Urteil des VG Düsseldorf vom 04.07.2002

VG Düsseldorf: aufschiebende wirkung, vollziehung, erlass, interessenabwägung, verwaltungsgerichtsbarkeit, rechtswidrigkeit, vollstreckbarkeit, ermessen, verordnung, abgraben

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 6 L 1700/01
Datum:
04.07.2002
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
6. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 L 1700/01
Tenor:
Der Antrag wird abgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der
außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auf 50.000 DM (25.564,59 Euro) festgesetzt.
Gründe:
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Der Antrag der Antragstellerin,
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die aufschiebende Wirkung der Klage vom 28. Juni 1999 (6 K 4306/99) gegen den
Planfeststellungsbeschluss der Antragsgegnerin vom 25. Mai 1999 wieder herzustellen,
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hat keinen Erfolg.
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Dabei ist im Hinblick auf die erforderliche Antragsbefugnis schon fraglich, ob das
Begehren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach §§ 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5
VwGO zulässig ist. Insoweit gelten beim Aussetzungantrag gegen einen sofort
vollziehbaren Planfeststellungsbeschluss grundsätzlich die Anforderungen des
Hauptsacheverfahrens,
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vgl. Schoch-Aßmann, Kommentar zur VwGO, § 80 a RN 69.
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Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Gründe des Urteils vom 4.
Juli 2002 - 6 K 4306/99 - Bezug genommen. Auch im vorliegenden Verfahren kann die
Frage letztlich offen bleiben, da der Antrag jedenfalls keine Aussicht auf Erfolg hat.
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Gemäß §§ 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO kann das Verwaltungsgericht die
aufschiebende Wirkung eines gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 mit der Anordnung der
sofortigen Vollziehung versehenen Verwaltungsaktes wiederherstellen, wenn das
öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das Interesse der Antragstellerin an
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der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage nicht überwiegt. Das ist im Interesse der
Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes bei der Errichtung von Großvorhaben, bei
denen die Folgen einer sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes nicht oder nur
schwer rückgängig gemacht werden könnten, nicht erst dann der Fall, wenn es
überwiegend wahrscheinlich ist, dass der angefochtene Planfeststellungsbeschluss mit
der Klage zu Fall gebracht werden wird, sondern regelmäßig schon dann, wenn der
Klage wenigstens hinreichende Aussicht auf Erfolg zuzusprechen ist,
vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. September 1995 - 11 VR 16/95 -, NVwZ 1996, 396;
OVG NRW, Beschluss vom 23. Dezember 1983 - 20 B 1637/83 - , Blatt 4 des amtlichen
Umdrucks.
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Nach diesen Grundsätzen fällt hier die gerichtliche Interessenabwägung der
gegenläufigen privaten und öffentlichen Interessen zu Lasten der Antragstellerin aus.
Der Planfeststellungsbeschluss greift nicht in ihre eigenen geschützten Belange und
Rechte ein. Die Anfechtungsklage im Verfahren 6 K 4306/99 ist daher erfolglos. Insoweit
wird auf die im Urteil vom 4. Juli 2002 dargelegten Gründe Bezug genommen.
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Auch die Interessenabwägung im Übrigen ergibt, dass das Interesse der Beigeladenen
an der sofortigen Vollziehung das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden
Wirkung der Klage überwiegt. Wie das Gericht im Urteil vom 4. Juli 2002 bereits
ausgeführt hat, sind bisher konkrete nachteilige Auswirkungen des
Planfeststellungsbeschlusses für die beabsichtigte Wassergewinnung durch die
Antragstellerin weder dargelegt noch ersichtlich. Die konkurrierende Interessen von
Wasserwirtschaft und Kiesabbau sind überdies bereits im GEP 86 abgewogen worden
und dahingehend gelöst worden, dass in dem Bereich, den die Beigeladene abgraben
will, die oberirdische Gewinnung von Bodenschätzen zugelassen ist und der Bereich
bereits den Endzustand vorwegnehmend als Wasserfläche ausgewiesen ist. Dasselbe
gilt auch nach den Festsetzungen des GEP 99.
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Der Anordnung der sofortigen Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses steht hier
auch nicht die am 20. März 2002 erlassene Veränderungssperre (ordnungsbehördliche
Verordnung zum Erlass einer Veränderungssperre zur Sicherung der Planung zur
Festsetzung eines Wasserschutzgebietes für das Einzugsgebiet einer
Wassergewinnungsanlage im H Feld für die Wasserverbund O GmbH -
Wasserwerksbetreiber -, entgegen. Denn nach ständiger Rechtsprechung kommt es für
die Beurteilung der Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit des
Planfeststellungsbeschlusses auf den Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung an, wie
bereits im Urteil vom heutigen Tage dargelegt ist. Sämtliche mit dem Erlass der
Veränderungssperre verbundene Fragen sind im vorliegenden Verfahren nicht zu
klären. Die Klärung dieser Fragen muss erst erfolgen, wenn der Antragsgegner aus dem
Erlass der Veränderungssperre weitere verwaltungsrechtliche Maßnahmen ableitet und
umsetzt.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§
708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Die Festsetzung des Streitwertes erfolgt nach § 13 Abs. 1 Satz 1 des GKG und 73 Abs.
1 GKG in der Fassung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Umstellung des
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Kostenrechts und der Steuergebührenverordnung auf Euro vom 27. April 2001 (BGBl. I
751). Danach ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag der Antragstellerin für sie
ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Vor dem Hintergrund
der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ
1996, 563-563.33.2) ist der Streitwert im Hauptsacheverfahren mit 100.000 DM, im
vorläufigen Rechtsschutzverfahren mit der Hälfte zu bemessen.
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