vom 2. März 2001 zu verpflichten, ihn nach erneuter
Durchführung der Unterrichtsproben und gegebenenfalls der mündlichen Prüfung im
Wiederholungsversuch über das Ergebnis der Zweiten Staatsprüfung unter Beachtung
der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
4.
15
Der Beklagte beantragt,
16
die Klage abzuweisen.
17
Hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Ausbildungsdefizite verweist er auf die
Ausführungen in den Widerspruchsbescheiden. Soweit der Kläger diesen Ausführungen
überhaupt entgegentrete, könne auch dies nicht zu einer anderen Beurteilung führen, da
die Feststellung der Bezirksregierung, dass Ausbildungsmängel vor der Prüfung nicht in
schriftlicher Form gerügt worden seien, nicht zur Disposition stehe. In Bezug auf den
zweiten Prüfungsversuch des Klägers sei auf Grund der eigenen Sachkunde des
Studiendirektors X1 nicht davon auszugehen, dass er sich als Fremdprüfer nicht
genügend auf die Prüfung habe vorbereiten können.
18
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den
Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten
sowie der Bezirksregierung L1 Bezug genommen.
19
Entscheidungsgründe:
20
Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. Dies gilt sowohl
hinsichtlich des Nichtbestehens der Zweiten Staatsprüfung im ersten Versuch als auch
im Hinblick auf das Nichtbestehen dieser Prüfung im Wiederholungsversuch.
21
I. Der Kläger hat gegen den Beklagten zunächst keinen Anspruch darauf, dass über das
Ergebnis seiner im ersten Prüfungsversuch erbrachten Prüfungsleistungen nach
Maßgabe des Klageantrages zu 1. erneut entschieden wird. Den diesbezüglichen, nicht
mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen Bescheid des Beklagten vom 7. Dezember
1999 hat der Kläger am 27. Oktober 2000 zwar noch innerhalb der Widerspruchsfrist
angegriffen (§§ 70 Abs. 2 i. V. m. 58 Abs. 2 VwGO). Mit der Bewertung der schriftlichen
Hausarbeit und der am 25. November 1999 durchgeführten Unterrichtsproben und der
mündlichen Prüfung ist sein Prüfungsanspruch jedoch erfüllt. Die Entscheidung des
Beklagten, die Zweite Staatsprüfung mit Bescheid vom 7. Dezember 1999 für nicht
bestanden zu erklären, sowie der diese Entscheidung bestätigende
Widerspruchsbescheid vom 25. Januar 2000 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger
nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO). Dem Kläger steht der geltend
gemachte Neubescheidungsanspruch nicht zu.
22
Maßgebliche Rechtsgrundlage für die Entscheidung des Beklagten ist die Ordnung des
Vorbereitungsdienstes und der Zweiten Staatsprüfung für Lehrämter an Schulen
(Ordnung des Vorbereitungsdienstes und der Zweiten Staatsprüfung vom 8. Juli 1994
(GV NW, S. 626) - OVP -. Insbesondere findet die Nachfolgeordnung (Ordnung des
Vorbereitungsdienstes und der Zweiten Staatsprüfung für Lehrämter an Schulen
"Ordnung des Vorbereitungsdienstes und der Zweiten Staatsprüfung " vom 12.
Dezember 1997 "GV NW 1998, S. 2" - OVP n. F. -) auf den Kläger, der am 1. Februar
23
1998 in den Vorbereitungsdienst eingetreten ist und dessen Ausbildung sich auf die
Lehrämter der Sekundarstufe II und I bezogen hat, noch keine Anwendung. Das folgt
aus § 71 Abs. 2 lit. b) OVP n. F. Danach sind die Regelungen der Ordnung des
Vorbereitungsdienstes und der Zweiten Staatsprüfung alter Fassung letztmalig auf
Lehramtsanwärter anzuwenden, die -sofern sie nicht im Lehramt der Primarstufe
ausgebildet werden - am 1. Februar 1998 in den Vorbereitungsdienst eingetreten sind.
Gemäß § 21 Abs. 2 lit. b) OVP ist die Zweite Staatsprüfung nicht bestanden, wenn die
Note in einem Fach nicht mindestens "ausreichend (4,0)" ist. Dabei ergibt sich die
Fachnote gemäß § 20 Abs. 1 S. 1 OVP aus der durch sechs geteilten Summe der
dreifach gewichteten Note der Unterrichtsprobe, der zweifach gewichteten Note im
Endgutachten der Fachleiterin oder des Fachleiters über den Vorbereitungsdienst und
der einfach gewichteten Note für die mündliche Prüfung im Fach.
24
Danach hat der Kläger den ersten Versuch der Zweiten Staatsprüfung, der am 25.
November 1999 mit den Unterrichtsproben und der mündlichen Prüfung abgeschlossen
worden ist, nicht bestanden.
25
Nach der dem Bescheid des Beklagten vom 7. Dezember 1999 zugrundegelegten
Berechnung hat der Kläger im Fach Französisch mit "mangelhaft (4,4)"eine Note
erhalten, die i. S. d. § 21 Abs. 2 lit. b) OVP nicht "ausreichend (4,0)" ist. Dass diese
Berechnung nicht korrekt ist, ist ebenso wenig ersichtlich wie ein sonstiger, dem
Prüfungsverfahren anhaftender Fehler. Die ermittelte Note von "mangelhaft (4,4)" ergibt
sich - wie in § 20 Abs. 1 S. 1 OVP vorgesehen - aus der durch sechs geteilten Summe
(26,6) der dreifach gewichteten Note der Unterrichtsprobe (3 x 5,0=15,0), der zweifach
gewichteten Note des Fachleitergutachtens (2 x 3,3=6,6) und der einfach gewichteten
Note der mündlichen Prüfung im Fach (1 x 5,0=5,0).
26
Auch sonstige, den ersten Prüfungsversuch des Klägers betreffende Fehler sind nicht
erkennbar. Soweit er Mängel in der Ausbildung geltend macht, die nach seiner Ansicht
zu einer Verletzung des Grundsatzes der Chancengleichheit geführt haben sollen mit
der Folge, dass die Prüfungsentscheidung aus diesem Grund als rechtswidrig
anzusehen sei, kann dies nicht zum Erfolg der Klage führen. Denn Mängel der
Ausbildung sind nicht Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung von
Prüfungsentscheidungen des Beklagten. Das ergibt sich daraus, dass die Ausbildung
an sich keine im Rahmen der Zweiten Staatsprüfung zu erbringende Prüfungsleistung
ist (§ 12 OVP),
27
vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. November 1992 - 6 B 36/92 - NVwZ-RR 1993, 188.
28
Dementsprechend müssen Mängel der Ausbildung gegenüber der gemäß § 2 OVP für
die Ausbildung zuständigen Behörde - hier der Bezirksregierung L1 - geltend gemacht
werden. Diese Rechtsfolge, die auf der strikten Trennung der Zuständigkeiten von
Ausbildungs- und Prüfungsbehörde beruht, ergibt sich jedenfalls für den hier zu Grunde
liegenden Fall einer der alten Prüfungsordnung (OVP) unterfallenden Zweiten
Staatsprüfung. Denn anders als § 17 Abs. 5 S. 3 i.V.m. § 62 Abs. 3 OVP n. F., der es
dem Prüfling nunmehr ermöglicht, zumindest bestimmte ausbildungsbezogene
Einwendungen gegenüber der Prüfungsbehörde geltend zu machen, sehen die hier
maßgeblichen Vorschriften eine Überprüfbarkeit von Rügen, die die Ausbildung
betreffen, durch die Prüfungsbehörde nicht vor,
29
vgl. zu dieser Problematik auch Urteil der Kammer vom 5. Juli 2002 - 15 K 1538/01 -, S.
8 f. des Urteilsabdrucks.
30
Auch im Übrigen sind Rechtsfehler, die geeignet sind, die Rechtswidrigkeit der
Entscheidung des Beklagten betreffend den ersten Versuch der Zweiten Staatsprüfung
des Klägers zu begründen, nicht erkennbar. Insbesondere ist der Umstand, dass der
Kläger seine Unterrichtsprobe im Fach Französisch nicht in seiner als Schwerpunkt
gewählten Schulform (Gesamtschule) sondern an einem Gymnasium abgelegt hat, nicht
als Fehler des Prüfungsverfahrens anzusehen. Zwar sieht § 18 Abs. 1 Hs. 1 OVP vor,
dass die Unterrichtsproben in der Schulform durchzuführen sind, in der die
Lehramtsanwärter ausschließlich oder mit Schwerpunkt ausgebildet worden sind.
Allerdings ist auch bereits die Ausbildung des Klägers im Fach Französisch in der
Oberstufe mangels entsprechender Kurse an seiner Gesamtschule am Gymnasium
erfolgt. In einem solchen Fall ist es nicht zu beanstanden, wenn auch die
Unterrichtsprobe entgegen dem gewählten Schwerpunkt i.S.d. § 35 Abs. 2 S. 1 bzw. §
38 Abs. 2 S. 1 OVP am Gymnasium stattfindet. Vor dem Hintergrund der Regelung des §
18 Abs. 1 Hs. 2 OVP erscheint eine solche Vorgehensweise sogar angezeigt. Danach
finden die Unterrichtsproben in der Regel an der Schule statt, an der die Ausbildung im
letzten Ausbildungsabschnitt erfolgt ist. Die Ausbildung des Klägers im Fach
Französisch aber hat in diesem Ausbildungsabschnitt am Gymnasium stattgefunden.
31
Erweist sich der Bescheid des Beklagten vom 7. Dezember 1999 danach als
rechtmäßig, hat der Kläger keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte über das
Ergebnis des ersten Versuchs seiner Zweiten Staatsprüfung erneut entscheidet.
32
II. Auch ein Anspruch darauf, dass ihn der Beklagte über das Ergebnis des
Wiederholungsversuchs der Zweiten Staatsprüfung nach einer erneuten Durchführung
der Unterrichtsproben und gegebenenfalls Durchführung der mündlichen Prüfung neu
bescheidet, steht dem Kläger nicht zu. Denn ebenso wie der den ersten
Prüfungsversuch betreffende Bescheid ist auch die Entscheidung des Beklagten vom
24. Oktober 2000, die Wiederholungsprüfung und damit die Zweite Staatsprüfung
insgesamt für endgültig nicht bestanden zu erklären, rechtmäßig und verletzt den Kläger
nicht in seinen Rechten.
33
Die Zweite Staatsprüfung, die im Falle des Nichtbestehens gemäß § 25 Abs. 1 OVP
einmal wiederholt werden kann, ist - wie oben bereits ausgeführt - gemäß § 21 Abs. 2 lit.
b) OVP nicht bestanden, wenn die Note in einem Fach nicht mindestens "ausreichend
(4,0)" ist. Darüber hinaus ist die Zweite Staatsprüfung nach § 21 Abs. 2 lit. a) OVP auch
dann nicht bestanden, wenn die Durchschnittsnote nicht mindestens "ausreichend (4,0)"
ist. Die Durchschnittsnote ergibt sich gemäß § 21 Abs. 1 OVP aus der durch 18 geteilten
Summe der jeweils dreifach gewichteten Noten der Hausarbeit und der beiden
Unterrichtsproben, den zweifach gewichteten Noten der Endbeurteilung der beiden
Fachleiterinnen oder Fachleiter und der Hauptseminarleiterin oder des
Hauptseminarleiters sowie den einfach gewichteten Noten der in der mündlichen
Prüfung erbrachten Leistungen in Gegenständen des Hauptseminars und der beiden
Fächer (§ 20 Abs. 1 S. 1 OVP).
34
Gemessen daran hat der Kläger auf Grund der Hausarbeit und der am 23. Oktober 2000
erbrachten Prüfungsleistungen den Wiederholungsversuch der Zweiten Staatsprüfung
sowohl gemäß § 21 Abs. 2 lit. b) OVP als auch nach § 20 Abs. 2 lit. a) OVP nicht
bestanden. Das ergibt sich daraus, dass er sowohl in den beiden Fächern Französisch
35
und Sport jeweils Leistungen erbracht hat, die weniger als "ausreichend (4,0)" sind,
nämlich "mangelhaft (4,1)" bzw. "mangelhaft (4,4)". Darüber hinaus ist auch die aus
allen Prüfungsteilen gebildete Durchschnittsnote "mangelhaft (4,1)".
Hinsichtlich dieser Feststellungen bestehen keine rechtlichen Bedenken. Dies gilt
sowohl für die Berechnung der einzelnen Noten als auch für die Prüfungsentscheidung
im Übrigen.
36
Die mit "mangelhaft (4,1)" festgesetzte Note in Französisch ergibt sich - entsprechend §
20 Abs. 1 S. 1 OVP - aus der durch sechs geteilten Summe (24,6) der dreifach
gewichteten Note der Unterrichtsprobe (3 x 4,0=12,0), der zweifach gewichteten Note
des Fachleitergutachtens (2 x 3,3=6,6) und der einfach gewichteten Note der
mündlichen Prüfung im Fach (1 x 6,0=6,0). Die Note in Sport ("mangelhaft" 4,4?) ist
Ergebnis der durch sechs geteilten Summe (26,6) der dreifach gewichteten Note der
Unterrichtsprobe (3 x 5,0=15,0), der zweifach gewichteten Note des
Fachleitergutachtens (2 x 3,3=6,6) und der einfach gewichteten Note der mündlichen
Prüfung im Fach (1 x 5,0=5,0). Schließlich folgt die Durchschnittsnote von "mangelhaft
(4,1)" aus der durch 18 geteilten Summe (75,3) der bezüglich der beiden Fächer
errechneten Summen (24,6 + 26,6=51,2), der dreifach gewichteten Note der Hausarbeit
(3 x 3,7=11,1), der zweifach gewichteten Note des Hauptseminarleitergutachtens (2 x
4,0=8) sowie der einfach gewichteten Note der das Hauptseminar betreffenden
mündlichen Prüfung (1 x 5,0=5,0).
37
Die auf Grund dieser Noten getroffene Entscheidung des Beklagten, die Zweite
Staatsprüfung des Klägers für endgültig nicht bestanden zu erklären, ist auch im
Übrigen nicht zu beanstanden.
38
Ein Anspruch auf Neubescheidung nach erneuter Durchführung eines Prüfungsteils
besteht, wenn das Prüfungsverfahren einen Verfahrensfehler aufweist, der Prüfling
diesen Fehler rechtzeitig gerügt hat und nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich
der Verfahrensfehler auf das Prüfungsergebnis ausgewirkt hat,
39
vgl. Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Band 2, Prüfungsrecht, 3. Auflage, Rn. 284 und
287.
40
Das ist hier nicht der Fall. Fehler des Prüfungsverfahrens, die zu einer Aufhebung des
Bescheids des Beklagten vom 24. Oktober 2000 mit der Folge führen, dass ein erneuter
Prüfungstermin festzusetzen ist, an dem der Kläger zwei Unterrichtsproben und
gegebenenfalls die mündliche Prüfung zu absolvieren hat, liegen nicht vor.
41
Zunächst können die vom Kläger geltend gemachten (fortwirkenden)
Ausbildungsmängel aus den oben genannten Gründen auch der Entscheidung des
Beklagten betreffend den Wiederholungsversuch der Zweiten Staatsprüfung nicht
entgegengehalten werden. Ebenso ohne Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des
angegriffenen Bescheides bleibt der bereits erörterte Umstand, dass der Kläger seine
Unterrichtsprobe im Fach Französisch an einem Gymnasium abgelegt hat.
42
Soweit der Kläger in seiner Widerspruchsbegründung, auf die er in der
Klagebegründung Bezug genommen hat, vorgetragen hat, sein Antrag auf Verkürzung
der zu wiederholenden Referendarzeit von 12 auf 6 Monate sei zu spät, nämlich erst
drei Monate nach dem Nichtbestehen des ersten Prüfungsversuchs beschieden worden,
43
bleibt dieser Einwand gleichfalls ohne Erfolg. Zwar kann der Kläger diesen Punkt im
Verfahren gegen den Beklagten als Prüfungsbehörde geltend machen, weil gemäß § 25
Abs. 4 OVP das Prüfungsamt die Festsetzung der Verlängerung mitteilt, und zwar auch
in den Fällen, in denen - wie hier - gemäß § 25 Abs. 3 S. 2 OVP der Prüfungsausschuss
über die Dauer der Verlängerung entscheidet. Jedoch kann das Vorgehen des
Beklagten nicht als beachtlicher Verfahrensfehler qualifiziert werden. Dies gilt bereits
deshalb, weil die einschlägige Prüfungsordnung oder andere maßgebliche Gesetze
eine bestimmte Frist, die für die Entscheidung über die Verkürzung der zu
wiederholenden Referendarzeit einzuhalten ist, nicht vorsehen und sich auch aus
allgemeinen Grundsätzen nicht ergibt, dass die hier vorgenommene Bescheidung zu
spät erfolgt ist. Einschränkungen können sich diesbezüglich nur unter dem
Gesichtspunkt der ausreichenden Vorbereitungszeit auf den zweiten Prüfungsversuch
ergeben. Gemessen daran begegnet der Umstand, dass der Beklagte dem Kläger die
(abgeänderte) Festsetzung der Verlängerungszeit mit Bescheid vom 27. Februar 2000
mitteilte, keinen rechtlichen Bedenken. Denn dem Kläger blieben danach noch 6
Monate, um sich auf seinen zweiten Prüfungsversuch vorzubereiten.
Darüber hinaus ist dem Kläger die Berufung auf eine - bezogen auf den Termin der
Wiederholungsprüfung - vermeintlich zu kurzfristige Entscheidung des Beklagten
deshalb verwehrt, weil er sich rügelos auf den vorgesehenen Prüfungstermin
eingelassen hat. Verfahrensfehler im Prüfungsverfahren sind - soweit dies zumutbar ist -
unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern zu rügen,
44
Niehues, a. a. O., Rn. 195.
45
Dies ist einerseits erforderlich, um gegebenenfalls noch Abhilfemaßnahmen zu treffen.
Andererseits soll durch dieses Erfordernis sichergestellt werden, dass die
Chancengleichheit zwischen den Prüflingen gewahrt bleibt,
46
Niehues, a. a .O., Rn. 83 und 195,
47
denn ihnen soll nicht die Wahlmöglichkeit zwischen Geltenlassen und Anfechten des
fehlerhaften Prüfungsverfahrens gegeben werden.
48
Danach kann sich der Kläger auf die angeblich verspätete Bescheidung seines Antrags
auf Verkürzung der zu wiederholenden Referendarzeit nicht berufen. Vor Ablegung der
Prüfung am 23. Oktober 2000 hat er zu keinem Zeitpunkt Einwände gegen diesen
Prüfungstermin erhoben. Er hat im Gegenteil diesen Prüfungstag aus dem vom
Beklagten vorgegebenen Zeitraum (16. - 24. Oktober 2000) ausgewählt und als
Wunschtermin angegeben. Das ergibt sich aus dem Schreiben des Studienseminars an
den Beklagten vom 21. August 2000 (Bl. 40 Beiakte Heft 2).
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Ohne Erfolg bleiben auch die Einwände, die die Benennung des mit der Ausbildung des
Klägers nicht befassten, so genannten Fremdprüfers betreffen. Soweit der Kläger in
diesem Zusammenhang in seiner Widerspruchsbegründung vorgetragen hatte, auf
Grund der späten Benennung des Studiendirektors X1 sei ihm eine Kontaktaufnahme zu
diesem nicht ernsthaft möglich gewesen, hat er diesen Einwand nach dem Hinweis des
Beklagten im Widerspruchsbescheid auf den Erlass des Kultusministers vom
24.09.1985 zur Gewährleistung der Vergleichbarkeit der Verfahren während des
Vorbereitungsdienstes (GABl. NW S. 568) - RdErl - im gerichtlichen Verfahren nicht
aufrecht erhalten. Im Übrigen sollen die in diesem Zusammenhang erhobenen
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Einwendungen, Studiendirektor X1 sei zu spät benannt worden und am Prüfungstag
verspätet erschienen, nämlich erst ca. 10 Minuten vor Unterrichtsbeginn, die
Behauptung des Klägers stützen, Studiendirektor X1 habe sich nicht angemessen in die
Unterrichtsplanung einarbeiten können, weshalb er auch die Prüfungsleistung des
Klägers nicht sachgerecht habe beurteilen können. Dafür ist indes nichts ersichtlich. Die
Vorgehensweise des Beklagten verstößt weder gegen Vorschriften des
Lehrerausbildungsgesetzes bzw. der Ordnung des Vorbereitungsdienstes und der
Zweiten Staatsprüfung noch ergibt sich ein Widerspruch zu sonstigen Rechtsquellen.
Gemäß § 18 Abs. 4 OVP schlägt der Prüfling im Benehmen mit dem Ausbildungslehrer
und dem für die Ausbildung zuständigen Fachleiter das Thema der Unterrichtsprobe vor
und teilt es seinem Fachleiter vier Arbeitstage vor dem Prüfungstermin schriftlich mit.
Eine Einbindung des Fremdprüfers in die Vorbereitung der Unterrichtsprobe ist danach
gerade nicht vorgesehen. Dies verdeutlicht auch Nr. 3 RdErl, wonach Fremdprüfern
lediglich die Gegenstände des Haupt- bzw. Fachseminarplanes benannt werden sollen,
die in den Sitzungen tatsächlich behandelt worden sind. Darüber hinausgehende
Informationen sollen explizit unterbleiben.
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Bezogen auf den unmittelbaren Zeitraum vor der Unterrichtsprobe am Prüfungstag
selbst regelt § 18 Abs. 5 OVP, dass der Prüfling vor Beginn der Prüfung einem Mitglied
des Prüfungsausschusses, in der Regel dem Vorsitzenden, für jede der beiden
Unterrichtsproben eine auf den notwendigen Umfang beschränkte schriftliche Planung
der Unterrichtsstunde vorzulegen hat, und zwar sechsfach. Genauere Vorgaben dazu, in
welchem zeitlichen Abstand zum Stundenbeginn die Unterrichtsplanung
auszuhändigen ist bzw. inwieweit die diesbezüglichen Unterlagen vor der
Unterrichtsprobe von den Prüfern durchzuarbeiten sind, enthält die Ordnung des
Vorbereitungsdienstes und der Zweiten Staatsprüfung nicht. Danach ist ein Fremdprüfer
entgegen der Ansicht des Klägers nicht verpflichtet sich vor Beginn der Unterrichtsprobe
dezidiert mit der schriftlichen Unterrichtsplanung des Prüflings auseinander zu setzen.
Dieses Ergebnis rechtfertigt sich vor dem Hintergrund der Funktion des Fremdprüfers,
der die Prüfungsleistung als nicht mit der Ausbildung des Prüflings befasster, aber
dennoch sachkundiger Außenstehender beurteilen soll.
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Im Übrigen ergibt sich daraus, dass die Unterrichtsprobe (erst) vor Beginn der in der
Regel am Nachmittag stattfindenden mündlichen Prüfung unter Berücksichtigung der
schriftlichen Unterrichtsplanung bewertet wird (§ 18 Abs. 7 OVP), dass die Prüfer sich
(auch) nach der Unterrichtsprobe noch mit der Unterrichtsplanung befassen. Insofern ist
nicht ersichtlich, dass Studiendirektor X1, der als Prüfer über entsprechende Sachkunde
verfügt (§ 15 Abs. 4 OVP), die Prüfungsleistung des Klägers mangels genügender
Befassung mit der Materie nicht sachgerecht bewerten konnte. Er hatte sowohl vor der
Unterrichtsprobe als auch zwischen der Unterrichtsprobe und der mündlichen Prüfung
(10.25 Uhr - 14.27 Uhr) Gelegenheit, die Unterrichtsplanung zur Kenntnis zu nehmen.
Insoweit kann offen bleiben, ob der Zeitraum vor der Unterrichtsprobe entsprechend
dem Vortrag des Klägers 10 Minuten oder, wie es sich aus der Stellungnahme des
Prüfungsausschusses vom 15. Dezember 2000 ergibt, 25 Minuten betragen hat.
53
Soweit der Kläger schließlich geltend macht, seine Hauptseminarleiterin,
Studiendirektorin I1, sei befangen gewesen, kann dies der Klage ebenfalls nicht zum
Erfolg verhelfen. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob und inwieweit die
vorgetragenen Verhaltensweisen geeignet sind, die Besorgnis der Befangenheit zu
begründen. Denn der Kläger kann sich auf derartige Umstände nicht mehr berufen,
54
nachdem er die Zweite Staatsprüfung rügelos absolviert hat.
Die Besorgnis der Befangenheit stellt einen für das Prüfungsverfahren relevanten
Umstand dar, der als möglicher Verfahrensfehler ohne schuldhaftes Zögern zu rügen ist.
Dies ist im Hinblick auf den im Prüfungsrecht besondere Geltung beanspruchenden
Grundsatz der Chancengleichheit erforderlich und eröffnet gleichzeitig die Möglichkeit,
gegebenenfalls noch Abhilfe zu schaffen,
55
Niehues, a.a.O., Rn. 83 und 195.
56
Von einem Prüfling, der bereits vor der Prüfung hinreichende Veranlassung sieht, die
Befangenheit eines Prüfers zu besorgen, kann erwartet werden, dass er dies geltend
macht, bevor er sich in die Prüfung begibt,
57
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. November 2002 - 19 A 3758/02 -, S. 2
des Beschlussabdrucks; Niehues, a.a.O., Rn. 195; mit gleichem Ergebnis für die
Geltendmachung sonstiger Mängel: BVerwG, Beschluss vom 12. November 1992 - 6 B
36.92 -, NVwZ-RR 1993, 188 (189).
58
Unterzieht sich der Prüfling in Kenntnis der angeblichen Befangenheitsgründe
vorbehaltlos der Prüfung, lässt dies den Schluss zu, dass er eine mögliche
Voreingenommenheit nicht ernstlich befürchtet bzw. sich nicht der Chance begeben will,
bei eben diesem Prüfer eine zum Bestehen der Prüfung ausreichende
Leistungsbeurteilung zu erreichen,
59
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23. Februar 1993 - 15 A 1163/91 -, NWVBl 1993,
293 (295).
60
Danach kann sich der Kläger auf die behauptete Befangenheit von Studiendirektorin
Hermes, die er erstmals in seiner Widerspruchsbegründung vom 27. November 2000 -
und damit einen Monat und vier Tage nach der Bekanntgabe seines
Prüfungsergebnisses - geltend gemacht hat, nicht mehr berufen. Denn wie er selbst
vorgetragen hat, hatte er bereits während der Verlängerung des Referendardienstes, u.
a. aus Anlass der um eine Note schlechteren Beurteilung im
Hauptseminarleitergutachten und auf Grund der "häufigen Auseinandersetzungen ... " ..
Zweifel, ob hier tatsächlich "noch" mit einer unvoreingenommenen Bewertung
gerechnet werden" kann. Der Kläger hat zwar geltend gemacht, diese Zweifel der
Sekretärin Frau I3 mitgeteilt zu haben. Dies kann indes nicht als ordnungsgemäße Rüge
der Befangenheit angesehen werden, da eine solche gegenüber der für die
Zusammensetzung des Prüfungsausschusses zuständigen Stelle - hier dem Beklagten -
zu erheben ist. Auch soweit der Kläger behauptet, Studiendirektorin I1 habe ihm geraten
"Erzieher" oder "Kameramann" zu werden, sind dies Umstände, die nach dem Vortrag
des Klägers vor der Prüfung Anlass gegeben hätten, dem Beklagten eine
entsprechende Mitteilung zu machen.
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Ist auf Grund der Kenntnis von einer etwaigen Voreingenommenheit der Schluss
gerechtfertigt, dass der Kläger eine Befangenheit nicht ernstlich befürchtet hat bzw. sich
nicht der Chance begeben wollte, die Prüfung unter Mitwirkung von Studiendirektorin I1
zu bestehen, wird diese Annahme auch dadurch bestätigt, dass sich der Kläger aus
Anlass von Terminkollisionen, die die Person von Studiendirektorin I1 betrafen, zwei
Mal mit der Verschiebung des Prüfungstermins einverstanden erklärt hat. Dabei wäre
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dies eine unproblematische Möglichkeit gewesen, eine Prüfung ohne die Beteiligung
von Studiendirektorin I1 anzuregen.
Sind die vom Kläger geltend gemachten Einwände danach nicht geeignet, die
Rechtswidrigkeit des durchgeführten Prüfungsverfahrens herbeizuführen, und sind auch
sonstige, den Wiederholungsversuch der Zweiten Staatsprüfung betreffende Fehler
nicht ersichtlich, steht dem Kläger der mit der Klage verfolgte Anspruch nicht zu.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 Abs. 2 und Abs. 1 i.V.m. §§ 708 Nr. 11,
711 ZPO.
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