Urteil des VG Düsseldorf vom 11.04.2003

VG Düsseldorf: wissenschaft und forschung, beförderung, rektor, universität, dekan, erstellung, antragsrecht, ausnahme, fakultät, mitbestimmungsrecht

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 2 L 497/03
Datum:
11.04.2003
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
2. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 L 497/03
Tenor:
Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung
untersagt, die freie Beförderungsstelle eines Studiendirektors im
Hochschuldienst (Besoldungsgruppe A 15) an der Universität E-F,
Standort E, vor einer erneuten Auswahlentscheidung unter Beachtung
der Rechtsauffassung des Gerichts und vor Ablauf von zwei Wochen
nach Bekanntgabe der neuen Entscheidung mit dem Beigeladenen zu
besetzen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme der
außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selber trägt.
Der Streitwert wird auf 2.000,-- Euro festgesetzt.
Gründe:
1
Der am 12.04.2003 beim VG Gelsenkirchen gestellte und mit Beschluss vom
13.02.2003 an das beschließende Gericht verwiesene Eilantrag mit dem dem
vorstehenden Entscheidungssatz entsprechenden Antrag ist zulässig und begründet.
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Der Umstand, dass der Antragsteller zwischenzeitlich einen Antrag auf Übernahme in
den Schuldienst des Landes Schleswig-Holstein zum 01.08.2003 gestellt hat, lässt das
Rechtsschutzinteresse für den Antrag nicht entfallen, weil der Erfolg und/oder die
Aufrechterhaltung dieses Versetzungsbegehrens zumindest offen erscheinen und davon
auszugehen ist, dass der Antragsteller im Falle des für ihn günstigen Ausgangs des
vorliegenden Auswahlverfahrens das Amt des Studiendirektors im Hochschuldienst bei
der Universität F-E auch wahrnehmen wird.
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Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg.
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Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Sicherung eines
Rechts des Antragstellers nur getroffen werden, wenn die Gefahr besteht, dass durch
eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung dieses Rechts
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vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Hierbei sind gemäß § 123 Abs. 3
VwGO in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO das Bestehen eines zu sichernden
Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund)
glaubhaft zu machen.
Für den Antrag besteht angesichts der Absicht des Antragsgegners, die Stelle alsbald
mit dem Beigeladenen zu besetzen, zunächst ein Anordnungsgrund. Der Antragsteller
hat ferner einen sein Rechtsschutzbegehren rechtfertigenden Anordnungsanspruch
glaubhaft gemacht. Ein Beamter hat zwar keinen Anspruch auf Übertragung eines
Beförderungsamtes. Er hat aber ein Recht darauf, dass der Dienstherr bzw. der für
diesen handelnde Dienstvorgesetzte eine rechts-, insbesondere ermessensfehlerfreie
Entscheidung über die Vergabe des Beförderungsamtes trifft. Materiell-rechtlich hat der
Dienstherr bei seiner Entscheidung darüber, wem von mehreren
Beförderungsbewerbern er die Stelle übertragen will, das Prinzip der Bestenauslese zu
beachten und Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Konkurrenten zu
bewerten und zu vergleichen (Art. 33 Abs. 2 GG, §§ 7 Abs. 1, 25 Abs. 6 Satz 1 LBG). Ist
ein Bewerber besser qualifiziert, so ist er zu befördern. Im Übrigen ist die Entscheidung
in das pflichtgemäße Ermessen des Dienstherrn gestellt. Der Anspruch auf Beachtung
dieser Grundsätze ist nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO sicherungsfähig. Soll hiernach
die vorläufige Nichtbesetzung einer Beförderungsstelle erreicht werden, so muss
glaubhaft gemacht werden, dass deren Vergabe an einen Mitbewerber sich mit
überwiegender Wahrscheinlichkeit als zu Lasten des Antragstellers rechtsfehlerhaft
erweist und dass im Falle der fehlerfreien Durchführung des Auswahlverfahrens die
Beförderung des Antragstellers möglich erscheint.
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Diese Voraussetzungen sind auf der Grundlage der im einstweiligen
Rechtsschutzverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung
vorliegend als erfüllt anzusehen. Auch die erneut getroffene, dem Antragsteller durch
Bescheid vom 29.01.2003 bekannt gegebene Auswahlentscheidung erweist sich nach
derzeitigem Sach- und Streitstand als rechtsfehlerhaft. Die Fehlsamkeit des
Auswahlverfahrens beruht darauf, dass das in zweifacher Hinsicht vorgeschriebene
personalvertretungsrechtliche Mitbestimmungsverfahren nicht durchgeführt worden ist.
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Dies betrifft zunächst die dienstlichen Beurteilungen der beiden Konkurrenten. Über die
für eine Beförderungsentscheidung maßgebenden Kriterien der Eignung, Befähigung
und fachlichen Leistung verlässlich Auskunft zu geben, ist in erster Linie Sache von
zeitnahen und aussagekräftigen dienstlichen Beurteilungen (vgl. § 104 Abs. 1 Satz 1
LBG). Zwar dürften bei der nunmehr unter dem 10.12.2002 durch den (damaligen)
Rektor der H-Universität E erfolgten Erstellung der dienstlichen Beurteilungen des
Antragstellers und des Beigeladenen die Rechtsfehler (Fehlen eines einheitlichen
Vergleichsmaßstabs und eines Gesamturteils) vermieden worden sein, welche die
Kammer im Beschluss vom 28.02.2002 - 2 L 2599/01 - noch hinsichtlich der zunächst
unter dem 11. bzw. 20.06.2001 durch die jeweiligen Dekane gefertigten "Beurteilungen"
gerügt hatte. Der Antragsgegner hat aber bei Erstellung der neuen Beurteilungen neue
Beurteilungsrichtlinien zu Grunde gelegt, denen der Personalrat der
wissenschaftlich/künstlerischen Beschäftigten der Universität zuvor - und auch
nachträglich - nicht zugestimmt hat. Gemäß § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 16 i.Vm. § 66 Abs. 1
LPVG hat der Personalrat mitzubestimmen über Beurteilungsrichtlinien. Derartige
Richtlinien hatte der (frühere) Rektor vor der (erneuten) Beurteilung der Konkurrenten
um das Beförderungsamt erstellt. Beurteilungsrichtlinien liegen u.a. dann vor, wenn
allgemeine Regeln - über die gesetzlichen Vorgaben, insbesondere des § 104 LBG
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hinaus - weitere Beurteilungskriterien schaffen und Bewertungsmethoden im Hinblick
auf eine Objektivierung der Beurteilung festlegen. Vom Mitwirkungstatbestand werden
auch Regelungen des Verfahrens erfasst, in dem die Beurteilungen erstellt werden
sollen. Hierbei ist es für die rechtliche Einordnung unerheblich, ob solche allgemeinen
Regelungen ausdrücklich als Beurteilungsrichtlinien bezeichnet werden und ob es sich
um die erstmalige Aufstellung oder um eine spätere Änderung solcher Richtlinien
handelt. Um eine Beurteilungsrichtlinie annehmen zu können, muss eine Regelung
auch nicht in sich geschlossen und vollständig sein oder alle Beurteilungselemente
abschließend erfassen, sie kann vielmehr auch lediglich Ergänzungscharakter haben
und sich darauf beschränken.
BVerwG, Beschluss vom 11.12.1991 - 6 P 20.89 - PersR 1992, 202; OVG NRW,
Beschluss vom 13.11.1995 - 1 A 49/94.PVL -, Gemeindehaushalt 1997, 214;
Cecior/Dietz/Vallendar/Lechtermann/Klein, Das Personalvertretungsrecht in Nordrhein-
Westfalen, Teil B, § 72 Rdnrn. 469 ff.
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Derartige Beurteilungsrichtlinien hat der (damalige) Rektor der Universität unter dem
02.08.2002 erstellt. Bereits mit Schreiben vom 24.04.2002 hatte er dem Beigeladenen
mitgeteilt, dass er den Beschluss der Kammer vom 28.02.2002 - 2 L 2599/01 - "zum
Anlass nehmen (werde), das Verfahren zur Beurteilung von Beamten im
wissenschaftlichen Bereich auf eine neue Grundlage zu stellen. Insbesondere müssen
einheitliche Grundsätze entwickelt werden, die eine bessere Vergleichbarkeit der
Konkurrenten ermöglichen. Sobald die Kriterien erarbeitet worden sind, werde ich eine
neue Beurteilungsrunde einleiten." Unter dem 31.07.2002 bat der Rektor dann den
Dekan der Fakultät für Gesellschaftswissenschaften und den Dekan der Fakultät für
Naturwissenschaften um Erstellung von Beurteilungsentwürfen unter Berücksichtigung
der in einem beigefügten dreiseitigen Schreiben (vom 02.08.2002) dargestellten
"Modalitäten". Darin heißt es u.a.:
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"(...) Die Unterschiedlichkeit der Aufgaben der wissenschaftlichen Mitarbeiter und der
Lehrkräfte für besondere Aufgaben lassen es nicht zweckmäßig erscheinen, die
dienstlichen Beurteilungen auch hier nach den im nichtwissenschaftlichen Bereich
anzuwendenden Richtlinien zu erstellen. Nach Auswertung der aktuellen
Rechtsprechung müssen die Beurteilungen gleichwohl einen unmittelbaren Vergleich
der Kandidatinnen und Kandidaten ermöglichen. (...)
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Den für die Beurteilung Zuständigen soll eine Orientierung für die kommenden
Auswahlverfahren gegeben werden. Diese soll den Beurteilerinnen und Beurteilern
aber nach wie vor die Möglichkeit bieten, die Beurteilungen frei zu formulieren.
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Um die Vergleichbarkeit der Beurteilungen zu gewährleisten, sollen diese zunächst mit
einer Beschreibung der Aufgaben der/des zu Beurteilenden beginnen. (...) Ich möchte
daher ausdrücklich darum bitten, nur jene Aufgaben bei der Aufgabenbeschreibung zu
berücksichtigen, die einer Akademischen Rätin/einem Akademischen Rat bzw. einer
Studienrätin/einem Studienrat im Hochschuldienst nach geltendem Hochschulrecht
obliegen. (...)
13
Die Erledigung der beschriebenen Aufgaben ist dann nach den Gesichtspunkten
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1. Qualität der Arbeitsergebnisse unter Berücksichtigung des zeitlichen Aufwands und
sonstiger Merkmale der Durchführung
15
2.
16
3. soziales Verhalten
17
4.
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zu beurteilen. Unter Punkt 2 soll beurteilt werden, wie sich die/der zu Beurteilende im
Umgang mit Personen (Studierende, Mitarbeiter, Vorgesetzte) verhält, mit denen sie/er
im Rahmen der zu verrichtenden Aufgaben Kontakt hat. (...)
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Von wesentlicher Bedeutung für die Vergleichbarkeit der verschiedenen Kandidatinnen
und Kandidaten untereinander ist die abschließende Gesamtbewertung der gezeigten
Leistungen anhand eines einheitlichen Maßstabes. Die Beurteilungen sollen daher mit
dem Gesamtergebnis:
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Die/der zu Beurteilende
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entspricht nicht den Anforderungen,
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entspricht im Allgemeinen den Anforderungen,
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entspricht voll den Anforderungen,
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übertrifft die Anforderungen
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oder
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übertrifft die Anforderungen in besonderem Maße
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abschließen.
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Die Beurteilungsentwürfe sind von der Dekanin bzw. dem Dekan zu unterzeichnen und
dem Rektor zur Schlusszeichnung zu übersenden. Die vom Rektor unterzeichnete
Beurteilung wird der/dem Beurteilten durch die Dekanin bzw. den Dekan in einem
persönlichen Gespräch eröffnet. (...)"
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Hiernach sind durch den Rektor als "Dienststellerleiter", nicht nur bezogen auf das
vorliegende Auswahlverfahren sondern erkennbar auch für alle künftigen
Auswahlentscheidungen bei Beförderungen in den Laufbahnen der Akademischen Räte
(vgl. § 66 b LVO und § 59 HG) und der Studienräte im Hochschuldienst (vgl. § 66 c LVO
und § 54 HG), unmittelbar verbindliche und sofort wirksame allgemeine
Bewertungsrichtlinien im Sinne von § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 16 LPVG festgelegt worden.
Zum einen erfolgt hiermit eine Abgrenzung von den nichtwissenschaftlichen Beamten,
die eigenen Beurteilungsrichtlinien unterliegen, welche insbesondere "gebundene
(Formblatt-)Beurteilungen" und Regelbeurteilungen vorschreiben. Zum anderen werden
aber auch konkrete inhaltliche und verfahrensbezogene Regelungen für die Beurteilung
der wissenschaftlichen Mitarbeiter aufgestellt. So werden bestimmte Bestandteile der
Beurteilung zwingend vorgeschrieben (Aufgabenbeschreibung; Bewertung der Qualität
der Arbeitsergebnisse und des sozialen Verhaltens), die Notenbezeichnungen für das
Gesamturteil festgelegt und die Aufgabenverteilung zwischen den Dekanen und dem
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Rektor als dem Schlusszeichnenden sowie das weitere Verfahren geregelt. Die im
Schreiben vom 02.08.2002 zusammen gefassten Bestimmungen gehen insbesondere
weit über die bisherigen Regelungen hinaus, die sich darauf beschränkten, eine
Ausnahme von dem grundsätzlichen Erfordernis der Regelbeurteilung (vgl. § 104 Abs. 1
Satz 2 LBG) sowie eine "formlose" Fassung von Bedarfsbeurteilungen zuzulassen (vgl.
Runderlass des Ministers für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-
Westfalen vom 16.04.1981, Az.: I B 3 - 3502.2).
Eine dienstliche Beurteilung, die auf Beurteilungsrichtlinien beruht, denen der
Personalrat nicht zugestimmt hat, ist rechtswidrig.
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Vgl. Hess. VGH, Urteil vom 24.05.1989 - 1 UE 1270/84 -, ZBR 1990, 193.
32
Es ist auch nicht auszuschließen, dass eine Einflussnahme des Personalrats auf den
Inhalt der Beurteilungsrichtlinien, etwa hinsichtlich der für einen Leistungsvergleich
zwischen habilitierten und nichthabilitierten Studienräten im Hochschuldienst
bedeutsamen Festlegung der Beurteilungsmaßstäbe, Auswirkungen auf die
dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers und/oder des Beigeladenen haben
könnte.
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Die Auswahlentscheidung erweist sich ungeachtet der dargestellten Bedenken gegen
die Tragfähigkeit der zu Grunde gelegten dienstlichen Beurteilungen deshalb als
rechtsfehlerhaft, weil nach Auffassung der Kammer auch das Mitbestimmungsrecht des
Personalrats gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LPVG nicht beachtet worden ist. Hiernach
hat der Personalrat mitzubestimmen "in Personalangelegenheiten bei Beförderung".
Hiervon wird auch die Bewerbung des Antragstellers erfasst. Der Antragsteller gehört
als Oberstudienrat im Hochschuldienst nicht zu dem Kreis des wissenschaftlichen
Hochschulpersonals, das gemäß § 5 Abs. 5 LPVG wegen seiner selbstständigen
Stellung von der Geltung des LPVG ausgeschlossen ist. Er zählt vielmehr zu den
Lehrkräften für besondere Aufgaben im Sinne von § 54 HG, denen überwiegend die
Vermittlung praktischer Fertigkeiten und Kenntnisse obliegt, was in qualitativer Hinsicht
"Unselbstständigkeit" und in dienstrechtlicher Konsequenz Weisungsgebundenheit
bedeutet.
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Vgl. Leuze/Epping, Hochschulgesetz Nordrhein-Westfalen, § 54 Rdnrn. 6 und 10, Fn.
10.1; vgl. auch Cecior pp., a.a.O. Rdn. 218.
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Allerdings gilt gemäß § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 LPVG für Angehörige dieses
Personenkreises die Mitbestimmung nach Satz 1 dieser Bestimmung nur dann, wenn
die Beteiligung des Personalrats beantragt wird. Ein derartiger Antrag liegt aber vor.
Nach Auffassung der Kammer steht dieses Antragsrecht nicht nur dem vom Dienstherrn
ausgewählten Beamten - hier also dem Beigeladenen - sondern allen in das
Auswahlverfahren einbezogenen Bewerbern, also auch den unberücksichtigt geblieben
Konkurrenten zu. Zwar könnte der an die "Beförderung" anknüpfende Wortlaut des § 72
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LPVG für die gegenteilige Auffassung sprechen. Hiergegen ist aber
bereits einzuwenden, dass der Mitbestimmungstatbestand weiter gehend
Personalangelegenheiten "bei" einer Beförderung betrifft und somit offenkundig auch
das der Beförderung zwangsläufig vorausgehende Auswahlverfahren in den Blick
nimmt. Die von Antragsgegner und Beigeladenem vertretene gegenteilige Ansicht
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- ebenso Cecior pp., a.a.O., § 72 Rdn. 212a, sowie die weiteren vom Beigeladenen
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angeführten Kommentar-Stellen -
berücksichtigt jedenfalls nicht hinreichend Sinn und Zweck des Gesetzes, die verfehlt
würden, wenn man die Regelung nur danach auslegte, ob die Maßnahme den
Antragsteller im Ergebnis positiv betrifft. Anträge auf Mitbestimmung der
Personalvertretung zielen darauf ab, dass die Personalvertretung in dem durch § 72
LPVG vorgegebenen Rahmen beteiligt wird. Damit soll gewährleistet werden, dass der
Personalrat dazu beiträgt, die Rechtmäßigkeit der Maßnahme zu sichern und eine
ungerechtfertigte Benachteiligung des Betroffenen zu vermeiden. Wenn der Dienstherr
eine begünstigende Maßnahme (z.B. Beförderung) niemandem zugute kommen lassen
will, der die Mitbestimmung des Personalrats beantragt hat und deshalb die
Personalvertretung nicht beteiligt, würde der Zweck des Antragsrechts verfehlt. Durch
den Antrag auf Mitbestimmung soll gerade ermöglicht werden, dass Bedienstete, die
meinen, des Schutzes der Personalvertretung zu bedürfen, dessen Mitbestimmung bei
der Maßnahme, die sie zu ihren Gunsten anstreben oder aber verhindern wollen,
herbeiführen können. Kann ein Bediensteter damit rechnen, dass er begünstigt werden
soll, wird aus seiner Sicht eine Beteiligung des Personalrats zu seinem Schutz nicht
nötig sein, so dass er entweder keinen Antrag stellt oder - wie vorliegend der
Beigeladene - diesen wieder zurücknimmt, nachdem ihm die beabsichtigte
Auswahlentscheidung bekannt geworden ist. Haben Maßnahmen - wie bei
Beförderungen - jedoch Doppelwirkung, weil durch sie einem Bediensteten etwas
gewährt und zugleich einem anderen versagt wird, dann führt schon der Antrag eines
von mehreren Bewerbern dazu, dass die Personalvertretung mitzubestimmen hat.
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So überzeugend Hess. VGH, Beschluss vom 25.04.1997 - 21 TK 4849/96 -, PersR
1997, 405, und OVG Lüneburg, Beschluss vom 22.08.1995 - 2 M 3286/95 -, NdsRpfl
1996, 47; das Antragsrecht unterstellend auch GKÖD, Band V, Personalvertretungsrecht
des Bundes und der Länder, K § 77 Rdn. 6d.
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Auch der Antragsgegner selbst ist zunächst von diesem Verständnis der
Mitbestimmungsregelung ausgegangen. Unter dem 21.08.2001 hatte er noch beide in
Betracht kommenden Bewerber - den Antragsteller und den Beigeladenen -
ausdrücklich auf die Möglichkeit der Antragstellung hingewiesen und ausgeführt, dass
jeder der am Auswahlverfahren Beteiligten als unmittelbar Betroffener unabhängig
davon ein Antragsrecht habe, zu wessen Gunsten die Entscheidung ausfalle, sowie
schließlich den Personalrat ungeachtet des Umstandes beteiligt, dass der für die
Beförderung vorgesehene Beigeladene keinen entsprechenden Antrag gestellt hatte.
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Sämtliche Beteiligten gehen im Übrigen zutreffend davon aus, dass noch ein wirksamer
Antrag des Antragstellers nach § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 i.V.m. Satz 1 Nr. 2 LPVG
vorliegt. Die vom Antragsteller unter dem 23.08.2001 mit Formblatt geäußerte Bitte um
Beteiligung des wissenschaftlichen Personalrats ist nicht etwa deshalb zwischenzeitlich
hinfällig geworden, weil diesem Antrag durch die Beteiligung des Personalrats im
September 2001 Rechnung getragen worden wäre. Der Antrag bezog sich auf die
(abschließende) Auswahlentscheidung, auf der die beabsichtigte Beförderung beruhen
sollte. Nachdem die Kammer dem Antragsgegner aufgegeben hatte, eine neue
Auswahlentscheidung zu treffen, wurde aber das Auswahlverfahren nicht durch die
Entscheidung von September 2001 sondern durch die erneute Entscheidung von
Januar 2003 seinem Abschluss zugeführt, ohne dass das Stellenbesetzungsverfahren
zwischenzeitlich abgebrochen und neu eingeleitet worden wäre. Selbst wenn man dem
nicht folgte, läge eine Verletzung rechtlicher Bestimmungen durch den Antragsgegner
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vor, welche zum Erfolg des vorliegenden Eilantrages führte. Denn wenn der
Antragsgegner davon hätte ausgehen wollen, dass der Mitbestimmungsantrag des
Antragstellers vom 23.08.2001 zwischenzeitlich "verbraucht" sei, hätte es ihm oblegen,
den Antragsteller hierauf hinzuweisen und diesem Gelegenheit zur Wiederholung des
Antrags zu geben.
Vgl. hierzu GKÖD, a.a.O., Rdn. 6e, m.w.N.
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Erweist sich das Auswahlverfahren mithin aus den dargestellten Gründen wiederum als
fehlerhaft, wird der Antragsgegner das Verfahren unter Berücksichtigung der
Rechtsauffassung des Gerichts erneut durchzuführen haben. Insoweit weist die Kammer
vorsorglich darauf hin, dass der Antragsgegner für den Fall, dass auch danach von einer
im Wesentlichen gleichen Qualifikation der beiden Konkurrenten auszugehen ist, eine
Auswahlentscheidung zu Gunsten des Beigeladenen auf das Hilfskriterium der längeren
hauptberuflichen Tätigkeit im Hochschulbereich gestützt werden kann, wenn sich
hieraus ein Erfahrungsvorsprung gerade hinsichtlich der Anforderungen der Laufbahn
der Studienräte im Hochschuldienst ableiten lässt. Insoweit erscheinen allerdings die
Tätigkeiten des Antragstellers als studentischer Tutor oder wissenschaftliche Hilfskraft
ohne Abschluss in den Jahren 1969 ff. als unergiebig.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Beigeladene kann nicht an
den Kosten beteiligt werden, das er keinen Antrag gestellt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
Da der Beigeladene in der Sache unterlegen ist, waren seine außergerichtlichen Kosten
nicht für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 VwGO).
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 2 GKG. Nach ständiger
Praxis der Beamtensenate des OVG NRW und der beschließenden Kammer ist der
Streitwert in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, in denen der Antrag nicht auf
die Verleihung eines anderen Amtes abzielt, sondern lediglich dazu dient, die Schaffung
vollendeter Tatsachen durch Erlass einer Sicherungsanordnung zu verhindern, nicht
nach § 13 Abs. 4 Satz 2 GKG sondern nach dem Auffangwert zu bestimmen. Des
Weiteren wird angesichts der Vorläufigkeit des Eilverfahrens nicht der volle sondern
lediglich der halbe Auffangwert zu Grunde gelegt.
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Vgl. zuletzt OVG NRW, Beschluss vom 07.11.2002 - 1 E 1000/02 -, auch in
Auseinandersetzung mit der abweichenden Streitwertpraxis des BVerwG (voller
Auffangwert).
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