Urteil des VG Düsseldorf vom 30.04.2008

VG Düsseldorf: betriebsinhaber, verordnung, guter glaube, behörde, gesellschafter, gemeinschaftsrecht, rechtsgrundlage, zugang, ergänzung, beihilfe

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 20 K 2482/07
Datum:
30.04.2008
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
20. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
20 K 2482/07
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird
nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn
nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe
leistet.
Tatbestand:
1
Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Zuweisung betriebsindividueller Beträge im
Rahmen der landwirtschaftlichen Betriebsprämienregelung.
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Der Kläger war im hier interessierenden Zeitraum Inhaber eines landwirtschaftlichen
Betriebes, in dem er u.a. Mutterschafe hielt. Am 11.05.05 beantragte er auf einem ihm
zur Verfügung gestellten Antragsformular die Zuweisung von Zahlungsansprüchen für
die einheitliche Betriebsprämie. Unter Ziff. 4 des Antragsvordrucks erklärte er durch
Ankreuzen des „Ja"-Kästchens, dass er im gesamten Bezugszeitraum 2000 bis 2002
Inhaber des Betriebes gewesen sei, für den er als Betriebsinhaber Zahlungsansprüche
beantrage. Durch Ankreuzen des entsprechenden „Nein"-Kästchens verneinte er, dass
im Bezugszeitraum 2000 bis 2002 eine andere Person zeitweise oder im gesamten
Bezugszeitraum Inhaber des Betriebes gewesen sei, für den er als Betriebsinhaber
Zahlungsansprüche beantrage. Ebenfalls verneinte er durch Ankreuzen des
entsprechenden Kästchens, dass er in Deutschland im Bezugszeitraum 2000 bis 2002
unter einer anderen Unternehmernummer - z. B. wegen Verlegung des Betriebes -
Direktzahlungen beantragt habe.
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Auf seinen Antrag hin wurden dem Kläger vom Beklagten mit Bescheid vom 31.03.06
Zahlungsansprüche für Ackerland, für Dauergrünland und für Stillegung zugeteilt. Die
Zuweisung erfolgte jeweils ohne betriebsindividuellen Zuschlag.
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Hiergegen erhob der Kläger unter dem 02.05.06 Widerspruch, den er wie folgt
begründete: Bis 30.06.2002 sei der Betrieb unter der Bezeichnung D GbR von ihm und
seinem Bruder geführt worden. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei zu diesem
Termin aufgelöst worden und er - der Kläger - habe den Betrieb mit allen Aktiva und
Passiva allein fortgeführt. So seien etwa die Prämienansprüche für die
Mutterschafprämie schon im Jahr 2003 mit Genehmigung des Beklagten von der D GbR
auf ihn - den Kläger - übertragen worden. Für den Betrieb der ursprünglichen GbR sei
unter der Unternehmernummer 000000000 mit dem Stand 21.06.2005 der
betriebsindividuelle Betrag vorläufig auf 5.122,66 EUR festgesetzt worden. Nach
Auflösung der GbR sei dem Betrieb eine neue Unternehmernummer zugeteilt worden.
Da er - der Kläger - den Betrieb mit allen Aktiva und Passiva fortgeführt habe, hätte ihm
folgerichtig der vorerwähnte betriebsindividuelle Betrag zugewiesen werden müssen.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 10.05.07 - dem Kläger zugestellt am 15.05.07 - wies der
Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führte
er aus: Da der Kläger nach eigenen Vorbringen seine betriebliche Tätigkeit erst im
Jahre 2002 aufgenommen habe, seien seinem Betrieb im Referenzzeitraum 2000 bis
2002 keine Zahlungen gewährt worden. Auch könne der Referenzbetrag nicht auf der
Grundlage des für die D GbR ermittelten betriebsindividuellen Betrages festgesetzt
werden, weil dies vom Kläger nicht beantragt worden sei. Zwar sei es grds. möglich, den
betriebsindividuellen Betrag eines anderen Betriebes zu übernehmen. Dann müssten
jedoch die Voraussetzungen für eine Übernahme vorliegen und die Übernahme des
betriebsindividuellen Betrages bei der zuständigen Behörde fristgerecht beantragt
worden sein. Die Übernahme des Betriebes durch den Kläger könne zwar unter die
Regelung des Art. 33 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1782/2003 subsumiert werden. Es fehle
jedoch an einem entsprechenden, nach Art. 33 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1782/2003 i.V.m. Art.
14 VO (EG) Nr. 795/2004 erforderlichen Antrag gemäß der Anlage 14 und an der
Vorlage geeigneter Unterlagen für den Nachweis, dass der Betrieb aus der
Umstrukturierung entstanden sei. Da der entsprechende Antrag nicht fristgerecht gestellt
worden sei, sei es nicht möglich, die betriebsindividuellen Beträge der D GbR bei
Zuweisung der Zahlungsansprüche für den klägerischen Betrieb zu berücksichtigen.
Die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben habe der Kläger in seinem Antrag
versichert. Die Verletzung von Überprüfungs- und Sorgfaltspflichten könnte nicht im
Nachhinein geheilt werden. Durch die mit Schreiben vom 21.05.05 zur Verfügung
gestellte BIB-Mitteilung gemäß Art. 34 Abs. 1 a VO (EG) Nr. 1782/2003 sei der Kläger
hinreichend informiert worden und sei ihm die Möglichkeit eröffnet worden, einen
Sonderfall bzw. Härtefall geltend zu machen. In dieser vorläufigen Mitteilung sei der
betriebsindividuelle Betrag auf 0,00 EUR festgesetzt worden und für die D GbR auf
5.122,66 EUR. Hierdurch hätte es sich dem Kläger aufdrängen müssen, dass es für die
Übernahme des betriebsindividuellen Betrages eines entsprechenden Antrags bedurfte.
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Der Kläger hat am 12.06.07 Klage erhoben.
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Er trägt vor: Grund dafür, dass die Anlage 14 bei seinem Zuweisungsantrag gefehlt habe
und nicht fristgerecht bis zum 17.05.05 nachgereicht worden sei, sei die irrtümlich
unzutreffende Beantwortung bestimmter Fragen im Rahmen des Zuweisungsantrags
gewesen. Der Kläger als juristischer Laie sei davon ausgegangen, dass er als
Mitgesellschafter einer GbR zugleich auch Inhaber des Betriebes gewesen sei. Die
falsche Beantwortung dieser Fragen sei ihm jedoch nicht zuzurechnen. Er sei bei
Antragstellung während eines sich über etwa zwei Stunden erstreckenden Termins von
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einer Mitarbeiterin des Beklagten beraten und unterstützt worden. Nach seiner
Erinnerung seien die an den entsprechenden Stellen zu setzenden Kreuzchen im
Zuweisungsantrag nicht von ihm selbst, sondern von der Mitarbeiterin gesetzt worden.
Diese habe es unterlassen, den Kläger über die Bedeutung gewisser Umstände im
Zusammenhang mit der Beantragung und Gewährung von betriebsindividuellen
Beträgen in ausreichender Form aufzuklären. Hätte die Mitarbeiterin Einsicht in die
Betriebsakte genommen, hätte sie festgestellt, dass er - der Kläger - im Bezugszeitraum
2000 bis 2002 gerade nicht Inhaber des Betriebes gewesen sei, sondern lediglich an
der entsprechenden Betreibergesellschaft beteiligt gewesen sei. Wegen der
Schwierigkeit und des Umfangs der geänderten Subventionsvorschriften sei es aber
zumindest erforderlich gewesen, den Kläger umfassend über die Bedeutung der
einzelnen anzukreuzenden Punkte zu belehren. Dies sei unterblieben. Im Übrigen sei
die Rechtsauffassung des Beklagten, die Abgabe der Anlage 14 sei zwingend
erforderlich, um betriebsindividuelle Beträge zugewiesen zu erhalten, unzutreffend. Für
die im Antrag vorgesehene Ergänzung bei Änderung des Rechtsstatus oder der
Bezeichnung des Betriebes durch Anlage 14 gebe es weder im Gemeinschaftsrecht
noch in den nationalen Umsetzungsnormen eine Rechtsgrundlage. Ein gesonderter
Übertragungsantrag sei in der Betriebsprämienregelung nicht vorgesehen. Dies habe
das VG Hannover in einem vergleichbaren Fall entschieden. Es gebe zwar ein
Antragserfordernis hinsichtlich der Festsetzung bzw. Zuweisung von
Zahlungsansprüchen. Diesem Antragserfordernis sei er - der Kläger - jedoch mit seinem
am 11.05.05 bei dem Beklagten abgegebenen Antragsformular nachgekommen.
Darüber hinaus seien die vom Kläger gemachten Angaben bei genauer Betrachtung gar
nicht falsch, denn er sei insofern Inhaber des Betriebes der GbR gewesen, als er als zur
Geschäftsführung und Vertretung befugter Gesellschafter die Voraussetzungen des Art.
14 Abs. 1 b) VO (EG) Nr. 795/2004 erfülle, wonach bei Änderungen des Rechtsstatus
einer juristischen Person oder von einer natürlichen Person zu einer juristischen Person
oder umgekehrt der Inhaber des neuen Betriebes diejenige Person sein muss, die die
Kontrolle über den ursprünglichen Betrieb in Bezug auf Betriebsführung, Gewinne und
finanzielle Risiken gehabt habe.
Der Kläger beantragt,
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den Beklagten unter Abänderung seines Bescheides vom 31.03.2006 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 02.05.2006 zu verpflichten, ihm zusätzlich zu den mit
dem angefochtenen Bescheid zugewiesenen Zahlungsansprüchen betriebsindividuelle
Beträge wegen der Gewährung von Mutterschafprämien in Höhe von 5.122,66 EUR
zuzuweisen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er verteidigt die angefochtenen Bescheide und trägt ergänzend vor: Der
betriebsindividuelle Betrag als Teil der einheitlichen Betriebsprämie errechne sich aus
dem Durchschnitt der Prämienzahlung in dem Bezugszeitraum 2000 bis 2002. Nach Art.
37 VO (EG) Nr. 1782/2003 entspreche der Referenzbetrag dem Dreijahresdurchschnitt
der Gesamtbeträge der Zahlungen, die ein Betriebsinhaber im Rahmen der
Stützungsregelung nach Anhang VI der genannten Verordnung in jedem Kalenderjahr
des Bezugszeitraums bezogen habe. Betriebsinhaber könne sowohl eine juristische als
auch eine natürliche Person und somit sowohl eine GbR als auch eine Einzelperson
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sein. Im vorliegenden Fall habe der Kläger als Betriebsinhaber im maßgeblichen
Bezugszeitraum keine Zahlungen erhalten. Betriebsinhaber sei nämlich die GbR
gewesen, der im Bezugszeitraum entsprechende Direktzahlungen gewährt worden
seien. Zwar könne gemäß Art. 33 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1782/2003 i.V.m. Art. 14 VO (EG)
Nr. 795/2004 bei Änderung des Rechtsstatus oder der Bezeichnung des
Betriebsinhabers dieser unter derselben Bedingung wie der ursprüngliche
Betriebsinhaber Zugang zur Betriebsprämienregelung erhalten. Dies setze aber voraus,
dass ein entsprechender Antrag gestellt und der Nachweis erbracht werde, dass der
Betrieb aus der Umstrukturierung entstanden sei. Dieser Antrag müsse fristgerecht bis
zum 15.05. eingereicht worden sein, woran es hier fehle. Nach Art. 34 Abs. 2 VO (EG)
Nr. 1782/2003, § 11 Abs. 1 InVeKoSV habe der Antrag bei ihm bis zum 15.05.2005
gestellt werden müssen. Gemäß § 5 Abs. 2 InVeKoSV habe außerdem das
entsprechende Formblatt Verwendung finden und im Zuweisungsantrag die Anlage 14
angekreuzt sein müssen. Der Kläger habe auf dem Antragsformular bei der Rubrik
Anträge lediglich angekreuzt, dass er die Festsetzung von Zahlungsansprüchen
beantrage. Ausdrücklich nicht angekreuzt sei die Rubrik, dass er die Berücksichtigung
von „Änderung des Rechtsstatus oder der Bezeichnung" nach Anlage 14 beantrage.
Dementsprechend sei ein Härtefallantrag auf gesondertem Formular nicht beigefügt
gewesen. Unter dem 21.06.06 habe die D GbR ein Schreiben über die vorläufige
Festsetzung des betriebsindividuellen Betrages gemäß Art. 34 Abs. 1 a) VO (EG) NR.
1782/2003 erhalten. Gemäß Art. 21 a) VO (EG) NR. 796/29004 sei eine spätere
Antragstellung nicht mehr zulässig.
Es liege auch kein offensichtlicher Fehler iSd Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 vor.
Hiernach könne ein Beihilfeantrag jederzeit berichtigt werden, wenn die zuständige
Behörde offensichtliche Fehler anerkenne. Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung
zu den früheren Förderverfahren könne von einem offensichtlichen Fehler nur
ausgegangen werden, wenn sich aus dem Antrag selbst die Offensichtlichkeit eines
solchen Irrtums ergebe. Nicht ausreichend sei, wenn im Nachhinein das Versehen
festgestellt werde, ohne dass sich das Versehen aus den Unterlagen selbst ergebe.
Daher lasse sich auch die unrichtige Erklärung unter Ziff. 4 des Zuweisungsantrags
nicht als offensichtlicher Fehler werten. Es liege auch kein Fall höherer Gewalt vor, der
ein Nachholen des Antrags außerhalb der Frist ermöglichen würde. Die maßgeblichen
Verordnungen enthielten eine Definition des Betriebsinhabers. Es müsse vorausgesetzt
werden, dass der Kläger die entsprechenden Verordnungen kenne, wenn er sich - wie
im Antrag geschehen - ausdrücklich zu deren Einhaltung verpflichte. Soweit der Kläger
anführe, die Mitarbeiterin habe gegen eine entsprechende Gebühr Mithilfe bei der
Antragstellung gegeben, sei eine solche Tätigkeit nicht dem Beklagten, sondern der
Landwirtschaftskammer zuzurechnen. Im Übrigen dürfe sich ein Sachbearbeiter auf die
Angaben des Antragstellers verlasen. Schließlich könne Gegenstand des vorliegenden
Verfahrens kein etwaiger Schadens-ersatzanspruch sein. Ein verwaltungsrechtlicher
allgemeiner Herstellungsanspruch, wie er etwa im Sozialrecht anerkannt sei - habe in
der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung keine allgemeine Anerkennung
gefunden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten
ergänzend Bezug genommen
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Der Kläger hat keinen Anspruch auf Festsetzung eines betriebsindividuellen Betrages
für das Antragsjahr 2005 in Höhe von 5.122,66 Euro. Die ablehnende Entscheidung des
Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, vgl. § 113
Abs. 5 Satz 1 VwGO.
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Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, bei der Festsetzung der Zahlungsansprüche
für das Antragsjahr 2005 einen betriebsindividuellen Betrag in der genannten Höhe zu
berücksichtigen.
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Rechtsgrundlage für die Zuweisung von Zahlungsansprüchen im Rahmen des zum 1.
Januar 2005 eingeführten Systems einer einheitlichen Betriebsprämie ist die
Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen
Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit
bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe (ABl. L
270/1), die in der Folgezeit wiederholt geändert worden ist. Maßgebend ist die im
Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gültige Fassung. Zu den Allgemeinen
Bestimmungen über ihre Regelungsgehalte in Titel II dieser Verordnung hat die
Kommission in der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 vom 21. April 2004 (ABl. L 141/18;
berichtigt ABl. L 291/18) und zur Betriebsprämienregelung in Titel III in der Verordnung
(EG) Nr. 795/2004 vom 21. April 2004 (ABl. L 141/1) Durchführungsbestimmungen
erlassen.
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Auf nationaler Ebene wurden die Richtlinien durch das Gesetz zur Durchführung der
einheitlichen Betriebsprämie (Betriebsprämiendurchführungsgesetz - BetrPrämDurchfG)
vom 21. Juli 2004 (BGBl. I S. 1763) in der nunmehr geltenden Fassung vom 30. Mai
2006 (BGBl. I S. 1298) umgesetzt, das durch die Verordnung zur Durchführung der
einheitlichen Betriebsprämie (Betriebsprämiendurchführungsverordnung -
BetrPrämDurchfV) vom 3. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3204), zuletzt geändert durch Art.
1 der Verordnung vom 4. April 2007 (BGBl. I S. 489) konkretisiert wird. Weitere
Konkretisierungen auf nationaler Ebene enthält die Verordnung über die Durchführung
von Stützungsregelungen und gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen nach der
Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 im Rahmen des Integrierten Verwaltungs- und
Kontrollsystems - InVeKoSV - vom 3. Dezember 2004 (BGBl I S. 3194), zuletzt geändert
durch Art. 2 der Verordnung vom 4. April 2007 (a.a.O.).
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Um Zahlungen im Rahmen der Betriebsprämienregelung erhalten zu können, muss der
Betriebsinhaber über entsprechende Zahlungsansprüche verfügen, vgl. Art. 36 Abs. 1
VO (EG) Nr. 1782/2003. Die Zuteilung der Zahlungsansprüche erfolgt auf einen
einmalig einzureichenden Antrag, der im ersten Jahr der Betriebsprämienregelung bis
zum 15.05.05 bzw. (da es sich bei diesem Tag um den Pfingstmontag handelte) zum
17.05.05 gestellt werden musste. Würde ein solcher Antrag nicht gestellt, so erfolgte
keine Zuweisung von Zahlungsansprüchen. Das grundsätzliche Antragserfordernis
hinsichtlich der Festsetzung bzw. Zuweisung von Zahlungsansprüchen und
betriebsindividuellen Beträgen kann aus Art. 34 Abs. 2 und 3 VO (EG) Nr. 1782/2003
gefolgert werden. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung beantragen die Betriebsinhaber die
einheitliche Betriebsprämie (also die flächenbezogene Beihilfe und den
betriebsindividuellen Betrag) bis zu einem Zeitpunkt, den die Mitgliedsstaaten festlegen,
der aber nicht nach dem 15. Mai liegen darf. Gemäß Abs. 3 der Vorschrift werden
Betriebsinhabern grundsätzlich keine Zahlungsansprüche gewährt, wenn sie die
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einheitliche Betriebsprämie nicht bis zum 15. Mai des ersten Jahres der Anwendung der
Betriebsprämienregelung beantragen. Die entsprechende nationale Regelung findet
sich in § 11 Abs. 1 Satz 1 InVeKoSV. Nach dieser Vorschrift ist die Festsetzung der
Zahlungsansprüche für die einheitliche Betriebsprämie bis zum 15. Mai 2005 schriftlich
bei der Landesstelle zu beantragen.
Der Wert eines Zahlungsanspruchs setzt sich nach dem in der Bundesrepublik
Deutschland eingeführten sog. Kombinationsmodell gemäß § 5 Abs. 1
BetrPrämDurchfG unter Berücksichtigung der Anforderungen des Art. 41 VO (EG) Nr.
1782/2003 für jeden Betriebsinhaber in Anwendung des Art. 59 Abs. 1, Abs. 3 VO (EG)
Nr. 1782/2003 aus einem flächenbezogenen Betrag (§ 5 Abs. 3 BetrPrämDurchfG) und
einem betriebsindividuellen Betrag (§ 5 Abs. 2 BetrPrämDurchfG) - BIB - zusammen.
Dieser BIB ergibt zusammengerechnet mit dem flächenbezogenen Basiswert für
Ackerland bzw. Dauergrünland den Wert eines Zahlungsanspruchs je Hektar Ackerland
bzw. Dauergrünland. Er erhöht so die flächenbezogenen Basiswerte, die je nach
Region unterschiedlich hoch sind. Diese unterschiedlich hohen Basiswerte sind Folge
der von der Bundesrepublik Deutschland vollzogenen regionalen Anwendung der
Betriebsprämien-regelung (vgl. dazu Art. 41, Art. 58, Art. 59, Art. 61 VO (EG) Nr.
1782/2003 i.V.m. § 5 Abs. 3 BetrPrämDurchfG und Anl. 2 zu § 5 Abs. 3 Nr. 2
BetrPrämDurchfG).
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Nach Art. 33 Abs. 1a) VO (EG) Nr. 1782/2003 können Betriebsinhaber die
Betriebsprämienregelung in Anspruch nehmen, wenn ihnen in einem bestimmten
Bezugszeitraum - dieser umfasst nach Art. 38 VO (EG) Nr. 1782/2003 die Kalenderjahre
2000 bis 2002 - im Rahmen von mindestens einer der Direktzahlungen gemäß Anhang
VI der Verordnung eine Zahlung gewährt wurde.
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Die erstmalige Zuweisung von Zahlungsansprüchen erfolgt gemäß Art. 12 Abs. 4 VO
(EG) Nr. 795/2004 auf der Basis der Angaben des Antrags auf Teilnahme an der
Betriebsprämienregelung gemäß Art. 34 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1782/2003.
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Das grundsätzliche Antragserfordernis hat der Kläger erfüllt. Insoweit bedurfte es auch
nicht eines gesonderten Antrags auf Zuweisung eines betriebsindividuellen Betrages,
denn dieses Begehren war von seinem Antrag umfasst.
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Allerdings hat der Kläger nach der grundsätzlichen Regelung in Art. 33 Abs. 1 a) VO
(EG) Nr. 1782/2003 keinen Anspruch auf Zuweisung von betriebsindividuellen
Beträgen. Denn er war im maßgeblichen Bezugszeitraum 2000 bis 2002 nicht
Betriebsinhaber und hatte keine Direktzahlungen erhalten. Betriebsinhaber war die
GbR. Erst durch die Fortführung des Betriebes als alleiniger Gesellschafter unter
Übernahme aller Aktiva und Passiva der früheren Gesellschaft wurde der Kläger selbst
Betriebsinhaber,
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vgl. etwa LAG Köln, Urteil vom 14.05.2001 - 2 Sa 1054/00 - MDR 2001, 1175 zum
Vorliegen eines Betriebsübergangs iSv § 613a BGB bei einem Wechsel der
Inhaberschaft eines Betriebes von der BGB-Gesellschaft zu einem Gesellschafter; vgl.
ferner LAG Kiel, Urteil vom 30.08.1999 - 2 Sa 48/99 - JURIS.
28
Zwar können auch Betriebsinhaber, die dieses Beihilfekriterium nach Art. 33 VO (EG)
Nr. 1782/2003 nicht erfüllen, in den Genuss von Zuwendungen nach der
Betriebsprämien-regelung gelangen, vgl. Art. 59 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003, dies gilt
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aber nur hinsichtlich des flächenbezogenen Betrages, vgl. § 5 Abs. 3 BetrPrämDurchfG,
nicht hingegen für den betriebsindividuellen Betrag , der sich gemäß § 5 Abs. 2
BetrPrämDurchfG nach Maßgabe des Titels III Kapitel 2 der VO (EG) Nr. 1782/2003
berechnet.
Ein Anspruch auf die Gewährung eines betriebsindividuellen Betrages steht dem Kläger
auch nicht gemäß Art. 33 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1782/2003, Art. 14 Abs. 1 VO (EG) Nr.
795/2004 zu. Die Voraussetzungen hierfür liegen nicht vor. Diese Bestimmungen regeln
Folgendes: Ändert der Betriebsinhaber, dem im Bezugszeitraum eine Direktzahlung
gewährt worden ist, in diesem Zeitraum oder spätestens am 31. Dezember des Jahres,
das dem Jahr der Anwendung der Betriebsprämienregelung vorausgeht, seinen
Rechtsstatus oder seine Bezeichnung, so hat er unter denselben Bedingungen wie der
ursprüngliche Betriebsinhaber Zugang zu dieser Regelung (Art. 33 Abs. 2 VO (EG) Nr.
1782/2003, Art. 14 Abs. 1 VO (EG) Nr. 795/2004).
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Vorliegend wird zwar vom Beklagten nicht angezweifelt, dass der Kläger den Betrieb
der D GbR mit allen Aktiva und Passiva übernommen hat und dass der Übergang des
Betriebes von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf einen ihrer Gesellschafter als
Einzelperson einen Fall des Art. 33 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1782/2003 darstellt. Indessen
hat der Kläger diesen Umstand erst im Mai 2006 und mithin ein Jahr nach
Antragstellung dem Beklagten mitgeteilt. Er ist deshalb mit diesem Vorbringen
ausgeschlossen. Dies ergibt sich aus folgenden Regelungen:
31
Gemäß Art. 12 Nr. 1, 1. Halbsatz VO (EG) Nr. 796/2004 muss der Sammelantrag alle zur
Feststellung der Beihilfefähigkeit erforderlichen Informationen erhalten. Welche
Informationen erforderlich sind, ergibt sich aus Art. 21 Nr. 1 Unterabs. 2 VO (EG) Nr.
796/2004. Dieser ordnet an, dass die Verspätungsregelung von Unterabs. 1, nach der
sich die Beihilfebeträge, auf die der Betriebsinhaber im Fall rechtzeitiger Einreichung
Anspruch hätte, um 1 % je Arbeitstag Verspätung verringern, auch für Unterlagen,
Verträge oder Erklärungen gilt, die der zuständigen Behörde nach Art. 12 und 13
vorzulegen sind, sofern solche Unterlagen, Verträge oder Erklärungen
anspruchsbegründend für die Gewährung der betreffenden Beihilfe sind. In diesem Fall
wird die Kürzung auf den betreffenden Beihilfebetrag angewandt. Art. 21a VO (EG) Nr.
796/2004 trifft ergänzende Regelungen für das erste Jahr der Anwendung der
Betriebsprämienregelung für den Antrag auf Zuteilung von Zahlungsansprüchen.
32
Da die Information und der Nachweis der Betriebsstatusänderung für die Gewährung
der Betriebsprämie anspruchsbegründend sind, findet hierauf die Verspätungsregelung
Anwendung. Diese aber bestimmt, vgl. Art. 21 Nr. 1 Unterabs. 3, Art. 21a Nr. 1 Unterabs.
2 VO (EG) Nr. 796/2004, dass der Antrag als unzulässig anzusehen ist, wenn die
Verspätung mehr als 25 Kalendertage beträgt. Ausdrücklich regelt Art. 21a Nr. 1
Unterabs. 2 VO (EG) Nr. 796/2004, dass dem Betriebsinhaber in diesem Fall keine
Zahlungsansprüche zugeteilt werden.
33
Soweit sich der Kläger auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 27.02.08
beruft und geltend macht, für die im Antragsformular vorgesehene Ergänzung durch
Anlage 14 bei Änderung des Rechtsstatus gebe es weder im Gemeinschaftsrecht noch
in den nationalen Umsetzungsnormen eine Rechtsgrundlage, muss dem
entgegengehalten werden, dass der vom Verwaltungsgericht Hannover entschiedene
Fall nicht vergleichbar ist mit dem vorliegenden. Dort hatte der Kläger ausdrücklich die
Festsetzung von Zahlungsansprüchen einschließlich der betriebsindividuellen Beträge
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beantragt, hatte kenntlich gemacht, dass es sich nunmehr um eine GbR anstelle eines
einzelnen Betriebsinhabers handelte und die dazugehörige Anlage beigefügt. Sein
„Fehler" bestand darin, dass er seinen Fall als Normalfall gekennzeichnet hatte, und
nicht die Rubrik ZA bzw. BIB in bestimmten Situationen angekreuzt hatte. Damit lagen
im dortigen Fall der Behörde alle notwendigen Informationen vor. Im hier zur
Entscheidung stehenden Fall hingegen war aus dem Antrag gerade nicht die Änderung
des Rechtsstatus ersichtlich.
Der Kläger kann sich schließlich auch nicht mit Erfolg auf Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004
berufen.
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Gemäß Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 kann ein Beihilfeantrag nach seiner Einreichung
jederzeit berichtigt werden, wenn die zuständige Behörde offensichtliche Irrtümer
anerkennt.
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Auch wenn die Bestimmung ihrem Wortlaut nach die Berichtigung von Beilhilfeanträgen
betrifft, findet sie zwar auf Anträge zur Festsetzung von Zahlungsansprüchen ebenso
Anwendung.
37
Vgl. VG Stade, Urteil vom 11.12.2007 - 6 A 1139/06 - JURIS mit eingehender
Begründung.
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Jedoch liegt, abgesehen davon, dass die zuständige Behörde keinen offensichtlichen
Irrtum anerkannt hat, ein derartiger gar nicht vor. Bei dem Begriff des offensichtlichen
Fehlers bzw. Irrtums handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der in
vollem Umfang gerichtlich überprüft werden kann. Offensichtliche Fehler oder Irrtümer
sind solche, bei denen sich die Anwendung der Sanktionsregelungen unter
Berücksichtigung des auch im Gemeinschaftsrecht geltenden
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes als nicht angemessen darstellt,
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vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 16.06.2003 - 10 LB 1429/01 - RdL 2003, 329; VG
Leipzig, Urteil vom 15.12.2005 - 5 K 1323/02 - JURIS.
40
Guter Glaube und fehlende Betrugsabsicht genügt nicht für die Annahme eines
offensichtlichen Fehlers. Auch in der Sache muss sich die Angabe in einem Antrag als
offensichtlich fehlerhaft darstellen. Das ist der Fall, wenn sie bei dessen Bearbeitung
ohne weiteres klar erkennbar ist und sich die Fehlerhaftigkeit einem aufmerksamen und
verständigen, mit dem Umständen des Falles vertrauten Durchschnittsbetrachter ohne
weiteres aufdrängt. Ob nach diesen Maßstäben ein offensichtlicher Fehler vorliegt, ist
aufgrund der Umstände des Einzelfalles zu beurteilen,
41
vgl. OVG Lüneburg a.a.O., VG Leipzig, Urteil vom 15.12.2005 a.a.O.
42
Danach kann im vorliegenden Falle nicht von einer Offensichtlichkeit des Fehlers
gesprochen werden. Fehler, die aus dem Antrag selbst heraus erkennbar waren,
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vgl. insoweit auch VG Potsdam, Urteil vom 24. Juli 2003 - 3 K 328/00 -,
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wie nicht ausgefüllte Felder oder fehlende Angaben, enthielt der Antrag des Klägers
nicht, ebenso wenig widersprüchliche Angaben. Der Kläger hat alle Angaben zur
Ermittlung des betriebsindividuellen Betrages unter Ziff. 4 des Antragsformulars
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gemacht. Diese Angaben waren auch in sich schlüssig. Aufgrund der gemachten
Angaben musste der Beklagte davon ausgehen, dass der Kläger schon im
Referenzzeitraum 2000 bis 2002 Betriebsinhaber gewesen war und er hatte keinen
Anlass, aufgrund der im Antrag gemachten Angaben in weitere Nachforschungen
einzutreten. Dies gilt insbesondere für weitere Nachforschungen dahingehend, ob der
Kläger im Referenzzeitraum an anderen oder weiteren Betrieben beteiligt gewesen war
und ob insoweit eine Rechts-statusänderung oder eine Änderung der
Betriebsbezeichnung eingetreten war. Weder aus Art. 23 und 25 VO (EG) Nr.
1782/2003, noch aus Art. 24 ff VO (EG) NR. 796/2004 lässt sich eine solche
Nachforschungspflicht herleiten.
Soweit der Kläger sich darauf beruft, er sei bei der Abgabe seines Antrags von einer
Mitarbeiterin der Landwirtschaftskammer falsch beraten worden, kann er damit nicht
gehört werden. Durch die Unterschrift unter dem Antrag zeichnet er für seine Angaben
verantwortlich. Welche Motivation diesen Angaben zugrunde gelegen hat und wie die
Willensbildung erfolgte, die zu diesen Angaben geführt hat, ist für die Anwendung der
Verspätungsregelung nicht von Bedeutung.
46
Ungeachtet dessen ist eine Übertragung des vom Bundessozialgericht entwickelten und
in ständiger Rechtsprechung vertretenen sogenannten (sozialrechtlichen) Herstellungs-
anspruchs,
47
vgl. BSG, Urteile vom 12.10.1979 - 12 RK 47/77 - BSGE 49, 76, vom 25.08.1993 - 13 RJ
27/92 - BSGE 73, 56, und vom 22.10.1996 - 13 RJ 23/95 - BSGE 79, 168,
48
auf das allgemeine Verwaltungsverfahren als Erfüllungsanspruch bei fehlerhafter
behördlicher Beratung bislang in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung
allgemein nicht anerkannt worden,
49
vgl. BVerwG, Urteile vom 8.12.1995 - 8 C 37.93 - BVerwGE 100, 83, und vom
18.04.1997 - 8 C 38.95 - NJW 1997, 2966.
50
Der Betroffene ist hier generell darauf verwiesen, seinen behaupteten Schaden im
Wege der Amtshaftung geltend zu machen.
51
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
52
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§
708 Nr. 11, 711 ZPO.
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