Urteil des VG Düsseldorf vom 04.04.2005

VG Düsseldorf: waffen und munition, gaststätte, körperliche unversehrtheit, waffengesetz, erwerb, verwaltungsgebühr, verfügung, bak, zustand, gefährdung

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 18 K 7003/04
04.04.2005
Verwaltungsgericht Düsseldorf
18. Kammer
Urteil
18 K 7003/04
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird
nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des
beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Der in T wohnhafte Kläger mit Zweitwohnsitz in N führte nach eigenen Angaben bereits seit
mehreren Jahren eine Schreckschuss- und Reizstoffpistole mit sich, um sich gegen Angriffe
auf seine Person wehren zu können. Im Zusammenhang mit vom Kläger in alkoholisiertem
Zustand in einem verdeckt getragenen Holster mitgeführten Schreckschuss- und
Reizstoffwaffen kam es bereits mehrfach zu Zwischenfällen.
Mit sofort vollziehbarer Ordnungsverfügung vom 13. Juli 2000 untersagte der Beklagte dem
Kläger die Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Schusswaffen und Munition auf Dauer,
ohne ihn zuvor entsprechend anzuhören.
Zur Begründung führte er aus, das bisherige Verhalten des Klägers rechtfertige die
Annahme, der Kläger werde Waffen missbräuchlich verwenden. So habe der Kläger am
28. Juni 2000 gegen 4:45 Uhr im Rahmen eines Polizeieinsatzes in der "B" in N blitzartig
und zielstrebig nach seiner in einem Gürtelholster verdeckt mitgeführten, durchgeladenen
und entsicherten Schreckschuss- und Reizstoffpistole gegriffen, während ihn ein
Polizeibeamter durchsuchte. Nur durch schnelles Handeln des durchsuchenden
Polizeibeamten habe der Angriff abgewehrt und eine Verletzung des Beamten verhindert
werden können. Am 3. Januar 1996 habe der Kläger gegen 5:59 Uhr in N in der Gaststätte
"Q" eine Frau mit seiner Waffe bedroht. Weiterhin habe der Kläger im Rahmen einer
Personenkontrolle durch Polizeibeamte in Zivilkleidung am 28. September 1996 um 2:30
Uhr vor der Gaststätte "Q1" in N versucht, seine Schreckschuss- und Reizstoffpistole zu
ziehen. Der Beklagte setzte in der Ordnungsverfügung zugleich eine Verwaltungsgebühr
von 400,- DM fest.
Gegen die Ordnungsverfügung erhob der Kläger mit Schreiben vom 14. Juli 2000
Widerspruch. Er gab an, er habe bei dem Vorfall am 28. Juni 2000 nicht plötzlich nach
seiner Waffe gegriffen; vielmehr sei diese frei sichtbar gewesen, nachdem er sein Jackett
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seiner Waffe gegriffen; vielmehr sei diese frei sichtbar gewesen, nachdem er sein Jackett
ausgezogen gehabt habe.
Die Bezirksregierung E wies den Widerspruch des Klägers mit am 5. Oktober 2004 als
Einschreiben zur Post aufgegebenem Widerspruchsbescheid vom 30. September 2004 als
unbegründet zurück. Sie verwies darauf, dass auf Grund der bisherigen Vorfälle die
Besorgnis bestehe, der Kläger werde leichtfertig mit einer Waffe umgehen und andere
Menschen schädigen.
Mit seiner am 5. November 2004 erhobenen Klage macht der Kläger unter Vertiefung
seines Vorbringens im Widerspruchsverfahren geltend, seine Waffe sei am 28. Juni 2000
nicht durchgeladen gewesen. Hinsichtlich des Vorfalls vom 3. Januar 1996 sei nicht einmal
erkennbar, was ihm genau vorgeworfen werde, und weshalb ein Zusammenhang zu seiner
Waffe bestehe. Bei der Kontrolle durch zivile Beamte am 28. September 1996 habe er
entgegen der Darstellung des Beklagten ebenfalls nicht versucht, die Waffe zu ziehen. Er
ist der Ansicht, das gegen ihn erlassene Waffenbesitzverbot könne sich nicht auf § 41 Abs.
1 Nr. 1 WaffG n.F. stützen, weil diese Norm nicht dem Bestimmtheitsgebot genüge und
schon mangels einer zeitlichen Beschränkung des Waffenverbots unverhältnismäßig sei.
Zudem sei weder durch den Beklagten noch durch die Widerspruchsbehörde Ermessen
ausgeübt worden.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 13. Juli 2000 und den
Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung E vom 30. September 2004 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf die angegriffenen Bescheide.
Mit Beschluss vom 1. April 2005 hat das Gericht den Antrag auf Ablehnung des
erkennenden Einzelrichters wegen der Besorgnis der Befangenheit und auf
Rückübertragung des Rechtsstreits auf die Kammer abgelehnt. Mit Schriftsätzen vom 3.
bzw. 4. April 2005 haben der Verfahrensbevollmächtigte des Klägers bzw. der Kläger
persönlich (erneut) ein Ablehnungsgesuch gegen den erkennenden Einzelrichter gestellt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der
beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Widerspruchsbehörde
ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht kann trotz Ausbleibens des Klägers und seines Verfahrensbevollmächtigten in
der mündlichen Verhandlung durch Urteil gemäß § 102 Abs. 2
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) entscheiden, weil der Kläger hierauf in der seinem
Verfahrensbevollmächtigten am 18. Februar 2005 zugestellten Ladung zur mündlichen
Verhandlung bzw. unter Bezugnahme hierauf in der seinem Verfahrensbevollmächtigten
am 24. März 2005 zugestellten und auf dessen Wunsch wegen Verhinderung am
Nachmittag des 4. April 2005 erfolgten Umladung hingewiesen worden ist.
Das Gericht weist zunächst darauf hin, dass sich gegenüber dem Beschluss vom
1. April 2005 auch im Hinblick auf die Schriftsätze des Verfahrensbevollmächtigten des
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Klägers bzw. des Klägers persönlich vom 3. bzw. 4. April 2005 keine andere Bewertung der
Rechtslage ergibt. Die darin enthaltenen Ablehnungsgesuche stellen sich als auf dem
Beschluss vom 1. April 2005 aufbauende (und nur der Verfahrensverzögerung dienende)
Fortsetzung des rechtsmissbräuchlichen Ablehnungsgesuchs vom 1. April 2005 dar und
sind deshalb ebenfalls rechtsmissbräuchlich. Solche wiederholt rechtsmissbräuchlich
gestellten Ablehnungsgesuche pflegt das Gericht nicht zu bescheiden.
In der Sache hat die Klage keinen Erfolg. Sie ist unbegründet.
Bei der vorliegenden Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist
nach geltenden verwaltungsprozessualen Grundsätzen der Zeitpunkt der mündlichen
Verhandlung maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des
angegriffenen Verwaltungsakts. Demgemäß ist das Waffengesetz (WaffG) in der seit dem
1. April 2003 geltenden Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Waffenrechts
(WaffRNeuRegG) vom 11. Oktober 2002 (BGBl. I, S. 3970 ff.) grundsätzlich maßgebend.
Eine hiervon abweichende Übergangsregelung lässt sich auch Art. 19 Nr. 1
WaffRNeuRegG nicht entnehmen.
Die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 13. Juli 2000 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung E vom 30. September 2004 ist rechtmäßig
und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Das angefochtene Waffenbesitzverbot kann sich auf § 41 Abs. 1 Nr. 2 WaffG n.F. stützen.
Die vom Kläger vorgebrachten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser
Vorschrift greifen nicht durch. Sie genügt durch die Bezugnahme auf die in §§ 5 und 6
WaffG n.F. konkretisierten Begriffe der "Zuverlässigkeit" und der "persönlichen Eignung"
ohne weiteres dem Bestimmtheitsgebot. Weiterhin folgt aus dem Umstand, dass nach
dieser Vorschrift auch ein unbefristetes Waffenbesitzverbot möglich ist, nicht ihre
Unverhältnismäßigkeit. Vielmehr gebietet es der staatliche Schutzauftrag für Leben und
körperliche Unversehrtheit (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 GG), bei Vorliegen einer entsprechenden
Gefährdungslage zum Schutz der Bevölkerung vor Gefahren durch Waffen in den Händen
unzuverlässiger Personen auch ein unbefristetes Waffenbesitzverbot auszusprechen.
Angesichts des rein gefahrenabwehrrechtlichen Charakters einer solchen Anordnung geht
der vom Kläger gezogene Vergleich zu strafrechtlichen Vorschriften schon im Ansatz fehl.
Zwar hat der Beklagte den Kläger vor Erlass seiner Ordnungsverfügung nicht gemäß § 28
Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW)
angehört, jedoch ist die fehlende Anhörung gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG NRW geheilt.
Der Kläger hatte inzwischen im Rahmen des durchgeführten Widerspruchsverfahrens und
auch im vorliegenden Gerichtsverfahren ausreichend Gelegenheit, seinen Standpunkt
darzulegen.
Der gemäß § 49 Abs. 1 Waffengesetz (WaffG) i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) VwVfG NRW für
den Hauptwohnsitz des Klägers in T örtlich zuständige Beklagte war gemäß § 41 Abs. 1 Nr.
2 WaffG n.F. zum Erlass des Waffenbesitzverbots berechtigt. Nach dieser Vorschrift kann
die zuständige Behörde jemandem den Besitz von Waffen und Munition, deren Erwerb
nicht der Erlaubnis bedarf, und den Erwerb solcher Waffen oder Munition untersagen, wenn
Tatsachen bekannt werden, die u.a. die Annahme rechtfertigen, dass dem rechtmäßigen
Besitzer oder Erwerbswilligen die für den Erwerb oder Besitz solcher Waffen oder Munition
erforderliche Zuverlässigkeit fehlt. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WaffG n.F. besitzen
Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme
rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden
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werden. Insoweit ist zu beachten, dass das Waffengesetz auf Grund der besonderen vom
Waffenbesitz ausgehenden Gefahren vom Waffenbesitzer die Gewähr für einen
verantwortungsvollen und dem Recht entsprechenden Umgang mit Waffen verlangt und
bereits begründete Zweifel hieran der Annahme der Zuverlässigkeit des Waffenbesitzers
entgegenstehen.
Der Beklagte und die Widerspruchsbehörde gehen zu Recht davon aus, dass solche
Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass dem Kläger die erforderliche
Zuverlässigkeit fehlt. Dies ergibt sich bereits aus den verschiedenen, in dem
Verwaltungsvorgang des Beklagten enthaltenen Angaben zu den genannten
Zwischenfällen.
Nach den detaillierten und übereinstimmenden Angaben der Polizeibeamten F und H (Bl.
220 - 221, 226 – 228, 230 – 231 des Verwaltungsvorgangs des Beklagten) griff der Kläger
am Morgen des 28. Juni 2000, während er von den Polizeibeamten durchsucht wurde,
ohne Vorankündigung plötzlich und, nachdem er die Frage nach Waffen oder gefährlichen
Gegenständen verneint hatte, nach seiner versteckt im Hosenbund getragenen,
durchgeladenen und schussbereiten Schreckschuss- und Reizstoffwaffe. Ein
durchgeführter Atemalkoholtest ergab bei dem Kläger eine AAK von 2,12 Promille. Bereits
diese Angaben sind Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen, der Kläger werde
Schreckschuss- und Reizstoffwaffen missbräuchlich verwenden. Eine andere – nicht
missbräuchliche – Verwendungsabsicht dürfte nämlich bei einer erheblich alkoholisierten
Person, die während einer polizeilichen Durchsuchung plötzlich nach einer versteckt
mitgeführten Waffe greift auch kaum denkbar sein, denn bereits das plötzliche und nicht
angekündigte Hervorholen der Waffe ist ohne Rücksicht auf die mit der Waffe verfolgten
Absichten missbräuchlich, weil es typischerweise alle Beteiligten und auch Dritte potentiell
gefährdende Abwehrreaktionen der Polizeibeamten auslöst. Die von der Darstellung der
Polizeibeamten abweichende Angabe des Klägers, er habe nicht plötzlich nach seiner
Waffe gegriffen, die zudem gut sichtbar gewesen sei, führt zu keinem anderen Ergebnis.
Dies ändert nichts daran, dass die Annahme der Unzuverlässigkeit des Klägers wegen
nicht auszuräumender Zweifel an seiner Zuverlässigkeit bereits auf Grund der
vorgenannten Angaben der beteiligten Polizeibeamten gerechtfertigt ist. Denn es sind
keine objektivierbaren Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Darstellung des Klägers
ersichtlich; vielmehr spricht alles für die Richtigkeit der Darstellung der Polizeibeamten.
Zum einen erscheint das Erinnerungsvermögen des Klägers an die Einzelheiten dieses
Vorfalls schon auf Grund seiner erheblichen Alkoholisierung fraglich. Zum anderen wäre
die Reaktion der Polizeibeamten kaum nachvollziehbar, wenn die Waffe des Klägers von
vornherein gut sichtbar gewesen wäre und er nicht plötzlich nach ihr gegriffen hätte. In
diesem Fall hätte für eine vehemente Überwältigung und Fesselung des Klägers kein
Grund bestanden. Ebenfalls nicht nachvollziehbar ist der Einwand des Klägers, es sei nicht
ersichtlich, woran die Polizeibeamten festgestellt haben wollen, dass die Waffe des
Klägers entsichert und schussbereit gewesen sei. Polizisten werden regelmäßig im
Umgang mit Pistolen geschult und sind nach Auffassung des Gerichts ohne weiteres in der
Lage festzustellen, ob sich eine Patrone in der Patronenkammer einer Pistole befindet und
ob diese entsichert oder gesichert ist. Insbesondere weicht die Bedienung von
Schreckschuss- und Reizstoffwaffen insoweit nicht von der Bedienung "scharfer" Waffen
ab. Nach allem ergeben sich bereits aus diesem Vorfall nicht ausräumbare und in der
Befürchtung missbräuchlicher und leichtfertiger Waffenverwendung begründete Zweifel an
der Zuverlässigkeit des Klägers.
Bestätigt wird die Annahme des Beklagten, der Kläger werde Waffen missbräuchlich
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verwenden, durch die im Verwaltungsvorgang des Beklagten enthaltenen Angaben über
die Vorfälle vom 3. Januar und 28. September 1996 und durch die Darstellung des Klägers
zum Vorfall vom 3. Januar 1996.
Nach der Festnahmeanzeige des Polizeipräsidiums N vom 3. Januar 1996 (Bl. 124 ff. des
Verwaltungsvorgangs) bedrohte der Kläger am Morgen dieses Tages eine ehemalige
Lebensgefährtin in der Gaststätte "Q" in N mit den Worten "damit lege ich dich um" und hielt
ihr dabei seine Waffe vor. Eine Mitarbeiterin der Gaststätte gab an (Bl. 180 des
Verwaltungsvorgangs), sie sei auf das Geschehen aufmerksam geworden, als der Kläger
seiner Ex-Lebensgefährtin eine Pistole mit den Worten "mal gucken, ob die N1 Mut hat" mit
dem Lauf an den Bauch gehalten habe. Bei der polizeilichen Durchsuchung des Klägers
wurde festgestellt, dass er eine durchgeladene, ungesicherte und vorgespannte
Schreckschuss- und Reizstoffwaffe in einem verdeckten Holster trug. Eine
Blutuntersuchung ergab eine BAK von 1,65 Promille (Bl. 146 des Verwaltungsvorgangs).
Bestätigt wird dieser Vorgang vom Kläger selbst (Bl. 131 des Verwaltungsvorgangs) bzw.
von dem seinerzeit vernommenen Zeugen Liedtke (Bl. 152 des Verwaltungsvorgangs)
jedenfalls insoweit, als dass der Kläger im Zusammenhang mit einer Beziehungsstreitigkeit
seine Waffe in einer öffentlichen Gaststätte zog. Soweit der Kläger angibt, die Waffe (nur)
entladen seiner Ex-Lebensgefährtin mit dem Vorschlag, sie könne ihn nun umbringen, in
die Hand gedrückt zu haben, ist bereits allein auf Grund dieser Angaben die Annahme
gerechtfertigt, der Kläger werde Waffen leichtfertig und missbräuchlich verwenden. Denn es
ist ohne weiteres ersichtlich, dass es eine grob leichtfertige und missbräuchliche
Verwendung einer Waffe darstellt, diese im Streit einer anderen Person (die zudem vorher
angekündigt haben soll, den Übergeber umbringen zu wollen) in einer öffentlichen
Gaststätte mit dem Vorschlag auszuhändigen, den Übergeber zu erschießen. Durch die
Waffe selbst, durch mögliche Panikreaktionen anderer Gäste und durch – im Hinblick auf
die Waffenverwendung – unter Waffeneinsatz durchgeführte Einsätze von
Sicherheitsbehörden werden Menschen unnötig erheblich gefährdet. Insoweit ist es auch
ohne Belang, dass die Waffe vorher durch den mit 1,65 Promille BAK erheblich
alkoholisierten Kläger auf der Toilette der Gaststätte entladen worden sein soll, denn die
Erfahrung zeigt, dass sich in angeblich entladenen Pistolen und anderen
halbautomatischen Waffen immer wieder (aus Versehen) noch Patronen befinden. Es ist
grob leichtfertig, sich auf eine als Laie mit 1,65 Promille BAK auf einer Gaststättentoilette
durchgeführte Entladung zu verlassen. Schreckschuss- und Reizstoffwaffen können aber
bei auf kurze Distanz abgegebenen Schüssen ganz erhebliche und mitunter auch tödliche
Verletzungen verursachen. Abgesehen davon wird die zum Teil allein auf dem äußeren
Vorgang beruhende Gefährdung anderer Menschen durch den Ladezustand der Waffe
ohnehin nicht berührt.
Auch dieser Vorgang zeigt, dass der Kläger keine Vorstellung von der von solch einer
Waffe ausgehenden Gefährdung hat und offenbar – insbesondere in alkoholisiertem
Zustand – nicht in der Lage ist, angemessen und verantwortungsbewusst mit solch einer
Waffe umzugehen.
Nach dem Bericht des Polizeipräsidiums N vom 28. September 1996 (Bl. 209 f. des
Verwaltungsvorgangs) prahlte der Kläger schließlich in alkoholisiertem Zustand (1,68 und
1,72 Promille AAK) am frühen Morgen dieses Tages in der Gaststätte "Q1" in N mit einer
Waffe und der Angabe, Diplomat zu sein. Als ihn Polizeibeamte in Zivilkleidung vor der
Gaststätte ansprachen, versuchte er, reflexartig seine Waffe zu ziehen. Dies wurde von den
Beamten verhindert. Auch diese Angaben stellen Tatsachen dar, die die Annahme des
Beklagten rechtfertigen, der Kläger werde Waffen missbräuchlich oder leichtfertig
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verwenden. Der bloße Umstand, vor einer Gaststätte von zivil gekleideten Personen
angesprochen zu werden, stellt nämlich nicht einmal ansatzweise einen Grund dar, eine zu
Selbstverteidigungszwecken mitgeführte Waffe zu ziehen. Auch insoweit ist es ohne
Belang, dass der auch bei diesem Vorfall erheblich alkoholisiert gewesene Kläger angibt,
die Waffe damals nicht gezogen zu haben. Bereits die Angaben der beteiligten Beamten
über den Geschehenshergang sind Tatsachen, die die Annahme der waffenrechtlichen
Unzuverlässigkeit des Klägers im Hinblick auf die hierdurch entstehenden und nicht
ausräumbaren Zweifel an seiner Zuverlässigkeit rechtfertigen; denn auch diesbezüglich
liegen keine objektivierbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass die Schilderung der
Polizeibeamten unzutreffend sein könnte. Vielmehr passt die Schilderung der Beamten zu
dem insgesamt vom Kläger im Zusammenhang mit seiner Waffe an den Tag gelegten
verantwortungslosen Verhalten.
Nach allem geht der Beklagte zu Recht von der in der Gefahr leichtfertiger und
missbräuchlicher Verwendung begründeten waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit des
Klägers aus. Dass die diese Annahme begründenden Vorkommnisse zum Teil schon
geraume Zeit zurückliegen, rechtfertigt keine andere Bewertung. Denn der Kläger hat seine
Unzuverlässigkeit durch wiederholte und auf sein verantwortungsloses Verhalten
zurückzuführende Verwicklung in Zwischenfälle im Zusammenhang mit seiner Waffe über
mehrere Jahre belegt. Gerade angesichts dieses wiederholten und gleichgelagerten
Fehlverhaltens über mehrere Jahre hinweg und der darin zum Ausdruck kommenden
fehlenden Einsichtsfähigkeit in die Bedeutung waffenrechtlicher Vorschriften und das
Gefährdungspotenzial solch einer Waffe ist die Annahme des Beklagten zutreffend, der
Kläger sei auch gegenwärtig noch als unzuverlässig anzusehen.
Der Einwand des Klägers, der Beklagte habe sein Ermessen nicht ausgeübt, ist nicht
nachzuvollziehen. Bereits aus dem Wortlaut der angegriffenen Entscheidung folgt das
Gegenteil. Ob damit auf Grund der wiederholten und erheblichen Zwischenfälle mit den
Waffen des Klägers sogar ein Fall der Ermessensreduzierung auf Null vorliegt, muss nicht
geklärt werden. Schließlich ist es auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte ein
unbefristetes Waffenbesitzverbot ausgesprochen hat. Aufgrund des von dem Kläger über
Jahre gezeigten äußerst leichtfertigen und verantwortungslosen Umgangs mit seiner Waffe
und der hierdurch von ihm verursachten Zwischenfälle mit erheblicher Gefährdung für sich
und andere Personen ist die Annahme gerechtfertigt, der Kläger werde die für den Umgang
mit Waffen zwingend erforderliche Zuverlässigkeit überhaupt nicht gewährleisten können.
Gerade auch angesichts des fortgeschrittenen Lebensalters des Klägers ist nicht damit zu
rechnen, dass er die für den Umgang mit Waffen erforderlichen Voraussetzungen noch
erlangen wird.
Unproblematisch ist, dass dem Kläger nach der angegriffenen Verfügung in Gestalt des
Widerspruchsbescheides auch die Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Waffen und
Munition, deren Erwerb der Erlaubnis bedarf, verboten ist. Es kommt nicht darauf an, ob
sich dieses Verbot auf § 41 Abs. 2 WaffG n.F. stützen lässt, weil auch Gefahren für die
Sicherheit oder Kontrolle des Umgangs mit erlaubnisbedürftigen Waffen oder Munition
vorliegen, weil jedenfalls eine Verletzung von Rechten des Klägers durch diesen Teil der
Verfügung ausgeschlossen ist. Insoweit ist dem Kläger nämlich nur ein Verhalten verboten
worden, welches ihm nach dem geltenden Waffenrecht ohnehin nicht erlaubt ist, so dass
die Verfügung insoweit keine Beschwer des Klägers begründen kann. Der Kläger verfügt
nämlich über keine entsprechende Erlaubnis. Gleiches gilt, soweit dem Kläger durch die
Ordnungsverfügung in der durch den Widerspruchsbescheid gefundenen Gestalt auch das
Führen von Schreckschuss- und Reizstoffwaffen als Unterfall des Besitzens untersagt
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worden sein sollte. Hierfür ist nunmehr ebenfalls eine Erlaubnis (sog. "kleiner
Waffenschein") erforderlich, die der Kläger nicht besitzt (vgl. Anlage 1 zum Waffengesetz
n.F. Abschnitt 1, Unterabschnitt 1, Nr. 2.7 und 2.8 i.V.m. Abschnitt 2 dieser Anlage, Nr. 2
und 4 sowie Anlage 2 zum Waffengesetz n.F. Abschnitt 2, Unterabschnitt 2, Nr. 1.3,
Unterabschnitt 3 Nr. 2.1).
Auch die im Bescheid festgesetzte Verwaltungsgebühr ist rechtmäßig. Nach § 50 Abs. 1
und 2 WaffG sind für Amtshandlungen nach dem WaffG u.a. Gebühren nach der
Kostenverordnung zum WaffG (WaffKostV) zu erheben; die Fortgeltung der
Kostenverordnung zum Waffengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März
1976 (BGBl. I S. 432, 1810) ergibt sich aus Artikel 19 Nr. 3 lit. c) des Gesetzes zur
Neuregelung des Waffenrechts (WaffRNeuRegG) vom 11. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3970).
Insofern beruft sich der Beklagte zutreffend auf Abschnitt I Nr. 14 der Anlage zur WaffKostV
(Gebührenverzeichnis), denn die dort genannte Anordnung nach § 40 Abs. 1 WaffG (1976)
entspricht der hier erfolgten Anordnung nach § 41 Abs. 1 WaffG n.F. Auch die Höhe der
festgesetzten Verwaltungsgebühr ist nicht zu beanstanden. Die genannte Ziffer des
Gebührenverzeichnisses sieht eine Rahmengebühr von 100,- bis 700,- DM vor. Von daher
ist es angemessen, wenn der Beklagte im Hinblick auf den durch die umfangreichen
Verwaltungsvorgänge erhöhten Aufwand (vgl. Bl. 236 des Verwaltungsvorgangs des
Beklagten) eine Gebühr von 400,- DM festgesetzt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708
Nr. 11, 711 Satz 1, 709 Satz 2 ZPO.