Urteil des VG Düsseldorf vom 02.07.2009

VG Düsseldorf: aufschiebende wirkung, schule, wechsel, unterricht, ausnahme, internet, wissenschaft, eltern, rechtswidrigkeit, interessenabwägung

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 18 L 854/09
Datum:
02.07.2009
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
18. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
18 L 854/09
Schlagworte:
sonderpädagogischer Förderbedarf Förderort abstrakte Benennung
Normen:
AO-SF § 13 Abs 1
Tenor:
Die aufschiebende Wirkung der Klage 18 K 2291/09 gegen den Be-
scheid des Antragsgegners vom 2. März 2009 wird wiederhergestellt.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 2.500, Euro festgesetzt.
Der Antrag,
1
die aufschiebende Wirkung der Klage 18 K 2291/09 gegen den Bescheid des
Antragsgegners vom 2. März 2009 wiederherzustellen,
2
ist zulässig und begründet.
3
Von der Befugnis, gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO die aufschiebende Wirkung
einer Klage wiederherzustellen, macht das Gericht Gebrauch, wenn eine
Interessenabwägung ergibt, dass das private Interesse des Betroffenen, von
Vollziehungsmaßnahmen vorerst verschont zu bleiben, gegenüber dem öffentlichen
Interesse an der sofortigen Durchsetzung der getroffenen Maßnahme überwiegt.
4
Dies ist hier der Fall. Das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt
das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung, weil sich der angefochtene
Bescheid bei der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO nur möglichen summarischen
Prüfung der Sach- und Rechtslage als offensichtlich rechtswidrig erweist.
5
Allerdings ergibt sich dies nicht bereits aus der Feststellung des Fortbestehens des
sonderpädagogischen Förderbedarfs mit den Förderschwerpunkten "Emotionale und
soziale Entwicklung" sowie "Lernen" im Sekundarbereich I (ab dem
Schuljahr 2009/2010), dem Wechsel des vorrangigen Förderschwerpunkts (von
"Lernen" zu "Emotionale und soziale Entwicklung") und dem Wechsel des Förderorts
(vom gemeinsamen Unterricht zur Förderschule). In Einklang mit den in den
Verwaltungsvorgängen befindlichen sonderpädagogischen Gutachten und Berichten
6
sind sich die Beteiligten einig, dass bei dem Antragsteller sonderpädagogischer
Förderbedarf in den beiden genannten Bereichen vorhanden ist. Da ferner der
Prozessbevollmächtigte des Antragstellers in Übereinstimmung mit dem Bericht des
Sonderpädagogen U vom 15. Januar 2009 selbst hervorhebt, dass sich das
Lernverhalten und die Lernfähigkeit von P verbessert haben, sich dagegen an der
Erziehungsschwierigkeit nichts Wesentliches geändert hat, ist auch der Wechsel des
vorrangigen Förderschwerpunkts nicht zu beanstanden. Die Notwendigkeit eines
Wechsels des Förderorts (vom Gemeinsamen Unterricht zur Förderschule) dürfte sich
bereits daraus ergeben, dass die Grundschulzeit des Antragstellers beendet ist, nach
den Sommerferien also ohnehin ein Schulwechsel ansteht, und ausgehend von den
Angaben des Antragsgegners (Seite 2, erster Absatz des Schriftsatzes vom 17. Juni
2009) die Einrichtung des Gemeinsamen Unterrichts in N nur in der Primarstufe, nicht
jedoch in der Sekundarstufe I existiert.
Die offensichtliche Rechtswidrigkeit des Bescheides resultiert jedoch daraus, dass der
Förderort nicht abstrakt festgelegt, sondern ausschließlich die Q-Schule (früher:
Förderschule Am U), Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Emotionale und soziale
Entwicklung, als Förderort bestimmt wurde. Im Hinblick auf das Wahlrecht der Eltern hat
die Schulaufsichtsbehörde den schulischen Förderort grundsätzlich
abstrakt
Benennung aller dem sonderpädagogischen Förderbedarf gerecht werdenden Schulen
zu bestimmen, und zwar unabhängig von der augenblicklichen Aufnahmekapazität
allein unter fachpädagogischen Gesichtspunkten.
7
Std. Rspr, vgl. grundlegend OVG NRW, Beschluss vom 26. September 1995 -
19 B 2507/95 -; zuletzt VG Düsseldorf, Beschluss vom 27. April 2009 - 18 L 448/09 -.
8
Eine Ausnahme wäre allenfalls denkbar, wenn die Q-Schule die einzige Förderschule
im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners wäre, an der eine Förderung mit dem
Schwerpunkt "Emotionale und soziale Entwicklung" angeboten würde. Dies ist jedoch
nicht der Fall. Nach den Recherchen des Einzelrichters im Internet,
9
www.n.de, Bildung & Wissenschaft, Schule, Schulen im Überblick, Förderschulen im
Überblick,
10
kommen als weitere Förderschulen in N die B-Förderschule, die Förderschule S und die
Förderschule Xstraße in Betracht. Bei allen drei Schulen handelt es sich um
Förderschulen mit den Förderschwerpunkten "Lernen"
und
Entwicklung". Soweit der Antragsgegners mit Schriftsatz vom 29. Juni 2009 einwendet,
die genannten Förderschulen unterrichteten hauptsächlich im Förderschwerpunkt
"Lernen", weshalb sie dem bei P vorrangig im Bereich "Emotionale und soziale
Entwicklung" bestehenden Förderbedarf nicht in gleicher Weise wie die Q-Schule
gerecht würden, ist dies nicht nachvollziehbar. Bei den genannten Förderschulen
stehen beide Förderschwerpunkte gleichrangig nebeneinander. Dort werden sowohl
Kinder, bei denen der vorrangige Förderschwerpunkt "Emotionale und soziale
Entwicklung" festgelegt wurde, als auch Kinder, bei denen der vorrangige
Förderschwerpunkt im Bereich "Lernen" liegt, unterrichtet. Dass unter
fachpädagogischen Gesichtspunkten dennoch allein eine Förderung auf der Q-Schule
dem Förderbedarf des Antragstellers gerecht werden soll, erschließt sich dem Gericht
daher nicht. Da bei P zwei Förderschwerpunkte bestehen, dürfte im Gegenteil einiges
dafür sprechen, dass eine Schule, die beide Schwerpunkte abdeckt, das Kind
insgesamt besser zu fördern vermag als die Q-Schule, die sich allein auf
11
Erziehungsschwierigkeiten konzentriert.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht
auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Im Hinblick auf die Vorläufigkeit des
Rechtsschutzes im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO war der gesetzliche Auffangwert
um die Hälfte zu reduzieren.
12