Urteil des VG Düsseldorf vom 24.03.2006

VG Düsseldorf: nummer, eugh, sinn und zweck der norm, in den verkehr bringen, deklaration, verordnung, zusammensetzung, schutz der gesundheit, futtermittel, europäisches gemeinschaftsrecht

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 15 K 2292/04
Datum:
24.03.2006
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
15. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
15 K 2292/04
Tenor:
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in
der Hauptsache übereinstimmend für erledigt haben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin und das beklagte Land
zu je 1/2.
Das Urteil ist wegen der Kosten für den jeweiligen
Vollstreckungsgläubiger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 %
des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
1
Die Klägerin importiert von ihren Schwesterfirmen im europäischen Ausland
hergestellte, insbesondere für Jungtiere bestimmte Mischfuttermittel und bringt diese in
der Bundesrepublik Deutschland auch in den Verkehr. Sie wendet sich gegen die ihr
nach Maßgabe der Vierundzwanzigsten Verordnung zur Änderung der
Futtermittelverordnung (24. ÄndVO zur FMV) obliegende Pflicht, im Warenverkehr die
Ausgangserzeugnisse der von ihr vertriebenen Mischfuttermittel offen zu deklarieren.
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Die Richtlinie 2002/2/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar
2002 zur Änderung der Richtlinie 79/373/EWG des Rates vom 2. April 1979 über den
Verkehr mit Mischfuttermitteln und zur Aufhebung der Richtlinie 91/357/EWG der
Kommission (Richtlinie 2002/2/EG) änderte mit ihrem Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe b)
den Artikel 5 der Richtlinie 79/373/EWG, indem seinem Absatz 1 folgender Buchstabe l)
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"Im Falle von nicht für Heimtiere bestimmten Mischfuttermitteln der Hinweis: 'Die genaue
Angabe der Gewichtshundertteile der in diesem Futtermittel enthaltenen
Einzelfuttermittel ist erhältlich bei: ...' (Name oder Firma, Anschrift oder Firmensitz sowie
Telefonnummer oder E-Mail-Adresse des für die Angabe gemäß diesem Absatz
Verantwortlichen). Diese Information wird auf Antrag des Kunden vermittelt."
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angefügt wurde, und fasste durch ihren Artikel 1 Nummer 4 unter anderem Artikel 5c der
Richtlinie 79/373/EWG - soweit hier von Interesse - mit folgenden Bestimmungen neu:
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(1) Alle Futtermittel-Ausgangserzeugnisse des Mischfuttermittels werden mit ihrem
spezifischen Namen genannt.
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(2)
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(3) Für die Aufzählung der Futtermittel-Ausgangserzeugnisse gelten folgende
Vorschriften:
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(4)
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a) Mischfuttermittel für andere als Heimtiere:
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b)
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i) Aufzählung der Futtermittel-Ausgangserzeugnisse mit Angabe, in absteigender
Reihenfolge, ihres Gewichtshundertteils in den Futtermitteln;
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ii)
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iii) in Bezug auf die genannten Hundertteile ist eine Toleranzspanne von 15 % des
angegebenen Wertes zulässig;
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iv)
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In Umsetzung dieser damit durch die Richtlinie 2002/2/EG eingeführten Pflicht zur
sogenannten "offenen Deklaration" der Ausgangserzeugnisse von Mischfuttermitteln für
Nutztiere änderte die 24. ÄndVO zur FMV die Regelung des § 13 Abs. 2 Nr. 1 FMV
dahingehend ab, dass die Angaben über die Zusammensetzung
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"bei Mischfuttermitteln für Nutztiere die enthaltenen Einzelfuttermittel nach Maßgabe des
Absatzes 2a in vom Hundert in absteigender Reihenfolge ihrer Gewichtsanteile"
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enthalten müssen, fügte ferner in § 13 FMV als Absatz 2b ein
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"Die tatsächliche Zusammensetzung eines Mischfuttermittels für Nutztiere darf bis zu 15
vom Hundert vom angegebenen Gehalt des jeweiligen Einzelfuttermittels abweichen,
sofern auf dem Etikett oder dem Begleitpapier folgender Hinweis angebracht ist: Die
genaue Angabe der Gewichtshundertteile der in diesem Futtermittel enthaltenen
Einzelfuttermittel ist erhältlich bei: ... (Name oder Firma, Anschrift oder Firmensitz sowie
Telefonnummer oder E-Mail-Adresse, unter denen die Angabe erhältlich ist)". Der
Hersteller ist verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die in Satz 1 genannten
Informationen dem Verwender auf dessen Verlangen innerhalb von drei Werktagen von
der in dem Hinweis genannten Stelle übermittelt wird. Hat der Hersteller keine
Niederlassung im Gebiet der Europäischen Gemeinschaft, geht die Pflicht nach Satz 2
auf den Einführer über."
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und bestimmte zugleich in Satz 1 des § 37 FMV angefügten Absatz 7, dass Futtermittel
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für Nutztiere, die der zuvor geltenden Fassung der Futtermittelverordnung entsprachen,
noch bis zum 1. Juli 2004 in den Verkehr gebracht werden durften.
Mit Schreiben vom 9. Januar 2004 wandte sich die Klägerin an das Landesamt für
Ernährungswirtschaft und Jagd Nordrhein-Westfalen und wies darauf hin, dass sie
beabsichtige, auch nach dem 30. Juni 2004 ihre - im Einzelnen näher bezeichneten -
Mischfuttermittel "E- Milchaustauschfuttermittel" und "E-Ferkelfutter" in der
Bundesrepublik Deutschland in den Verkehr zu bringen, ohne der für rechtswidrig
erachteten Pflicht zur offenen Deklaration der Ausgangserzeugnisse nachzukommen.
Die Rechtswidrigkeit einer solchen Verpflichtung als Voraussetzung für die
Verkehrsfähigkeit von Mischfuttermittel habe das Verwaltungsgericht Düsseldorf bereits
in einem zwischen ihr und dem Landesamt geführten Rechtsstreit über die Gültigkeit
einer vergleichbaren, im Jahr 1985 in das nationale Futtermittelrecht eingeführten
Deklarationsregelung durch Urteil vom 16. Oktober 1987 (15 K 2169/85) festgestellt.
Dass nunmehr europäisches Gemeinschaftsrecht mit der Richtlinie 2002/2/EG die
Bundesrepublik Deutschland zum Erlass neuer Deklarationsvorschriften verpflichtet
habe, ändere an der Rechtswidrigkeit der nationalen Bestimmungen nichts. Denn die
entsprechenden gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen verstießen ihrerseits
ebenfalls gegen das Gemeinschaftsrecht, und zwar unter anderem gegen den auch dort
Geltung beanspruchenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie gegen das auch
dort zu beachtende Grundrecht der Berufsfreiheit. In England, Frankreich und Italien sei
aus diesem Grund bereits die Anwendung der jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften,
die der Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Deklarationsbestimmungen dienten,
durch Gerichte bis zur Entscheidung über die Gültigkeit der gemeinschaftsrechtlichen
Deklarationsbestimmungen durch den bereits angerufenen Europäischen Gerichtshof
(EuGH) ausgesetzt worden. Sie bitte deshalb darum, ihr zu bestätigen, dass das
Inverkehrbringen von Futtermitteln ohne offene Deklaration der Ausgangserzeugnisse
auch nach dem 30. Juni 2004 keinen rechtlichen Bedenken begegne bzw.
behördlicherseits nicht behindert werde.
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Mit Schreiben vom 16. Februar 2004 teilte das Landesamt für Ernährungswirtschaft und
Jagd Nordrhein-Westfalen der Klägerin mit, dass es nach dem 30. Juni 2004 Verstöße
gegen § 13 Abs. 2b) FMV in der Fassung der 24. ÄndVO zur FMV als
Ordnungswidrigkeit ahnden werde.
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Am 15. März 2004 beantragte die Klägerin unter Hinweis auf ihre Bedenken gegen die
Rechtmäßigkeit der Regelungen zu offenen Deklaration die Gewährung vorläufigen
Rechtsschutzes. Mit Beschluss vom 3. Mai 2004 (15 L 843/04) gab die Kammer dem
beklagten Land im Wege der einstweiligen Anordnung auf, nach dem 1. Juli 2004
vorläufig bis zur Verkündung eines Urteils des EuGH in der Rechtssache C-453/03 über
die Gültigkeit der Bestimmungen des Art. 5c Abs. 2 Buchst. a) und des Art. 5 Abs. 1
Buchst. l) der Mischfuttermittelrichtlinie 79/373/EWG jeweils in der Fassung der
Änderungsrichtlinie 2002/2/EG zu dulden, dass die Klägerin ihre Mischfuttermittel in den
Geltungsbereich des Futtermittelgesetzes verbringt und dort in den Verkehr bringt, ohne
dass den Regelungen der §§ 13 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2b FMV in der Fassung der 24.
ÄndVO zur FMV entsprochen ist. Zur Begründung führte die Kammer im Wesentlichen
aus, dass die Gültigkeit der den nationalen Bestimmungen zu Grunde liegenden
Richtlinie 2002/2/EG in den die Pflicht zur offenen Deklaration betreffenden Teilen vor
allem im Hinblick auf das auch auf der Ebene des europäischen Rechts mit
"Verfassungsrang" ausgestattete Verbot des Übermaßes erheblichen rechtlichen
Bedenken begegne. Mithin sei der Erlass der einstweiligen Anordnung geboten, um die
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Klägerin vorläufig vor den Folgen zu schützen, die der Verlust an "Produkt-know-how",
der mit einer offenen Deklaration der Zusammensetzung ihrer Mischfuttermittel
verbunden sei, für sie bedeute.
Die vorläufige Rechtsschutzentscheidung der Kammer änderte das
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) mit Beschluss
vom 29. Juni 2004 (20 B 1057/04) und lehnte den Eilantrag der Klägerin im
Wesentlichen mit der Begründung ab, die Gültigkeit der gemeinschaftsrechtlichen
Deklarationsbestimmungen begegne zwar mit Blick auf im Gemeinschaftsrecht
garantierte Grundrechte rechtlichen Zweifeln, diese seien aber nicht von einem solchen
Gewicht, das den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Gunsten der Klägerin
rechtfertige. Nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 27. Juli 2004
(1 BvR 1542/04) die Entscheidung des Obergerichts unter Hinweis darauf aufgehoben
hatte, sie verletze die Klägerin als Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel
19 Abs. 4 S. 1 GG, und die Sache an das OVG NRW zurückverwiesen hatte, wies
dieses die Beschwerde des beklagten Landes gegen den Eilbeschluss der Kammer
vom 3. Mai 2004 mit Beschluss vom 21. Januar 2005 im Verfahren 20 B 1057/04 als
nicht begründet zurück.
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Mit Urteil vom 6. Dezember 2005 stellte der EuGH in der Rechtssache C-453/03 u. a.
unter anderem fest, dass
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"... Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe b) der Richtlinie 2002/2/EG, der die
Mischfuttermittelhersteller verpflichtet, dem Kunden auf Antrag die genaue
Zusammensetzung des eines Futtermittels zu übermitteln, (...) im Hinblick auf den
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ungültig ..."
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ist, und die Prüfung von Artikel 1 Nummer 4 der Richtlinie 2002/2/EG nichts ergeben
habe, was gegen die Gültigkeit dieser Bestimmung spreche.
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Mit ihrer bereits am 1. April 2004 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, die durch
die 24. ÄndVO zur FMV eingeführte Pflicht, die Ausgangserzeugnisse der von ihr in die
Bundesrepublik Deutschland eingeführten und hier vertriebenen Mischfuttermittel offen
zu deklarieren, sei rechtswidrig.
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Die im Schreiben vom 9. Januar 2004 an das Landesamt für Ernährungswirtschaft und
Jagd hierfür vorgetragenen Gründe im Nachgang zu dem Urteil des EuGH vom 6.
Dezember 2005 ergänzend und vertiefend führt sie im Wesentlichen aus, der dort
festgestellte Verstoß von Artikel 5 der Richtlinie 79/373/EWG in der durch die Richtlinie
2002/2/EG geänderten Fassung gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit habe zur
Folge, dass auch die die dortige Regelung umsetzenden Vorschriften der
Futtermittelverordnung in der Fassung der 24. ÄndVO zur FMV nicht anwendbar seien.
Mithin sei sie weder verpflichtet, in der Etikettierung auf einen Anspruch des
Verwenders auf Übermittlung der Gewichtshundertteile der Ausgangserzeugnisse
hinzuweisen noch diese Information dem Verwender auf dessen Verlangen zu
übermitteln. Gleiches gelte aber auch für die Angabe der Gewichtshundertteile der
Ausgangserzeugnisse der Mischfuttermittel auf Etiketten und Begleitpapieren. Die vom
EuGH zwar unbeanstandet gebliebene Regelung in Artikel 1 Nummer 4 der Richtlinie
2002/2/EG sei nicht ordnungsgemäß in nationales Recht umgesetzt. § 13 Abs. 2 Nr. 1
FMV in der Fassung der 24. ÄndVO verpflichte dazu, bei Mischfuttermitteln die
enthaltenen Einzelfuttermittel ohne Toleranzspanne in absteigender Reihenfolge ihrer
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Gewichtsanteile anzugeben, während Artikel 5 c der Richtlinie 79/373/EWG in der
Fassung der Richtlinie 2002/2EG demgegenüber lediglich eine solche Angabe mit einer
Toleranzspanne von +/- 15 % fordere. Das nationale Futtermittelrecht beinhalte damit
eine Verpflichtung, die von dem Gemeinschaftsrecht nicht gedeckt sei. § 13 Abs. 2b
FMV in der Fassung der 24. ÄndVO zur FMV knüpfe nämlich das Recht, von der dort
vorgesehenen Toleranzspanne von +/- 15 % bei der Angabe der Gewichtshundertteile
Gebrauch zu machen, an die nach der Rechtsprechung des EuGH unzulässige Pflicht
an, den Verwender bei der Etikettierung auf den Anspruch auf Übermittlung der
genauen Zusammensetzung hinzuweisen und diesen Anspruch auch zu erfüllen.
Selbst wenn sich aber die Ungültigkeit von Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe b) der
Richtlinie 2002/2/EG und damit die Unwirksamkeit der auf dieser Richtlinienbestimmung
beruhenden nationalen futtermittelrechtlichen Vorschriften nicht auf die in § 13 Abs. 2
Nr. 1, Abs. 2b S. 1 erster Halbsatz in der Fassung der 24. ÄndVO getroffenen
Regelungen erstrecke, seien diese unwirksam. Ebenso wie Artikel 1 Nummer 4 der
Richtlinie 2002/2/EG verstoße der ihn umsetzende Normkomplex des nationalen
Futtermittelrechts gegen das Gebot der Bestimmtheit und kollidiere jedenfalls mit dem
an die Futtermittelhersteller gerichteten Verbot, den Verwender ihrer Produkte durch
unzutreffende Angaben über die Zusammensetzung der Mischfuttermittel in die Irre zu
führen. So lasse sich den in Artikel 1 Nummer 4 der Richtlinie 2002/2/EG i. V. m. den in
§ 13 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2b S. 1 erster Halbsatz in der Fassung der 24. ÄndVO
getroffenen Bestimmungen schon nicht eindeutig entnehmen, ob die
Gewichtshundertteile der in einem Mischfuttermittel enthaltenen Einzelfuttermittel exakt
zu bezeichnen seien und eine um +/- 15 % vom tatsächlichen Gehalt abweichende
Angabe der Anteilsgewichte lediglich die Ahndung der tatsächlich unzutreffenden
Zahlen als Ordnungswidrigkeit ausschließe, oder ob es von vorneherein erlaubt sei, die
Toleranzspanne bei der Bezeichnung der Gewichtshundertteile in Anspruch zu nehmen.
Abgesehen davon könne der Gebrauch der Toleranzspanne bei einer entsprechenden
Erhöhung und / oder Erniedrigung der prozentualen Anteile einzelner Einzelfuttermittel
dazu führen, dass diese nicht mehr in absteigender Reihenfolge ihrer tatsächlichen
Gewichtsanteile aufzuführen seien. Zudem sei unklar, ob die Inanspruchnahme der
Toleranzregelung dazu führen dürfe, dass sich die angegebenen Gewichtshundertteile
der Einzelfuttermittel auf mehr als 100 % addierten oder ob die Summe der
Gewichtshundertteile den Gewichtsanteil sonstiger Zusatzstoffe eines Mischfuttermittels
erkennen lassen müsse. Jedenfalls aber werde der Verbraucher bei einem Gebrauch
von der Toleranzregelung darüber getäuscht, in welchem Umfang welches
Einzelfuttermittel in einem Mischfuttermittel enthalten sei.
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Die Regelungen der Futtermittelverordnung seien zur Behebung ihrer Unbestimmtheit
auch keiner richtlinienkonformen Auslegung zugänglich, weil dies dazu führe, dass
durch die im nationalen Futtermittelrecht enthaltenen Regelungen über
Ordnungswidrigkeiten letztlich nicht der Verstoß gegen bundesdeutsche
Futtermittelvorschriften mit Sanktionen bedroht sei, sondern der gegen
Richtlinienbestimmungen der Europäischen Union.
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Im Übrigen sei dem EuGH die Frage der Gültigkeit von Artikel 1 Nummer 4 der Richtlinie
2002/2/EG erneut zur Vorabentscheidung vorzulegen. Dies gelte nicht nur hinsichtlich
der Frage, wie Artikel 1 Nummer 4 der Richtlinie 2002/2 EG auszulegen sei. Auch die
Annahme des EuGH, die Pflicht zur Gemengeteildeklaration unter Inanspruchnahme der
Toleranzspanne von +/- 15 % diene dem Schutz der Gesundheit, lasse sich aufgrund
neuer Erkenntnisse nicht mehr aufrecht erhalten. Dem EuGH sei nämlich durch die
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Kommission der in ihrem Auftrag erstellte und erst im Oktober 2005 veröffentliche
Bericht AO-705/Sanco/SPC. 2003274 vom 6. Juni 2004 vorenthalten worden, und damit
die Tatsache, dass zwei Drittel der Mitgliedsstaaten der Auffassung seien, zwischen
Gesundheitsschutz und offener Deklaration bestehe kein Zusammenhang. Im Übrigen
verstoße Artikel 1 Nummer 4 der Richtlinie 2002/2/EG jedenfalls gegen den Grundsatz
der Verhältnismäßigkeit, nachdem am 1. Januar 2006 die Verordnung (EG) Nr.
183/2005 vom 12. Januar 2005 (Abl. L 35/I vom 8. Februar 2005) in Kraft getreten sei,
die die Gewährleistung der Futtermittelsicherheit vollständig regeln wolle.
Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit im Termin zur mündlichen Verhandlungen
übereinstimmend für erledigt erklärt haben, soweit das Klagebegehren auf die
Feststellung gerichtet war, dass die Klägerin auch nach dem 1. Juli 2004 berechtigt ist,
ihre Mischfuttermittel in den und aus dem Geltungsbereich des Futtermittelgesetzes zu
verbringen und diese Mischfuttermittel im Geltungsbereich des Futtermittelgesetzes in
den Verkehr zu bringen, ohne dass in deren Etikettierung gemäß § 13 Abs. 2b FMV i. d.
F. der 24. ÄndVO zur FMV auf einen Anspruch des Verwenders auf Übermittlung der
Gewichtshundertteile der Ausgangserzeugnisse hingewiesen wird und ohne dass die
Klägerin die Angabe der Gewichtshundertteile der Ausgangserzeugnisse auf Verlangen
des Verwenders übermittelt, beantragt die Klägerin nunmehr,
33
festzustellen, dass sie auch nach dem 1. Juli 2004 berechtigt ist, die Mischfuttermittel für
Kälber, Lämmer und Ferkel
34
E-Milchaustauschfuttermittel
35
1. V
36
2.
37
3. U
38
4.
39
5. G
40
6.
41
7. S
42
8.
43
9. H
44
10.
45
11. T
46
12.
47
13. G1
48
14.
49
15. L
50
16.
51
17. D
52
18.
53
19. P
54
20.
55
21. T1
56
22.
57
23. N
58
24.
59
25. H1
60
26.
61
E-Ferkelfutter
62
1. M
63
2.
64
3. Q1
65
4.
66
5. N1
67
6.
68
7. U1
69
8.
70
9. T2
71
10.
72
11. Q2
73
12.
74
13. M1L1
75
14.
76
auch soweit diese Mischfuttermittel unter der Marke eines Dritten vertrieben werden, in
den und aus dem Geltungsbereich des Futtermittelgesetzes zu verbringen und diese
Mischfuttermittel im Geltungsbereich des Futtermittelgesetzes in den Verkehr zu
bringen, ohne dass in deren Etikettierung die Gewichtsanteile der
Ausgangserzeugnisse gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 1 Futtermittelverordnung i. d. F. der 24.
Änderungsverordnung zur Futtermittelverordnung vom 9. Dezember 2003 in vom
Hundert angegeben sind.
77
Das beklagte Land beantragt,
78
die Klage abzuweisen.
79
Es sieht sich in seiner Rechtsauffassung, dass die futtermittelrechtlichen Vorschriften
zur offenen Deklaration der Ausgangserzeugnisse von Mischfuttermitteln rechtmäßig
seien, durch das Urteil des EuGH vom 6. Dezember 2005 im Wesentlichen bestätigt,
und hat im Termin zur mündlichen Verhandlung erklärt, die mit Artikel 1 Nummer 4 der
Richtlinie 2002/2/EG in § 13 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2b S. 1 erster Halbsatz in der Fassung
der 24. ÄndVO zur FMV übereinstimmend getroffenen Regelungen anzuwenden und
einzuschreiten, wenn die Deklaration der Mischfuttermittelausgangserzeugnisse den
dortigen Vorgaben nicht entspricht.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den
Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens sowie des Verfahrens 15 L 843/04
und die dort beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Landesamtes Bezug genommen.
81
Entscheidungsgründe:
82
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt
haben, war das Verfahren analog § 92 Abs. 3 S. 1 VwGO einzustellen.
83
Das zur streitigen Entscheidung noch verbleibende Klagebegehren hat keinen Erfolg.
84
Das Rechtsschutzbegehren ist als Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO
zulässig. Zwischen den Beteiligten besteht im Sinne dieser Norm ein hinreichend
konkretes und damit feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Als Importeurin von
Mischfuttermitteln, die als juristische Person des Privatrechts das Grundrecht der
Berufsfreiheit (Artikel 12 Abs. 1 GG) für sich in Anspruch nehmen kann, war und ist die
Klägerin unter anderem den Geboten und Verboten unterworfen, die sich aus den §§ 2b
Abs. 1 Nr. 6, 14 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 S. 1, 6 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 des
Futtermittelgesetzes (FMG) in der zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 21. Juli 2004
(BGBl. I S. ) 1756) geänderten Fassung der Bekanntmachung vom 25. August 2000
(BGBl. I S. 1358) bzw. - nach der Aufhebung des Futtermittelgesetzes mit Wirkung zum
7. September 2005 durch Artikel 7 Nr. 10 i. V. m. Artikel 9 des Gesetzes zur Neuordnung
des Lebensmittel- und Futtermittelrechts vom 1. September 2005 (BGBl. I S. 2618) - aus
den §§ 3 Nr. 1, 53 Abs. 1 S. 1, 35 Nr. 1 des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und
Futtermittelgesetzbuches (LFGB) vom 1. September 2005 (BGBl. I S. 2618) jeweils in
85
Verbindung mit der gültigen Fassung der Futtermittelverordnung ergeben, wenn sie
Mischfuttermittel in den Geltungsbereich der futtermittelrechtlichen Vorschriften verbringt
oder im Geltungsbereich dieser Vorschriften in den Verkehr bringt. Die sich hieraus für
die Klägerin ergebenden Rechte und Pflichten sind in dem durch das Klagebegehren
bestimmten Umfang auch zwischen den Beteiligten nach wie vor streitig, nachdem das
Landesamt für Ernährungswirtschaft und Jagd Nordrhein- Westfalen als nach § 1 der
Verordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Futtermittelrechts vom 11.
Dezember 2001 (GV. NRW. S. 872) zuständige Behörde im Termin zur mündlichen
Verhandlung erklärt hat, es werde Verstöße gegen § 13 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2b S. 1 erster
Halbsatz der durch die 24. ÄndVO zur FMV vom 9. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2499) zur
Futtermittelverordnung geänderten Fassung der Bekanntmachung dieser Verordnung
vom 23. November 2000 (BGBl. I S. 1605, 2002 I 1514) trotz der gegen ihre
Rechtmäßigkeit erhobenen Bedenken als Ordnungswidrigkeit ahnden.
An der beantragten Feststellung, um die die Klägerin im Zeitpunkt der gerichtlichen
Entscheidung anders als noch bei Erhebung der Klage nicht mehr vorbeugend
nachsucht, weil die Regelungen der 24. ÄndVO zur FMV gemäß ihrem § 37 Abs. 7 S. 1
seit dem 1. Juli 2004 ausnahmslos gelten, hat die Klägerin, weil sie ihr Rechtsschutzziel
nicht durch eine Gestaltungs- oder allgemeine Leistungsklage verfolgen kann, auch ein
berechtigtes Interesse im Sinne des § 43 Abs. 2 VwGO. Die Einleitung eines Verfahrens
zur Ahndung von Ordnungswidrigkeiten wegen begangener Verstöße gegen
Vorschriften der Futtermittelverordnung abzuwarten, um in einem solchen Verfahren ihre
Rechtsposition zu vertreten und eine Klärung der Rechtslage mit Blick auf die Folgen
herbeizuführen, die sich für ihre berufliche Tätigkeit aus der durch den EuGH in seinem
Urteil vom 6. Dezember 2005 in der Rechtssache C-453/03 u. a. festgestellten
Ungültigkeit von Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe b) der Richtlinie 2002/2/EG (Abl. L 63
vom 6. März 2002, S. 23) für das nationale Futtermittelrecht ergeben, ist der Klägerin
jedenfalls nicht zumutbar,
86
vgl. hierzu allgemein: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 30. Mai 1985, 3
C 28.84, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts, 310, § 43 Nr. 85; OVG NRW, Urteil vom 31. Januar 1996,
13 A 6644/95, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - Rechtsprechungs-Report (NVwZ-
RR) 1997, 264; Urteil der Kammer vom 16. Oktober 1987, 15 K 2169/85; Kopp /
Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 13. Auflage 2003, (Kopp /
Schenke) zu § 43 Rn. 24 m. w. N. aus der Rechtsprechung.
87
Die danach zulässige Feststellungsklage ist allerdings unbegründet.
88
Obwohl die Futtermittelverordnung in der derzeit gültigen Fassung der 27.
Änderungsverordnung zur Änderung der Futtermittelverordnung vom 22. Februar 2006
(BGBl. I S. 454) der Entscheidung des EuGH über die Ungültigkeit von Artikel 1
Nummer 1 Buchstabe b) der Richtlinie 2002/2/EG bislang nicht durch entsprechende
Änderungen Rechnung getragen hat, darf die Klägerin zwar - wie auch seitens des
beklagten Landes im Termin zur mündlichen Verhandlung inzident konzediert -
entgegen § 11 Abs. 1 Nr. 2 FMV ihre Mischfuttermittel, auch wenn sie unter der Marke
eines Dritten vertrieben werden, in den Geltungsbereich der futtermittelrechtlichen
Bestimmungen einführen oder dort in den Verkehr bringen, wenn das Etikett oder
Begleitpapier nicht mit dem Hinweis versehen ist, dass und bei wem die genaue
Angabe der Gewichtshundertteile der in dem jeweiligen Futtermittel enthaltenen
Einzelfuttermittel zu erhalten ist; ebenwenig ist sie verpflichtet, einem entsprechenden
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Auskunftsersuchen des Verwenders ihrer Futtermittel nachzukommen. Die diese
Anordnung treffende Vorschrift des § 13 Abs. 2b FMV ist in seinem konditionalen Teil
des Satzes 1 sowie in seinen Sätzen 2 und 3 nichtig. Ihre Regelungen, deren
Verwerfung angesichts ihres Verordnungscharakters nicht dem
Bundesverfassungsgericht vorbehalten ist, verstoßen gegen die Richtlinie 79/373/EWG
des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 2. April 1979 (Richtlinie 79/373/EWG
) über den Verkehr mit Mischfuttermitteln (Abl. L 86 vom 6. April 1979, S. 30) in der
Fassung der Richtlinie 2002/2 EG, weil deren Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe b) nach
dem vorgenannten Urteil des EuGH wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit ungültig ist. Aufgrund dieser - mangels gegenteiliger Anordnungen
des EuGH - mit ex-tunc Wirkung versehenen Entscheidung fehlt es der Richtlinie
79/373/EWG mithin an Bestimmungen, die den vorgenannten Teilregelungen des § 13
Abs. 2b FMV in der Fassung der 24. ÄndVO zur FMV entsprechen. Nach Artikel 9 der
Richtlinie 79/373/EWG darf das Inverkehrbringen von Futtermitteln aber keinen anderen
als den in der Richtlinie enthaltenen Bestimmungen unterworfen werden.
Soweit die Klägerin über diesen inzwischen klaglos gestellten Inhalt der
futtermittelrechtlichen Ge- und Verbote hinaus festgestellt haben will, dass sie auch
nicht verpflichtet ist, die Einzelfuttermittel ihrer Mischfuttermittel nach Maßgabe des § 13
Abs. 2 Nr. 1 FMV in der Fassung der 24. ÄndVO zur FMV zu deklarieren, ist das
Begehren nicht begründet. Die Klägerin darf die Einzelfuttermittel nicht mehr gemäß § §
13 Abs. 2 Nr. 1 FMV in der durch die 4. Verordnung zur Änderung futtermittelrechtlicher
Verordnungen vom 12. Juli 2001 (BGBl. I S. ) 1632) geänderten Fassung wahlweise nur
"... in vom Hundert oder in der absteigenden ..." Reihenfolge ihrer Gewichtsanteile
angeben. Vielmehr muss sie nach der Änderung des § 13 Abs. 2 Nr. 1 FMV durch die
24. ÄndVO zur FMV in den Angaben über die Zusammensetzung ihrer Mischfuttermittel
für Nutztiere die enthaltenen Einzelfuttermittel nach Maßgabe des Absatzes 2a von § 13
in absteigender Reihenfolge ihrer Gewichtsanteile unter Angabe der
Gewichtshundertteile auf dem Etikett oder Begleitpapier bezeichnen; sie darf dabei aber
die für sie günstige Regelung des § 13 Abs. 2b S. 1 erster Halbsatz FMV in der Fassung
der 24. ÄndVO zur FMV für sich in Anspruch nehmen, nach der die tatsächliche
Zusammensetzung des Mischfuttermittels um bis zu 15 % vom angegebenen Gehalt des
jeweiligen Einzelfuttermittels abweichen darf.
90
Die vorgenannte Vorschrift des § 13 Abs. 2 Nr. 1 FMV beansprucht entgegen der
Rechtsauffassung der Klägerin ebenso wie die Regelung in § 13 Abs. 2b S. 1 erster
Halbsatz FMV in der Fassung der 24. ÄndVO zur FMV auch und gerade nach dem Urteil
des EuGH vom 6. Dezember 2005 über die Ungültigkeit von Artikel 1 Nummer 1
Buchstabe b) der Richtlinie 2002/2/EG und der - wie oben dargelegt - daraus folgenden
Nichtigkeit der mit ihm korrespondierenden Regelung des § 13 Abs. 2b S. 1 zweiter
Halbsatz, Sätze 2 und 3 FMV in der Fassung der 24. ÄndVO weiterhin Geltung. Die sich
danach aus der Futtermittelverordnung ergebende Pflicht zur Deklaration der
Einzelfuttermittel im vorbezeichneten Umfang entspricht Artikel 5c Abs. 1, Abs. 2
Buchstabe a) i) und ii) der Richtlinie 79/373/EWG in der Fassung, die dieser durch
Artikel 1 Nummer 4 der Richtlinie 2002/2/EG nach der Entscheidung des EuGH vom 6.
Dezember 2005 ohne Rechtsverstoß erfahren hat. Die Vorgaben des § 13 Abs. 2 Nr. 1,
Abs. 2b S. 1 erster Halbsatz FMV beinhalten damit Regelungen, die im Sinne von
Artikel 9 der Richtlinie 79/373/EWG das Inverkehrbringen von Mischfuttermitteln nur
Beschränkungen unterwirft, die in der Richtlinie enthalten sind und auch sonst keinen
rechtlich durchgreifenden Gültigkeitsbedenken unterliegen.
91
Zwar erhebt § 13 Abs. 2b FMV in der Fassung der 24. ÄndVO zur FMV nach der
dortigen Fassung des Satzes 1 die Pflicht des Herstellers zur Information des
Verwenders über die genauen Gewichtsanteile der in dem Mischfuttermittel enthaltenen
Einzelfuttermittel zur Bedingung für das Recht, bei der Angabe der Gewichtshundertteile
der Einzelfuttermittel eine Toleranzspanne von 15 % in Anspruch nehmen zu dürfen. Als
nach den oben angestellten Erwägungen nichtig erweisen sich entgegen der
Rechtsaufassung der Klägerin dabei aber nur die in § 13 Abs. 2b S. 1 zweiter Halbsatz,
Sätze 2 und 3 FMV normierten Bedingungen selbst. Ihre Nichtigkeit lässt die sich für
den Hersteller aus § 13 Abs. 2 Nr. 1 FMV i. V. m. § 13 Abs. 2b S. 1 erster Halbsatz FMV
ergebenden Pflichten und Rechte unberührt. Denn nach dem Urteil des EuGH vom 6.
Dezember 2005 erstreckt sich die festgestellte Ungültigkeit von Artikel 1 Nummer 1
Buchstabe b) der Richtlinie 2002/2/EG als Teil der Gesamtregelung zur "offenen
Deklaration" gerade nicht auch auf den - inhaltlich unbeanstandet gebliebenen - Artikel
1 Nummer 4 dieser Richtlinie, auf dem die Regelungen des § 13 Abs. 2 Nr. 1 FMV i. V.
m. § 13 Abs. 2b S. 1 erster Halbsatz FMV beruhen. Damit erweisen sich auch diese
Vorschriften der Futtermittelverordnung als gültig. Denn die Nichtigkeit einer
Teilregelung erstreckt sich nach dem im öffentlichen Recht entsprechend geltendem
Grundsatz der "Teilnichtigkeit" zivilrechtlicher Willenserklärungen (§ 139 BGB) auf die
übrigen Teile der Gesamtregelung nur dann, wenn anzunehmen ist, dass diese nach
einer am Sinn und Zweck der Norm orientierten Betrachtung der gesamten Regelung
ohne die nichtige Teilregelung so nicht getroffen worden oder aus sonstigen Gründen
rechtswidrig wären,
92
vgl. für Satzungen etwa: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof München, Urteil vom 24.
Februar 2005, 23 N 04.1291, Bayerische Verwaltungsblätter (BayVBl) 2005, 757 ff.;
siehe allgemein auch: Bundesverfassungsgericht (BVerfG) , Urteil vom 1. Juli 1953, 1
BvL 23/51, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE) 2, 380 (405 f.).
93
Dies ist hier nicht der Fall. Dass der bundesdeutsche Verordnungsgeber in Kenntnis der
Ungültigkeit der durch Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe b) der Richtlinie 2002/2/EG
geschaffenen Teile der neuen Deklarationsregelungen davon abgesehen hätte,
Regelungen einzuführen, die einem § 13 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2b S. 1 erster Halbsatz FMV
in der Fassung der 24. ÄndVO zur FMV entsprechenden Inhalt haben, ist nicht nur nicht
ersichtlich, sondern auszuschließen. Artikel 3 Abs. 1 der Richtlinie der Richtlinie
2002/2/EG verpflichtet nämlich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die zur
Umsetzung dieser Richtlinie erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu
erlassen. Solche Regelungen mit einem Artikel 5c der Richtlinie 79/373/EWG in der
Fassung der Richtlinie 2002/2/EG entsprechenden Inhalt zu schaffen, lag (und liegt)
mithin nicht im Gestaltungsermessen des Verordnungsgebers.
94
Die Gültigkeit der in § 13 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2b S. 1 erster Halbsatz FMV in der Fassung
der 24. ÄndVO zur FMV getroffenen Bestimmungen begegnet auch sonst keinen
rechtlich durchgreifenden Bedenken.
95
Namentlich sind die dort getroffenen Regelungen ebenso wie die Vorschriften des
Artikel 5c der Richtlinie 79/373/EWG in der Fassung von Artikel 1 Nummer 4 der
Richtlinie 2002/2/EG entgegen der Rechtsaufassung der Klägerin unzweideutig. Für die
Aufzählung der Futtermittelausgangserzeugnisse folgt aus dem nunmehr geltenden
Artikel 5c Abs. 2 Buchstabe a) i) der Richtlinie 79/373/EWG in gleicher Weise wie aus §
13 Abs. 2 Nr. 1 FMV in der Fassung der 24. ÄndVO, dass sie ausnahmslos, und zwar in
absteigender Reihenfolge, an den tatsächlichen Gewichtsanteilen der Einzelfuttermittel
96
auszurichten ist. Dass dies auch dann gilt, wenn der Mischfuttermittelhersteller von der
sich aus der Neufassung des Artikel 5c Abs. 2 Buchstabe a) ii) der Richtlinie
79/373/EWG und § 13 Abs. 2b S. 1 erster Halbsatz FMV in der Fassung der 24. ÄndVO
zur FMV ergebenden Befugnis Gebrauch macht und bei der Angabe der
Gewichtshundertteile die 15 %-ige Toleranzspanne in Anspruch nimmt, ergibt sich ohne
weiteres aus der durch ihren Wortlaut beschränkten systematischen Bedeutung der
Toleranzregelung.
Artikel 5c Abs. 2 Buchstabe a) i) der Richtlinie 79/373/EWG trifft zwei Anordnungen mit
selbständiger Bedeutung, nämlich einerseits die Einzelfuttermittel, aus denen das
Mischfuttermittel besteht, in absteigender Reihenfolge ihrer Gewichtsanteile
aufzuzählen, und andererseits jedem aufgezählten Einzelfuttermittel die Angabe seines
Gewichtshundertteils beizufügen. Da Artikel 5c Abs. 2 Buchstabe a) ii) der Richtlinie
79/373/EWG mit der Formulierung "in Bezug auf die genannten Hundertteile ..."
ausschließlich an den in Artikel 5c Abs. 2 Buchstabe a) i) der Richtlinie 79/373/EWG
verwandten Begriff "Gewichtshundertteil" anknüpft, erlaubt die Regelung als
Ausnahmetatbestand auch nur, bei der Angabe des Gewichtsanteils für jedes
Einzelfuttermittel von seinem tatsächlichen Gewichtsanteil im Rahmen der
Toleranzmarge von 15 % abzuweichen; die weitere Grundregel des Artikel 5c Abs. 2
Buchstabe a) i) der Richtlinie 79/373/EWG, nämlich die Einzelfuttermittel entsprechend
ihrem jeweils tatsächlichen Gewichtsanteil in absteigender Reihenfolge zu bezeichnen,
lässt der Ausnahmetatbestand des Artikel 5c Abs. 2 Buchstabe a) ii) der Richtlinie
79/373/EWG hingegen unberührt. Hiervon abweichende Bestimmungen hat der
nationale Verordnungsgeber mit den als Grund- und Ausnahmetatbestand entsprechend
formulierten und aufgebauten Regelungen in § 13 Abs. 2 Nr. 1 FMV und § 13 Abs. 2b S.
1 erster Halbsatz FMV jeweils in der Fassung der 24. ÄndVO zur FMV nicht getroffen.
97
Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich zugleich, dass der Bedeutungsgehalt
der Toleranzregelung nicht darauf beschränkt ist, innerhalb der Toleranzmarge liegende
Abweichungen bei der Angabe der Gewichtshundertteile für die Einzelfuttermittel
sanktionslos zu stellen; die Toleranzregelung verleiht dem Mischfuttermittelhersteller
vielmehr das Recht, innerhalb der von ihr gezogenen Grenzen die Angabe der
Gewichtsanteile für jedes Einzelfuttermittel zu variieren. Jedwedes andere Verständnis
liefe auch dem Sinn und Zweck der Toleranzregelung zuwider, dem
Mischfuttermittelhersteller zum Schutz von Produktgeheimnissen zu erlauben, die
exakte Zusammensetzung seiner Mischfuttermittel zu verbergen.
98
Mangels weitergehender Regelungen steht damit ferner fest, dass die für die
Einzelfuttermittel jeweils angegebenen Gewichtsanteile in der Summe nicht den
tatsächlichen Gewichtsanteil aller Mischfuttermittelausgangserzeugnisse widerspiegeln
müssen, wenn der Mischfutterhersteller bei der Angabe einzelner oder aller
Gewichtsanteile der Einzelfuttermittel von der Toleranzregelung in § 13 Abs. 2b S. 1
erster Halbsatz FMV in der Fassung der 24. ÄndVO zur FMV Gebrauch macht. Die
Summe der Gewichtsanteile muss in diesem Fall zudem weder erkennen lassen, dass
und in welchem Umfang das Mischfuttermittel weitere, nicht namentlich zu benennende
Zusatzstoffe enthält, noch muss sie die Grenze von 100 % unterschreiten oder
erreichen.
99
Diese tatsächlichen Folgen der (verbleibenden) Deklarationsgebote sind rechtlich nicht
zu beanstanden. Namentlich verstößt die Klägerin bei der Inanspruchnahme der
Toleranzregelung auch angesichts der vorbezeichneten Auswirkungen nicht gegen das
100
Verbot zur Täuschung im Verkehr mit Futtermitteln (§ 1 Nr. 3 FMG bzw. § 19 LFGB).
Ungeachtet der Tatsache, dass die Inanspruchnahme der Toleranzregelung als der
Gebrauch von einer normativ verliehenen Befugnis in ihren tatsächlichen Folgen den
Tatbestand einer Sanktionsnorm bereits begrifflich nicht erfüllt, und unbeschadet der
Frage, ob die Klägerin sich abgesehen davon zum Schutz ihrer beruflichen Tätigkeit
überhaupt auf die (vermeintliche) Verletzung von Rechtspositionen berufen kann, die
dem Verwender ihrer Produkte als Verbraucher eingeräumt sind, ist festzustellen, dass
solche rechtlich geschützten Verbraucherinteressen durch die Auswirkungen der
Toleranzregelung nicht verletzt sind. Nach dem Urteil des EuGH vom 6. Dezember 2005
verletzt vielmehr zwar der im Interesse des Gesundheitsschutzes dem Verwender von
Mischfuttermitteln durch Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe b) der Richtlinie 2002/2/EG
eingeräumte Anspruch auf Kenntnis ihrer genauen Zusammensetzung unter Abwägung
dieses Interesses mit dem Interesse des Mischfuttermittelherstellers an der
Geheimhaltung seines "Produkt-know-how" den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit,
nicht aber der in seiner Reichweite geminderte, durch Artikel 1 Nummer 4 der Richtlinie
2002/2/EG nunmehr in Artikel 5c Abs. 2 der Richtlinie 79/373/EWG verankerte
Auskunftsanspruch. Dies bedeutet nichts anderes, als dass unter dem hier allein
interessierenden Aspekt des Gesundheitsschutzes die schützenswerten Interessen der
Mischfuttermittelhersteller an der Wahrung ihrer Produktgeheimnisse das Interesse der
Verwender, die genaue Zusammensetzung eines Mischfuttermittels zu kennen, partiell
überwiegen. Umgekehrt formuliert hat es der Verwender von Mischfuttermitteln rechtlich
hinzunehmen, dass ihn die zur Verfügung gestellten Angaben über die
Ausgangserzeugnisse eines Mischfuttermittels über dessen genaue Zusammensetzung
in vertretbarem Umfang im Unklaren lassen.
Entgegen der Meinung der Klägerin hat die Gültigkeit der in § 13 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2b S.
1 erster Halbsatz FMV in der Fassung der 24. ÄndVO zur FMV getroffenen Regelungen
auch nicht zur Folge, dass Verstöße gegen die damit normierte Deklarationspflicht im
Sinne der von ihr zitierten Rechtsprechung des EuGH,
101
Urteil vom 7. Januar 2004, C-60/02, Slg. 2004, S. I-00651, Tz. 61 ff.
102
als Verstöße gegen Richtlinienbestimmungen unzulässig sanktioniert werden. Zwar
vermag eine Richtlinie ohne zu ihrer Durchführung erlassene innerstaatliche
Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaates mangels der ihr zukommenden "unmittelbaren
Außenwirkung" dem Bürger keine sanktionsfähigen Rechte und Pflichten aufzuerlegen.
Die sanktionsbewährte Pflicht zur Deklaration der Einzelfuttermittel in dem hier noch
gegebenen Umfang folgt für die Klägerin indes nicht aus Artikel 5c Abs. 1, Abs. 2
Buchstabe a) i) und ii) der Richtlinie 79/373/EWG in der Fassung von Artikel 1 Nummer
4 der Richtlinie 2002/2/EG, sondern aus der Anwendung der mit § 13 Abs. 2 Nr. 1, Abs.
2b erster Halbsatz FMV in der Fassung der 24. ÄndVO zur FMV gültig erlassenen
nationalen Bestimmungen.
103
Zwecks Entscheidung über das Klagebegehren war dem EuGH entgegen der Anregung
der Klägerin nicht erneut gemäß Artikel 234 EGV die Frage zur Vorabentscheidung
vorzulegen, ob Artikel 1 Nummer 4 der Richtlinie 2002/2/EG gültig ist. Allerdings
schließt die Bindungswirkung des Urteils des EuGH vom 6. Dezember 2005 im
Verfahren C-453/03 eine erneute Vorlage nicht aus. In einem solchen Verfahren kann
aber die Gültigkeit des früheren Urteils nicht in Frage gestellt werden. Es darf allein
dazu dienen, Schwierigkeiten beim Verständnis oder der Anwendung dieses Urteils zu
beseitigen, eine neue Rechtsfrage zu klären oder aber neue Gesichtspunkte
104
vorzutragen, die den EuGH veranlassen könnten, eine bereits gestellte Frage
abweichend zu beantworten,
vgl. zum Ganzen: EuGH, Beschluss vom 5. März 1986, Rechtssache 69/85, Slg. 1986,
S. 00947 m. w. N. aus seiner Rechtsprechung.
105
Diese Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer erneuten Vorlage sind nicht gegeben.
106
Das Verständnis der mit Artikel 1 Nummer 4 der Richtlinie 2002/2/EG eingeführten
Regelungen begegnet - wie oben dargestellt - keinen Schwierigkeiten, die eine
(erneute) Anrufung des EuGH rechtfertigen.
107
Auch lässt sich dem Vortrag der Klägerin nicht entnehmen, dass der EuGH die Frage
nach der Gültigkeit von Artikel 1 Nummer 4 der Richtlinie 2002/2/EG möglicherweise
anders beantwortet hätte, wenn ihm vor Schluss der mündlichen Verhandlung in dem
Verfahren C-453/03 u. a. durch die Kommission der in ihrem Auftrag erstellte und erst im
Oktober 2005 veröffentliche Bericht AO-705/Sanco/SPC. 2003274 vom 6. Juni 2004
vorgelegt worden wäre. Soweit sich aus diesem Bericht entsprechend dem Vortrag der
Klägerin überhaupt ergibt, dass zwei Drittel der Mitgliedsstaaten der Europäischen
Union der Auffassung sind, dass "... zwischen der offenen Deklaration und dem
Gesundheitsschutz kein Zusammenhang besteht ...", vermag dieser Umstand keine
Zweifel daran zu wecken, dass der EuGH auch in Kenntnis dieser Tatsache die Frage
nach der Gültigkeit des Artikel 1 Nummer 4 der Richtlinie 2002/2/EG bejaht hätte. Denn
nach den Feststellungen in den Teilziffern 57. ff seines Urteils vom 6. Dezember 2005 in
dem Verfahren C-453/03 u. a. bezweckte die Richtlinie 2002/2/EG ausweislich ihrer bei
Erlass verabschiedeten und damit allein maßgeblichen Begründungserwägungen nicht
nur, den Schutz der öffentlichen Gesundheit sicherzustellen, sondern hat sich in der
konkreten Anwendung auch als hierfür geeignet erwiesen. Wenn eine Reihe von
Mitgliedsstaaten der Europäischen Union nach Erlass der Richtlinienbestimmungen nun
keine Verbindung zwischen der offenen Deklaration und der öffentlichen Gesundheit
mehr sehen sollten, mag dies Anlass sein, die getroffenen Regelungen mit Blick auf ihre
Zweckmäßigkeit zu überdenken, stellt ihre Rechtmäßigkeit aber offensichtlich nicht
ernstlich in Frage. Denn der Gemeinschaftsgesetzgeber verfügt in einem Bereich, in
dem - wie hier - politische, wirtschaftliche und soziale Aspekte von Bedeutung sind, bei
der Schaffung von Rechtsvorschriften über einen weiten Gestaltungsspielraum, der eine
erlassene Maßnahme nur dann als rechtswidrig erscheinen lässt, wenn sie zur
Erreichung ihres Zwecks ersichtlich ungeeignet ist,
108
vgl. nur EuGH, Urteil vom 6. Dezember 2005, a. a. O. , Tz. 69.
109
Artikel 1 Nummer 4 der Richtlinie 2002/2/EG erfüllt diese Vorsaussetzung nach der in
dem Urteil vom 6. Dezember 2002/2/EG niedergelegten Rechtsauffassung des EuGH
nicht, ohne dass substantiierte Einwendungen gegen die die dortige Feststellung
tragenden Erwägungen dargetan oder ersichtlich sind. Offen bleiben kann, ob - wie die
Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat - auf der Ebene der
Europäischen Union der politische Wille zu einer weiteren Änderung der
Richtlinienbestimmungen über die Deklarationsvorschriften besteht. Ein solcher Wille
ändert nichts daran, dass die Deklarationsregelung in der durch Artikel 1 Nummer 4 der
Richtlinie 2002/2/EG geänderten Fassung zur Erreichung ihres Zwecks nicht
offensichtlich ungeeignet ist, damit zu Recht in nationales Recht umgesetzt und mithin
von einem Mischfuttermittelhersteller zu befolgen ist. Dies gilt selbst dann, wenn eine
110
Neuregelung der Deklarationsvorschriften durch die Europäische Union Maßnahmen
zum Inhalt haben sollte, die einen Mischfuttermittelhersteller weniger belasten als das
zur Zeit anzuwendende Recht. Dies gilt um so mehr, als sich der Inhalt einer solchen
Neuregelung derzeit ebenso wenig absehen lässt wie der Zeitpunkt ihres Inkrafttretens.
Schließlich begründet auch der Erlass der Verordnung (EG) Nr. 183/2005 des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Januar 2005 mit Vorschriften für die
Futtermittelhygiene (Abl. L 35 vom 8. Februar 2005 S. 1 bis 22) keine Zweifel an der
(weiteren) Gültigkeit von Artikel 1 Nummer 4 der Richtlinie 2002/2/EG. Dass die
Richtlinienbestimmung nach Inkrafttreten der vorgenannten Verordnung nunmehr gegen
den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt, ist eine von der Klägerin nicht näher
substantiierte Rechtsauffassung, für deren Richtigkeit die Kammer auch sonst keine
Anhaltspunkte erkennen kann. Jedenfalls spricht entgegen der Meinung der Klägerin
nichts dafür, dass mit der Verordnung (EG) Nr. 183/2005 abschließende Bestimmungen
geschaffen werden sollten, um die "Futtermittelsicherheit" zu gewährleisten. Dies gilt
schon deshalb, weil die Verordnung zwar nach ihrem Artikel 1 nicht nur "allgemeine
Bestimmungen über die Futtermittelhygiene" [Buchstabe a)] und "Bedingungen und
Vorkehrungen für die Registrierung und Zulassung von Betrieben" [Buchstabe c)] zum
Gegenstand hat, sondern nach seinem Buchstaben b) auch "Bedingungen und
Vorkehrungen für die Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit von Futtermitteln". Die
Verordnung enthält aber - soweit hier von Bedeutung - in diesem Zusammenhang in den
Artikeln 5 ff. nur Hygienevorschriften für diejenigen Produktions-, Verarbeitungs- und
Vertriebsstufen, die der Kontrolle der Futtermittelunternehmer unterliegen, und lässt
daher die Vorgaben, die die Richtlinie 79/373/EWG allgemein für den Verkehr mit
Futtermitteln enthält, namentlich die Pflicht, Einzelfuttermittel als Bestandteile von
Mischfuttermitteln zu deklarieren, unberührt. Dem entspricht es, dass die Verordnung
(EG) Nr. 183/2005 einerseits und die Deklarationspflicht auf der anderen Seite
jedenfalls teilweise unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen. Während Letztere gerade
dazu dient, im Bedarfsfall die schnelle Identifikation von Futtermitteln (vor Ort) zu
erlauben,
111
vgl. EuGH, Urteil vom 6. Dezember 2005, a. a. O., Tz. 79,
112
bezweckt die Verordnung (EG) Nr. 183/2005 in den hier interessierenden Teilen
vorwiegend den Schutz der Futtermittel vor Verunreinigungen, ohne eine Bestimmung
zu enthalten, die in gleicher Weise wie die Deklarationspflicht die sofortige
Identifizierung verunreinigter Mischfuttermittel ermöglicht. Angesichts der in ihrem
"Zeitvorteil" liegenden besonderen Effizienz der Deklarationspflicht für die
Rückverfolgbarkeit von Mischfuttermitteln und / oder ihrer Bestandteile erweist sie sich
jedenfalls nicht als eine Maßnahme, die nach Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr.
183/2005 im Sinne der Rechtsprechung des EuGH (nunmehr) zur Erreichung ihres
Zwecks ersichtlich ungeeignet ist.
113
Die Kosten des Verfahrens für den Teil des Rechtsstreits, den die Beteiligten
übereinstimmend für erledigt erklärt haben, waren gemäß § 161 Abs. 2 VwGO aus
Gründen der Billigkeit dem beklagten Land aufzuerlegen, weil es angesichts der
Ungültigkeit von Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe b) der Richtlinie 2002/2/EG und deren
oben dargestellten Folgen für das nationale Futtermittelrecht insoweit im Prozess
unterlegen wäre. Im Übrigen folgt die Kostenentscheidung aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Dabei hat die Kammer bei der Bildung der Kostenquote dem erledigten und dem streitig
entschiedenen Klagebegehren eine wertmäßig jeweils gleiche Bedeutung
114
beigemessen. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167
Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 VwGO und § 709 ZPO.