Urteil des VG Düsseldorf vom 05.11.2009

VG Düsseldorf (kläger, abschluss des vertrages, höhe, rechtliches gehör, eltern, anhörung, land, anlage, gesetz, verbindung)

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 24 K 367/09
Datum:
05.11.2009
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
24. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
24 K 367/09
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht
erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des
aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der
Beklagte vor der Voll¬streckung Sicherheit in Höhe von 110% des
jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
1
Der Kläger beantragte unter dem 6. März 2008 beim Beklagten die Gewährung von
Landeszuschüssen für Tageseinrichtungen für Kinder in seinem Zuständigkeitsbereich,
bezogen auf das Kindergartenjahr 2008/2009. In seiner Bedarfsmeldung errechnete der
Kläger einen Landeszuschuss in Höhe von insgesamt 19.799.106,24 €. Darin enthalten
ist eine Mittelanforderung für 257 Kinder im Schulalter, die in der Gruppenform IIIc
eingestuft wurden. Diese Zahl entspricht dem Bedarfsplan für Tageseinrichtungen für
Kinder, Stand: Juni 2008. Die Betreuung dieser Kinder erfolgte in 31 Einrichtungen, die
von einem kommunalen Träger, hier dem Kläger, betrieben werden. Mit Bescheid vom
15. April 2008 bewilligte der Beklagte einen Landeszuschuss in Höhe von
19.602.771,86 €. In seinen Erläuterungen zum Bewilligungsbescheid führte der
Beklagte aus, nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen könne eine objektiv nicht
realisierbare Betreuungszeit in Höhe von 45 Stunden für schulpflichtige Kinder nicht als
bedarfsgerecht angesehen werden. Sofern Kindpauschalen für Schulkinder in der
Gruppenform IIIc beantragt worden seien, würden in Anwendung des Erlasses des
Ministeriums für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-
Westfalen vom 14. April 2008 – 321 – 2635.30/08 – nur Pauschalen für die Gruppenform
IIIb bewilligt werden; auf eine Anhörung werde gemäß § 24 Abs. 2 Zehntes Buch
Sozialgesetzbuch (SGB X) verzichtet. In dem u. a. an den Beklagten gerichteten
ministeriellen Erlass ist unter Punkt 2. folgendes geregelt: "Für die Betreuung von
Schulkindern in Kindertageseinrichtungen dürfen nur Mittel für Kindpauschalen der
Gruppenform IIIa und IIIb bewilligt werden. Sind in den verbindlichen Mitteilungen zum
15. März 2008 Kindpauschalen der Gruppenform IIIc (Betreuungszeit von 45 Stunden)
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angegeben, sind diese auf die Pauschalen der Gruppenform IIIb zu verringern. Nach
allgemeinen Rechtsgrundsätzen kann eine objektiv nicht realisierbare Betreuungszeit in
Höhe von 45 Stunden für schulpflichtige Kinder nicht als bedarfsgerecht angesehen
werden. Ich gehe davon aus, dass Sie entsprechend § 24 Abs. 2 SGB X sofort
entscheiden." Eine Rechtsbehelfsbelehrung enthält der Bewilligungsbescheid des
Beklagten nicht. Mit Änderungsbescheid vom 22. Juni 2009 erhöhte der Beklagte die
dem Kläger für das Kindergartenjahr 2008/2009 gewährte Bewilligung von
Landesmitteln auf 19.605.212,66 €. Dabei blieben die anerkannten Kindpauschalen
unverändert; lediglich der Landeszuschuss für Mieten wurde angehoben.
Am 14. Januar 2009 hat der Kläger Klage erhoben.
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Er trägt im wesentlichen folgendes vor: Ihm stehe aus § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 in
Verbindung mit § 19 Gesetz zur frühen Bildung und Förderung von Kindern
(Kinderbildungsgesetz –KiBiz)- Viertes Gesetz zur Ausführung des SGB VIII – ein
Anspruch auf weitere Zuschussmittel in Höhe von 196.334,38 € [257 x (6.771,85 ./.
4.225,36); davon 30 v. H.] zu. Die Jugendhilfeplanung sei die Grundlage für die bis zum
15. März eines Jahres gegenüber dem Land abzugebenden Mitteilung für jedes Kind.
Ein wesentliches Ziel der Jugendhilfeplanung sei es, Eltern dabei zu unterstützen, ihre
Aufgaben in Familie und Beruf besser miteinander vereinbaren zu können.
Dementsprechend hätten die Eltern von Schulkindern eine Betreuung in der
Gruppenform IIIc vereinbart und zahlten hierfür auch Elternbeiträge. Sie vertrauten auf
eine insoweit umfassende Betreuung und seien hierauf in der Regel infolge ihrer
Berufstätigkeit auch angewiesen. Gerade in den ersten Schulklassen sei die
Stundenzahl häufig gering und der Aufenthalt in den Tageseinrichtungen entsprechend
hoch. Die Betreuung erfolge in den Schulferien (gut zwölf Wochen) außerhalb der
Schließungszeiten der Kindertageseinrichtungen, die mit rund drei Wochen deutlich
kürzer seien, ganztags. Hinzu kämen variable Ferientage, die jede Schule selber
bestimme, die also auch für die Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchten,
unterschiedlich seien, weil sie in verschiedene Schulen gingen. Kinder kämen häufig
schon vor der Schulzeit und gingen dann von der Tageseinrichtung aus in die Schule.
Späterer Schulbeginn und Freistunden seien weitere Zeiten, die in der
Tageseinrichtung verbracht würden. Die Tageseinrichtungen fingen auch den leider
nicht so seltenen und zeitlich nicht kalkulierbaren Stundenausfall, z. B. wegen
Erkrankung der Lehrkräfte, auf. Das Betreuungsangebot der Tageseinrichtungen müsse
für die Schulkinder die Schulzeit umfassen, auch soweit dies nur ein Angebot als
Bereitschaft sei. Nur dann könne das Betreuungsangebot auch bei Ausfall der
Schulbetreuung in Anspruch genommen werden. Die Personalausstattung müsse
dementsprechend auf ein Ganztagsangebot ausgerichtet sein. Die in der Anlage zu § 19
KiBiz für jede Gruppenform angegebene Betreuungszeit mache nur als die jeweilige
maximale Betreuungszeit Sinn, so dass unter die Gruppenform IIIb eine Betreuung von
bis zu 35 Stunden falle und unter die Gruppenform IIIc eine Betreuung von bis zu 45
Stunden. Die Stundenvorgaben von 25, 35 und 45 Stunden wöchentlich orientierten
sich an den bisherigen Angeboten der Vormittagsbetreuung, der Vor- und
Nachmittagsbetreuung ohne Über-Mittag-Betreuung bzw. der Blockbetreuung und
schließlich der Ganztagsbetreuung. Dem trage auch die jeweils vorgesehene
Gruppengröße und die Personalausstattung Rechnung. Gerade entsprechend ihrem
unterschiedlichen Bedarf sollten Eltern – je nach dem Angebot der Tageseinrichtung –
zwischen diesen Varianten des Betreuungsumfangs wählen können. Für die
Gruppenform IIIc reiche es dann, wenn jedenfalls durchschnittlich mehr als 35
Betreuungsstunden benötigt würden, unabhängig davon, ob 45 Stunden im Durchschnitt
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erreicht würden. Zudem stelle § 18 Abs. 2 Satz 4 KiBiz zu Recht auf den
Betreuungsvertrag ab, der wiederum der vorgehaltenen Gruppenform gemäß
Jugendhilfeplan entspreche.
Der Kläger macht weiter geltend: Die Kürzung des Zuschusses für Schulkinder
widerspreche dem Grundsatz des Vertrauensschutzes. Eine Anhörung vor Erlass des
Bewilligungsbescheides sei nicht erfolgt. Das Kindergartenjahr 2008/2009 sei das erste
gewesen, auf das das KiBiz anzuwenden gewesen sei. Die Betriebserlaubnisse, die
bislang nach dem Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder (GTK) erteilt und noch
nicht an das KiBiz angepasst worden seien, wiesen für Einrichtungen, die u. a.
Schulkinder betreuten, sogenannte altersgemischte Gruppen in Ganztagsbetreuung
aus. Die Betriebserlaubnis für die städtische Tageseinrichtung für Kinder, Am K 50, X,
werde beispielhaft beigefügt. Entsprechend sei in der Vergangenheit die
Bezuschussung erfolgt. Erstmals mit dem angefochtenen Bewilligungsbescheid auf der
Grundlage des KiBiz mache der Beklagte deutlich, dass das Land nunmehr der
Auffassung sei, dass eine Ganztagsbetreuung für Schulkinder nicht bedarfsgerecht sei.
Der ministerielle Erlass, auf den sich der Beklagte dabei stütze, sei erst einen Tag vor
Erstellung des Bescheids erlassen worden und ihm – dem Kläger – erst durch den
streitgegenständlichen Bewilligungsbescheid bekannt geworden. Die Planungen der
Jugendämter und der Einrichtungen seien zu diesem Zeitpunkt längst abgeschlossen
gewesen, die Betreuungsverträge weitgehend geschlossen worden und die Mitteilung
nach § 21 Abs. 1 KiBiz sei bereits erfolgt gewesen.
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Sein Vertrauen sei auch aus einem anderen Grund schutzwürdig. Die Einstufung nach
der Gruppenform IIIc habe auch dazu geführt, dass in den jeweiligen Gruppen nur 20
Kinder hätten aufgenommen werden können und die personelle Ausstattung der
Gruppenform IIIc entsprechend erfolgt sei. Bei einer Ausrichtung der Gruppe auf die
Gruppenform IIIb hätten 25 Kinder und damit fünf Kinder mehr aufgenommen und die
Personalausstattung entsprechend der Gruppenform IIIb reduziert werden können.
Dementsprechend hätte das Finanzierungsgefüge anders ausgesehen.
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Zudem erweise sich die vom Beklagten vorgenommene Kürzung als willkürlich. Eine
Anfrage vom 14. Februar 2008 habe der Beklagte dahingehend beantwortet, dass
Angaben zur vorläufigen Altersstruktur und zum Personal für eine Bezuschussung nicht
zwingend erforderlich seien, aber im Rahmen des Berichtswesens erbeten würden.
Diese Auskunft stimme mit einem Rundschreiben des Beklagten vom 18. Februar 2008
Nr. 42/555/2006 – überein, das sich mit der Anwendung der Software zur Beantragung
von Landesmitteln nach dem KiBiz auseinandersetze. Dass die Erhebung von Daten
zur vorläufigen Altersstruktur der Kinder in der Tageseinrichtung sowie zum Personal
zum jetzigen Zeitpunkt u. U. noch nicht für alle Bereiche umfassend erfolgen könne, sei
dort bekannt. Dem würde es widersprechen, wenn mehr oder weniger vollständige
Angaben zur Anzahl der Schulkinder nun doch zuschussrelevant seien.
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Der Kläger trägt weiter vor, dass das KiBiz nicht vorsehe, dass das Alter der Kinder oder
ihre Eigenschaft als Schulkinder außer der Abbildung in der gewählten Gruppenform
Relevanz für die Bezuschussung haben solle.
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagten unter teilweiser Aufhebung seines Leistungsbescheides vom
15. April 2008 zu verpflichten, dem Kläger weitere Landesmittel in Höhe von
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196.334,38 Euro zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung macht er insbesondere geltend, nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen
könne eine objektiv nicht realisierbare Betreuungszeit in Höhe von 45 Stunden für
schulpflichtige Kinder nicht als bedarfsgerecht angesehen werden. Unter
Berücksichtigung der Stundentafeln für Grundschulen sei eine Betreuungszeit von 45
Stunden für Schulkinder neben der Unterrichtsversorgung weder bedarfsgerecht noch
realistisch. Wenn ein Kind nur 20 Wochenstunden Schulunterricht habe, seien das vier
Stunden täglich. Weitere 45 Wochenstunden Betreuung in einer Tageseinrichtung für
Kinder würden eine staatlich geförderte Betreuung von 13 Stunden pro Tag bedeuten.
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Ausfallzeiten durch Erkrankung von Lehrern spielten keine Rolle, weil solche Stunden
nicht von den Tageseinrichtungen, sondern von dem verbleibenden Lehramtspersonal
aufgefangen würden.
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Die Eingruppierung in die Gruppenform IIIb verlange eine elterliche Betreuung von drei
bis fünf Stunden. Die Eingruppierung sei eine ministerielle Vorgabe, die maßgeblich für
die Jugendhilfeplanung sei. Mit seinem Erlass vom 14. April 2008 habe das zuständige
Ministerium den unbestimmten Rechtsbegriff der Bedarfsgerechtigkeit in § 21 Abs. 6
Satz 1 KiBiz für die in Frage kommende Gruppe der Schulkinder konkretisiert. Soweit
der Kläger vortrage, das umfassende Betreuungsangebot sei als "Bereitschaftsangebot"
notwendig, entspreche dieses Angebot nicht dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit nach
§ 21 Abs. 6 Satz 1 KiBiz.
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Der durch das KiBiz im Vergleich zum GTK verliehene erweiterte Planungsspielraum für
die kommunale Jugendhilfeplanung bedeute jedoch nicht zugleich, dass daraus ein
Anspruch auf die begehrte Klagesumme abgeleitet werden könne. Etwas anderes
könne auch nicht aus dem GTK in Verbindung mit der Betriebserlaubnis hergeleitet
werden. Die ganztägige Öffnungszeit für die große altersgemischte Gruppe habe ihren
Grund nicht in der Betreuung von Schulkindern, sondern in dem höheren
Betreuungsbedarf von Kindern von drei Jahren an bis zum Schuleintritt. Für
Hortgruppen (Schulkinder) habe selbst das GTK in § 19 eine Regelöffnungsdauer von
35 Stunden vorgesehen.
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Eine Anhörung sei nach § 24 Abs. 1 SGB X nur bei belastenden Verwaltungsakten
vorgesehen. Ungeachtet davon habe der Kläger rechtliches Gehör im Rahmen der
gerichtlichen Auseinandersetzung erhalten.
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Wegen des weiteren Vorbringens der Verfahrensbeteiligten und des Sachverhaltes im
Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge der Beteiligten ergänzend Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage hat keinen Erfolg.
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Die Ablehnung eines weiteren Zuschusses aus Landesmitteln für das Kindergartenjahr
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2008/2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5
Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Kläger hat keinen darauf gerichteten
Anspruch.
Die teilweise Ablehnung des beantragten Zuschusses bedarf keiner vorherigen
Anhörung, weil eine solche nach § 24 Abs. 1 SGB X nur für einen Verwaltungsakt
vorgesehen ist, der in die Rechte eines Beteiligten eingreift. Die Versagung einer
Begünstigung stellt keinen Eingriff in einen bereits vorhandenen Rechtskreis dar,
sondern verweigert lediglich dessen Erweiterung. Im übrigen ist dem Beklagten darin
zuzustimmen, dass dem Kläger während des anhängigen Klageverfahrens hinreichend
Gelegenheit gegeben worden ist, seinen Standpunkt darzulegen. Im Ergebnis ist
deshalb von der Nachholung einer Anhörung auszugehen, vgl. § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2
SGB X.
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Rechtsgrundlage für die Gewährung des Landeszuschusses für
Kindertageseinrichtungen ist § 21 Abs. 1 KiBiz. Nach Satz 1 gewährt das Land dem
Jugendamt auf der Grundlage einer zum 15. März für das im gleichen Kalenderjahr
beginnende Kindergartenjahr vorzulegenden verbindlichen Mitteilung für jedes Kind,
das in einer im Bezirk des Jugendamtes nach diesem Gesetz geförderten
Kindertageseinrichtung eines Trägers nach § 6 Abs. 1 betreut werden soll, einen
pauschalierten Zuschuss. Gemäß Satz 2 Nr. 4 beträgt der Zuschuss im Falle des § 20
Abs. 1 Satz 4 (kommunaler Träger) 30,0 v. H. der gemäß § 19 gezahlten Kindpauschale.
Die Kindpauschalen ergeben sich nach § 19 Abs. 1 Satz 2 aus der Anlage zum KiBiz.
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Die Gestaltung der Gruppenformen und die Förderung nach den in der Anlage zu § 19
Abs. 1 KiBiz festgelegten Betreuungszeiten orientieren sich an den Ergebnissen der
örtlichen Jugendhilfeplanung unter Berücksichtigung der Grundsätze der
Bedarfsgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit. Diese Grundsätze, die in § 21 Abs. 6 Satz 1
KiBiz festgeschrieben sind, hat der Kläger bei seiner Jugendhilfeplanung nicht
hinreichend beachtet, soweit er für seine Einrichtungen im Kindergartenjahr 2008/2009
für 257 Schulkinder Plätze der Gruppenform IIIc berücksichtigt hat.
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Der Kläger hat nicht darlegen können, dass die 257 Schulkinder in seinen
31 Einrichtungen bedarfgerecht nur in der Gruppenform IIIc betreut werden können.
Ausgangspunkt ist insoweit § 19 Abs. 2 GTK, der für Horte eine tägliche
Regelöffnungsdauer von sieben Stunden vorschreibt. Zunächst ist nicht ersichtlich, dass
mit Inkrafttreten des KiBiz an der bedarfsgerechten Unterbringung von Schulkindern in
Tageseinrichtungen für Kinder im Hinblick auf die Betreuungszeiten neue Maßstäbe
gesetzt worden sind. Im konkreten Fall hat der Kläger zudem nicht darlegen können,
dass von der siebenstündigen Regelöffnungsdauer zwingend abzuweichen gewesen
ist. Legt man die Angaben des Klägers zugrunde, sind seine Einrichtungen 49 Wochen
im Jahr geöffnet, davon 9 Wochen in den Schulferien. Ausgehend von mindestens
20 Wochenstunden Schulunterricht
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- vgl. die Stundentafel als Anlage zur Verordnung über den Bildungsgang in der
Grundschule; danach schwanken die vorgesehenen Wochenstundenzahlen je nach
Jahr/Klasse zwischen 21-22 und 26-27 -
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ergibt sich folgender prognostischer Betreuungsbedarf für Schulkinder in den
Tageseinrichtungen des Klägers:
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40 Wochen x 25 Stunden = 1.000 Stunden
9 Wochen x 45 Stunden = 405 Stunden
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Gesamt: 1.405 Stunden
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Demgegenüber finanziert das Land 49 Wochen x 35 Stunden = 1.715 Stunden.
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Mit dem verbliebenen Überhang von 310 Stunden vermag der Kläger im tatsächlichen
Ablauf des vorfinanzierten Kindergartenjahres alle von ihm angeführten Imponderabilien
auszugleichen, die sich aus der Abweichung von geplantem zu tatsächlich
abgehaltenem Unterricht in den Schulen ergeben.
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Hinzu kommt folgendes: Nach der Systematik des im neuen KiBiz angelegten
Finanzierungssystems ist sowohl die Bedarfsplanung als auch der Zuschuss des
Jugendamtes an die Träger der Einrichtungen (1. Stufe) sowie der Zuschuss, den das
Land dem Jugendamt gewährt (2. Stufe), prognostisch in die Zukunft gerichtet.
Demgegenüber verlangte das an den Betriebskosten der Einrichtungen orientierte
Finanzierungssystem des inzwischen außer Kraft getretenen GTK eine ex post-
Betrachtung. Mit der nunmehr ex ante zu treffenden Bedarfsplanung ist es unvereinbar,
nicht kalkulierbare Unwägbarkeiten einzubeziehen. Angesichts des errechneten
Überhangs von 310 finanzierten Stunden im Vergleich zu den aufgrund einer
bedarfsgerechten Prognose ermittelten Stunden für die Betreuung von Schulkindern in
den vom Kläger betriebenen Tageseinrichtungen für Kinder besteht dafür objektiv auch
keine Notwendigkeit.
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Der vom Kläger aufgestellten Behauptung, es komme für die Anerkennung der
Kindpauschalen nach der Gruppenform IIIc nicht darauf an, dass im Durchschnitt keine
45 Wochenstunden für die Betreuung von Schulkindern in Tageseinrichtungen für
Kinder aufgewendet werden, ist bereits die Grundlage entzogen. Denn nach dem
vorstehenden Zahlenmaterial erreicht die Betreuung von Schulkindern in den vom
Kläger betriebenen Tageseinrichtungen für Kinder noch nicht einmal durchschnittlich 35
Wochenstunden. Zudem findet sich für die aufgestellte Behauptung im
Finanzierungssystem des KiBiz kein Anhaltspunkt.
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Auf einen Vertrauensschutz kann sich der Kläger ebenfalls nicht mit Erfolg berufen.
Zwar ist ihm darin zuzustimmen, dass das KiBiz ein völlig neuartiges Finanzierungs-
und Anmeldesystem vorhält. Allerdings ergibt sich aus den Finanzierungsregelungen
der §§ 18 ff. KiBiz, insbesondere hier § 21 Abs. 6 Satz 1, auch unter Außerachtlassung
des ministeriellen Erlasses vom 14. April 2008 hinreichend deutlich, dass die
Refinanzierung sich ausschließlich an den Ergebnissen der örtlichen
Jugendhilfeplanung unter Berücksichtigung der Grundsätze der Bedarfsgerechtigkeit
und Wirtschaftlichkeit orientiert. Eine Bedarfsplanung, die 45 Wochenstunden für die
Betreuung von Schulkindern in den Tageseinrichtungen für Kinder ansetzt, widerspricht
diesen Grundsätzen. Dabei spielt es keine Rolle, dass der Kläger mit den Eltern zu
betreuender Schulkinder bereits Verträge über 45 Wochenstunden geschlossen hat.
Denn nach § 18 Abs. 2 Satz 4 KiBiz können Eltern beim Abschluss des Vertrages
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zwischen den in der Anlage zu § 19 Abs. 1 genannten Betreuungszeiten (nur) wählen,
soweit diese als Ergebnis der kommunalen Jugendhilfeplanung von der Einrichtung als
bedarfsgerecht angeboten werden. Mit dem Wort "bedarfsgerecht" wird hinreichend
klargestellt, dass § 18 Satz 2 KiBiz eingeschränkt bzw. konkretisiert wie folgt zu
verstehen ist: Grundlage für die Berechnung der finanziellen Förderung ist der
"bedarfsgerechte" Betreuungsvertrag zwischen Träger und Eltern.
Nach alledem musste der Kläger vorhersehbar damit rechnen, dass der
Landeszuschuss für seine Kindertageseinrichtungen nur unter den vorgenannten
Einschränkungen bzw. Konkretisierungen gewährt werden würde.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 in Verbindung mit § 188 Satz 2 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nach § 167 VwGO in
Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 ZPO erfolgt.
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