Urteil des VG Düsseldorf vom 24.02.2005

VG Düsseldorf: aufschiebende wirkung, verfügung, interessenabwägung, gaststätte, auflage, gewinnerzielungsabsicht, räumlichkeit, kontrolle, androhung, verwaltungsgerichtsbarkeit

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 18 L 199/05
24.02.2005
Verwaltungsgericht Düsseldorf
18. Kammer
Beschluss
18 L 199/05
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 7.500,-- Euro festgesetzt.
Gründe:
Der sinngemäße Antrag,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Ordnungsverfügung vom 3.
Januar 2005 hinsichtlich der Einstellungsaufforderung wiederherzustellen und hinsichtlich
der Zwangsgeldandrohung anzuordnen,
ist unbegründet.
Die im Rahmen der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende
Interessenabwägung geht zu Lasten des Antragstellers aus. Weder ist die angefochtene
Verfügung offensichtlich rechtswidrig, noch überwiegt das Suspensivinteresse des
Antragstellers gegenüber dem öffentlichen Vollziehungsinteresse aus sonstigen Gründen.
Ein etwaiger Anhörungsmangel wäre jedenfalls zwischenzeitlich geheilt. In der Sache
bestehen keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Verfügung. Auf ihre Begründung
wird gemäß § 117 Abs. 5 VwGO Bezug genommen. Danach betreibt der Antragsteller in
den bezeichneten Räumen das Gaststättengewerbe ohne die hierfür erforderliche
Gaststättenerlaubnis zu besitzen. Die Anordnung der Einstellung dieses
Gaststättenbetriebs kann sich auf § 31 GastG i.V.m. § 15 Abs. 2 Satz 1 GewO stützen.
Die gegen die Verfügung erhobenen Einwendungen gehen fehl. Es ist nicht zu
beanstanden, dass die Verfügung an den Schalker Fan-Club ​A", vertreten durch den
Vorstand L, M und C1, c/o M, Hstr. 00, 00000 E, gerichtet wurde. Die Annahme einer
entsprechenden Teilrechtsfähigkeit des nicht eingetragenen Vereins begegnet keinen
Bedenken und entspricht der herrschenden Lehre und der neueren Rechtsprechung des
BGH zur Frage der (Teil-)Rechtsfähigkeit der GbR (vgl. Palandt, BGB Kommentar, 62.
Auflage, § 54, Rdnr. 10; BGH NJW 2002, 1207). Dies erscheint insbesondere angebracht,
soweit wie hier Rechtspositionen betroffen sind, die auch ein nichtsrechtsfähiger Verein
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soweit wie hier Rechtspositionen betroffen sind, die auch ein nichtsrechtsfähiger Verein
innehaben kann (Gaststättenkonzession, vgl. § 23 Abs. 1 GastG). Es ist auch entgegen der
Ansicht des Antragstellers zutreffend, dass der nicht rechtsfähige Verein durch seinen
Vorstand vertreten wird. Die Anwendung der §§ 705 ff. BGB auf den nicht rechtsfähigen
Verein ist sachwidrig; die grundsätzliche Anwendung der §§ 21 ff. BGB auch auf den nicht
rechtsfähigen Verein ist anerkannt (vgl. Palandt, a.a.O., Rdnr. 1). Danach wird gemäß § 26
BGB auch der nicht rechtsfähige Verein durch seinen Vorstand vertreten. Durch
Aushändigung der Verfügung gegen Empfangsbekenntnis an die Ehefrau des
Vorstandsmitglieds M ist die Verfügung dem Antragsteller auch ordnungsgemäß gemäß §
41 Abs. 5 VwVfG NRW i.V.m. §§ 5 Abs. 1, 11 Abs. 1 VwZG bekannt gegeben worden.
Insbesondere genügte gemäß § 28 Abs. 2 BGB die Bekanntgabe an ein Vorstandsmitglied.
Es bestehen auch keine durchgreifenden Zweifel daran, dass der fragliche
Gaststättenbetrieb vom Antragsteller durchgeführt wird. Dieser hat in der Antragschrift
selbst angegeben, dass die Verabreichung von Getränken (und Speisen, vgl. die Fotos auf
Bl. 35 des Verwaltungsvorgangs der Antragsgegnerin) in den vom Vorstandsmitglied M zur
Verfügung gestellten Räumlichkeiten nicht auf Kosten von Herrn M erfolgt, sondern von den
Vereinsmitgliedern getragen wird. Dass der Gaststättenbetrieb durch den Antragsteller
erfolgt, wird zudem insbesondere durch die konkrete Überschussverwendung belegt. Die
Antragsgegnerin hat im einzelnen ausgeführt, wozu die erzielten Überschüsse verwendet
werden (Grillfeste, Weihnachtsfeier, Fahrten zum FC Schalke 04 etc.). Diese
Überschussverwendung entspricht genau dem vom Antragsteller beschriebenen
Vereinszweck. Dies zeigt, dass der Getränke- und Speisenverkauf in den Räumlichkeiten
des Vorstandsmitglieds M sehr wohl durch den Antragsteller erfolgt und Herr M, soweit er
bei diesem gewerblichen Verkauf mitwirkt, in seiner Eigenschaft als Vereinsmitglied bzw.
Vorstand beteiligt ist und nicht ​auf eigene Rechnung" wirtschaftet. Dies wird vom
Antragsteller nicht entkräftet, indem er den substantiierten Angaben der Antragsgegnerin
lediglich mit dem Hinweis auf eine angebliche Abgabe von Getränken zum
Selbstkostenpreis entgegentritt. Dieser Hinweis ist nicht nachvollziehbar. Vielmehr werden
die Getränke vom Antragsteller nach dem Inhalt des Verwaltungsvorgangs, insbesondere
auch nach den von Mitarbeitern der Antragsgegnerin am 10. September 2004 vor Ort
getroffenen Feststellungen, für 60 Cent pro 0,2 l Glas abgegeben. Es ist aber
gerichtsbekannt, dass die Einkaufspreise für Bier (Oettinger; Traugott Simon, vgl. Bl. 34a
des Verwaltungsvorgangs) und Softdrinks erheblich unter 3,- Euro pro Liter liegen. Danach
bestehen keine Zweifel daran, dass der Antragsteller Einnahmen erwirtschaftet, die die
Ausgaben übersteigen. Selbst wenn im Rahmen der Gewinnerzielungsabsicht nicht allein
auf eine kalkulatorische Kostenrechnung, sondern auf eine an Bilanzierungsgrundsätzen
ausgerichtete Betrachtungsweise abgestellt werden müsste, bei der nicht nur die
Aufwendungen für den Wareneinkauf, sondern auch (hier nicht ersichtliche) Mietkosten zu
berücksichtigen wären (vgl. Michel/Kienzle, Gaststättengesetz, Kommentar, 13. Aufl. 1999,
§ 1 Rn. 2) wäre es Sache des Antragstellers, substantiiert darzulegen, wie viel Einnahmen
insgesamt aus dem Getränkeverkauf erzielt werden und dass diese Einnahmen hinter den
Kosten zurückbleiben.
Die Annahme des Antragstellers, es liege dennoch kein Gaststättenbetrieb im Sinne des
Gaststättengesetzes vor, ist unzutreffend. Die Räumlichkeiten sind während der
Betriebszeiten einem bestimmten Personenkreis i.S.d. § 1 Abs. 1 GastG zugänglich. Hierfür
ist der offenbar recht umfangreiche Kreis der Vereinsmitglieder ausreichend (vgl. Metzner,
Kommentar zum GastG, 6. Auflage, § 1 Rdnr. 66f. m.w.N.). Zudem spricht der Umstand,
dass auch Mitarbeiter der Antragsgegnerin bei einer Kontrolle am 10. September 2004
anstandslos bedient worden sind (vgl. Bl. 30 des Verwaltungsvorgangs) für einen gänzlich
unbeschränkten Personenkreis.
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Weiterhin ist nach den vorstehenden Ausführungen auch die dem Gewerbebegriff
immanente Gewinnerzielungsabsicht gegeben.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Gaststättenbetrieb des Antragstellers materiell
offensichtlich genehmigungsfähig wäre. Einer Genehmigungsfähigkeit dürfte schon die von
der Antragsgegnerin in der Ordnungsverfügung dargelegte und unwidersprochen
gebliebene Ungeeignetheit der Räumlichkeit zum Betrieb einer Gaststätte entgegenstehen.
Gründe, die dennoch ein überwiegendes Suspensivinteresse des Antragstellers begründen
könnten, sind nicht ersichtlich. Ein überwiegendes Vollzugsinteresse ergibt sich bei einer
offenen Interessenabwägung vielmehr neben der Ordnungsfunktion der formellen
Genehmigung vor allem aus den von der Antragsgegnerin angesprochenen Bedenken
hinsichtlich der Brandschutzanforderungen und der sanitären Einrichtungen.
Auch die Androhung eines Zwangsgeldes von 2.000,- Euro in der angegriffenen Verfügung
ist rechtmäßig. Sie ist zur effizienten Durchsetzung des Konzessionserfordernisses des
Gaststättengesetzes erforderlich und kann sich auf §§ 55, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60, 63 VwVG
NRW stützen. Es besteht kein Anlass, vom Regelvorrang des Vollziehungsinteresses nach
§ 8 AG VwGO abzuweichen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf
§§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG. Nach Ziffer 54.1/2 des Streitwertkatalogs für die
Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 7./8. Juli 2004 beschlossenen
Änderungen (NVwZ 2004, S. 1327 ff.) sind Streitigkeiten um die Schließung einer
Gaststätte mit mindestens 15.000,- Euro zu bewerten. Dieser Betrag ermäßigt sich um die
Hälfte im Aussetzungsverfahren.