Urteil des VG Düsseldorf vom 25.05.2005

VG Düsseldorf: wiederherstellung der aufschiebenden wirkung, aufschiebende wirkung, england, schüler, vollziehung, alkohol, eltern, zusammensetzung, ausschluss, unterricht

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 18 L 958/05
Datum:
25.05.2005
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
18. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
18 L 958/05
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
1
Der am 19. Mai 2005 bei Gericht eingegangene Antrag,
2
die aufschiebende Wirkung der am 19. Mai 2005 erhobenen Klage gegen den Bescheid
des Antragsgegners vom 11. Februar 2005 und den Widerspruchsbescheid der
Bezirksregierung E vom 7. April 2005 wiederherzustellen,
3
hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, aber unbegründet.
4
Zunächst ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung in formeller Hinsicht nicht zu
beanstanden. Sie wurde von der insoweit neben dem Antragsgegner während des
Widerspruchsverfahrens zuständigen Bezirksregierung E im Widerspruchsbescheid
vom 7. April 2005 angeordnet und in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) genügenden Weise u.a. damit begründet, dass
bei der bevorstehenden Klassenfahrt die Einhaltung von Verhaltensregeln und das
Befolgen der Anweisungen der begleitenden Lehrer von unabdingbarer und
elementarer Bedeutung sei, zumal die Fahrt ins Ausland führe. Dies gelte insbesondere
im Hinblick auf den unerlaubten Konsum von Alkohol, der bei einer derartigen Fahrt ein
ungleich höheres Gefährdungspotential und eine unzumutbare Belastung für die
begleitenden Lehrkräfte bzw. für die gesamte Gruppe darstellen würde. Diese sowie die
weiteren Ausführungen in der Begründung der Vollziehungsanordnung lassen
hinreichend einzelfallbezogene Erwägungen im Hinblick auf die Erforderlichkeit einer
sofortigen Umsetzung der schulordnungsrechtlichen Maßnahme erkennen. Überdies
sind die im hiesigen Zusammenhang an die Begründung nach § 80 Abs. 3 Satz 1
VwGO zu stellenden Anforderungen nicht zu überziehen, zumal sich bei
5
schulordnungsrechtlichen Maßnahmen ohnehin aufdrängt, dass ihr Zweck nur bei
alsbaldiger Vollziehung erreichbar ist,
siehe VG Düsseldorf, Beschluss vom 9. November 1998 - 1 L 5085/98 -.
6
Einer vorherigen Anhörung vor Erlass der Vollziehungsanordnung bedurfte es entgegen
der seitens der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers vertretenen Ansicht nicht.
Eine direkte Anwendung des § 28 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land
Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) scheidet aus, da es sich bei der
Vollziehungsanordnung nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um einen
unselbstständigen Annex handelt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. § 80 Rn. 78, 82).
Ob eine analoge Anwendung des § 28 Abs. 1 VwVfG NRW geboten ist oder
rechtsstaatliche Erwägungen eine vorherige Anhörung nahe legen (dazu
Kopp/Schenke, a.a.O., § 80 Rn. 82) kann im Ergebnis offen bleiben, da der Antragsteller
jedenfalls im Laufe des vorliegenden Verfahrens ausreichend Gelegenheit hatte, zum
Erlass der Vollziehungsanordnung Stellung zu nehmen. Ein etwaiger Verfahrensmangel
dürfte somit geheilt worden sein (vgl. § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG NRW). Selbst
wenn man dies verneinte, wäre die Anhörung jedenfalls noch nachholbar.
7
Die sodann im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung
geht zu Lasten des Antragstellers aus.
8
Eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs kommt nur
dann in Betracht, wenn die angefochtene Maßnahme offensichtlich rechtswidrig ist oder
wenn auf Grund einer Abwägung das Interesse des Antragstellers an der
Suspendierung der angefochtenen Maßnahme gegenüber der sofortigen Vollziehung
aus anderen Gründen vorrangig zu bewerten ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht
vor.
9
Der Beschluss der Klassenkonferenz vom 26. Januar 2005, den Eltern des
Antragstellers bekannt gegeben mit Bescheid vom 11. Februar 2005, ist nicht
offensichtlich rechtswidrig.
10
Der ausgesprochene Ausschluss von der vom 30. Mai 2005 bis zum 3. Juni 2005
anberaumten Klassenfahrt findet seine Rechtsgrundlage in §§ 18 Abs. 1 Allgemeine
Schulordnung (ASchO NRW), 26a Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Schulverwaltungsgesetz (SchVG
NRW).
11
Formelle Fehler sind entgegen der Ansicht der Verfahrensbevollmächtigten des
Antragstellers nicht ersichtlich. Nach §§ 18 Abs. 1 Satz 1 ASchO NRW, 26a Abs. 5 Satz
1 Nr. 3 SchVG NRW trifft die Entscheidung über den vorübergehenden Ausschluss vom
Unterricht und von sonstigen Schulveranstaltungen die Klassenkonferenz. Hier fand
eine gemeinsame Konferenz für die Klassen 10a und 10c statt. Im Falle des
Antragstellers wurde der Beschluss ausweislich des Protokolls vom 26. Januar 2005
(Seite 3) durch die Klassenkonferenz seiner Klasse 10c gefasst. Dass die Konferenz
nicht die nach § 9 Schulmitwirkungsgesetz (SchMG NRW) vorgesehene
Zusammensetzung aufwies, ist nicht ersichtlich. Im Protokoll vom 26. Januar 2005 wird
im Hinblick auf die Teilnehmer auf den nach der vorgenannten Vorschrift vorgesehenen
Teilnehmerkreis verwiesen. Dass dies unzutreffend war, die Klassenkonferenzen für die
Klassen 10a und 10c also etwa, isoliert betrachtet, nicht ordnungsgemäß besetzt waren,
ist weder substantiiert vorgetragen noch ansonsten erkennbar. Die Zusammensetzung
12
des Teilnehmerkreises war auch - entgegen dem Vorbringen in der Antragsschrift - nicht
deswegen fehlerhaft, weil eine gemeinsame Klassenkonferenz der Klassen 10a und
10c des Antragsgegners durchgeführt wurde. Gesetzliche Vorschriften, die einer
derartigen Verfahrensweise schlechthin entgegenstehen, sind nicht ersichtlich.
Ausweislich des Protokolls vom 26. Januar 2005 wurde die Zusammenlegung damit
gerechtfertigt, dass über das zusammenhängende Verhalten mehrerer Schüler aus
unterschiedlichen Klassen beraten werde. Darin ist ein sachgerechter und plausibler
Grund für die Vorgehensweise des Antragsgegners zu sehen. Wie bereits dargelegt, ist
auch davon auszugehen, dass trotz der Zusammenlegung die ordnungsgemäße
Besetzung auch bei isolierter Betrachtung jeder einzelnen Klassenkonferenz
gewährleistet blieb. Nicht zuletzt sei angemerkt, dass die gemeinsame Durchführung
der Klassenkonferenzen im allseitigen Einvernehmen (auch der Eltern des
Antragstellers) erfolgte. Dass die Eltern des Antragstellers diesem Procedere nur vor
dem Hintergrund einer ansonsten befürchteten Schlechterstellung des Antragstellers
zugestimmt hätten, erscheint dem Gericht wenig plausibel. Soweit die
Verfahrensbevollmächtigten darauf hinweisen, dass Unterlagen zur Zusammensetzung
der Klassenkonferenz nicht vorgelegt worden seien, und damit möglicherweise einen
Verfahrensmangel geltend machen wollen, begründet auch dies keine formellen
Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der angeordneten Maßnahme. Mit in den
Verwaltungsvorgängen befindlichem Schreiben vom 13. Februar 2005 bat der Vater des
Antragstellers um unverzügliche Übermittlung des Protokolls über die Klassenkonferenz
vom 26. Januar 2005. Mit Schreiben vom 14. Februar 2005 teilte die Schulleiterin des
Antragsgegners daraufhin mit, dass grundsätzlich in das Protokoll Einsicht genommen
werden könne. Die dem Antragsteller nach § 29 VwVfG NRW zustehenden Rechte
wurden damit gewahrt. Die in dem Schreiben des Vaters des Antragstellers begehrte
Übersendung des Protokolls sieht § 29 VwVfG NRW nicht vor. Soweit die
Einsichtmöglichkeit in dem Schreiben der Schulleiterin vom 14. Februar 2005 lediglich
für diesen Tag - aus nicht näher bezeichneten Gründen - versagt wurde, resultiert
daraus keine Verletzung des § 29 VwVfG NRW, da ein Anspruch auf Akteneinsicht zu
einem bestimmten Zeitpunkt nicht besteht. Auf Grund des Umstandes, dass jedenfalls
im gerichtlichen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes den
Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers die Verwaltungsvorgänge in Kopie
übersandt wurden, dürfte ein etwaiger Verfahrensfehler ohnehin geheilt worden sein.
Anhaltspunkte für Verstöße gegen die Verfahrensgrundsätze nach § 15 ASchO NRW
sind nicht erkennbar und werden auch von der Antragstellerseite nicht geltend gemacht.
Auch in materieller Hinsicht sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die für eine
Rechtswidrigkeit des Ausschlusses von der Klassenfahrt sprechen. Vielmehr spricht
vieles dafür, dass die Voraussetzungen für die Maßnahme nach §§ 18 Abs. 1 ASchO
NRW, 26a Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 SchVG NRW vorlagen.
13
Der Antragsgegner ist zu Recht davon ausgegangen, dass das im Rahmen der
Besinnungstage vom 13. bis 15. Dezember 2004 in der Jugendburg H gezeigte
Verhalten des Antragstellers sich als erhebliche Pflichtverletzung im Sinne von §§ 26a
Abs. 1 SchVG NRW, 14 Abs. 1 ASchO NRW darstellte. Der Antragsteller hat seine sich
aus § 3 Abs. 4 Nr. 3 ASchO NRW ergebende Verpflichtung, alles zu unterlassen, was
eine geordnete Unterrichts- und Erziehungsarbeit beeinträchtigt, in hohem Maße
verletzt. Insoweit folgt das Gericht zunächst den überzeugenden Ausführungen im
Bescheid des Antragsgegners vom 11. Februar 2005 und im Widerspruchsbescheid der
Bezirksregierung E vom 7. April 2005.
14
Die diesbezüglichen Einwände des Antragstellers vermögen eine andere Beurteilung
nicht zu rechtfertigen. Im Kern werden die seitens des Antragsgegners erhobenen
Vorwürfe dabei nicht in Abrede gestellt. So räumt der Antragsteller selbst ein, während
der Besinnungstage entgegen dem geltenden Alkoholverbot gehandelt und sich
übergeben zu haben. Die Beteiligten sind sich weiterhin insoweit einig, als der
Antragsteller zuvor jedenfalls keine nennenswerten Pflichtverletzungen begangen hat.
Dies wurde auch bei der Beschlussfassung durch die Klassenkonferenz berücksichtigt.
Soweit der Antragsteller sodann im Hinblick auf die Geschehnisse in Zusammenhang
mit dem Verstoß gegen das Alkoholverbot am 14. Dezember 2004 die Zugrundelegung
eines falschen Sachverhaltes durch den Antragsgegner rügt und die Geschehnisse zum
Teil anders darstellt, vermögen die diesbezüglichen Ausführungen nicht zu überzeugen.
Angesichts der ausführlichen Berichte der während der Besinnungstage anwesenden
Lehrer und auch der betroffenen Schüler (einschließlich des Antragstellers) spricht aus
Sicht der Kammer jedenfalls vieles dafür, dass der bei der Beschlussfassung am 26.
Januar 2005 zugrunde gelegte Sachverhalt im wesentlichen zutreffend ermittelt wurde.
Dass der Antragsgegner dabei mit großer Sorgfalt unter Abwägung sämtlicher
relevanter Gesichtspunkte vorging, wird bereits dadurch belegt, dass in umfassender
Weise die Berichte der betreuenden Lehrkräfte und der betroffenen Schüler eingeholt
und zur Grundlage der Entscheidung gemacht wurden. Mehr kann vom Antragsgegner
in Zusammenhang mit der Sachverhaltsaufklärung vernünftigerweise nicht verlangt
werden. Es ist auch nicht ersichtlich, dass man im Rahmen der Klassenkonferenz bei
der Würdigung des Sachverhaltes zu insgesamt unzutreffenden Schlussfolgerungen
gelangte. So lassen sich den in den Verwaltungsvorgängen enthaltenen Unterlagen
durchaus Anhaltspunkte etwa dafür finden, dass der Antragsteller bis heute versucht,
sein Fehlverhalten durch nachgeschobene Äußerungen in einem milderen Licht
erscheinen zu lassen. Wenn zum Beispiel die während der Besinnungstage laut dem
Bericht von Herrn G vom 10. Januar 2005 getätigte Äußerung des Antragstellers, sich
bewusst entschieden zu haben, am letzten Abend Alkohol zu konsumieren, nachträglich
bestritten wird, vermag dies keine Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Herrn G
zu begründen, zumal schon keine nachvollziehbaren Gründe für eine falsche
Darstellung ersichtlich sind. Letztlich kann es aber auch nicht Aufgabe der im
vorliegenden Verfahren nur gebotenen summarischen Prüfung sein abschließend zu
klären, ob sich etwa das Verhalten des Antragstellers am Abend des 14. Dezember
2004 in mehrere Pflichtverletzungen aufteilen lässt, ob der Alkoholgenuss der - alleinige
- Grund für das Erbrechen war, welche Erklärungen der Antragsteller bezüglich des
Alkoholgenusses gegenüber den betreuenden Lehrkräften im einzelnen abgegeben hat
sowie schließlich, inwiefern sich der Antragsteller für sein Verhalten entschuldigt und
entsprechende Einsicht gezeigt hat. Insgesamt ist dabei nochmals hervorzuheben, dass
jedenfalls der Kern der Vorwürfe und damit auch die wesentliche Grundlage der
Beschlussfassung auf der Klassenkonferenz am 26. Januar 2005 unstreitig ist.
15
Die Entscheidung des Antragsgegners, den Antragsteller mit einer Ordnungsmaßnahme
zu belegen, ist auch mit Blick auf § 13 Abs. 1 ASchO NRW nicht zu beanstanden.
Andere erzieherische Einwirkungen unterhalb der Stufe von
Schulordnungsmaßnahmen reichen angesichts der Schwere des Pflichtverstoßes und
vor allem vor dem Hintergrund der Gewährleistung eines störungsfreien Ablaufs der
bevorstehenden Klassenfahrt nach England nicht aus. In diesem Zusammenhang dürfte
auch die kurz vor den Besinnungstagen im Hinblick auf die Klassenfahrt nach England
gemachte Äußerung des Antragstellers, man werde auch dort schon Wege finden, an
Alkohol zu gelangen, zu berücksichtigen sein, da sie zeigt, dass für den Antragsteller
der Alkoholgenuss im Rahmen von Klassenfahrten offenbar dazugehört. Wenn die
16
genannte Äußerung im Antragsschriftsatz als flapsige, keineswegs ernst gemeinte
Bemerkung hingestellt wird, stehen einer solchen Einordnung bereits die kurze Zeit
später, während der Besinnungstage vorgefallenen Ereignisse entgegen. Ein
deutlicheres Indiz für die Ernsthaftigkeit der Ankündigung als die Realisierung des
Alkoholgenusses während der „Generalprobe" vor der Fahrt nach England kann es
kaum geben. Selbst wenn aber von einer nicht ernst gemeinten Äußerung auszugehen
wäre, würde dies keineswegs für den Antragsteller sprechen, sondern eine nicht minder
unangemessene Einstellung bezüglich des Problems des Alkoholkonsums auf
Klassenfahrten dokumentieren.
Die Ordnungsmaßnahme ist auch nicht unter Ermessensgesichtspunkten fehlerhaft. Der
Ausschluss von der Klassenfahrt ist ein geeignetes und angemessenes Mittel, dem
Antragsteller die Schwere seiner Verstöße deutlich vor Augen zu führen und ihn künftig
davon abzuhalten, weitere Pflichtverletzungen zu begehen. Nach Auffassung der
Kammer ist gerade die ergriffene Maßnahme das adäquate und sachgerechte Mittel, um
zum einen den störungsfreien Ablauf der bevorstehenden Fahrt nach England
sicherzustellen und zum anderen, um auch unter generalpräventiven Aspekten
künftigen Alkoholexzessen mit unabsehbaren Folgen im Rahmen von Klassenfahrten
und ähnlichen Veranstaltungen vorzubeugen, zumal insbesondere die
Nachahmungsgefahr in Zusammenhang mit dem vom Antragsteller während der
Besinnungstage gezeigten Verhalten kaum zweifelhaft sein kann. Weil gerade während
einer Klassenfahrt oder ähnlichen Veranstaltungen die äußerste Disziplin aller
Beteiligten unverzichtbar ist, ist es nicht zu beanstanden, dass bereits - wie hier - ein
einmaliger Verstoß gegen zu beachtende Regeln zu einer Schulordnungsmaßnahme
der hier in Rede stehenden Art führt. Dass gerade die bevorstehende Klassenfahrt nach
England das Anlegen strenger Maßstäbe bezüglich der zu fordernden Disziplin
erforderlich macht, hat der Antragsgegner in seinem Schreiben an die Bezirksregierung
E vom 18. März 2005 unter Hinweis auf negative Erfahrungen in der Vergangenheit
dargetan. Im Hinblick auf die Angemessenheit der getroffenen Maßnahme ist auch
wiederum die bereits oben angesprochene Äußerung des Antragstellers, man werde
auch während der Klassenfahrt nach England an Alkohol gelangen, zu berücksichtigen.
Dass die Maßnahme erst über fünf Monate, nachdem es zu den Vorfällen während der
Besinnungstage kam, greift, begründet ebenfalls keinen Ermessensfehler. Zwar mag es
grundsätzlich sinnvoll und sachgerecht sein, eine Schulordnungsmaßnahme in Gestalt
des vorübergehenden Ausschlusses vom Unterricht oder sonstigen
Schulveranstaltungen zeitnah zu dem zugrunde liegenden Verhalten des Schülers
durchzuführen. Sie kann aber auch, wenn es nötig und angemessen erscheint, auf eine
später stattfindende Schulveranstaltung angewendet werden.
17
Vgl. Pöttgen/Jehkul/Zaun, ASchO, 20. Aufl. § 18 Rn. 1.
18
Im vorliegenden Fall liegt die „zeitliche Verzögerung" in der Natur der Sache, da die
Klassenfahrt nach England erst Ende Mai 2005 stattfindet. Es ist jedenfalls nicht
ersichtlich, inwieweit dieser Umstand grundsätzliche Zweifel an der Geeignetheit der
Maßnahme begründen soll.
19
Die Entscheidung wurde auch nicht unter Heranziehung sachfremder Erwägungen
getroffen, indem ein falscher Sachverhalt zugrunde gelegt wurde. Insoweit kann auf die
obigen Ausführungen verwiesen werden.
20
Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 des Grundgesetzes für
21
die Bundesrepublik Deutschland (GG) im Hinblick darauf, dass gegen einen Mitschüler
des Antragstellers, der an den Vorfällen während der Besinnungstage ebenfalls beteiligt
war, mildere Maßnahmen ergriffen wurden, ist ebenfalls nicht anzunehmen. Insoweit
lassen die aus den Verwaltungsvorgängen ersichtlichen Darstellungen schon nicht den
Schluss zu, dass es sich um völlig gleichgelagerte Sachverhalte handelte. Vielmehr
lassen sowohl die Berichte der Lehrer als auch die der betroffenen Schüler
(einschließlich des Antragstellers) über die Vorfälle während der Besinnungstage
erkennen, dass im Hinblick auf das jeweilige Verhalten Differenzierungen geboten sind,
wobei hier zugleich zu betonen ist, dass das Verhalten der anderen Schüler während
der Besinnungstage nicht zur Überprüfung im hiesigen Verfahren steht. Ausweislich des
Protokolls über die Klassenkonferenz vom 26. Januar 2005 wurden sodann in
nachvollziehbarer Weise individuelle, vom jeweiligen Verhalten während der
Besinnungstage - unter Berücksichtigung früherer und auch späterer Verhaltensweisen -
ausgehende Schulordnungsmaßnahmen beschlossen. Vor allem aber - ungeachtet des
zuvor angesprochenen individuell unterschiedlichen Verhaltens der Schüler - ist nicht
ersichtlich, dass der Antragsgegner hier in willkürlicher und damit gegen Art. 3 GG
verstoßender Weise von einer bestimmten, seit längerem herausgebildeten
Verwaltungspraxis abgewichen ist. Insoweit fehlt es schon an einer erkennbaren
gefestigten Verwaltungspraxis des Antragsgegners bei Vorfällen der vorliegenden Art.
Eine solche ergibt sich weder aus den Verwaltungsvorgängen noch aus dem
Vorbringen der Antragstellerseite. Der - seitens des Antragsgegners bestrittene -
Einwand, auf Grund von ähnlichen Vorfällen bei vorangegangenen Besinnungstagen
sei nicht eingeschritten worden, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Selbst wenn dies
auf einer bewussten Entscheidung des Antragsgegners beruht hätte, bei
Alkoholmissbrauchsfällen in Zusammenhang mit schulischen Veranstaltungen keine
Schulordnungsmaßnahmen zu ergreifen, könnte man dem Antragsgegner kaum das
Recht absprechen, aus - wohl ohne weiteres nachzuvollziehenden - sachlichen
Gründen diese Praxis zu ändern.
Auch die allgemeine Abwägung der widerstreitenden Interessen geht zu Lasten des
Antragstellers aus. Das öffentliche Interesse daran, - auch im Interesse der Mitschüler
und Mitschülerinnen - einen geordneten und störungsfreien Ablauf schulischer
Veranstaltungen zu gewährleisten und zu diesen Zwecken einer - wie hier - aus
pädagogischen Gründen gebotenen Schulordnungsmaßnahme unmittelbar Effektivität
zu verleihen, ist höher zu bewerten als das private Interesse des Antragstellers daran,
vor der Vollziehung der Maßnahme ein Hauptsacheverfahren durchlaufen zu können.
22
Soweit in dem angegriffenen Bescheid vom 11. Februar 2005 noch bestimmt wird, dass
der Antragsteller während der Zeit der Klassenfahrt am Unterricht einer anderen Klasse
teilnehmen muss und dort die ihm von seinen Fachlehrern gestellten Aufgaben zu
erledigen hat, ist dies, soweit aus den Ausführungen des Antragstellers ersichtlich, nicht
Gegenstand seines Begehrens nach § 80 Abs. 5 VwGO.
23
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§
52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
24
25