Urteil des VG Düsseldorf vom 12.05.2010

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Verwaltungsgericht Düsseldorf, 23 K 5655/09
Datum:
12.05.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
23. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
23 K 5655/09
Normen:
§ 12 Abs 2 Nr 4 TierSchG, § 10 Tierschutzhundeverordnung
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe
des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor
der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
1
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der sich mit Hunden der Rasse Dobermann
beschäftigt.
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Aufgrund einer Meldung des Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamtes des
Kreises T über den Verkauf eines kupierten Dobermannwelpens überprüfte der
Beklagte am 22. Juli 2009 die Hundehaltung des 1. Vorsitzenden des Vereins, Herrn B.
Herr B war im Besitz einer vollkupierten, ca. sieben Monate alten Dobermannhündin
sowie eines unkupierten, ca. vier Monate alten Dobermannrüden. Er erklärte, dass
weder ein Handel noch eine Zucht mit Hunden beabsichtigt sei. Bei dem verkauften
Welpen habe es sich um einen Einzelfall gehandelt.
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Der Beklagte stellte fest, dass der Kläger auf seiner Internet-Seite www.E.com über die
Hunderasse Dobermann und das Kupieren an Ohren und Rute informierte und Werbung
für seine Hundezucht in Bosnien-Herzegowina machte. Die Seiten "Stolze Besitzer"
zeigten an Ohren und Rute kupierte Dobermannwelpen, die über den Kläger in
Deutschland verkauft wurden. Aus Eintragungen im "Gästebuch" der Homepage war zu
entnehmen, dass sich zahlreiche Hundehalter für den Verkauf von kupierten
Dobermannwelpen aus Bosnien-Herzegowina bedankten.
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Mit Ordnungsverfügung vom 10. August 2009 untersagte der Beklagte dem Kläger das
Ausstellen von an Rute und/oder Ohren kupierten Hunden im Internet und forderte ihn
auf, alle an Rute und/oder Ohren kupierte Hunde von den Internet-Seiten zu entfernen.
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Zugleich erklärte er die Anordnung für sofort vollziehbar und drohte für den Fall der
Nichtbefolgung ein Zwangsgeld für jeden im Internet ausgestellten, kupierten Hund in
Höhe von 2.000,00 Euro an.
Der Kläger hat am 1. September 2009 Klage erhoben.
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Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend:
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Das Ausstellen von Bildern kupierter Hunde im Internet sei nicht verboten und es stelle
auch keine tierschutzwidrige Handlung dar. Auch Züchter des DV/VDH und sogar
Tierschutzorganisationen stellten Bilder von kupierten Hunden im Internet zur Schau.
Das Spazierengehen mit kupierten Hunden müsste dann ebenfalls verboten werden,
weil es sich hierbei um eine Zurschaustellung in der Öffentlichkeit handele.
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Der Kläger beantragt,
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den Bescheid des Beklagten vom 10. August 2009 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er trägt hierzu im Wesentlichen vor:
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Nach § 10 Tierschutzhundeverordnung (TierSchHVO), der auf § 12 Abs. 2 Nr. 4
Tierschutzgesetz (TierSchG) beruhe, sei das Ausstellen von Hunden, bei denen
Körperteile, insbesondere Ohren und Rute zum Erreichen bestimmter Rassemerkmale
vollständig oder teilweise amputiert worden seien, verboten. Bei dem Anbieten im
Internet handele es sich um ein Ausstellen in diesem Sinne. An den im Internet
ausgestellten Hunden seien ganz offensichtlich tierschutzwidrige Handlungen
vorgenommen worden. Dies geschehe nur zu dem Zweck, die rassetypischen Merkmale
zu erreichen. Der Kläger weise auf seiner Internetseite auf das Verbot des Kupierens in
Deutschland hin und biete Interessenten die Möglichkeit, dennoch einen an Ohren und
Rute kupierten Hund über ihn zu erwerben.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den
Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug
genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage hat keinen Erfolg.
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Die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 10. August 2009 ist rechtmäßig und verletzt
den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung –
VwGO -).
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Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Ordnungsverfügung ist § 12 Abs. 2 Nr. 4
TierSchG in Verbindung mit § 10 Tierschutzhundeverordnung (TierSchHVO). Nach § 10
Satz 1 TierSchHVO ist es verboten, Hunde, bei denen Körperteile, insbesondere Ohren
oder Rute, zum Erreichen bestimmter Rassemerkmale vollständig oder teilweise
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amputiert wurden, auszustellen oder Ausstellungen solcher Hunde zu veranstalten. Das
Ausstellungsverbot gilt nicht, sofern der Eingriff vor dem 1. September 2001 und in
Übereinstimmung mit den Vorschriften des Tierschutzgesetzes in der zum Zeitpunkt des
Eingriffs geltenden Fassung vorgenommen wurde (Satz 2). Diese Vorschrift gilt für
inländische wie ausländische Hunde gleichermaßen, das heißt auch im Ausland
gehaltene Hunde dürfen nur dann ausgestellt werden, wenn der Eingriff vor dem 1.
September 2001 erfolgte und nach dem jeweils im Zeitpunkt des Eingriffs geltenden
deutschen Tierschutzrecht zulässig gewesen wäre. Auf das Tierschutzrecht des
jeweiligen ausländischen Halterstaates kommt es nicht an. Das Ausstellungsverbot des
§ 10 Satz 1 TierSchHVO erfasst somit auch nach den Tierschutzbestimmungen des
Herkunfts- bzw. Halterlandes zur Erhaltung bestimmter Rassemerkmale legal kupierte
Hunde,
vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 3. Februar 2003, 7 L 10/03.
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Bei den Fotos bzw. Videos auf der InternetSeite des Klägers, die an Ohren und/oder
Rute kupierte Hunde zeigen, handelt es sich um ein Ausstellen im Sinne von § 10
TierSchHVO. Dies ergibt sich sowohl aus der Definition des Wortes Ausstellung wie
auch aus Sinn und Zweck der Verbotsnorm.
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Bei einer Ausstellung handelt es sich um eine öffentliche Veranstaltung, bei der
besonders interessante, sehenswerte oder neue Objekte einem breiten Publikum
gezeigt werden, mit dem Ziel zu informieren und zu werben,
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vgl. www.de.wikipedia.org/wiki/ausstellung; www.de.mimi.hu/marketing/ausstellung.
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Die Fotos und Videos auf der Internetseite des Klägers erfüllen eindeutig diese
Kriterien. Die Fotos kupierter Zuchthunde sowie kupierter Welpen werden – für eine
breite Öffentlichkeit zugänglich - gezeigt, um für den Kauf der Welpen zu werben.
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Auch nach Sinn und Zweck der Vorschrift des § 10 TierSchHVO unterfällt ein solches
Zurschaustellen von kupierten Hunden dieser Verbotsnorm. § 10 TierSchHVO zielt
darauf ab, dass zur Rasseerhaltung kupierte Hunde – jedenfalls in Deutschland –
langfristig nicht mehr als Vorbild dienen. Durch das Verbot des Ausstellens soll gerade
verhindert werden, dass derartig behandelte Tiere präsentiert und als interessante und
nachahmenswerte Objekte dargestellt werden,
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vgl. VG Gelsenkirchen a.a.O, VG Gießen, Beschluss vom 3. November 2000, 10 G
4087/00.
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Durch das Ausstellungsverbot soll der Gefahr einer negativen Vorbildwirkung
entgegengewirkt werden,
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vgl. Hirt/Maisack/Moritz, Tierschutzgesetz 2. Aufl. 2007, § 12 Rdn. 3;
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Insbesondere soll das Ausstellungsverbot verhindern, dass Hunde zum Erreichen
bestimmter Rassemerkmale ins Ausland verbracht und dort kupiert werden oder aus
dem Ausland kupierte Hunde ins Inland verbracht werden,
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vgl. Bundesrats-Drucksache 580/00 vom 29.9.2000 S. 14; Lorz/Metzger,
Tierschutzgesetz 6. Aufl. 2008, § 10 TierSchHVO Rdn. 1; Hirt/Maisack/Moritz a.a.O. §
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10 TierSchHVO; VG Gelsenkirchen a.a.O..
Gerade auf diesen "Kupiertourismus" zielen aber die Fotos und Videos auf der
Internetseite des Klägers ab. Der Kläger wirbt ausdrücklich damit, dass - trotz des
Kupierverbotes in Deutschland - Welpen der gezeigten Zuchthunde vollkupiert
erworben werden können, wobei gerade die Möglichkeit, vollkupierte Hunde aus
Bosnien-Herzegowina legal nach Deutschland zu importieren, besonders herausgestellt
wird. Durch das Zurschaustellen kupierter Hunde der Rasse Dobermann auf der
Internet-Seite des Klägers werden diese trotz des Kupierverbotes weiterhin als ideell
und wirtschaftlich interessant dargestellt. Von den Fotos und Videos geht im
Zusammenhang mit der Werbung für den Kauf kupierter Welpen der Anreiz aus, im
Ausland weiter tierschutzwidrige Handlungen im Sinne von §§ 12 Abs.1, 1 Satz 2
TierSchG vornehmen zu lassen. Dieser Anreiz wird noch durch die Tatsache verstärkt,
dass der Kläger neben Fotos kupierter Zuchthunde Fotos von Dobermannwelpen zeigt,
die noch Verbände an den - erst kürzlich kupierten - Ohren tragen. Auch bei der
Nachbehandlung kupierter Ohren werden den Tieren ohne vernünftigen Grund
erhebliche Schmerzen zugefügt,
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vgl. BayObLG, Beschluss vom 8. April 1993 3 ObOWi 13/93;
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Aus den Internet-Seiten "Stolze Besitzer" und "Gästebuch" geht hervor, dass eine
Vielzahl von Käufern - trotz des Kupierverbotes in Deutschland - vollkupierte Welpen
erworben haben, also die durch das Kupieren erreichten Rassemerkmale des
Dobermann weiterhin für erstrebenswert halten.
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Der Beklagte durfte daher eine entsprechende Verbotsverfügung erlassen. Hierbei hat
er das ihm zustehende Ermessen erkannt und in nicht zu beanstandender Weise
ausgeübt. Er hat insbesondere die etwaige Einschränkung des Art. 14 Abs. 1
Grundgesetz (GG) zu Recht also so gering angesehen, dass von einer Beeinträchtigung
des Kerns des Grundrechtes nicht gesprochen werden kann. Jedenfalls wäre, wenn
man gleichwohl eine solche Beschränkung des Eigentumsrechts für gegeben erachten
würde, diese durch Art. 14 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 GG zulässig.
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Unerheblich ist der Vortrag des Klägers, auch auf Internet-Seiten anderer Züchter
würden Fotos kupierter Hunde gezeigt. Auf eine Gleichbehandlung im Unrecht kann der
Kläger sich nicht berufen.
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Die Androhung des Zwangsgeldes beruht auf §§ 55 Abs.1, 57 Abs.1 Nr. 2, 60, 63
Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW (VwVG) und begegnet keinen rechtlichen
Bedenken.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufig Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGo in
Verbindung mit §§ 708 Nr.11, 711 ZPO.
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