Urteil des VG Düsseldorf vom 08.04.2002

VG Düsseldorf: heimat, anhörung, bundesamt, kosovo, beweismittel, familie, behandlung, zustellung, abschiebung, icd

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 15 L 100/02.A
08.04.2002
Verwaltungsgericht Düsseldorf
15. Kammer
Beschluss
15 L 100/02.A
Der Antrag wird - einschließlich des Prozesskostenhilfegesuchs -
abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das
Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Gründe:
Der Antrag, mit dem die Antragstellerin sich der Sache nach gegen den
Bundesamtsbescheid vom 20. Dezember 2001 wendet, mit dem die Abänderung der in
dem Bundesamtsbescheid vom 9. Juli ​2000" [gemeint ist ersichtlich: 2001] getroffenen
Feststellung zur § 53 AuslG abgelehnt wird, hat keinen Erfolg, und zwar unabhängig
davon, ob man insoweit einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO für statthaft hält oder davon
ausgeht, dass ein solches Begehren nur mit einem Antrag nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO
verfolgt werden kann.
Der Antrag ist nämlich unbegründet. Es bestehen bei der vorliegend allein möglichen
summarischen Prüfung keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der
Bundesamtsentscheidung, die Änderung der Feststellung zu § 53 AuslG in dem
Bundesamtsbescheid vom 9. Juli 2001 abzulehnen. Von welchen Grundsätzen dabei
auszugehen ist, hat das Bundesamt in dem angefochtenen Bescheid (dort S. 3, 1. bis 3.
Abs. und S. 3, 6. Abs.), auf den insoweit gemäß § 77 Abs. 2 AsylVfG Bezug genommen
wird, dargelegt. Nach diesen Grundsätzen ist die Ablehnung des Wiederaufgreifensantrags
aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Soweit die Antragstellerin sich in diesem
Zusammenhang auf ihre psychische Erkrankung beruft, handelt es sich - wie noch
darzulegen sein wird - zum einen nicht um neue Tatsachen bzw. Beweismittel. Zum
anderen spricht auch alles dafür, dass die diagnostizierte psychische Erkrankung
vorliegend als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis einzustufen ist, über das nicht im
vorliegenden asylrechtlichen Eilverfahren zu befinden ist.
In dem zur Begründung des hier in Rede stehenden Wiederaufgreifensantrages zu § 53
AuslG vorgelegten Attest des Dr. xxxxxxxxxxxxxxxxxx vom 20. November 2001 wird
zunächst von einer kontinuierlichen nervenärztlichen Behandlung der Antragstellerin seit
dem 12. Juli 2001 gesprochen, konkret genannt sind als Behandlungsdaten aber
(zusätzlich) nur der 13. November und der 19. November 2001. In der Sache wird auf das
Attest vom 16. Juli 2001, auf das noch einzugehen sein wird, verwiesen und dieses (der
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Attest vom 16. Juli 2001, auf das noch einzugehen sein wird, verwiesen und dieses (der
Sache nach) in Beziehung zu dem Vorbringen der Antragstellerin in der mündlichen
Verhandlung vom 14. August 2001 über die gegen den ablehnenden Bundesamtsbescheid
vom 9. Juli 2001 gerichtete Klage (VG Düsseldorf 3 K 4052/01.A) gesetzt. Über diese
Tatsachen und ihre asylrechtliche Bewertung ist aber durch das Urteil in jenem Verfahren
vom 14. August 2001, auf das hier nicht weiter einzugehen ist, negativ entschieden, und
zwar nach Zurückweisung des Antrags auf Zulassung der Berufung (OVG NRW 13 A
3608/01.A) seit dem 13. September 2001 rechtskräftig. Neue Tatsachen oder sonstige
Beweismittel, die über eine andere Bewertung des Vorbringens, das bereits Gegenstand
des Verfahrens VG Düsseldorf 3 K 4052/01.A gewesen ist, hinausgehen, hat die -
anwaltlich vertretene - Antragstellerin nicht vorgetragen.
Unabhängig davon spricht vieles dafür, dass eine psychische Erkrankung der
Antragstellerin vorliegend - allenfalls - ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis
begründen könnte. Im Einzelnen ist hierzu zu sagen, dass die Antragstellerin zwar bereits
bei ihrer Anhörung in ihrem ersten Asylverfahren am 10. Februar 1999 angegeben hatte,
sie habe in ihrer Heimat Schlimmes gesehen und sei froh, dass sie nicht mit den Nerven
durchgedreht sei. In der mündlichen Verhandlung am 8. September 2000 über die gegen
den insoweit ergangenen ablehnenden Bundesamtsbescheid vom 3. Dezember 1999
gerichtete Klage (VG Düsseldorf 15 K 8673/99.A) wurde hierzu trotz der gerichtlichen
Nachfrage, ob das bisherige Vorbringen noch weiter konkretisiert oder ergänzt werden soll,
aber nichts (auch nicht zum Tod der Mutter bzw. der ​Schwester" der Antragstellerin)
vorgetragen. Stattdessen verwiesen die Antragstellerin und ihr Ehemann auf die Zerstörung
vieler Häuser im Kosovo, die Bedingungen, unter denen ihrer in der Heimat verbliebenen
Familienmitglieder leben müssten sowie auf die seinerzeit bestehende Schwangerschaft
der Antragstellerin und nahmen die Klage gegen Gewährung einer bis zum 8. Dezember
2000 verlängerten Ausreisefrist zurück. Am 15. Dezember 2000 - also unmittelbar nach
Ablauf dieser Ausreisefrist - erklärte der damalige Verfahrensbevollmächtigte der
Antragstellerin und ihrer Familie, er habe noch einmal ausführlich mit seinen Mandanten
gesprochen, und diese seien nun bereit, freiwillig die Bundesrepublik Deutschland zu
verlassen, verwies aber darauf, dass dies kurzfristig noch nicht möglich sei, da am
xxxxxxxxxxx 2000 die Tochter xxxx geboren worden sei. Nur wenige Tage später stellten
die Antragstellerin und ihre Familie ihren zweiten Asylantrag, zu dessen Begründung die
Antragstellerin und ihr Ehemann bei ihrer informatorischen Anhörung (22. Dezember 2000)
unter Bezugnahme auf die (wirtschaftlichen) Lebensbedingungen im Kosovo erklärten:
Diesen Asylantrag haben wir wegen unserer kleinen Kinder gestellt"; vielleicht würden
diese - auch wegen der Kälte - bei einer derzeitigen Rückkehr sterben. Die Antragstellerin
erklärte in diesem Zusammenhang, wenn sie in Deutschland ein bisschen arbeiten und
Geld sparen könnten, würden sie in ihrer Heimat wenigstens ein Zimmer bauen können.
Für eine psychische Erkrankung war zu diesem Zeitpunkt nichts substantiiert vorgetragen
und auch sonst nichts konkret ersichtlich. Erst nach Zustellung des Bundesamtbescheides
vom 9. Juli 2001, mit dem die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens sowie die
Abänderung der im Erstverfahren getroffenen Feststellung zu § 53 AuslG abgelehnt
wurden, begab sich die Antragstellerin ausweislich des nervenärztlichen Attestes des Dr.
xxxx xxxxxxxxxxxxx aus xxxxxxxxxxxxx vom 16. Juli 2001 dorthin zur Behandlung; dieser
diagnostizierte eine posttraumatische Belastungsstörung nach ICD-10 F 43.1.. Dieser
zeitliche Ablauf und die bei der Anhörung am 22. Dezember 2000 angeführten Gründe
stellen deutliche Indizien dafür dar, dass die Angst vor der drohenden Abschiebung bzw.
die Sorge um das Schicksal der Kinder die ausweislich des genannten Attestes
bestehenden psychischen Erkrankungen ausgelöst haben. Hieraus resultieren aber keine -
vom Bundesamt zu prüfenden - zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse, sondern
ggf. - von der Ausländerbehörde zu prüfende - inlandsbezogene
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Vollstreckungshindernisse.
Vgl. in diesem Zusammenhang (für den Fall einer sowohl privat - als auch amtsärztlich
attestierten posttraumatischen Belastungsstörung) VGH BW, Beschluss vom 7. Mai 2001 -
11 S 389/01 -, InfAuslG 2001, S. 384 ff..
Bei der Sach- und Rechtslage fehlt es an der gemäß § 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO
erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussicht, sodass die Bewilligung von
Prozesskostenhilfe nicht in Betracht kommt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).