Urteil des VG Düsseldorf vom 26.03.2003

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Verwaltungsgericht Düsseldorf, 1 K 1732/02.A
Datum:
26.03.2003
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
1. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 K 1732/02.A
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten
nicht erhoben werden.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin
darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn
nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe
leistet.
Tatbestand
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Die am 00. August 1954 in Skopje in Mazedonien geborene Klägerin ist mazedonische
Staatsangehörige und albanische Volkszugehörige. Sie reiste nach ihren eigenen
Angaben am 11. Juni 1988 erstmals in die Bundesrepublik Deutschland ein und betrieb
unter dem Az.: 000-00000-00 ein Asylverfahren, das mit Bescheid vom 15. September
1989 erfolglos endete. Die hiergegen vor dem erkennenden Gericht unter dem Az.: 7 K
12695/89 erhobene Klage blieb erfolglos (Beschluss vom 31. Januar 1991). Auch die
hierauf betriebenen Folgeverfahren (Bescheid des Bundesamtes vom 4. Mai 1995 - C
0000000-000 - und Bescheid vom 5. September 1995 - C 0000000-000 -) führten nicht
zu einem Bleiberecht.
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Unter dem 16. Juni 1999 beantragte die Klägerin erneut die Anerkennung als
Asylberechtigte und trug hierzu vor, ernsthaft erkrankt zu sein und in ihrem Heimatland
nicht behandelbar zu sein. Sie sei an einem Schilddrüsenleiden erkrankt. Nach
Entfernung der Schilddrüse sei sie lebenswichtig auf die Verabreichung des
Medikamentes 300 mg L-Tiroxin angewiesen.
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Mit Bescheid vom 2. Juli 1999 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung
ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) den Antrag auf Durchführung eines weiteren
Asylverfahrens ab und forderte die Klägerin zur Ausreise auf; anderenfalls drohte es die
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Abschiebung nach Mazedonien an. In der Begründung wird ausgeführt, dass die
Klägerin eine Gruppenverfolgung von albanischen Volkszugehörigen in Mazedonien
nicht zu befürchten habe. Hinsichtlich eines zielstaatsbezogenen
Abschiebungshindernisses, worin der Vortrag einer im Heimatland nicht zu
behandelnden Krankheit gesehen werden könnte, seien bereits die
Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht dargetan, da nach den vorgelegten Attesten der
Hausarzt die Klägerin nun seit Jahren behandele und daher die Frist des § 51 VwVfG
nicht eingehalten sei.
Unter dem 12. Juli 1999 hatte die Klägerin Klage erhoben, mit der sie ihr Asylbegehren
weiterverfolgt hat. Das erkennende Gericht hatte in diesem Klageverfahren über die
Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Skopje eine Auskunft zur Behandelbarkeit
der Erkrankung der Klägerin in ihrem Heimatland eingeholt. Nach Auskunft der
Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Skopje vom 15. September 2000 und
einem beigefügten Bericht eines Vertrauensarztes vom 11. September 2000 kann die
Klägerin in der Universitätsklinik von Skopje behandelt werden. Medizinische
Versorgung sei möglich.
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Mit Urteil vom 7. Juni 2001 hat das erkennende Gericht die Klage, soweit sie nicht
zurückgenommen worden war, abgewiesen (24 K 4656/99.A). Begründet wurde dies
damit, dass nach der Stellungnahme des Vertrauensarztes die Klägerin an der
Universitätsklinik in Skopje behandelt werden könne und die Medikamente in den
Apotheken des Landes verfügbar seien. Außerdem würden nach einer weiteren
Auskunft der Botschaft in Skopje vom 12. Dezember 2001 an das Verwaltungsgericht
Köln (Gz.: RK 516.50 WE/MO) jeder offiziell registrierte mazedonische Bürger
Krankenversicherungsschutz genießen. Die üblichen 10-20 % Zuzahlung zu
Krankenkosten entfielen bei schweren Krankheiten und bestimmten Personengruppen.
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Mit Beschluss vom 25. Juli 2001 hat das OVG NRW den Antrag der Klägerin auf
Zulassung der Berufung zurückgewiesen (5 A 2833/01.A).
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Am 19. Dezember 2001 stellte die Klägerin mit Schreiben ihres
Verfahrensbevollmächtigten vom 14. Dezember 2001 einen weiteren Antrag auf
Durchführung eines weiteren Asylverfahrens (Folgeantrag), verbunden mit dem Antrag,
das Verfahren zur Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 Abs. 6 AuslG
wieder aufzugreifen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass die
Klägerin allein auf Grund ihrer ethnischen Zugehörigkeit bei einer Rückkehr nach
Mazedonien asylrelevante Verfolgungshandlungen bzw. Diskriminierungen zu
befürchten habe. Entsprechend vorliegender ärztlicher Atteste leide sie an einer
Erkrankung, die ein Abschiebungshindernis begründe. In den betreffenden ärztlichen
Bescheinigungen vom 24. September und 30. Oktober 2001 des Arztes für
Allgemeinmedizin C1 aus E1 wird ausgeführt, dass die Klägerin an Erkrankung der
Wirbelsäule und des Rückens leide und nach Entfernung der Schilddrüse lebenswichtig
auf die Verabreichung des Medikamentes 300 mg L-Tiroxin angewiesen sei. Des
Weiteren sei lebenslang eine laborchemische Überprüfung des genauen
Serumspiegels des Schilddrüsewertes erforderlich. Darüber hinaus habe sich der
Gesundheitszustand der Klägerin verschlechtert. Es bestehe der Verdacht auf cerebrale
Krampfanfälle.
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Mit Bescheid vom 1. März 2002 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Durchführung
eines weiteren Asylverfahrens ab. Gleichzeitig lehnte es den Antrag auf Abänderung
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des Bescheides vom 4. Mai 1995 bezüglich der Feststellung zu § 53 AuslG ab.
Begründet wurde dies damit, dass keine Änderung der Sachlage vorliege. Das
erkennende Gericht habe sich im Vorverfahren eingehend mit den Erkrankungen der
Klägerin, insbesondere dem Schilddrüsenleiden, befasst und festgestellt, dass diese in
Mazedonien behandelbar seien und die Klägerin darüber hinaus auch
Krankenversicherungsschutz beanspruchen könne. Das nunmehr zusätzlich geltend
gemachte cerebrale Anfallsleiden sei nach vorliegenden Informationen in Mazedonien
ebenfalls problemlos behandelbar, vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 8. Februar
1999 - Az.: 514-516.80/6 MED.
Nach Zustellung des Bescheides am 7. März 2003 hat die Klägerin am 18. März 2003
Klage erhoben. Zur Begründung legte die Klägerin ein Attest des genannten Arztes C1
vom 30. Oktober 2001 vor. Danach zeige der Gesundheitszustand der Klägerin in den
letzten Wochen eine deutliche Verschlechterung. Es bestehe im Augenblick der
Verdacht auf cerebrale Krampfanfälle. Die Patientin sei an einen Neurologen
überwiesen worden. Mit ärztlicher Bescheinigung vom 15. März 2002 diagnostizierte der
o.g. Arzt Hishimoto Thyreoigitis und hyperthyreote Stroma. Zustand nach kompletter
Strumaresektion, daraus resultierend Hypothyreose ohne
Schilddrüsenhormonsubstitution. Eine lebenslange Schilddrüsenhormonsubstitution mit
30 mg sei daher dringend erforderlich. Weitere Diagnosen seien Asthma bronchiale mit
rezidivierendem pulmunalen Krisen und Exzerbationen, chronisches HWS-Syndrom,
chronisches LWS-Syndrom, chronisches BWS-Syndrom, Schulter- Arm-Syndrom,
degenerative Wirbelsäulenerkrankung, ausgeprägte Psoriasis, schwere Depression und
Ulcus Duodeni. Es bestehe ein massiver Hustenreiz mit Dyspnoe, sodass Infusion mit
Solusin und Cortisongaben erforderlich seien. Darüber hinaus leide die Klägerin an
einer zunehmend schweren Depression teils mit suizidalen Gedanken.
Zusammenfassend betont der Arzt, dass sowohl die regelmäßige
Medikamenteneinnahme als auch die laborchemische Überprüfung in einem
Speziallabor zur Ermittlung des genauen Serumspiegels des Schilddrüsenwertes bei
der Patientin lebenslang dringend erforderlich sei.
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Im Termin zur mündlichen Verhandlung reichte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin
eine weitere ärztliche Bescheinigung des Arztes C1 vom 19. März 2003 zu den Akten.
Die Diagnose und die durchgeführte Behandlung werden entsprechend den schon
vorgelegten Bescheinigungen darin wiederholt.
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Außerdem reichte er einen Bericht der Informationsstelle der Deutschen Caritas und
Diakonie in Pristina von Januar und Februar 2003 und eine Lageübersicht Mazedonien
der Schweizerischen Flüchtlingshilfe von Oktober 2002 zu den Akten.
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Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin trägt vor, dass die erforderliche medizinische
Behandlung der Klägerin in Mazedonien nicht bezahlbar sei. Aus den vorgelegten
Berichten ergebe sich, dass das Gesundheitssystem unterfinanziert und korrupt sei. Es
obliege der Klägerin selber, sich um ihre Ansprüche zu kümmern. Darüber hinaus sei
die Klägerin in Mazedonien nicht registriert. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin
weist in diesem Zusammenhang auf eine Auskunft der Deutschen Botschaft in Skopje in
einem Parallelverfahren vor der 27. Kammer hin, die beigezogen wurde. In dieser
Auskunft vom 29.05.2002 an der Rechtsanwalt C persönlich wird ausgeführt, dass jeder
ordnungsgemäß registrierte mazedonische Staatsangehörige krankenversichert sei und
Zugang zu den Leistungen des mazedonischen Krankenversicherungssystems habe.
Die praktische Umsetzung obliege selbstverständlich dem jeweiligen Patienten selbst.
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Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Antrag hinsichtlich Art. 16 a GG
und § 51 AuslG zurückgenommen hat, beantragt die de Klägerin nunmehr,
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unter Aufhebung ihres Bescheides vom 01. März 2002 festzustellen, dass
Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG vorliegen.
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Die Beklagte beantragt schriftlich,
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die Klage abzuweisen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie auf die Auskünfte und
sonstigen Erkenntnisse ergänzend Bezug genommen, auf die der Kläger hingewiesen
worden ist.
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Entscheidungsgründe:
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Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, war das Verfahren einzustellen, §
92 Abs. 3 VwGO.
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Im Übrigen war die Klage als unbegründet abzuweisen.
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Der Bescheid des Bundesamtes vom 01. März 2002 in der noch angegriffenen Form ist
rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Das Bundesamt hat zu Recht festgestellt, dass Gründe für ein Wiederaufgreifen zu § 53
AuslG nicht vorliegen. Soweit die Klägerin vorträgt, ihre Erkrankung führe zu einem
Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG, liegt keine Änderung der
Sachlage vor. Das erkennende Gericht hat sich in dem vorherigen Verfahren eingehend
mit den Erkrankungen der Klägerin, insbesondere dem Schilddrüsenleiden, befasst und
festgestellt, dass diese in Mazedonien behandelbar sind und die Klägerin
Krankenversicherungsschutz beanspruchen kann (vgl. rechtskräftiges Urteil vom
07.06.2001, 24 K 4656/99.A, S. 5 und 6). Die von der Klägerin in dem hiesigen
Verfahren vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen wiederholen im Wesentlichen nur
die schon gestellten Diagnosen. Soweit darüber hinaus ein cerebrales Krampfleiden
diagnostiziert wurde, hat das Bundesamt zu Recht festgestellt, dass dieses in
Mazedonien behandelbar ist (vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 08.02.1999 -
Az.: 514-516.80/6 MED).
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Dem Vortrag der Klägerin, dass ihre erforderliche medizinische Versorgung in
Mazedonien nicht gesichert sei, kann nicht gefolgt werden. Nach der schon zitierten
Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Skopje vom 15. September
2000 und einem beigefügten Bericht eines Vertrauensarztes vom 11. September 2000 in
dem Verfahren 24 K 4656/99.A kann die Klägerin in der Universitätsklinik von Skopje
behandelt werden und sei eine Medizinische Versorgung möglich. Außerdem genießt
nach der ebenfalls schon zitierten Auskunft der Botschaft in Skopje vom 12. Dezember
2001 an das Verwaltungsgericht Köln (Gz.: RK 516.50 WE/MO) jeder offiziell registrierte
mazedonische. Bürger Krankenversicherungsschutz. Grundlagen für die Gewährung
von Krankenversicherungsschutz sind ein offizielles Arbeitsverhältnis, Empfang einer
Pensionsleistung, Registrierung beim Arbeitsamt oder Empfang von Sozialhilfe. Bei
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Empfängern von Sozialversicherungsleistungen wird der Krankenversicherungsschutz
über das zuständige Sozialamt Gewähr leistet. Arbeitslose erhalten
Krankenversicherungsschutz mit Registrierung als erwerbslos oder arbeitsunfähig beim
Arbeitsamt des Wohnsitzes (bzw. des Ortes der Niederlassung nach Rückkehr aus dem
Ausland) sowie mit dem Kauf eines sog. "Arbeitsbuches" gegen geringe Gebühr. Die
Registrierung als arbeitslos setzte bisher im Grundsatz voraus, dass der Betreffende
mindestens den Grundschulabschluss (d.h. die Mindestschulzeit von 8 Jahren
absolviert) hatte und damit zum Kreis der "Beschäftigungsfähigen" gehörte. Da
hierdurch eine große Anzahl von Personen - gerade aus den Bevölkerungsgruppen der
ethnischen Minderheiten - vom sozialen System ausgeschlossen war, hat die Regierung
die einschlägigen Vorschriften geändert. Nunmehr können auch Personen, die nicht die
Mindestschulzeit absolviert haben, als arbeitslos registriert werden. Derzeit sind dabei
Probleme bei den Arbeitsämtern noch nicht auszuschließen. Der Antragsteller kann sich
in diesem Fall für Rückfragen und Beschwerden an das Ministerium für Arbeit und
Soziales - Sektor für Sozialangelegenheiten - wenden. Die übliche 10-20 %ige
Zuzahlung zu Krankenkosten entfällt bei schweren Krankheiten und bei bestimmten
Personengruppen.
Die nur unsubstantiierte und durch nichts belegten Ausführungen in 5 Sätzen in dem
Bericht der Informationsstelle der Deutschen Caritas und Diakonie in Pristina vom
Januar und Februar 2003 auf S. 8 können zu keiner anderen Bewertung führen.
Ebenfalls führen die Ausführungen in dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe
vom Oktober 2002 auf S. 21 zu keinem anderen Ergebnis. Soweit dort ausgeführt wird,
dass es Schwierigkeiten gäbe, sich registrieren zu lassen, wobei eine Registrierung
Voraussetzung für die Erlangung von Krankenversicherungsschutz sei, so ist zum einen
festzustellen, dass die Klägerin durch nichts belegt hat, dass sie in Mazedonien nicht
registriert ist. Darüber hinaus hat sie auch nichts weiteres vorgetragen, warum gerade in
ihrem Fall eine etwaige Registrierung nicht möglich wäre. Daher geht das Gericht davon
aus, dass es der Klägerin durchaus möglich ist, sich als arbeitslos registrieren zu
lassen. Um etwaigen von der Klägerin befürchteten Schwierigkeiten im Vorfeld
vorzubeugen und den Übergangszeitraum möglichst kurz zu halten, geht das Gericht
desweiteren davon aus, dass für die Klägerin die Möglichkeit besteht, eine solche
Registrierung bereits von der Bundesrepublik Deutschland aus über einen Verwandten
oder Bevollmächtigten einzuleiten bzw. vorzubereiten. Diese Auffassung des Gerichts
wird auch durch die nicht in das Verfahren eingeführte neuste Auskunft der Deutschen
Botschaft in Skopje an das Bundesamt vom 31. Januar 2003, Az. RK 516.80 bestätigt.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 2, 154 Abs. 1 VwGO, 83 b Abs. 1
AsylVfG.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2
VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
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