Urteil des VG Düsseldorf vom 20.10.2005

VG Düsseldorf: wiederherstellung der aufschiebenden wirkung, ermittlung des sachverhaltes, stadt, abgrabung, lwg, unternehmer, bahn, sicherheitsleistung, einverständnis, eigentum

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 4 K 6650/98
Datum:
20.10.2005
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
4. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 K 6650/98
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf
die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110%
des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher
Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand:
1
Die Klägerin betrieb legal bis zum 30. Juni 1996 die Nassauskiesung der Grundstücke
G1 (teilweise), G2 und G3 (teilweise) und G4 (teilweise). Rechtsgrundlage war zunächst
ein Genehmigungsbescheid des Regierungspräsidenten E vom 17. Mai 1976 in der
Fassung des Bescheides vom 7. Oktober 1977, gestützt auf §§ 3,7 und 8 des
Abgrabungsgesetzes vom 21. November 1972 und § 31 Abs. 1 Satz 3 WHG vom 16.
Oktober 1976. Die Bescheide enthielten eine Befristung der Genehmigung bis zum 31.
Dezember 1984. Unter dem 12. Juli 1983 änderte der Regierungspräsident E den
Bescheid vom 17. Mai 1976, gestützt auf §§ 3, 7 und 8 Abgrabungsgesetz, § 31 Abs. 1
Satz 3 WHG und §§ 100, 104 LWG in den damals geltenden Fassungen. Unter anderem
wurde die Zeit der zulässigen Abgrabung und Herrichtung (Rekultivierung) bis zum 31.
Dezember 1995 ausgedehnt.
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Das Auskiesungsgelände wird durch den Landschaftsplan des Kreises N vom 4. Juli
1984 als Landschaftsschutzgebiet (X 0.0 - 0 „I Süd-West") ausgewiesen. Es liegt
ausweislich der Wasserschutzgebietsverordnung für das Wasserwerk I1 vom 16.
Dezember 1975 in der Wasserschutzzone IIIA und befindet sich in etwa 900 Metern
Entfernung zu den Wassergewinnungsbrunnen.
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Mitte 1995 war die Auskiesung nach den Angaben der Klägerin erst zum Teil dem
genehmigten Umfang entsprechend durchgeführt. Auf dem G2 und den G3 und G4 war
jedenfalls in weiten Bereichen bis zu einer Tiefe von lediglich 8 Metern ausgekiest, statt,
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wie es zulässig gewesen wäre, bis zu einer Tiefe von 15 Metern unterhalb der
Geländeoberkante; auf einem geringen Teil der genannten Flurstücke war mit der
Auskiesung noch nicht begonnen worden.
Die Klägerin beantragte unter dem 17. Juli 1995 die Verlängerung der
Abgrabungsgenehmigung über den 31. Dezember 1995 hinaus um zehn Jahre. Dieses
Bestreben stieß auf Schwierigkeiten. Unter dem 28. November 1995 erhob die Stadt I,
durch deren Gebiet die Zufahrt zum Betriebsgelände der Klägerin führte (Straßen P und
T-weg), Einwendungen gegen eine weitere Auskiesung. Sie machte geltend, im Bereich
der Zufahrtsstraßen, insbesondere des T-weges, habe sich die Wohnbebauung in den
Jahren zuvor verdichtet; das sei in der Erwartung geschehen, die Abgrabung werde
Ende 1995 auslaufen; der Werksverkehr der Klägerin mit Schwerlasttransportern habe
unzumutbare Belastungen der Wohnbevölkerung in dem betroffenen Gebiet zur Folge.
Die Stadt M sperrte sich gegen die Einrichtung von Zufahrten zum auf Ier Stadtgebiet
liegenden Betriebsgelände der Klägerin über auf ihrem, Mer, Gebiet verlaufende
Straßen.
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Der Beklagte verlängerte die Abgrabungsgenehmigung durch Bescheid vom 4. März
1996 bis zum 30. Juni 1996. Damit sollte der Klägerin Gelegenheit gegeben werden,
durch Verhandlungen mit den beteiligten Städten die Zufahrt zum Betriebsgelände neu
zu regeln. Dagegen erhob die Klägerin unter dem 10. April 1996 Widerspruch.
Außerdem versuchte sie, unter Inanspruchnahme des Gerichtes im Wege vorläufigen
Rechtsschutzes zu einer Verlängerung der Genehmigung zu kommen (8 L 2333/96). Ihr
Antrag vom 21. Juni 1996 wurde jedoch mit Beschluss vom 28. Juni 1996 in erster
Instanz und mit Beschluss des OVG NRW vom 22. August 1996 (20 B 1616/96) in
zweiter Instanz abgelehnt.
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Der Beklagte untersagte der Klägerin mit Ordnungsverfügung vom 15. Juli 1996 sofort
vollziehbar die weitere Auskiesung der Grundstücke des Vorhabens P1. Mit dem
dagegen von der Klägerin angestrengten Antrag auf Wiederherstellung der
aufschiebenden Wirkung vom 29. Juli 1996 (8 L 2861/96) blieb sie jedoch erfolglos
(Beschluss vom 24. Juli 1997, in erster Instanz rechtskräftig).
7
Die Klägerin hatte ebenfalls unter dem 29. Juli 1996, vervollständigt unter dem 12.
November 1996, ergänzt unter dem 25. Februar 1997 bei dem Beklagten beantragt, im
Plangenehmigungsverfahren gemäß § 31 Abs. 1 Satz 3 WHG, hilfsweise im Wege
eines Planfeststellungsverfahrens gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 WHG die früheren
Abgrabungsgenehmigungen des Regierungspräsidenten E bis zum 31. Dezember 2000
zu verlängern. Sie gab zuletzt an, die Lagerstätte enthalte noch rund 470000 cbm
abbaufähigen und verwertbaren Kies und Sand.
8
Mit Ordnungsverfügung vom 28. Oktober 1996 untersagte der Beklagte der Klägerin
jegliche Anlieferung, Lagerung und Ablagerung von grundstücksfremdem Bodenaushub
und Bauschutt auf dem Betriebsgrundstück, mit einer Ausnahme zu Gunsten von
Arbeiten zur Wiederherstellung der Standsicherheit einer in diesem Bereich
verlaufenden Gastransportleitung. Mit dem dagegen angestrengten Gerichtsverfahren
blieb die Klägerin erfolglos (Beschluss vom 18. Dezember 1996, 8 L 4402/96, in erster
Instanz rechtskräftig).
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Zur Durchsetzung der Ordnungsverfügung vom 28. Oktober 1996 setzte der Beklagte mit
Bescheid vom 1. April 1997 unmittelbaren Zwang durch Verplomben und Versiegeln
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des Einfahrt/Ausfahrtstores des Werksgeländes fest. Den dagegen gerichteten Antrag
auf vorläufigen Rechtsschutz lehnte das VG Düsseldorf durch Beschluss vom 4. April
1997 ab (8 L 2074/97, in der Hauptsache in erster Instanz rechtskräftig).
In der Folgezeit führte der Beklagte das Verwaltungsverfahren zu dem zuletzt mit
Anschreiben vom 25. Februar 1997 ergänzten Antrag der Klägerin vom 29. Juli 1996 auf
Erteilung einer Plangenehmigung oder positiven Planfeststellung zur weiteren
Auskiesung des Vorhabens P1 fort. Er stellte sich dabei auf den Standpunkt, es komme
nur ein Planfeststellungsverfahren in Betracht. Er hörte verschiedene Träger öffentlicher
Belange an. Einwendungen erhoben vor allem die Städte I und M gegen die Zufahrten
zum Betriebsgelände über Straßen ihrer Stadtgebiete, sowie die Untere
Wasserbehörde, die Stadtwerke T1 und das Staatliche Umweltamt E wegen
befürchteter Auswirkungen einer weiteren Tiefenabgrabung auf den Wasserhaushalt
und die Wassergewinnung durch das Wasserwerk I1.
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Mit Ablehnungsbescheid vom 9. Juli 1998 lehnte der Beklagte den Plan der Klägerin zur
Weiterführung der Auskiesung P1 gestützt auf § 100 Abs. 2 und 3 LWG ab. Er
begründete die Ablehnung mit zwingenden Versagungsgründen, die einen Einstieg in
eine planerische Abwägung verstellten. Das Vorhaben berge konkrete Gefahren für die
öffentliche Wasserversorgung, ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut. Der
Bescheid wurde am 14. Juli 1998 zugestellt.
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Die Klägerin hat am 6. August 1998 Klage erhoben. Sie begehrt die Verlängerung der
früheren Abgrabungsgenehmigungen des Regierungspräsidenten E über den 31.
Dezember 1995 hinaus längstens bis zum 31. Dezember 2005 unter Aufhebung des
Ablehnungsbescheides vom 9. Juli 1998.
13
Über das Vermögen der Klägerin ist durch Beschluss des Amtsgerichtes E vom 19. Juli
1999 (Geschäfts-Nr. 00 N 000/00) das Konkursverfahren eröffnet worden. Mit Schriftsatz
vom 11. März 2004 hat der Konkursverwalter mitgeteilt, es bestehe keine Absicht, den
Rechtsstreit aufzunehmen. Die Klägerin hat mit Schriftsatz ihrer
Prozessbevollmächtigten vom 9. November 2004 vorgetragen, das Verfahren solle
fortgesetzt werden.
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Die Klägerin hat schriftsätzlich den Antrag angekündigt,
15
1. den Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 9. Juli 1998 aufzuheben, 2. den
Beklagten zu verpflichten, die Abgrabungsgenehmigung des Regierungspräsidenten E
vom 12. Juli 1983 über den 31. Dezember 1995 hinaus bis zur vollständigen Abgrabung
der Grundstücke G1 teilsweise, G2, G3 teilweise und G4 teilweise längstens bis zum 31.
Dezember 2005 zu verlängern.
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In der mündlichen Verhandlung ist trotz ordnungsgemäßer Ladung und eines
ausführlichen gerichtlichen Hinweises auf die sich stellenden Rechtsfragen
einschließlich der Frage, welche Klageanträge sachdienlich sein könnten, niemand für
die anwaltlich vertretene Klägerin erschienen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Folgende Akten sind beigezogen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung:
8 L 2861/96; 8 L 2333/96; 8 L 4402 und 4403/96; 8 L 2074/97; 8 L 4717/97. Wegen der
weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von dem Beklagten zu
den verschiedenen Gerichtsverfahren gereichten Verwaltungsakten, die beigezogenen
Gerichtsakten und den Inhalt der Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens Bezug
genommen.
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Entscheidungsgründe:
21
A) Die Klage ist zulässig.
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Die Verpflichtungsklage ist im für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage
maßgebenden Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zulässig. Das durch die
Insolvenzeröffnung unterbrochene Verfahren wird wirksam fortgesetzt. Die Klägerin,
eine Personenhandelsgesellschaft gemäß § 161 HGB, ist prozessführungsbefugt und
wirksam vertreten.
23
1. Mit der Konkurseröffnung über das Vermögen der S GmbH und Co. KG, diese
seinerzeit vertreten durch die Geschäftsführer C und F, am 19. Juli 1999, 12.00 Uhr
wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit ist der Prozess unbeschadet der
Vertretung der Klägerin durch Rechtsanwälte unterbrochen worden (§§ 240, 246 ZPO).
24
2. Die Klägerin hat das Verfahren durch Schriftsatz vom 9. November 2004 nach den für
das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen. Der Insolvenzverwalter
hatte zuvor durch Schriftsatz vom 11. März 2004 die Aufnahme des Rechtsstreites
abgelehnt. Durch diese Erklärung ging das Recht zur Aufnahme des Prozesses (§ 85
Abs. 2 InsO) und die Prozessführungsbefugnis auf die Klägerin über (Münchener
Kommentar zur Insolvenzordnung, Bearb. Schumacher, Band I, § 85 Rdn. 24). Im Falle
der Insolvenz einer Personengesellschaft kann der Rechtsstreit durch die
verfassungsmäßigen Organe der aufgelösten Gesellschaft fortgeführt werden (Mü-Ko-
Schumacher, a.a.O., § 85 Rdn. 26). Das ist für diese durch ihre Prozessbevollmächtigten
geschehen.
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3. Der Tod des Geschäftsführers C wirkt sich auf den Bestand der Komplementär-GmbH
und auf die Prozessfähigkeit der Klägerin nicht aus. Der Komplementär-GmbH verbleibt
die gesetzlich vorgesehene Mindestanzahl von einem Geschäftsführer (§ 6 GmbHG;
Herr F). Herr F ist nach den Eintragungen im Handelsregister (HRB 00000, AG E für die
S BeteiligungsGmbH) einzelvertretungsberechtigt.
26
B) Die Klage ist unbegründet.
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1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Verlängerung der ihr unter dem 17. Mai
1976 genehmigten Nassauskiesung in der Fassung des Änderungsbescheides des
Regierungspräsidenten E vom 12. Juli 1983, verlängert durch Bescheid des Beklagten
vom 4. März 1996 (bis zum 30. Juni 1996). Der Beklagte hat es auf der Grundlage von §
104 Abs. 3 Satz 2 LWG ermessensfehlerfrei abgelehnt, die
Nassauskiesungsgenehmigung über den 30. Juni 1996 hinaus zu erstrecken und eine
weitere Verlängerung nur für den Fall in Aussicht gestellt, dass die Klägerin bis zu
diesem Zeitpunkt eine neue Zuwegung zum Betriebsgelände erstellt haben würde. Eine
neue Zuwegung zu dem Abgrabungsgelände (an Stelle der bis dahin genutzten Zufahrt
über die Straßen P und den T-weg auf Ier Stadtgebiet) hatte die Klägerin zum 30. Juni
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1996 nicht angelegt. Mit dem Ablehnungsbescheid im Planfeststellungsverfahren vom 9.
Juli 1998 hat der Beklagte darüber hinaus zum Ausdruck gebracht, dass er die
Nachauskiesung für nur in einem Planfeststellungsverfahren erlaubnisfähig hält. Mit
diesem Bescheid, den die anwaltlich vertretene Klägerin ausweislich des
angekündigten Klageantrags als Hindernis für eine Verlängerung der ursprünglichen
Genehmigung angreift, hat der Beklagte das ihm zustehende Ermessen erneut mit dem
Inhalt der Ablehnung einer einfachen Verlängerung der früher erteilten Genehmigung
ausgeübt. Er hat die Ablehnung einer positiven Verlängerungsentscheidung damit
insgesamt auf zwei Erwägungen gestützt: Zum einen will er die Fortführung der
Auskiesung nicht mehr zulassen, wenn der damit verbundene Schwerlastverkehr
weiterhin über den T-weg in I geführt wird. Zum anderen hält er eine Fortsetzung der
Abgrabung für wasserrechtlich bedenklich und deshalb in jedem Fall für
planfeststellungsbedürftig. Beide Erwägungen sind sachgerecht und tragen
selbstständig die Entscheidung, das Vorhaben der Klägerin neu in einem
Planfeststellungsverfahren zu bewerten.
1.1 Nach Erlass der (abändernden) Genehmigung durch den Regierungspräsidenten E
vom 12. Juli 1983 ist die Wohnbebauung auf Ier Stadtgebiet derart dicht an die
Zuwegung zum Abgrabungsgelände heran gerückt, dass betriebsbedingte schädliche
Umwelteinwirkungen zu besorgen sind. Die Frage der zureichenden Erschließung des
Auskiesungsgeländes über den T-weg war damals und ist bis heute jedenfalls nicht in
einer Weise gelöst, die die Erwägungen des Beklagten zum Schutz der Anwohner als
ermessenswidrig erscheinen lassen könnten. Das Planungs- und Vermessungsamt der
Stadt I erklärt noch in einem Schreiben vom 6. Januar 2005, der T-weg sei auf seiner
ganzen Länge als Anliegerstraße gewidmet und zum Teil als Tempo 30-Zone, zu einem
anderen Teil als „Verkehrsberuhigter Bereich" ausgewiesen. Schon in einem Schreiben
der Stadt I vom 4. Juni 1997 war darauf hingewiesen worden, dass die Stadt im
Vertrauen auf ein Auslaufen des Auskiesungsbetriebes das Gebiet um den T-weg seit
1984 beplant habe und anschließend eine Neubebauung ausschließlich mit
Einfamilienhäusern erfolgt sei; bei Beginn der Auskiesung 1974 sei der T-weg durch
freies Gelände verlaufen und habe nicht der Erschließung eines Wohngebietes gedient.
Dieser Sachverhalt steht fest. Er trägt die Entscheidung des Beklagten, eine einfache
Verlängerung des bestehenden Zustandes über die bereits gewährte mehrmonatige
Übergangsfrist hinaus komme nicht in Betracht. Bei der Ermessensentscheidung nach §
104 Abs. 3 Satz 2 LWG NRW ist der Sinn der Frist zu bedenken, eine beliebige zeitliche
Erstreckung der Auskiesung zu verhindern und eine Überprüfung des Vorhabens unter
Berücksichtigung eingetretener Veränderungen rechtlicher und tatsächlicher Art zu
ermöglichen (OVG NW, Beschluss vom 28. Juni 1996, in dem den Beteiligten
bekannten Verfahren 8 L 2333/96-VG Düsseldorf, 20 B 1616/96-OVG NW). Ergibt eine
Vorprüfung, dass die Verhältnisse mehr oder weniger unverändert fortbestehen, kommt
eine Verlängerung in Betracht. Ist jedoch absehbar, dass eine eingehende Überprüfung
neuen Tatsachenmaterials infolge veränderter Umstände vorgenommen werden muss,
und stehen keine übergeordneten Interessen des Betreibers auf dem Spiel, kann es
zweckmäßig sein, die Ermittlung des Sachverhaltes und die Abwägung der Belange in
einem Planfeststellungsverfahren vorzunehmen. Damit zieht die Behörde einen
Schlussstrich unter das nur befristet genehmigte Abgrabungsunternehmen und
behandelt künftige Fortsetzungen wie ein neues Vorhaben. Die Notwendigkeit einer
neuen Abwägung der von dem Verhaben der Klägerin berührten Belange wegen der
zwischenzeitlich eingetretenen baulichen Veränderungen in ihrem Umfeld drängte sich
gerade zu auf. Vertrauensschutzerwägungen zu Gunsten der Klägerin durfte der
Beklagte zurück stellen. Die Befristung der Genehmigung vom 12. Juli 1983 schloss die
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berechtigte Erwartung aus, die Auskiesung könne in zeitlicher Hinsicht allein unter
betrieblichen Aspekten hinaus geschoben werden (vgl. dazu schon OVG NW,
Beschluss vom 28. Juni 1996, a.a.O.).
1.2 Die Erwägung, über die von der Klägerin geplante Nachauskiesung durch
Vertiefung des am 30. Juni 1996 vorhandenen Grundwassersees P1 nicht durch eine
einfache Verlängerung der Abgrabungsgenehmigung gemäß § 104 Abs. 3 Satz 2 LWG,
sondern wegen der wasserrechtlichen Bedenken durch ein Planfeststellungsverfahren
zu entscheiden, orientiert sich ebenfalls am Zweck der Ermächtigung (§ 40 VwVfG). Die
Umgestaltung des P1s durch Absenkung des Seegrundes gab Anlass zu einer
fundamentalen Neuüberprüfung des Vorhabens. Es lag und liegt in der
Wasserschutzzone A und nur 900 Meter entfernt von den Brunnen der
Wassergewinnungsanlagen des Wassergewinnungswerkes I1. Wie einer
Stellungnahme der B Ag, Wasser, Boden, Geomatik, vom 17. Januar 2005 zu
entnehmen ist, waren schon zur Zeit des Bescheides vom 4. März 1996
Untersuchungen zu der (dann 2001 verfügten) wasserrechtlichen Entnahmebewilligung
für die Stadtwerke T1 und zum aktuellen und möglicherweise veränderten Umfang des
Einzugsgebietes des Wassergewinnungswerkes im Gange. Es ist vertretbar, die
Nachauskiesung zusammen mit den sich ankündigenden Erkenntnissen und
Entwicklungen bei der künftigen Wassergewinnung in einem Planfeststellungsverfahren
zu bewerten, das auf eine umfassende Einbeziehung aller Belange angelegt ist. Die
tatbestandlichen Erfordernisse eines Planfeststellungsverfahrens waren und sind
gegeben (§ 31 Abs. 1 Satz 1 WHG,; Vm § 152 Abs. 1 Nr. 1 LWG). Die Klägerin plant die
wesentliche Umgestaltung eines Gewässers. Abzustellen ist dabei auf den Zustand am
30. Juni 1996. Das zu dieser Zeit vorhandene Gewässer von (auf den G3, G2 und G1)
durchschnittlich etwa 8 Metern Tiefe soll um sieben Meter auf insgesamt durchschnittlich
15 Meter vertieft werden. Durch die annähernde Verdoppelung der Wassertiefe wird auf
einer Fläche von um die 8 ha ein nicht unwesentlicher Grundwasserkörper zusätzlich
aus den Bodenschichten frei gelegt (560000 cm Raum). Der Seegrund wird verändert.
Beides kann sich auf das vorhandene ökologische Gefüge und den Wasserhaushalt
auswirken. Unwesentlich sind nur Gewässerveränderungen, die als offensichtlich nicht
bedeutend nicht ins Gewicht fallen (Czychowski-Reinhardt, WHG, Kommentar, 8. Aufl.,
§ 31 Rdn. 22).
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1.3 Die Klage hat im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nur den Antrag auf
Verlängerung der ursprünglichen Abgrabungsgenehmigung vom 12. Juli 1983 zum
Gegenstand. Wird eine Verlängerung beantragt, obwohl es eines (neuen)
Planfeststellungsverfahrens bedürfte, muss die Klage ohne Weiteres abgewiesen
werden (Czychowski-Reinhardt, a.a.O., § 31 Rdn. 42 für das Verhältnis
Plangenehmigung- Planfeststellung).
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2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine Plangenehmigung ohne
Planfeststellungsverfahren nach § 31 Abs. 1 Satz 3 WHG a.F., § 31 Abs. 3 WHG n.F. .
Der Beklagte hat es in dem Ablehnungsbescheid vom 9. Juli 1998 unbeschadet der
tatbestandlichen Erfordernisse ermessensfehlerfrei abgelehnt, zu Gunsten eines
Plangenehmigungsverfahrens auf ein Planfeststellungsverfahren zu verzichten. Das ist
aus den gleichen Gründen sachgerecht, die gegen die einfache Verlängerung der
früheren Genehmigung sprachen (s.o. 1.) und gilt unverändert noch im Zeitpunkt der
mündlichen Verhandlung.
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3. Die Klägerin hätte schließlich, selbst wenn man ihr Begehren in Anknüpfung an die
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Erwähnung des Ablehnungsbescheides des Beklagten vom 9. Juli 1998 weit versteht,
keinen Anspruch auf einen positiven Planfeststellungsbeschluss, der ihr die
Nachauskiesung des P1s bis in eine durchschnittliche Wassertiefe von 15 Metern
erlaubt. Die Planfeststellung muss versagt werden, weil ihr zwingende
Rechtsvorschriften entgegen stehen (§ 100 Abs. 2 LWG).
3.1 Die Planfeststellung regelt die Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich der
notwendigen Folgemaßnahmen im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen
Belange. Andere behördliche Entscheidungen, öffentlich-rechtliche Genehmigungen,
Verleihungen, Erlaubnisse, Bewilligungen, Zustimmungen und Planfeststellungen sind
nicht erforderlich (§§ 152 LWG, 75 VwVfG). Die Planfeststellung muss aber das
geltende materielle Recht beachten. Sie darf nicht erlassen werden, wenn das
Vorhaben nicht alle Voraussetzungen erfüllt, die (irgend) ein Gesetz daran stellt.
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3.2 Die von der Klägerin geplante Nachauskiesung durch Vertiefung eines bestehenden
oberirdischen Grundwassersees geschieht zur oberirdischen Gewinnung von Kies, also
von Bodenschätzen. Sie erfüllt die Merkmale einer Abgrabung im Sinne des
Abgrabungsgesetzes (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 AbgrG NRW).
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3.3 Abgrabungen dürfen nur genehmigt werden, wenn spätestens im Zeitpunkt der
Erteilung eine Erklärung des Eigentümers vorliegt, dass er mit dem Abgrabungsplan
einverstanden ist. An den Eigentümereinverständniserklärungen für die von der Klägerin
in Anspruch genommenen Grundstücke fehlt es. Die Klägerin bringt sie nicht bei,
obwohl sie auf diesen Mangel ausdrücklich durch gerichtliche Verfügung vom 27. Juni
2005 hingewiesen worden ist.
36
3.3.1 Die von der Nassauskiesung betroffenen Grundstücksparzellen G1; G2 und G4
stehen ausweislich der beigezogenen Grundbuchauszüge sämtlich im Eigentum von
Frau E1. Die in der Gemeinde M gelegenen Flurstücke G2 und G4 hat Frau E1 durch
Eintragung am 15. Juli 1997 zu Eigentum erhalten. Für das Grabengrundstück G3 gibt
es kein Grundbuchblatt. Die Eigentumsverhältnisse sind insoweit unklar. Die Frau E1
gehörenden Grundstücke sind mit einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit belastet,
die die Klägerin zur Auskiesung berechtigt.
37
3.3.2 Die Klägerin legt die in § 4 Abs. 4 Satz 1 AbgrG NRW vorgeschriebene
Eigentümereinverständniserklärung von Frau E1 nicht vor. Der Planfeststellungsantrag
vom 29. Juli/25. Februar 1997 enthält lediglich eine Erklärung des früheren Eigentümers
Herrn C1 vom 26. Oktober 1996. Sie ist auf eine Auskiesung bis zum 31. Dezember
2000 bezogen. Sie war schon im Zeitpunkt der Entscheidung über den
Planfeststellungsantrag am 9. Juli 1998 überholt, weil Herr C1 das Eigentum an den
Auskiesungsflächen im Juli 1997 auf Frau E1 übertragen hatte. Im Zeitpunkt der
mündlichen Verhandlung ist darüber hinaus der in der
Eigentümereinverständniserklärung C1s genannte Auskiesungszeitraum abgelaufen,
das Einverständnis mit dem dem Eigentümer vorgelegten Plan also erloschen.
38
3.3.3 Die für die Klägerin in Grundbuch eingetragene beschränkt persönliche
Dienstbarkeit mit dem Recht zur Auskiesung der Grundstücke macht die
Eigentümereinverständniserklärung nicht entbehrlich. Die Erklärung nach § 4 Abs. 4
AbgrG steht in Zusammenhang mit den Pflichten des Eigentümers hinsichtlich der
Herstellung während und nach Abschluss der Abgrabung (§ 2 Absätze 2 und 3, § 12
Abs. 2 Satz 1 AbgrG NRW). Der Eigentümer soll die Herrichtung durch den
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Unternehmer nicht auf Grund seiner privaten Rechte verhindern können und
gegebenenfalls selbst zur Herrichtung verpflichtet sein (OVG NRW, Urteil vom 10. Juli
2003, 20 A 4257/99). Entscheidend ist deshalb das dokumentierte Einverständnis mit
dem die Herrichtung des Geländes umfassenden (§ 4 Abs. 2 AbgrG NRW)
Abgrabungsplan. Auf die Frage, inwieweit der Eigentümer dinglich auf Grund einer
Dienstbarkeit oder schuldrechtlich dem Unternehmer gegenüber verpflichtet ist, das
Einverständnis mit der Auskiesung zu erteilen, kommt es nicht an.
3.4 Der Fortsetzung der Abgrabung steht darüber hinaus der fehlende Nachweis
ausreichender Ab- und Zufahrtswege entgegen.
40
3.4.1 Ein Anspruch auf eine Genehmigung für eine Abgrabung und damit auf eine
positive Planfeststellung im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens nach §§ 31 Abs. 2
Satz 1 WHG, § 72 VwVfG besteht nicht, wenn dem Abgrabungsvorhaben im Einzelfall
öffentliche Belange entgegen stehen (§ 3 Abs. 2 Nr. 3 AbgrG NRW). Öffentliche Belange
stehen einer Abgrabung entgegen, wenn der Nachweis ausreichender Ab- und
Zufahrtswege nicht erbracht wird (§ 3 Abs. 4 Nr. 2 AbgrG NRW). Es ist nicht Sache der
Planfeststellungsbehörde oder des Gerichtes, nach Möglichkeiten der Erschließung zu
suchen oder zwischen aufgezeigten Alternativen zu wählen. Der Unternehmer muss die
Erreichbarkeit des Abgrabungsgelände für den Werksverkehr in dem Abgrabungsplan
konkret aufzeigen, ihre Geeignetheit darlegen und die Benutzbarkeit und Sicherheit der
Straßen und Wege belegen. Der Nachweis gehört zu den materiellen
Anspruchsvoraussetzungen. Dem Unternehmer obliegt seine Beibringung. Die Pflicht
zur Sachverhaltsermittlung durch die Planfeststellungsbehörde oder das Gericht ist
entsprechend beschränkt.
41
3.4.2 Der Planfeststellungsantrag der Klägerin vom 29. Juli 1996/25. Februar 1997
enthält die zeichnerische Darstellung einer Zu- und Abfahrt, die knapp südlich der
Stadtgrenze zwischen I und M auf Mer-Gebiet in östlicher Richtung von der S1
Straße/Ier Straße abzweigt, entlang von zwei Teichen durch unbebautes Gelände
verläuft, eine Eisenbahntrasse und eine Hochspannungsleitung quert um dann an
einem Wirtschaftsweg an der Südwestecke des Betriebsgeländes zu enden. Bis zum
Ende der ab 1976 genehmigten Auskiesung am 30. Juni 1996 führte die Zufahrt über die
Straßen P und T-weg, die weiter nördlich auf Ier Stadtgebiet von der S1er Straße
abzweigen. Die das jetzige Vorhaben betreffende Zuwegung aus den Unterlagen des
Antrags vom 29. Juli 1996/25. Februar 1997 ist nicht ausgebaut und nicht vorhanden.
Insbesondere fehlt die Anlage eines Bahnüberganges.
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3.4.3 Die Zu- und Abfahrt über die Straßen P/T-weg wird nicht überprüft. Die Klägerin
bestimmt das Vorhaben durch ihren Antrag (§ 4 Abs. 1 AbgrG NRW). Der Antrag war
das Ergebnis ausgedehnter Verhandlungen auch und gerade über die
Zufahrtsmöglichkeiten, in deren Verlauf die Klägerin ihre ursprüngliche Absicht, das
Gelände wie zuvor über den T-weg anzufahren, aufgegeben hatte. Dementsprechend
heißt es in dem Erläuterungsbericht zum Abgrabungsplan, die zukünftige Anbindung
solle, nach Gesprächen mit der Stadt M und der Bundesbahndirektion L, über die
beschriebene Route und Grundstücke der G5 erfolgen.
43
3.4.4 Ebenso wie die Erschließung über den T-weg bleibt eine unter dem 12.
September 1996 durch die Klägerin ins Spiel gebrachte Variante der Zufahrt über ein
südlich der Auskiesung gelegenes Nachbargelände der Firma T (Variante III, Bl. 92 GA,
südlich aus S2 kommend) außer Betracht. Der dazu in den Akten befindliche Plan ist
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ohne ausdrückliche Ergänzung des Planfeststellungsantrages und ohne nähere
Erläuterungen bei dem Beklagten hereingereicht worden. Einverständniserklärungen
der Fa. T2 fehlten.
3.4.5 Die Klägerin hat den Nachweis eines dem Planfeststellungsantrag
entsprechenden ausreichenden Ab- und Zufahrtsweges nicht erbracht.
45
3.4.5.1 Der von der Klägerin projektierte Weg ist in der Örtlichkeit nicht vorhanden. Er
führt über der Klägerin nicht gehörende Grundstücke. Hinreichend sichere Erklärungen
des Grundstückseigentümers, die Klägerin dürfe eine für LKWs geeignete Baustraße zu
ihrem Auskiesungelände anlegen, hat sie bis zur mündlichen Verhandlung nicht
beigebracht. Der in den Akten befindliche Vertragsentwurf, mit dem die
Grundeigentümer Herr W und Frau M1 die Anlage der Straße gestatten, ist nicht
unterzeichnet. Eine Erklärung der Grundeigentümer, zum Abschluss des Vertrages
(nach wie vor) bereit zu sein, legt die Klägerin nicht vor. Sie lässt im Gegenteil mit
Schriftsatz vom 18. November 1997 erklären, Herr W und Frau M1 hätten Bedenken zu
unterzeichnen, wenn dies ohne Abstimmung mit der Stadt M geschehe (BA 1, Bl. 64).
Die Stadt M sperrt sich bis heute gegen die Anlage einer Zufahrt zum Betriebsgelände
über ihr Stadtgebiet, wie sich ihrem Schreiben vom 13. Januar 2005 entnehmen lässt.
Schon durch Ratsbeschluss vom 2. Juli 1996 hatte der Rat der Stadt M beschlossen:
„Der Rat der Stadt lässt keine Zu- und Abfahrt zu Auskiesungen (Verfüllungen) auf Ier
Stadtgebiet über Mer Stadtgebiet zu." Die Grundstückseigentümer würden sich mit
einem Nutzungsvertrag zur Anlage einer Baustraße über ihre Grundstücke in
Widerspruch zum Willen des Stadtrates setzten, was ihnen nach dem Vortrag der
Klägerin selbst nicht ratsam erschien. Ohne klare und aktuelle Erklärung der
Grundstückseigentümer ist die projektierte Zufahrt nicht gesichert.
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3.4.5.2 Hinzu kommt, dass nach dem Entwurf eines Nutzungsvertrages die Klägerin die
Baustraße auf eigene Kosten anlegen und für die Nutzung der Grundstücke Pacht
bezahlen muss. Die Klägerin ist durch das Insolvenzverfahren aufgelöst, hat keine
Verfügungsmacht über die zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögensbestandteile (§
80 InsO) und ist außerhalb des Insolvenzverfahrens vermögenslos. Es ist
ausgeschlossen, dass die Grundstückseigentümer sich zu einem Nutzungsvertrag mit
jemanden bereit finden, der außerstande ist, die vertraglich vereinbarte Gegenleistung
zu erbringen. Die Klägerin ihrerseits ist nicht in der Lage, die Anlage der Baustraße
vorzufinanzieren. Sie ist nicht kreditwürdig. Erklärungen von Dritten, die das
Auskiesungsprojekt zu übernehmen und die Anlaufkosten zu zahlen bereit sind, werden
nicht vorgelegt.
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3.4.5.3 Der für die mit dem Planfeststellungsantrag bestimmte Ab- und Zufahrt
notwendige Übergang über das Bundesbahngelände existiert nicht. Er müsste erst
angelegt werden. Die Schaffung eines zusätzlichen Bahnüberganges wird der Klägerin
nicht möglich sein, weil dem die Bahn AG nicht zustimmt. Ein Schreiben der Deutschen
Bahn AG vom 12. Februar 1997 lehnt die Schaffung eines neuen, zusätzlichen
höhengleichen Bahnübergangs ab und verweist auf die bestehenden Bahnübergänge,
die jedoch nicht Gegenstand des Planfeststellungsantrages sind. Zwar hat die Bahn AG
in einem Schreiben vom 23. Juli 1997 signalisiert, der Verlegung eines in der Nähe
vorhandenen Bahnüberganges würde unter Umständen zugestimmt, allerdings unter
voller Kostenübernahme für den Rückbau der vorhandenen und den Bau der neuen
Kreuzung durch die Klägerin. Diese Absichtserklärung reicht zum Nachweis der
Zufahrtsmöglichkeit jedoch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht aus. Eine
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aktualisierte Erklärung der Bahn AG legt die Klägerin nicht vor. Die Klägerin ist zudem
außerstande, die Kosten für den Rückbau der vorhandenen und die Herstellung der
neuen Bahnquerung durch eine Baustraße zu ihrem Betriebsgelände aufzubringen.
Schließlich hatte die Bahn AG seinerzeit verlangt, dass der Begünstigte des
bestehenden Bahnüberganges (Herr W) mit der Verlegung einverstanden ist. Dazu
findet sich in dem vorgelegten Nutzungsvertrag mit den Grundstückseigentümern zwar
eine entsprechende Klausel. Der Nutzungsvertrag ist jedoch nicht zustande gekommen
und es ist von Anfang an zweifelhaft gewesen, ob er jemals zustande gekommen wäre,
weil Herr W und Frau M1 offenbar keine Konflikte mit der Vertretung der Bürgerschaft
der Stadt M heraufbeschwören wollten.
3.5 Der Klägerin kann die begehrte Planfeststellung schließlich deshalb nicht erteilt
werden, weil feststeht, dass sie die nach § 10 AbgrG zwingend erforderliche
Sicherheitsleistung nicht erbringen kann.
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Eine Abgrabungsgenehmigung und damit die positive Planfeststellung eines
Abgrabungsvorhabens ist von der Leistung einer Sicherheit abhängig zu machen (§ 10
AbgrG). Sie dient der finanziellen Deckung etwaiger Schäden, wenn von der
Genehmigung oder ihren Auflagen abgewichen wird. Im Regelfall wird zuerst die
Genehmigung oder Planfeststellung erteilt, danach wird die Sicherheit geleistet. Bleibt
die Sicherheitsleistung aus, wird die Genehmigung nicht wirksam, weil die
Genehmigung nach dem Wortlaut des Gesetzes von der Leistung der Sicherheit
abhängt. Die Genehmigung der Abgrabung steht unter der aufschiebenden (Potestativ-)
Bedingung der Leistung der Sicherheit.
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Von diesen Verfahrensabläufen muss abgewichen werden, wenn bereits im Zeitpunkt
der Entscheidung über einen beantragten Abgrabungsplan (hier: im Zeitpunkt der
mündlichen Verhandlung) feststeht, dass der Unternehmer die Sicherheit nicht wird
erbringen können. Jeder Anspruch des öffentlichen Rechts setzt ein
Sachbescheidungsinteresse voraus. Es fehlt, wenn die begehrte Genehmigung,
Erlaubnis, Planfeststellung oder Ähnliches aus Gründen außerhalb der unmittelbaren
tatbestandlichen Voraussetzungen nicht genutzt werden kann.
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Die Klägerin hat kein Sachbescheidungsinteresse an der Abgrabungsgenehmigung,
weil sie auf unabsehbare Zeit außer Stande ist, die für die Wirksamkeit der
Genehmigung erforderliche Sicherheitsleistung zu erbringen. Sie ist aufgelöst und
vermögenslos (siehe oben 3.4.5.2).
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 VwGO, die vorläufige Vollstreckbarkeit
folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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