Urteil des VG Düsseldorf vom 16.04.2003
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Verwaltungsgericht Düsseldorf, 27 L 4856/02
Datum:
16.04.2003
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
27. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
27 L 4856/02
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.000,- Euro festgesetzt.
Gründe:
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I.
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Die Antragsgegnerin erließ unter dem 2. Februar 2001 eine an die E GmbH, C1lstr. 00,
00000 L gerichtete Standortbescheinigung - Nr. 1409650307 -, worin für den Betrieb
einer ortsfesten Sendefunkanlage auf dem Grundstück G1 ein Sicherheitsabstand von
6,96 m (ohne Winkeldämpfung) festgelegt wurde.
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Mit an den Landrat des Kreises O gerichtetem Schreiben vom 2. August 2002
beantragten die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin in deren Namen sowie
im Namen der Eheleute O1 und C, wohnhaft Tstraße Nr. 8 bzw. Nr. 2, 00000 S, die
bauordnungsrechtliche Untersagung des Sendebetriebes gegenüber der E GmbH, da
der Abstand der Sendeanlage zu den angrenzenden Grundstücken der Mandantschaft
tatsächlich nur 6,10 m betrage.
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Mit an die Antragsgegnerin gerichtetem Schreiben vom 24. Oktober 2002 legten die
Eheleute O1 - ebenfalls vertreten durch die Verfahrensbevollmächtigten der
Antragstellerin - Widerspruch gegen die Standortbescheinigung ein. Daraufhin ordnete
die Antragsgegnerin unter dem 29. Oktober 2002 die sofortige Vollziehung der
angegriffenen Standortbescheinigung an.
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Die Antragstellerin hat am 14. Dezember 2002 um einstweiligen Rechtsschutz
nachgesucht. Sie macht geltend, dass Standortbescheinigungen als Verwaltungsakte
einzuordnen seien. Außerdem verletze die Darstellung von Sicherheitsabständen auf
Nachbargrundstücken die Grundstückseigentümer in ihren Eigentumsrechten an diesem
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Grundstück.
Sie beantragt,
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die aufschiebende Wirkung des Widerspruches vom 24. Oktober 2002 gegen die
Standortbescheinigung der Antragsgegnerin vom 2. Februar 2001 - Nr. 1409650307, G1
- wieder herzustellen.
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Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,
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den Antrag abzuweisen.
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Sie macht unter anderem geltend, der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO sei bereits
unzulässig. Es fehle schon das Rechtsschutzbedürfnis, da allenfalls die Eheleute O1,
nicht aber die Antragstellerin Widerspruch gegen die Standortbescheinigung eingelegt
hätten.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Januar 2003 - an die Rechtsanwälte Dr. I & Partner
adressiert - wies die Antragsgegnerin den Widerspruch der Eheleute O1 vom 24.
Oktober 2002 als unzulässig, weil verfristet, zurück. Am 4. Februar 2003 hat die
Antragstellerin Klage erhoben - Az.: 27 K 743/03 - und begehrt, die
Standortbescheinigung vom 2. Februar 2001 für die Sendeanlage G1, aufzuheben.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten 27 L 4856/02 und 27 K 743/03 sowie den der dazu beigezogenen
Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
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II.
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Der Antrag ist unzulässig.
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Dabei kann die Frage offen bleiben, ob der Antrag statthaft ist. Dies hängt davon ab, ob
eine Standortbescheinigung einen Verwaltungsakt darstellt oder nicht. Selbst wenn es
sich aber um einen Verwaltungsakt handeln sollte, fehlt es hier für einen Antrag nach §
80 Abs. 5 VwGO an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Das
Rechtsschutzbedürfnis ist zu verneinen, wenn entweder ein Rechtsbehelf im Sinne des
§ 80 Abs. 1 VwGO nicht eingelegt wurde
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Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 5. Mai 1995 -
10 B 894/95 -, DVBl. 1996, 115; OVG Rheinland Pfalz, Beschluss vom 8. November
1994 - 7 B 12827/94 -, NJW 1995, 1043; a.A.: Bayrischer VGH, Beschluss vom 27.
August 1987 - 25 CE 87.01911 -, DVBl. 1988, 590 (591); Kopp/Schenke,
Verwaltungsgerichtsordnung, 13. Auflage, § 80 Rn. 139.
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oder der Rechtsbehelf offensichtlich unzulässig ist, da in diesen Fällen der Eintritt der
aufschiebenden Wirkung ausgeschlossen ist.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 1992 - 7 C 24/92 -, DVBl. 1993, 256 (258); OVG
Hamburg, Beschluss vom 25. August 1987 - Bs VI 31/87 -, DVBl. 1987 1017 (1018)
(jeweils zu § 42 Abs. 2 VwGO); OVG NRW, Beschluss vom 6. Juli 1989 - 7 B 1861/89 -,
NVwZ-RR 1990, 378 (379); VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. September
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1983- 6 S 2246/83 -, NVwZ 1984, 255; OVG Hamburg, Beschluss vom 25. August 1987
- Bs VI 31/87 -, NVwZ 1987, 1002; Kopp/Schenke, a.a.O., § 80 Rn. 50 f.
Eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs, wie es die
Antragstellerin ausdrücklich beantragt hat, scheitert bereits daran, dass die
Antragstellerin selbst keinen Widerspruch erhoben hat. Der am 24. Oktober 2001
eingelegte Widerspruch, auf den sich die Antragstellerin bezieht, wurde ausdrücklich
und ausschließlich im Namen der Eheleute O1 eingelegt. Eine Einbeziehung der
Antragstellerin im Wege der Auslegung scheidet angesichts des eindeutigen Wortlauts
des Widerspruchsschreibens ebenfalls aus. Auf den vorstehenden Gesichtspunkt hat
auch die Antragsgegnerin in ihrer Antragserwiderung vom 17. Januar 2003
hingewiesen, ohne dass die anwaltlich vertretene Antragstellerin hierzu
zwischenzeitlich Stellung genommen hätte.
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Die am 4. Februar 2003 erhobene Klage - Az.: 27 K 743/03 - vermag am Fehlen des
Rechtsschutzbedürfnisses nichts zu ändern. Auch eine Wiederherstellung der
aufschiebenden Wirkung der Klage kommt nicht in Betracht. Ob es sich bei dieser - wie
nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderlich - um eine Anfechtungsklage oder aber
allgemeine Leistungsklage handelt, kann vorliegend offen bleiben. Denn selbst für den
Fall, dass die Klage als Anfechtungsklage einzuordnen sein sollte, wäre sie bereits
offensichtlich unzulässig. Ein Vorverfahren wurde von der Antragstellerin bzw. Klägerin
entgegen den Vorschriften der §§ 69, 70 VwGO nicht durchgeführt, da ein Widerspruch -
wie dargelegt - nicht erhoben wurde.
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Von einer Beiladung der E GmbH nach § 65 VwGO, der auch im Verfahren nach § 80
Abs. 5 VwGO Anwendung findet,
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Vgl. etwa Kopp/Schenke, a.a.O., § 65 Rn. 3.
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wurde im vorliegenden Verfahren auf Grund der offensichtlichen Unzulässigkeit des
Antrages abgesehen.
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Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. September 1988 - 7 B 150/88 -, NVwZ-RR 1989, 109
[109/110] („kaum sinnvolle Förmelei"); Urteil vom 2. September 1983 - 7 C 97.81 -,
DVBl. 1984, 92; a.A.: Kopp/Schenke, a.a.O., § 65 Rn. 21.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt
aus den §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 20 Abs. 3 GKG.
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