Urteil des VG Darmstadt vom 28.03.2008
VG Darmstadt: lebensgemeinschaft, stadt, aufschiebende wirkung, aufenthaltserlaubnis, befragung, einreise, familiennachzug, arbeitsstelle, verfügung, gestaltung
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Gericht:
VG Darmstadt 7.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 G 1447/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 27 Abs 1a Nr 1 AufenthG, §
28 Abs 1 Nr 1 AufenthG, § 28
Abs 2 S 2 AufenthG, § 31 Abs
1 S 1 Nr 1 AufenthG, § 81 Abs
4 AufenthG
(Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis; eheliche
Lebensgemeinschaft)
Leitsatz
Die mit dem Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der
Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I S. 1970) eingeführte Bestimmung des §
27 Abs. 1 a Nr. 1 AufenthG steht der von der obergerichtlichen Rechtsprechung bisher
als gültig angesehenen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast bei der Frage, ob
eine eheliche Lebensgemeinschaft besteht, nicht entgegen.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des
Antragstellers vom 06.09.2007 gegen die Ablehnung der Verlängerung der
Aufenthaltserlaubnis in der Verfügung des Landrats des Landkreises Offenbach
vom 28.08.2007 ist zulässig.
Der Antrag ist im Hinblick auf die in der Verfügung des Antragsgegners enthaltene
Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis statthaft, weil das Begehren
des Antragstellers auf den Fortbestand eines fiktiven Aufenthaltsrechts nach § 81
Abs. 4 AufenthG gerichtet ist; der Antragsteller besaß zum Zeitpunkt des
Verlängerungsantrags am 15.08.2005 einen bis zum 22.08.2005 gültig gewesenen
Aufenthaltstitel, so dass sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der
Ausländerbehörde als erlaubt galt.
Soweit der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz die aufschiebende Wirkung der
Klage vom 06.09.2007 gegen die Abschiebungsandrohung vom 28.08.2007
betrifft, ist die Statthaftigkeit des Antrags ebenfalls gegeben. Die Klage entfaltet
gemäß § 16 HessAGVwGO wegen des gesetzlichen Sofortvollzuges von
Vollstreckungsmaßnahmen keine aufschiebende Wirkung.
Der Antrag auf vorläufigen Rechtschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO ist aber
unbegründet.
Die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis in der angefochtenen
Verfügung ist nach gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gebotener summarischer Prüfung
rechtmäßig; daher überwiegt das öffentliche Interesse am Vollzug des
Verwaltungsaktes das privaten Interesse des Antragstellers an seiner
Suspendierung.
Die Versagung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis durch den
Antragsgegner ist rechtlich nicht zu beanstanden, denn dem Antragssteller steht
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Antragsgegner ist rechtlich nicht zu beanstanden, denn dem Antragssteller steht
ein Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ersichtlich nicht zu.
Er erfüllt weder die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 i.V.m. § 27 AufenthG, der die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zur
Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet für
ausländische Familienangehörige zum Schutz von Ehe und Familie gemäß Art. 6
GG regelt, noch erfüllt er die Voraussetzungen des § 31 AufenthG, mit dem ein
eigenständiges Aufenthaltsrecht des Ehegatten geschaffen wird.
Die Voraussetzungen dieser Normen sind nicht gegeben, weil die eheliche
Lebensgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und seiner Ehefrau D. nicht
besteht und auch nicht zwei Jahre lang bestanden hat. Dies haben die
Nachforschungen der Ausländerbehörde in Form von örtlichen Überprüfungen und
das Ergebnis der Befragung der Eheleute am 25.10.2006 ergeben.
Bei der Prüfung, ob eine eheliche Lebensgemeinschaft besteht, folgt das Gericht
den Grundsätzen, die von der obergerichtlichen Rechtsprechung aufgestellt
wurden, inzwischen ständige Rechtsprechung sind und die der Hessische
Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 16.01.2007 - 7 TG 2879/06 -,
AuAS 2007, 134 = NVwZ-RR 2007, 491, wie folgt zusammengefasst hat:
"Die Schutzwirkung des Art. 6 Abs. 1 GG und der auf das Vorliegen einer ehelichen
Lebensgemeinschaft abstellenden ausländerrechtlichen Vorschriften greift nicht
schon dann ein, wenn der Ausländer auf den bloßen Bestand einer formal
ordnungsgemäß eingegangenen Ehe, also auf die schlichte Tatsache seines
Verheiratetseins, verweisen kann. Vielmehr kommt es entscheidend darauf an, ob
die durch das Institut der Ehe miteinander verbundenen Personen auch der Sache
nach in einer ehelichen Lebensgemeinschaft im Sinne einer die persönliche
Verbundenheit der Eheleute zum Ausdruck bringenden Beistandsgemeinschaft
leben. Diese eheliche Lebensgemeinschaft, die sich nach außen im Regelfall in
einer gemeinsamen Lebensführung, also in dem erkennbaren Bemühen
dokumentiert, die alltäglichen Dinge des Lebens miteinander in organisatorischer,
emotionaler und geistiger Verbundenheit zu bewältigen, dreht sich im Idealfall um
einen gemeinsamen Lebensmittelpunkt und wird daher regelmäßig in einer von
den Eheleute gemeinsam bewohnten Wohnung gelebt. Allerdings ist es nicht
Sache des Staates, Eheleuten die Art und Weise des persönlichen Umgangs
miteinander sowie die organisatorische Gestaltung der zu bewältigenden
Arbeitsabläufe vorzuschreiben. Vielmehr steht es grundsätzlich im Belieben des
Einzelnen, eine eigenverantwortliche Entscheidung darüber zu treffen, wie er das
gemeinsame Leben mit seinem Ehegatten im Einzelnen gestaltet, so dass der
Staat seiner Schutz- und Gewährleistungsfunktion auch dann nachzukommen hat,
wenn sich die Eheleute etwa dazu entschließen, aus bestimmten sachlichen oder
persönlichen Gründen, also beispielsweise wegen einer Berufstätigkeit an
verschiedenen Orten, ihre Lebensgemeinschaft nicht ständig in einer
gemeinsamen Wohnung zu leben, sondern einen Teil ihrer Zeit an verschiedenen
Orten verbringen. Voraussetzung ist aber, dass hierdurch die persönliche und
emotionale Verbundenheit der Eheleute, ihr "Füreinander-Dasein" nicht in einer so
nachhaltigen Weise aufgegeben wird, dass nicht mehr von einer
Beistandsgemeinschaft, sondern allenfalls noch von einer bloßen
Begegnungsgemeinschaft gesprochen werden kann, im Rahmen derer selbst
regelmäßige Treffen und Freizeitaktivitäten nur noch den Charakter gegenseitiger
Besuche miteinander befreundeter Personen haben.
Für das Ausländerrecht bedeutet dies, dass Eheleute im Regelfall allein durch
Vorlage ihrer Heiratsurkunde und durch den Nachweis, dass sie beide gemeinsam
eine Wohnung bewohnen und dort einen gemeinsamen Haushalt führen, das
Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft belegen können. Je mehr sich die
individuelle Gestaltung einer Ehe indes nach dem äußeren Erscheinungsbild von
diesem Regelfall entfernt, desto mehr bedarf es im Zweifelsfall zusätzlicher
tatsächlicher Anhaltspunkte, um die Annahme zu rechtfertigen, dass die
Beziehung der Ehegatten trotz der Zweifel auslösenden objektiven Umstände
gleichwohl den inhaltlichen Kriterien entspricht, wie sie für eine eheliche
Lebensgemeinschaft typisch sind. Derartige Anhaltspunkte sind vorrangig
durchaus alltägliche, aber eine eheliche Beistandsgemeinschaft eben wesentlich
prägende Umstände, die den Schluss rechtfertigen, dass im konkreten Fall trotz
einer in ihrem äußeren Ablauf untypischen Gestaltung der ehelichen Beziehung
dennoch die spezifische Verbundenheit der Ehegatten unverkennbar vorhanden
ist. Solche Umstände können beispielsweise Zeiten gemeinsamer
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ist. Solche Umstände können beispielsweise Zeiten gemeinsamer
Freizeitbeschäftigung sein, gemeinsame Besuche bei Verwandten, Freunden und
Bekannten, zusammen unternommene Reisen, gegenseitige
Unterstützungshandlung in Fällen von Krankheit oder sonstiger Not, gemeinsames
Wirtschaften, Einkaufen, Essen, gemeinsame Kindererziehung oder sonstige
praktisch gelebte, deckungsgleiche Interessen der Eheleute, die einen Schluss auf
ihre intensive persönliche Verbundenheit zulassen."
Wird die Erteilung eines Aufenthaltstitels begehrt, trifft dabei den Ausländer die
objektive Beweislast (Feststellungslast) für das Bestehen einer ehelichen
Lebensgemeinschaft, d. h. er hat die nachteiligen Folgen der Nichterweislichkeit
einer ehelichen Lebensgemeinschaft zu tragen (vgl. Hess. VGH, Beschl. v.
16.09.2007, a.a.O.; v. 09.08.2004 - 9 TG 1179/04 -, FamRZ 2005, 989; Beschl. v.
01.07.2005 - 9 TG 1210/05 -).
Diese zu §§ 27 Abs. 1, 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG in der Fassung vom 30.07.2004
(BGBl. I S. 1950) entwickelten Grundsätze gelten auch bei der Anwendung des
neuen Aufenthaltsrechts. Die Kammer kann der Auffassung des Antragsteller-
Bevollmächtigten nicht folgen, wonach die mit dem Gesetz zur Umsetzung
aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom
19.08.2007 (BGBl. I S. 1970) eingeführte Bestimmung des § 27 Abs. 1a Nr. 1
AufenthG der oben dargelegten Beweislastverteilung entgegenstehe (wie hier
auch: VG Berlin, Urt. v. 25.01.2008 - 3 V 12.07 -, juris; v. 19.12.2007 - VG 5 V
22.07 -; v. 09.10.2007 - 9 V 1.07 -; Urt. v. 05.09.2007 - 9 V 10.07 -, juris; a. A. VG
Berlin, Urt. v. 30.01.2008 - 7 V 35.07 -, juris; v. 12.12.2007 - VG 1 V 66.06 -; VG
Sigmaringen, Beschl. v. 12.01.2008 - 6 K 2712/07 -, juris). Nach der genannten
Vorschrift wird ein Familiennachzug nicht zugelassen, wenn feststeht, dass die Ehe
oder das Verwandtschaftsverhältnis ausschließlich zu dem Zweck geschlossen
oder begründet wurde, dem Nachziehenden die Einreise in das Bundesgebiet oder
den Aufenthalt hier zu ermöglichen. Aus dieser Bestimmung folgt schon nicht,
dass eine Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug nur dann versagt werden
darf, wenn erwiesen ist, dass die Ehe ausschließlich zu dem Zweck geschlossen
wurde, dem Nachziehenden die Einreise zu ermöglichen. Der Wortlaut enthält
keinen ausdrücklichen Hinweis auf eine abschließende Regelung für die Versagung
des Familiennachzugs (etwa: "Ein Familiennachzug wird nur dann nicht zugelassen,
wenn..."). Auch die systematische Stellung des Abs. 1a spricht gegen eine solche
Interpretation. Der Grundsatz des § 27 Abs. 1 AufenthG, wonach die
Aufenthaltserlaubnis zum Schutz von Ehe und Familie gemäß Art. 6 GG erteilt wird,
gilt unverändert fort und wird durch die neue Vorschrift des Abs. 1a nicht
eingeschränkt. Eine Umkehrung der Darlegungs- und Beweislast würde auch dem
Willen des Gesetzgebers und der Zwecksetzung des neuen Absatzes 1a nicht
gerecht werden. Die Neufassung des Aufenthaltsgesetzes erfolgte zur Umsetzung
u.a. der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22.09.2003 betreffend das Recht auf
Familienzusammenführung gemäß der Familiennachzugsrichtlinie (ABl. EU Nr. L
251 S. 12). Die Familiennachzugsrichtlinie dient der Herstellung und Wahrung des
Familienlebens auf der Grundlage tatsächlicher Bindungen zwischen den
Ehepartnern, wie sich sowohl aus der Definition des Ausdrucks
"Familienzusammenführung" in Art. 2d, als auch aus den Erwägungsgründen 4 und
6 ergibt. Nach Art. 16 Abs. 1b Familiennachzugsrichtlinie können die
Mitgliedsstaaten einen Antrag auf Einreise und Aufenthalt zum Zwecke der
Familienzusammenführung u. a. dann ablehnen, wenn zwischen dem
Zusammenführenden und dem Familienangehörigen keine tatsächlichen
ehelichen oder familiären Bindungen bestehen. In Art. 16 Abs. 2b
Familiennachzugsrichtlinie heißt es, dass die Mitgliedsstaaten einen Antrag auf
Einreise und Aufenthalt zum Zwecke der Familienzusammenführung "auch"
ablehnen können, wenn feststeht, dass die Ehe oder Lebenspartnerschaft nur zu
dem Zweck geschlossen wurde, um der betreffenden Person die Einreise in einen
Mitgliedsstaat oder den Aufenthalt in einem Mitgliedsstaat zu ermöglichen. Nach
den genannten Bestimmungen eröffnet die Familiennachzugsrichtlinie demnach
die Möglichkeit, einen Familiennachzug sowohl dann zu verweigern, wenn keine
tatsächlichen ehelichen oder familiären Bindungen bestehen, als auch dann, wenn
eine Ehe nur zu dem Zwecke geschlossen worden ist, um der betreffenden Person
die Einreise zu ermöglichen. Diesen Vorgaben entspricht § 27 Abs. 1 AufenthG, mit
dem der allgemeine Grundsatz aufgestellt wird, dass ein Familiennachzug zum
Schutz von Ehe und Familie erfolgen darf, während in § 27 Abs. 1a Nr. 1 AufenthG
ein besonderer Versagungsgrund für eine bestimmte Fallkonstellation geschaffen
wird (VG Berlin, Urt. v. 05.09.2007 - 9 V 10.07 -, juris). Entgegen der Ansicht des
Antragsteller-Bevollmächtigten lässt sich den Gesetzesmaterialien auch nicht
entnehmen, dass § 27 Abs. 1a AufenthG eine Ausnahme
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von dem Grundsatz des Abs. 1 darstellen soll. Der Gesetzesbegründung zufolge
sollte ein Ausschlussgrund für den Familiennachzug bei Scheinehen ausdrücklich
geregelt werden, um dem Missbrauch eines Aufenthaltsrechts entgegenzuwirken
(vgl. BT-Drs. 16/5065 S. 3 und S. 170; vgl. VG Berlin, Urt. v. 05.09.2007, a.a.O.);
dieser Zweck erfordert es aber nicht, zugleich eine Umkehr der Darlegungs- und
Beweislast einzuführen.
Nach alledem bleibt festzuhalten, dass die Ausländerbehörde vorliegend nicht den
Nachweis für das Vorliegen einer Scheinehe erbringen muss, sondern der
Antragsteller den Nachweis für das Vorliegen einer ehelichen Lebensgemeinschaft
unter dem (erschwerenden) Aspekt, dass die Eheleute zumindest an den
Werktagen nicht zusammenwohnen. An den Nachweis der beruflichen
Notwendigkeit für verschiedene Wohnungen der Eheleute sind strenge
Anforderungen zu stellen (Bay. VGH, Beschl. v. 20.08.2003 - 10 ZB 03.1598 -,
NVwZ-RR 2004, 150). Wenn der Betreffende auf die Bedeutung einzelner
Umstände für die Feststellung einer ehelichen Lebensgemeinschaft bereits einmal
aufmerksam gemacht wurde, ist er unter Umständen gehalten, diese substantiiert
darzulegen (B. in: GK-AufenthG, Stand: Dezember 2005, II - § 27 Rdnr. 117) und im
Eilverfahren glaubhaft zu machen. Dies ist dem Antragsteller nicht gelungen.
Er trägt zwar vor, aus beruflichen Gründen bestehe für die Eheleute die "nicht
aufhebbare Notwendigkeit, eine Wochenendbeziehung zu führen". Dem
Antragsteller sei es nicht gelungen, in A-Stadt oder Umgebung eine Arbeitsstelle
zu finden. Er habe nach der Eheschließung eine Reihe von China-Restaurants in
der Umgebung von A-Stadt aufgesucht und dort nach einer freien Arbeitsstelle
gefragt. Die Suche sei jedoch erfolglos geblieben, insbesondere deshalb, weil der
Antragsteller keine Kochausbildung absolviert habe, diese aber von den
aufgesuchten Restaurants vorausgesetzt worden sei. Die Kammer kann nicht
nachvollziehen, wieso es dem Antragsteller nicht gelungen sein soll, in der Zeit von
seiner Heirat am 26.08.2004 bis jetzt keine Arbeit im mit China-Restaurants gut
versorgten Rhein-Main-Gebiet zu erhalten, zumal er nach eigener Aussage am
10.08.2006 gegenüber Bediensteten der Polizeiinspektion C-Stadt (Blatt 117 der
Behördenakte) angegeben hatte, er sei dort als Kellner beschäftigt, und, wie er
sagte, als Aushilfe. Nach Auffassung der Kammer wäre es ihm durchaus möglich
gewesen, auch nur als Aushilfe heimatnah eine Arbeitsstelle zu finden. Zudem
hatte der Antragsteller im September 2006 versucht, in C-Stadt einen Imbiss
aufzumachen. Dies wirft die Frage auf, warum ihm dies nicht in A-Stadt oder
Umgebung möglich gewesen sein soll; seine Begründung, er habe sich in C-Stadt
eine gewisse Reputation als Koch verschafft und sei auf die Unterstützung seiner
Arbeitgeberin angewiesen, hält die Kammer nicht für glaubhaft, wenn er in dem
Restaurant lediglich als Kellner gearbeitet hatte. Zudem ist nicht ersichtlich,
warum die Unterstützung durch seine Arbeitgeberin auf den Raum C-Stadt
beschränkt gewesen sein sollte.
Ebenso wenig glaubhaft ist der Vortrag des Antragstellers, für die Ehefrau habe
sich in C-Stadt ebenfalls keine zumutbare berufliche Perspektive ergeben. Zwar
mag es sein, dass sie seit 22 Jahren bei der Firma Rewe als Verkäuferin beschäftigt
und im Verlaufe dessen mehrmals von einer betriebsbedingten Kündigung bedroht
gewesen war. Nach der Schließung der Filiale in A-Stadt habe die Ehefrau in
verschiedenen anderen Filialen in der Umgebung gearbeitet. Begründete
Aussichten, in einem Alter von 48 Jahren in C-Stadt eine entsprechende
Arbeitsstelle zu finden, seien schlichtweg nicht vorhanden. Für die Kammer
erschließt sich aber nicht, warum es ihr einerseits zwar möglich war, in
verschiedenen Filialen der Firma Rewe in der Umgebung von A-Stadt eine
Beschäftigung zu finden, nicht aber in der Umgebung von C-Stadt, in der es mit
Sicherheit ebenfalls Filialen des Großkonzerns gibt. Zudem hat der Antragsteller
nicht vorgetragen, geschweige denn glaubhaft gemacht, dass sich die Ehefrau
überhaupt um eine entsprechende Stelle in C-Stadt oder Umgebung bemüht hat.
Auch von den Wohnverhältnissen her wäre es ihr durchaus zuzumuten gewesen,
nach C-Stadt zu ziehen, da sie nach Angaben des Antragstellers in A-Stadt eine
Mietwohnung und nicht eine Eigentumswohnung bewohnte.
Die getrennt vorgenommene Befragung der beiden Eheleute am 25.10.2006 (Blatt
132 ff. der Behördenakte) durch einen Mitarbeiter der Ausländerbehörde ist
ebenfalls nicht dazu geeignet, das Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft
zwischen dem Antragsteller und Frau D. anzunehmen. Zwar wurden etliche Fragen
übereinstimmend beantwortet, diese bezogen sich im Wesentlichen aber auf die
Wohnsituation in der angeblich gemeinsamen Ehewohnung in A-Stadt sowie auf
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Wohnsituation in der angeblich gemeinsamen Ehewohnung in A-Stadt sowie auf
andere Umstände, die Eheleute voneinander wissen können, auch wenn sie nicht
in einer ehelichen Lebensgemeinschaft (mehr) leben. Dies bezieht sich auf die
Fragen nach der Größe der Wohnung und des Wohnhauses, den Mülltonnen, die
Höhe der Miete, Standort und Antennenanschluss des Fernsehers, den DVD-
Player, auf Waschmaschine, Geschirrspüler, Anrufbeantworter, den Ort, wo die
schmutzige Wäsche gesammelt wird, den Kleiderschrank, die Einrichtung des
Bades und der Küche, Art und Farbe der Tapeten im Wohnzimmer, das Haustier,
die Hobbys, Bushaltestelle, Arbeitsstellen und darauf, was die Eheleute am
gleichen Tag vor der Befragung getan hatten. Dies sind Fragen, die sich nach
entsprechender Vorbereitung auf die Befragung leicht übereinstimmend
beantworten lassen, zumal der Antragsteller einen Tag vor der Befragung aus C-
Stadt angereist war und sich entsprechend auf die Befragung hatte einstellen
können. Hingegen wurden Fragen, was die Eheleute am Wochenende vor der
Befragung und am davor liegenden Wochenende getan hätten, unterschiedlich
beantwortet (Blatt 135 der Behördenakte). Die unterschiedliche Beantwortung hat
der Antragsteller nur unzureichend damit erklärt, er habe sich bei der
Beantwortung geirrt. Auch die Beantwortung der Frage, wie oft die Eheleute
gemeinsam ausgingen, fiel unterschiedlich aus. Während die Ehefrau antwortete,
dies geschehe selten, "je nach Lust", gab der Antragsteller an, dies geschehe jede
Woche einmal. Auch die Angaben in der jeweiligen "Kosenamen" differieren
zwischen "Schatzi " auf der einen und "D." beziehungsweise ", mein Mann" auf der
anderen Seite. Besonders aufschlussreich ist aber, wie die Fragen zu einem - für
das Vorliegen einer ehelichen Lebensgemeinschaft notwendigen - gemeinsamen
Lebensmittelpunkt im oben dargelegten Sinne beantwortet wurden, also
beispielsweise zu gemeinsamen Unternehmungen. So antwortete die Ehefrau des
Antragstellers auf die Frage, wer bei ihr und ihrem Partner zuletzt zu Besuch
gewesen sei, sie bekomme keinen Besuch; der Antragsteller gab an, er wisse es
nicht. Ihren insoweit übereinstimmenden Angaben kann weiterhin entnommen
werden, dass sie noch nie gemeinsam im Kino, im Theater oder auf einer
öffentlichen Veranstaltung gewesen sind (Blatt 136 der Behördenakte). Auch
haben sie noch nie gemeinsam Freunde oder Verwandte besucht (Blatt 137 der
Behördenakte).
Nach den anfangs genannten Maßstäben ist somit davon auszugehen, dass der
Antragsteller spätestens seit dem 01.07.2005, als er eine Arbeitsstelle in C-Stadt
annahm, keine eheliche Lebensgemeinschaft mit seiner Ehefrau (mehr) geführt
hat. Es spricht eine Vielzahl äußerer Umstände gegen eine derartige Verbindung,
und der Antragsteller hat keine hinreichenden Anhaltspunkte aufgezeigt, die trotz
des entgegenstehenden äußeren Erscheinungsbildes eine durch die persönliche
Verbindung der Eheleute geprägte Beistandsgemeinschaft möglich erscheinen
lassen. Er hat nicht dargelegt, geschweige denn glaubhaft gemacht, woran eine
spezifische Verbundenheit der Ehegatten unverkennbar zu sehen sein könnte.
Weder wurden Zeiten gemeinsamer Freizeitbeschäftigung aufgeführt, noch
gemeinsame Besuche bei Verwandten, Freunden und Bekannten, zusammen
unternommene Reisen genannt oder gegenseitige Unterstützungshandlung in
Fällen von Krankheit oder sonstiger Not, gemeinsames Wirtschaften, Einkaufen,
Essen oder sonstige praktisch gelebte, deckungsgleiche Interessen der Eheleute
vorgetragen, die einen Schluss auf ihre intensive persönliche Verbundenheit
zuließen; gegenseitige Besuche an den Wochenenden weisen lediglich auf eine
Begegnungs-, nicht aber auf eine Beistandsgemeinschaft in dem oben genannten
Sinne hin. Stattdessen hat sich der Antragsteller darauf beschränkt, die Zweifel
der Ausländerbehörde am Bestehen einer Beistandsgemeinschaft zu erschüttern.
Aber selbst das ist ihm nicht überzeugend gelungen, wie oben dargelegt wurde.
Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf Verlängerung seiner
Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG. Danach wird die
Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten im Falle der Aufhebung der ehelichen
Lebensgemeinschaft als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs
unabhängiges Aufenthaltsrecht für ein Jahr verlängert, wenn die eheliche
Lebensgemeinschaft seit mindestens zwei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet
bestanden hat.
Wie der Antragsgegner in seinem Bescheid vom 28.08.2007 auf Seite 5 (Blatt 27
der Gerichtsakte) richtig darlegt, bestand die eheliche Lebensgemeinschaft
zwischen dem Antragsteller und Frau D. allenfalls seit dem Tag der Eheschließung
am 26.08.2004 bis zur Aufnahme einer Arbeit durch den Antragsteller in C-Stadt
am 01.07.2005, also weniger als zwei Jahre lang.
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Es droht dem Antragsteller auch keine erhebliche Beeinträchtigung seiner
schutzwürdigen Belange durch die Rückkehrverpflichtung nach § 31 AufenthG, wie
die Antragsgegnerin auf Seite 5 des Bescheids zutreffend ausführt. Auf diese
Darlegungen wird verwiesen (§ 117 Abs. 5 VwGO).
Darüber hinaus konnte die Ausländerbehörde die Verlängerung der
Aufenthaltserlaubnis auch deshalb verweigern, weil die allgemeine Regel-
Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nicht gegeben ist, denn es
liegen offensichtlich Ausweisungsgründe vor. Unter einem "Ausweisungsgrund" ist
ein Ausweisungstatbestand im Sinne der §§ 53 ff. AufenthG zu verstehen (Renner,
Ausländerrecht, Kommentar, 8. Aufl., § 5 AufenthG Rdnr. 20). Ob die Ausweisung
im Einzelfall fehlerfrei verfügt werden darf, ist insoweit unerheblich (Renner, a.a.O.,
mit weiteren Nachweisen). Die Tatbestände der §§ 53, 54, 55 AufenthG bilden
damit uneingeschränkt einen Ausweisungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2
AufenthG.
Der Antragsteller erfüllt den Ausweisungstatbestand des § 55 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1a
AufenthG, weil er gegenüber der Ausländerbehörde durch die Erklärungen vom
15.09.2004 (Bl. 82 der Behördenakte), 15.08.2005 (Blatt 93 der Behördenakte)
und 15.10.2006 (Blatt 131) unwahre Angaben hinsichtlich seines Familienstandes
gemacht hat. Ausweislich der unterschriebenen Erklärungen wurde der
Antragsteller auch über seine Wahrheitspflicht belehrt.
Die unrichtigen Angaben zur Erlangung des Aufenthaltstitels sind auch als nicht
vereinzelte und nicht geringfügige Verstöße im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2
AufenthG anzusehen, so dass auch dieser Ausweisungstatbestand erfüllt ist. Der
Antragsteller ist nach alledem zur Ausreise nach §§ 50, 58 AufenthG verpflichtet;
die angefochtene Entscheidung steht auch sonst im Einklang mit der
maßgeblichen Regelung des § 59 AufenthG. Die zur freiwilligen Ausreise gesetzte
Frist ist ausreichend bemessen und hinreichend begründet. Die Kosten des
Verfahrens hat der Antragsteller gemäß § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen, da er
unterlegen ist.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 52, 53 GKG.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.