Urteil des VG Düsseldorf vom 17.07.2008
VG Düsseldorf: nachteilige veränderung, gewässer, fraktion, begriff, vorauszahlung, abgrabung, drucksache, abgabe, vollziehung, sondervorteil
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 8 K 1006/06
Datum:
17.07.2008
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
8. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
8 K 1006/06
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Hö-he
des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn
nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dersel-ben Höhe
leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
1
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zur Zahlung eines Entgeltes für die
Entnahme von Wasser zum Zwecke der Kieswäsche für das Veranlagungsjahr 2004.
2
Die Klägerin betreibt im Gebiet I auf etwa 81 ha umfassenden Flächen der Stadt L und
der Gemeinde X eine Nassabgrabung zur oberirdischen Gewinnung von Sand und
Kies. Dem liegt die mit Planfeststellungsbeschluss des Landrats L1 vom 20. März 2000
erteilte Genehmigung zur Herstellung eines Gewässers durch Abgrabung und
Herrichtung (Rekultivierung), geändert durch Plangenehmigung vom
8. September 2006, zugrunde.
3
Das Abbaugut wird über Förderbandanlagen zu der auf dem Betriebsgelände
errichteten Sand- und Kiesaufbereitungsanlage transportiert und dort im
Nasswaschverfahren von anhaftendem Schluff gereinigt. Das für die Kieswäsche
benötigte Wasser entnimmt die Klägerin dem durch die Abgrabung entstandenen
Gewässer und führt es diesem nach Gebrauch über hintereinander geschaltete
Feinsandabscheider wieder zu. Das gebrauchte Waschwasser passiert zwei
Absetzbecken, bevor es mittels Überlauf in den Uferbereich des Sees geleitet wird. Dort
werden die Feinsandbestandteile des Waschwassers zur Ausformung einer
Flachwasserzone mit Kies- und Schlammbänken im Rahmen der aufgegebenen
Rekultivierungsmaßnahmen genutzt. Die Wasserentnahme und –wiedereinleitung
4
erfolgt auf der Grundlage der von der Beklagten mit Bescheid vom 7. November 2001
erteilten wasserrechtlichen Erlaubnis zur Entnahme von Wasser aus dem hergestellten
Abgrabungsgewässer zur Kieswäsche sowie zur Wiedereinleitung des Waschwassers
in den Auskiesungssee in der Fassung des 1. Änderungsbescheides vom 26. Juni 2002
und des 2. Änderungsbescheides vom 14. März 2006.
Mit Vorauszahlungsbescheid vom 17. September 2004 setzte das Landesumweltamt
NRW als Rechtsvorgänger der Beklagten unter anderem für die Wasserentnahme aus
dem Abgrabungsgewässer der Abgrabung I im Veranlagungsjahr 2004 gem. § 6 Abs. 1
WasEG NRW einen Vorauszahlungsbetrag in Höhe von 110.648,77 Euro fest. Die der
Veranlagung zugrunde liegende Entnahmemenge entsprach der von der Klägerin
erklärten Menge. Auf Antrag der Klägerin setzte das Landesumweltamt NRW die
sofortige Vollziehung des Bescheides im Oktober 2004 für einige Monate aus.
5
Den gegen den Vorauszahlungsbescheid eingelegten Widerspruch wies das
Landesumweltamt NRW hinsichtlich des Standorts I mit Widerspruchsbescheid vom
17. Februar 2006 zurück.
6
Die Klägerin hat am 9. März 2006 Klage erhoben, zu deren Begründung sie im
Wesentlichen vorträgt: Die Wasserentnahme sei entgeltfrei nach § 1 Abs. 2 Nr. 2
WasEG NRW i.V.m. § 24 WHG, da es sich um erlaubnisfreien Eigentümergebrauch
handele. Dem stünden weder die erteilte wasserrechtliche Erlaubnis noch die hierzu
ergangenen Nebenbestimmungen entgegen. Trotz Trübung des Waschwassers sei –
wie das Gutachten des Instituts für Wasserforschung GmbH vom 22. Dezember 2006
belege – keine nachteilige Veränderung der Gewässereigenschaft zu besorgen. Ein
ökologisches Potential, auf das sich die Kieswäsche nachteilig auswirken könnte, habe
das Gewässer nicht; vielmehr entstehe das Gewässer erst durch die Auskiesung. Im
Übrigen stelle eine Entgelterhebung jedenfalls im Vergleich zur privilegierten
Kühlwassernutzung – eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung der Kieswäsche
dar.
7
Mit Beschluss vom 19. Mai 2006 – 8 L 1796/05 – hat das erkennende Gericht den von
der Klägerin gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt.
8
Unter Berücksichtigung des am 10. Juli 2006 ergangenen Festsetzungsbescheides für
das Veranlagungsjahr 2004 richtet die Klägerin die zunächst nur gegen den
Vorauszahlungsbescheid erhobene Klage nunmehr auch gegen die endgültige, mit
Widerspruch angegriffene Festsetzung in Höhe von 119.664,24 Euro. Die dem
zugrunde gelegte Entnahmemenge von 2.905.281 m³ entspricht den Angaben der
Klägerin in der Folgeerklärung 2004.
9
Die Klägerin beantragt daher nunmehr,
10
1.
festzustellen, dass der Vorauszahlungsbescheid des ehemaligen
Landesumweltamtes Nordrhein-Westfalen vom 17. September 2004, soweit er
sich auf die Abgrabung I bezieht, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 17. Februar 2006 rechtswidrig war,
2.
den Festsetzungsbescheid des ehemaligen Landesumweltamtes Nordrhein-
11
Westfalen vom 10. Juli 2006 aufzuheben.
12
Die Beklagte beantragt,
13
die Klage abzuweisen.
14
Zur Begründung trägt sie vor: Auf Grund einer zumindest graduell zu besorgenden
Verschlechterung des Gewässers seien die Grenzen des Eigentümergebrauchs
überschritten. Für die Privilegierung der Kühlwassernutzung in Form der
Durchlaufkühlung sei die hierfür benötigte höhere Wassermenge ausschlaggebend.
15
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den
Inhalt der Gerichtsakte und auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten,
des Kreises L1 sowie auf die Verfahrensakten 8 L 1426/05 und 8 L 1796/05 Bezug
genommen.
16
Entscheidungsgründe:
17
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
18
Die Beklagte ist passiv legitimiert, nachdem gemäß Art. 1 § 2 Abs. 1 Satz 2 des
Gesetzes zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen vom
12. Dezember 2006 das Landesumweltamt NRW mit Inkrafttreten des Gesetzes am
1. Januar 2007 aufgelöst und gemäß Art. 3 dieses Gesetzes die Beklagte an seine
Stelle getreten ist (§ 4 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Erhebung eines Entgelts für
die Entnahme von Wasser aus Gewässern (Wasserentnahmeentgeltgesetz des Landes
Nordrhein-Westfalen – WasEG NRW – vom 27. Januar 2004 in der Fassung des
Gesetzes zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen vom
12. Dezember 2006).
19
Die mit dem Klageantrag zu 1. verfolgte Fortsetzungsfeststellungsklage ist gemäß § 113
Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Mit Erlass des Festsetzungsbescheides vom 10. Juli 2006
hat sich der Vorauszahlungsbescheid vom 17. September 2004, der zunächst in der Ge-
stalt des Widerspruchsbescheides alleiniger Klagegegenstand war, erledigt. Der
Festsetzungsbescheid bestimmt abschließend unter Anrechnung der geleisteten
Vorauszahlungen die Höhe des Wasserentnahmeentgelts für den
Veranlagungszeitraum (§ 4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 WasEG NRW).
20
Der Klägerin steht auch ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zur Seite. Insoweit
genügt jedes nach Lage des Falles anzuerkennende schutzwürdige Interesse
rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art.
21
Vgl. hierzu schon OVG NRW, Urteil vom 16. März 1977 – II A 588/74 -, OVGE MüLü
32, 257 – 264.
22
Ein solches Interesse ergibt sich hier zum einen daraus, dass die Gründe, welche die
Klägerin für die materielle Rechtswidrigkeit des Vorauszahlungsbescheides angeführt
hat, im Falle ihrer Stichhaltigkeit auch die Rechtswidrigkeit des endgültigen
23
Festsetzungsbescheides zur Folge haben.
Vgl. hierzu Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, § 8 Rdn. 147;
Redeker/von Oertzen, VwGO, Kommentar, 14. Aufl. 2004, § 113 Rdn. 32 m.w.N.
24
Zum anderen ist ein berechtigtes Interesse der Klägerin auch wegen der Besorgnis,
unter Berücksichtigung der zeitweisen Aussetzung der Vollziehung des
Vorauszahlungsbescheides von der Beklagten wegen Aussetzungszinsen in Anspruch
genommen zu werden, anzuerkennen.
25
Die in der Umstellung des Begehrens auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage
(Klageantrag zu 1.) und der Einbeziehung des Festsetzungsbescheides in dieses
Verfahren (Klageantrag zu 2.) liegende Klageänderung ist zulässig, weil sie
sachdienlich ist und die Beklagte eingewilligt hat (§ 91 Abs. 1 VwGO).
26
Hinsichtlich des Klageantrags zu 2. ist die Klage auch ohne Durchführung eines
Vorverfahrens zulässig.
27
Vgl. hierzu Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 26. Juni 1969 – VIII C 36.69 ,
BVerwGE 32, 243, 247; Redeker/von Oertzen, a.a.O., § 79 Rdn. 3 a m.w.N.
28
Denn dem Zweck des Vorverfahrens ist bereits durch die auf den Widerspruch gegen
den Vorauszahlungsbescheid ergangene Entscheidung des Landesumweltamtes NRW
vom 28. November 2005 Genüge getan, da der Festsetzungsbescheid keinen neuen
Gegen-stand regelt, sondern lediglich die Entgelthöhe für das streitige
Veranlagungsjahr endgültig bestimmt.
29
Die Klage hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
30
Sowohl der Vorauszahlungsbescheid des Landesumweltamtes NRW vom 17.
September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2006 als
auch der Festsetzungsbescheid vom 10. Juli 2006 sind rechtmäßig ergangen und
verletzen die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
31
Rechtsgrundlage für die Erhebung der Vorauszahlung für das Veranlagungsjahr 2004
war § 6 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 WasEG NRW. Nach § 6 Abs. 1 WasEG NRW sind
für die jeweiligen Veranlagungszeiträume Vorauszahlungen zu entrichten. Die
Entgeltpflicht besteht nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 WasEG NRW für das Entnehmen und
Ableiten von Wasser aus oberirdischen Gewässern, sofern das entnommene Wasser
einer Nutzung zugeführt wird.
32
Die Abgabetatbestände und -sätze im Wasserentnahmeentgeltgesetz des Landes
Nordrhein-Westfalen sind zunächst nicht – wie die Klägerin beanstandet – wegen
Verstoßes gegen höherrangiges Recht, insbesondere gegen den allgemeinen
Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, unanwendbar. Der Gleichheitssatz verbietet,
wesentlich Gleiches ungleich, und gebietet, wesentlich Ungleiches entsprechend seiner
Eigenart ungleich zu behandeln. Dabei liegt es grundsätzlich in der Zuständigkeit des
Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge
knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will. Der Gesetzgeber muss
allerdings seine Auswahl sachgerecht treffen. Was dabei in Anwendung des
Gleichheitssatzes sachlich vertretbar oder sachfremd ist, lässt sich nicht abstrakt und
33
allgemein feststellen, sondern stets nur in bezug auf die Eigenart des konkreten
Sachbereichs, der geregelt werden soll. Der normative Gehalt der Gleichheitsbindung
erfährt daher seine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden
Sachbereichs. Der Gleichheitssatz verlangt, dass eine vom Gesetz vorgenommene
unterschiedliche Behandlung sich - sachbereichsbezogen - auf einen vernünftigen oder
sonst wie einleuchtenden Grund zurückführen lässt.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. November 1995 - 2 BvR 413/88 und 2 BvR 1300/93 -,
BVerfGE 93, 319 m.w.N.
34
Die Staffelung der Abgabesätze, die vorgesehenen Freistellungen von der Abgabe und
die eröffneten Verrechnungsmöglichkeiten im Wasserentnahmeentgeltgesetz des
Landes Nordrhein-Westfalen genügen diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen.
35
Nach der Gesetzesbegründung ist es primäres Ziel der hier streitigen Abgabe, den
wirtschaftlichen Vorteil, den Einzelne durch die Inanspruchnahme des Rechtes zur
Wasserentnahme erzielen, abzuschöpfen. Daneben soll mit der Einführung einer
Abgabe für die Inanspruchnahme von Naturressourcen auch das Bewusstsein für einen
gemeinwohlverträglichen und sparsamen Umgang geschaffen werden.
36
Vgl. Drucksache 13/4528 des Landtags Nordrhein-Westfalen, 13. Wahlperiode
Gesetzentwurf der Landesregierung, zu Art. 7 – Wasserentnahmeentgeltgesetz (S.
29).
37
Die in § 1 Abs. 2 WasEG NRW festgelegten Ausnahmen von der Entgeltpflicht
berücksichtigen in Anerkennung der vorbeschriebenen Zielsetzung im Wesentlichen
zum einen solche Sachverhalte, in denen der Vorteil nicht als Sondervorteil zufließt,
sondern vorrangig dem Allgemeinwohlinteresse dient (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 8 Alt. 2,
Nr. 9, Nr. 10 WasEG NRW). Entgeltfrei sollen außerdem erlaubnisfreie Benutzungen
sein, weil sie entweder der Wahrnehmung wichtiger Gemeinschaftsaufgaben dienen
oder im Rahmen des Gemeingebrauchs liegen (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 2 WasEG NRW) und
insoweit wasserwirtschaftlich unbedeutende Nutzungen darstellen, die keiner
regulierenden Steuerung bedürfen. Schließlich sind solche Nutzungen freigestellt, für
die sich ein entsprechender Verwaltungsaufwand nicht rechtfertigt (Bagatellgrenze, vgl.
§ 1 Abs. 2 Nr. 3 WasEG NRW, auch § 1 Abs. 2 Nr. 11 WasEG NRW). Die sonstigen
Freistellungen (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 4, 5, 6, 7, 8 Alt. 1 WasEG NRW) und Ermäßigungen
(vgl. § 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 WasEG NRW) stellen bewusste
Subventionsentscheidungen des Gesetzgebers dar. In der Entscheidung darüber,
welche Personen oder Unternehmen durch finanzielle Zuwendungen des Staates
gefördert werden sollen, ist der Gesetzgeber weitgehend frei. Sachbezogene Gründe
stehen dem Gesetzgeber dabei in sehr weitem Umfang zu Gebote.
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Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 17. Mai 2006 – 8 L 1661/05 – unter Verweis auf
die Gesetzesbegründung der in § 1 Abs. 2 WasEG NRW erfolgten Freistellungen von
der Entgeltpflicht: Drucksache 13/4528 des Landtags Nordrhein-Westfalen, 13.
Wahlperiode Gesetzentwurf der Landesregierung, zu Art. 7 –
Wasserentnahmeentgeltgesetz (S. 29) sowie ferner Anhang 1 zu Drucksache 13/4890
des Landtags Nordrhein-Westfalen, Änderungsanträge der SPD- Fraktion und der
Fraktion Bündnis 90/Grüne.
39
Dass die vom Gesetzgeber getroffenen Subventionsentscheidungen willkürlich erfolgt
40
sind, ist nicht ersichtlich. Den Freistellungen wie auch den verminderten Entgeltsätzen
nach § 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 WasEG NRW liegen ausweislich der
Gesetzesbegründung sachliche und nachvollziehbare Erwägungen zugrunde. Für die
Privilegierung der Durchlaufkühlung führt der Gesetzgeber die zur Zweckerreichung
benötigte größere Wassermenge an.
Vgl. Anhang 1 zu Drucksache 13/4890 des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Änderungsanträge der SPD- Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Grüne.
41
Daher ist es letztlich nicht zu beanstanden, dass nach § 2 Abs. 2 Satz 3 WasEG NRW
für Wasserentnahmen, die ausschließlich der Kühlwassernutzung dienen und bei denen
das Wasser dem Gewässer unmittelbar wieder zugeführt wird, ein ermäßigter
Entgeltsatz gilt, während für Wasser, das für die Kieswäsche benutzt wird, auch dann
der volle Entgeltsatz nach § 2 Abs. 2 Satz 1 WasEG NRW zu zahlen ist, wenn es nach
der Benutzung wieder dem Gewässer zugeführt wird.
42
Dem Wasserentnahmeentgeltgesetz ist auch keine allgemeine Regel zu entnehmen,
dass Nutzungen, bei denen das entnommene Wasser wieder dem Gewässer oder sonst
im Wesentlichen unverändert dem Gewässerhaushalt zugeführt wird, gegenüber
Nutzungen privilegiert werden, bei denen dies nicht geschieht. Vielmehr sind einzelne
Nutzungen, bei denen das entnommene Wasser demselben (§ 1 Abs. 2 Nr. 6 WasEG
NRW), einem anderen Gewässer (§ 1 Abs. 2 Nr. 7 und Nr. 9 WasEG NRW) oder in
sonstiger Weise im Wesentlichen unverändert wieder dem Gewässerhaushalt (§ 1 Abs.
2 Nr. 9 und Nr. 11 WasEG NRW) zugeführt wird, von der Pflicht zur Entrichtung des
Wasserentnahmeentgelts vollständig befreit, während für die Nutzung von Wasser zum
Zwecke der Durchlaufkühlung nach § 2 Abs. 2 Satz 3 WasEG NRW ein ermäßigter
Entgeltsatz gilt und für alle weiteren Nutzungen, bei denen das entnommene Wasser
weitgehend unverändert dem Gewässer oder dem Gewässerhaushalt wieder zugeführt
wird, das volle Wasserentnahmeentgelt nach § 2 Abs. 2 Satz 1 WasEG NRW zu
entrichten ist. Daneben enthält § 1 Abs. 2 WasEG NRW eine Vielzahl von
Befreiungstatbeständen, in denen das entnommene Wasser aufgrund der jeweiligen
Nutzungsart nicht wieder dem Gewässer zugeführt werden kann oder die Rückführung
nicht Voraussetzung für eine Befreiung ist.
43
Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 25. April 2008 – 15 K 2164/06 –,
Rechtsprechungsdatenbank Nordrhein-Westfalen: www.nrwe.de.
44
Für eine Überschreitung des dem Gesetzgeber vorbehaltenen weiten
Gestaltungsspielraums bei Subventionsentscheidungen durch die in § 1 Abs. 2 und § 2
Abs. 2 Sätze 2 und 3 WasEG NRW getroffenen Regelungen ist nach alledem nichts
ersichtlich, so dass von einer verfassungsgemäßen Ermächtigungsgrundlage für die
Erhebung einer Vorauszahlung auf das Wasserentnahmeentgelt auszugehen ist.
45
Die Klägerin erfüllt den Entgelttatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 2 WasEG NRW. Sie
entnimmt aus dem am Nassabgrabungsstandort I entstandenen oberirdischen
Gewässer Wasser und nutzt es zur Kieswäsche.
46
Vgl. allgemein zur Einstufung von Gewässern, die infolge von Nassauskiesungen
entstanden sind: Czychowski/Reinhardt, WHG, 9. Aufl. (2007), § 31 Rn 18 m.w.N.
47
Eine einschränkende Auslegung der Vorschrift im Lichte der auf der Grundlage von
48
Bundesrecht geregelten wasserrechtlichen Benutzungstatbestände des § 3 WHG mit
der Folge, dass unter Berücksichtigung von § 3 Abs. 3 WHG
Gewässerausbaumaßnahmen keine wasserrechtliche Benutzung darstellen und den
Entgelttatbestand schon nicht verwirklichen können, ist nicht angezeigt.
Der Umstand, dass die Zahlungspflicht der in § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 WasEG NRW
aufgeführten Entgelttatbestände durch ihre wortgleiche Formulierung an die
wasserrechtlichen Benutzungstatbestände im Wasserhaushaltsgesetz (hier: § 3 Abs. 1
Nr. 1 und 6 WHG) anknüpft, gibt für eine Auslegung im Lichte des Bundesrechts nichts
her. Insoweit fehlt es in § 1 Abs. 1 WasEG NRW schon an einer ausdrücklichen
Bezugnahme auf das Wasserhaushaltsgesetz. Darüber hinaus setzt das Entstehen der
Entgeltpflicht gem. § 1 Abs. 1 WasEG NRW nicht nur voraus, dass eine Benutzung im
Sinne der Nr. 1 und 2 der Vorschrift vorliegt, sondern auch, dass das entnommene
Wasser nach der Entnahme genutzt wird ("sofern das entnommene Wasser einer
Nutzung zugeführt wird"). Schließlich haben die jeweiligen Regelungen im
Wasserhaushaltsgesetz einerseits und im Wasserentnahmeentgeltgesetz NRW
andererseits auch eine unterschiedliche Zielrichtung. Während § 3 WHG allein die
Frage betrifft, ob eine wasserrechtliche Benutzung vorliegt und den Begriff der
Benutzung für die Anwendung des Wasserhaushaltsgesetzes in all seinen
Bestimmungen definiert,
49
vgl. zur Auslegung von § 3 WHG: BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2007 – 7 C 3/07 -,
NVwZ-RR 2007, 750 – 752 = NUR 2007, 611 – 614,
50
zielt § 1 Abs. 1 WasEG NRW darauf, den Sondervorteil, also den wirtschaftlichen
Vorteil, der dem Einzelnen gerade durch die Inanspruchnahme des Rechts zur
Entnahme zufließt, abzuschöpfen.
51
Vgl. hierzu auch VG Düsseldorf, Urteil vom 6. Dezember 2007 – 8 K 674/07 –; Urteil
vom 13. März 2008 – 8 K 3982/06 u.a. –, Juris.
52
Die Voraussetzungen für die von der Klägerin angeführte Entgeltbefreiung nach § 1
Abs. 2 Nr. 2 WasEG NRW für erlaubnisfreie Benutzungen im Sinne des § 24
Wasserhaushaltsgesetz (WHG) liegen nicht vor.
53
Gemäß § 24 Abs. 1 S. 1 WHG ist eine Erlaubnis oder Bewilligung nicht erforderlich zur
Benutzung eines oberirdischen Gewässers durch den Eigentümer oder den durch ihn
Berechtigten für den eigenen Bedarf, wenn dadurch andere nicht beeinträchtigt werden,
keine nachteilige Veränderung der Eigenschaft des Wassers, keine wesentliche
Verminderung der Wasserführung und keine andere Beeinträchtigung des
Wasserhaushalts zu erwarten sind.
54
Das Entnehmen von Brauchwasser aus dem vorhandenen Abgrabungsgewässer und
das nach Durchführung der Kieswäsche erfolgende Wiedereinleiten des mit tonigen und
schluffigen Feinstanteilen versetzten Waschwassers in das Entnahmegewässer stellt
schon keine vom Eigentümergebrauch erfasste Gewässerbenutzung im Sinne von §§
24 Abs. 1 Satz 1, 3 WHG dar. Der hier in Rede stehende Eingriff in den Wasserhaushalt
wird durch § 3 Abs. 3 Satz 1 WHG aus dem Begriff der Benutzung herausgenommen.
Die Vorschrift definiert den Begriff der Benutzung negativ dahin, dass Maßnahmen, die
dem Ausbau eines oberirdischen Gewässers dienen, gerade keine wasserrechtliche
Benutzung darstellen.
55
Vgl. ergänzend zur Auslegung und zum Verständnis von § 3 Abs. 3 Satz 1 WHG:
BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2007 – 7 C 3/07 -, NVwZ-RR 2007, 750 – 752 = NUR
2007, 611 – 614.
56
Bei der Nassauskiesung, d.h. der Herstellung eines Gewässers durch Freilegung von
Grundwasser bei der Kiesgewinnung, handelt es sich unzweifelhaft um einen
Gewässerausbau i.S.v. § 31 Abs. 2 Satz 1 WHG. Dabei macht es keinen Unterschied,
ob mit der Kiesgewinnung die Herstellung eines oberirdischen Gewässers um seiner
selbst oder seiner späteren Nutzung willen bezweckt wird oder ob das Entstehen des
Gewässers nur eine zwangsläufige, im Interesse der Umgestaltung der Oberfläche
planmäßig herbeigeführte Folge ist,
57
vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 9. Aufl. (2007), § 31 Rn. 18.
58
Diesem Gewässerausbau dient die Kieswäsche.
59
Der Begriff des Dienens erfordert im hier maßgeblichen Zusammenhang, dass die
Maßnahme den Ausbau bestimmungsgemäß ermöglichen muss, d.h. sie muss objektiv
geeignet sein, dem Gewässerausbau zu dienen. Einem Benutzungstatbestand kommt
dann Ausbaucharakter zu, wenn die nicht notwendig auf Dauer erforderliche, aber auch
nicht nur förderliche Benutzung eines Gewässers nicht weggedacht werden kann, ohne
dass zugleich der Ausbauzustand entfällt. Eine isoliert als Benutzung zu qualifizierende
Maßnahme dient daher dann dem Ausbau eines Gewässers, wenn der Ausbau sich
ohne die Verwirklichung des Nutzungstatbestandes nicht erreichen oder aufrecht
erhalten lässt. Erfasst werden hiervon einerseits solche Maßnahmen, die noch nach
dem Abschluss der Bauarbeiten dem Zweck des Gewässers dienen und dauerhaft
einen neuen Zustand schaffen. Erfasst sind jedoch auch solche Maßnahmen, die nur
vorübergehend während der Ausbauarbeiten erforderlich sind.
60
Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2007 – 7 C 3/07 -, NVwZ-RR 2007, 750 – 752 =
NUR 2007, 611 – 614.
61
Dem wasserrechtlichen Benutzungstatbestand des Entnehmens von Wasser aus
oberirdischen Gewässern (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 WHG) zum Zwecke der Kieswäsche kommt
danach Ausbaucharakter zu. Denn die Kieswäsche ist untrennbarer Bestandteil des
gesamten Nassabgrabungsvorhabens. Sie ist unbedingt erforderlich zur Aufbereitung
des Abbaugutes und für das konkrete planfestgestellte Vorhaben unverzichtbar. Ohne
die Kieswäsche ließe sich die Nassabgrabung und damit der Gewässerausbau nicht
wie genehmigt verwirklichen. Insofern teilt der nur vorübergehend während der
Ausbauarbeiten erforderliche Vorgang der Kieswäsche bereits die Natur des
wasserrechtlichen Vorhabens als Gewässerausbaumaßnahme.
62
Darüber hinaus dient die Kieswäsche auch längerfristig dem Gewässerausbau, indem
das wiedereingeleitete, mit Sand- und Kiessedimenten versetzte Waschwasser
bestimmungsgemäß im Rahmen der mit Planfeststellungsbeschluss aufgegebenen
Rekultivierungsmaßnahmen zur Ausformung einer Flachwasserzone mit Kies- und
Schlammbänken beiträgt.
63
Unterfällt die Wasserentnahme und –wiedereinleitung zum Zwecke der Kieswäsche
schon mangels Gewässerbenutzung i.S.v. §§ 24 Abs. 1 Satz 1, 3 WHG nicht dem
64
Eigentümergebrauch, kommt es auf dessen Reichweite im Hinblick auf die
Gewässergüte,
vgl. hierzu VG Düsseldorf, Beschluss vom 19. Mai 2006 – 8 L 1796/05 –,
65
nicht mehr an.
66
Unabhängig davon sprechen – ohne dass es hierauf nach der dargelegten
Rechtsauffassung der Kammer entscheidungserheblich ankommt – gewichtige Gründe
auch dafür, dass die Wasserentnahme auch nicht dem von § 24 Abs. 1 WHG gemeinten
Eigenbedarf unterfällt. Bei systematischer und teleologischer Auslegung ist dem
Eigentümer nach § 24 Abs. 1 Satz 1 WHG nur das gestattet, was die
Erheblichkeitsschwelle nicht überschreitet und für den Schutzzweck des § 2 Abs. 1
WHG, der Gewässerbenutzungen angesichts der erheblichen Bedeutung der Reinheit
des Wassers für die Allgemeinheit grundsätzlich unter Erlaubnis- bzw.
Bewilligungsvorbehalt stellt, nicht relevant ist.
67
Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 25. April 2008 – 15 K 2164/06 –; VG Köln, Urteil
vom 3. Juni 2008 – 14 K 1009/06 –, beide eingestellt in der
Rechtsprechungsdatenbank Nordrhein-Westfalen: www.nrwe.de.
68
In der hier vorliegenden Größenordnung des für die Kieswäsche benötigten Wassers
von fast 3.000.000 m³ im Jahr ist die Erheblichkeitsschwelle – auch ohne Festlegung
einer bestimmten Mengengrenze – jedenfalls überschritten.
69
Sonstige Gründe, die der materiellen Rechtmäßigkeit der Vorauszahlungserhebung
entgegen stehen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere die Höhe der
Vorauszahlung wurde von der Klägerin nicht beanstandet.
70
Die sodann mit Bescheid vom 10. Juli 2006 erfolgte Festsetzung des
Wasserentnahmeentgelts unter Anrechnung der geleisteten Vorauszahlung beruht auf §
4 WasEG NRW.
71
Für die Frage der materiellen Rechtmäßigkeit gelten die vorstehenden Ausführungen
zur Rechtmäßigkeit des Vorauszahlungsbescheides entsprechend. Die Höhe des
letztlich festgesetzten Wasserentnahmeentgeltes bemisst sich nach den von der
Klägerin selbst angegebenen Entnahmemengen in der Folgeerklärung 2004 (Beiakte
Heft 17 Bl. 25) und wurde auch nicht von ihr angegriffen.
72
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708
Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.
73
Die Berufung war zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§
124a Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
74