Urteil des VG Düsseldorf vom 04.11.1999

VG Düsseldorf: grenzstein, öffentlich, nummer, verwaltungsakt, versetzung, grenzzeichen, gerichtsakte, hauptsache, ergänzung, form

Verwaltungsgericht Düsseldorf, 4 K 5643/97
Datum:
04.11.1999
Gericht:
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
4. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 K 5643/97
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig voll-streckbar.
Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheits¬leistung in Höhe
von 2.000,- DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in
derselben Höhe lei¬stet.
Tatbestand:
1
Die Kläger sind seit 1972 Miteigentümer und Bewohner des Hausgrundstücks G1,
postalische Bezeichnung Die G 30. Das nördliche Nachbargrundstück, G2, (Die G 32)
steht im Eigentum der Frau Ursula I, die den Beklagten mit der Teilungsvermessung
ihres Grundstücks beauftragte. Der Beklagte führte die Teilungsvermessung durch und
lud die Beteiligten (unter anderem die Kläger und Frau I) zu einem Grenztermin am
15. Februar 1996, in dem die Kläger die Grenzniederschrift unterschrieben. Ausweislich
der Skizze zur Grenzniederschrift vom 15. Februar 1992 bezeichnet ein als Nummer 4
bezeichneter Grenzstein den gemeinsamen straßenseitigen, westlichen Grenzpunkt der
G1 (Kläger) und G2 (I).
2
Eigentümer des südlich von dem Flurstück der Kläger gelegenen G3 (Die G 28) sind die
Eheleute Q, die ebenfalls die Teilungsvermessung ihres Grundstückes beantragten.
Diese Teilungsvermessung wurde von dem öffentlich bestellten Vermessungsingenieur
N am 20. März 1996 durchgeführt und in einem Grenztermin vom 24. Mai 1996, an dem
u.a. die Kläger und die Nachbarn Q und I teilnahmen, erläutert. Mit Ausnahme der
Kläger erkannten alle Beteiligten den im Grenztermin festgestellten und erklärten
Grenzverlauf an. Den in der Grenzniederschrift des Beklagten vom 15. Februar 1996 als
Nummer 4 bezeichneten Grenzstein hatte der öffentlich bestellte Vermessungsingenieur
N ausweislich der Grenzniederschrift vom 24. Mai 1996 entfernt, weil dieser die Grenze
nach dessen Erkenntnis nicht zutreffend wiedergab, und zur Abmarkung des westlichen
Grenzpunktes der G1 und G2 einen neuen Grenzstein gesetzt, der in der
Grenzniederschrift vom 24. Mai 1996 ebenfalls als Nummer 4 bezeichnet wird.
3
Der von dem öffentlich bestellten Vermessungsingenieur N neu gesetzte Grenzstein
Nummer 4 befindet sich 14 cm westlich von dem vormals von dem Beklagten
festgestellten Grenzstein Nummer 4.
4
Gegen die Abmarkung durch den öffentlich bestellten Vermessungsingenieur N haben
die Kläger nach erfolglosem Widerspruch unter dem Aktenzeichen 4 K 2001/97 Klage
erhoben.
5
Mit Schreiben vom 12. Juni 1996 an die Bezirksregierung Düsseldorf erhoben die
Kläger Widerspruch "gegen die Versetzung des Grenzsteins um 10 cm durch den
Beklagten in Richtung des G2". Diesen Widerspruch erhoben die Kläger gegenüber
dem Beklagten mit Schreiben vom 13. Juni 1996. Der Beklagte äußerte sich gegenüber
der Bezirksregierung Düsseldorf mit Schreiben vom 8. Juli 1996 dahingehend, einen
Grenzstein zwischen den G1 und G2, der schief gestanden habe, durch seinen
Mitarbeiter D senkrecht aufgestellt zu haben.
6
Daraufhin wies die Bezirksregierung Düsseldorf den Widerspruch der Kläger gegen die
Abmarkung durch den Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 1997 als
unzulässig zurück, da der vom Beklagten angeblich fehlerhaft gesetzte bzw. versetzte
Grenzstein durch den öffentlich bestellten Vermessungsingenieur N seinerseits entfernt
worden sei.
7
Die Kläger haben am 9. Juli 1997 Klage erhoben, mit der sie ihr Vorbringen vertiefen.
Sie tragen vor, ein Mitarbeiter des Beklagten namens D habe ihnen gegenüber erklärt,
man habe den straßenseitigen Grenzstein zwischen den G1 und G2 um 10 cm in
Richtung des G2 versetzen müssen. Den Grundregeln des Vermessungs- und
Katasterwesen folgend müsse eine solche Versetzung zwingend in eine
Grenzniederschrift aufgenommen werden.
8
Die Kläger beantragen,
9
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung
Düsseldorf vom 16. Juni 1997 zu verpflichten, die Grenzniederschrift vom 15.
Februar 1996 dahingehend zu ergänzen, daß er die von ihm vorgenommene
Versetzung eines Grenzsteins zwischen den G1 und G2, straßenseitig "Die
G" zwischen den Anwesen Die G 30 und Die G 32 nachträglich vermerkt.
10
Der Beklagte beantragt,
11
die Klage abzuweisen
12
Er trägt vor, den Grenzstein nicht versetzt, sondern lediglich gerade gestellt zu haben. Im
übrigen sie die Klage aus den Gründen des Widerspruchsbescheides bereits
unzulässig.
13
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Bezirksregierung
Düsseldorf verwiesen; ferner wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte
Verwaltungsgericht Düsseldorf, Aktenzeichen 4 K 2001/97 nebst den dortigen Beiakten.
14
Entscheidungsgründe:
15
Die Klage ist unzulässig, weil erstens ein isolierter Rechtsbehelf gegen behördliche
Verfahrenshandlungen nicht eröffnet ist (§ 44a VwGO) und zweitens sich die streitige
Verfahrenshandlung einschließlich des daraufhin ergangenen Verwaltungsakts
(Abmarkung) bereits vor Klageerhebung erledigt haben.
16
Gem. § 44a VwGO können Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen
nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen
geltend gemacht werden. Die Grenzniederschrift gemäß § 19 Abs. 4 des Gesetzes über
die Landesvermessung und das Liegenschaftskataster (im folgenden VermKatG NW) ist
eine behördliche Verfahrenshandlung i.S.d. § 44a VwGO. Sie dokumentiert den
Grenztermin (§ 19 Abs. 2 VermKatG NW) und die darin getroffenen Feststellungen. Die
in dem Grenztermin ergehende Sachentscheidung und damit in der Hauptsache allein
angreifbarer Verwaltungsakt ist demgegenüber die Abmarkung der Grenze (§ 18 Abs. 1
und Abs. 6 VermKatG NW) durch das Aufrechtsetzen des Grenzsteins Nummer 4
gemäß der Bezeichnung in der Grenzniederschrift vom 15. Februar 1996. Diese
Abmarkung haben die Kläger nicht angefochten. Deshalb ist ihre Klage auf Ergänzung
der Grenzniederschrift unzulässig.
17
Außerdem und ungeachtet dessen ist die Klage unzulässig, weil sich die
Grenzniederschrift einschließlich des daraufhin ergangenen Verwaltungsaktes
"Abmarkung der straßenseitigen Grundstücksgrenze der G1 und G2" erledigt haben. Die
körperliche Abmarkung in Form des Grenzsteins Nummer 4 gemäß der
Grenzniederschrift des Beklagten vom 15. Februar 1996 hat sich erledigt, weil sie in
ihrer tatsächlichen Lage in der Örtlichkeit durch den öffentlich bestellten
Vermessungsingenieur N bereits kurze Zeit später, jedenfalls deutlich vor Ergehen des
Widerspruchsbescheides, entfernt worden ist.
18
Damit hat sich diese Abmarkung erledigt. Irgendwelche Feststellungen gegenüber den
Klägern gehen von dem nicht mehr vorhandenen Grenzstein nicht mehr aus,
insbesondere nicht im Hinblick auf nachfolgende Vermessungen. Denn für die Frage
des Verlaufes bereits (früher) festgestellter Grundstücksgrenzen kommt es nicht auf etwa
bereits in der Örtlichkeit vorhandene Grenzzeichen an, sondern allein auf die Zahlen
und Angaben des Liegenschaftskatasters. Dies folgt aus § 1 Abs. 1 der Ersten
Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Landesvermessung und das
Liegenschaftskataster, wonach für die Feststellung von bestehenden
Grundstücksgrenzen von ihrem Nachweis im Liegenschaftskataster auszugehen ist. In
der Örtlichkeit tatsächlich vorhandene Grenzzeichen und Grenzeinrichtungen sind für
den Verlauf festgestellter Grenzen nicht konstitutiv, d.h. niemals geeignet, den Verlauf
dieser Grenze zu bestimmen, sondern nur geeignet, ihn in der Örtlichkeit zu
veranschaulichen. Nachfolgende Messungen haben sich demgemäß nicht an der Lage
etwaiger Grenzsteine, sondern an dem Zahlennachweis des Liegenschaftskatasters zu
orientieren. Aufgrund dessen ist es ausgeschlossen, dass spätere
Grenzuntersuchungen, insbesondere durch den öffentlich bestellten
Vermessungsingenieurs N, durch eine etwa falsche Lage des vormaligen Grenzsteins
Nr. 4 gemäß der Grenzniederschrift vom 15. Februar 1996 in ihrem Ergebnis beeinflußt
worden sein könnten.
19
Hat sich der Verwaltungsakt vor Klageerhebung erledigt, so erledigen sich damit
zugleich vormalige, auf seinen Erlaß gerichtete Verfahrenshandlungen.
20
Selbst wenn es sich bei der Grenzniederschrift um einen isolierten, neben der
Abmarkung anfechtbaren Verwaltungsakt oder ein sonst isoliert anfechtbares
behördliches Tun handeln würde, so würde die Grenzniederschrift jedenfalls im Hinblick
auf die Erledigung das Schicksal der Abmarkung teilen.
21
Ein wie auch immer geartetes Interesse der Kläger an einer Sachentscheidung über
ihren Antrag ist damit nicht gegeben.
22
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708
Nr. 11, 711 ZPO.
23