Urteil des VG Darmstadt vom 19.01.2006
VG Darmstadt: erlass, besondere härte, juristische person, härtefall, studiengebühr, minderung, stundung, hochschule, prozessvertretung, satzung
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Gericht:
VG Darmstadt 7.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 E 572/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 6 Abs 3 S 1 HSchulImmV HE
Härtefallprüfung bei der Festsetzung von Studiengebühren
für ein Zweitstudium.
Leitsatz
Eine Beschränkung der im Rahmen des § 6 Abs. 3 Satz 1 HImmaVO in Betracht
kommenden Härtefallgesichtspunkte auf studienzeitverlängernde Aspekte ist weder
dem Studienguthabengesetz noch der Hessischen Immatrikulationsverordnung zu
entnehmen.
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 18.10.2004 und der Widerspruchsbescheid vom
21.02.2005 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag
des Klägers vom 28.01.2004 auf Erlass der Studiengebühren unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten
abwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe
leistet.
Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten des Klägers im Vorverfahren wird für
erforderlich erklärt.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung von Studiengebühren.
Vom Wintersemester 1994 an war der Kläger an der Musikhochschule Hannover
immatrikuliert und schloss dieses Studium am 02.07.1999 mit dem akademischen
Grad Diplom-Musiker ab. Seit dem Wintersemester 2003 ist der Kläger an der
Beklagten immatrikuliert und studiert Physik.
Mit Schreiben vom 28.01.2004 beantragte er aufgrund der Härtefallregelung des §
6 HImmaVO den Erlass der Studiengebühren. Zur Begründung gab er unter
Vorlage eines ärztlichen Attestes des Prof. Dr. A. an, dass er seinen Beruf als
Orchestermusiker wegen einer chronischen Bewegungsstörung nicht mehr habe
ausüben können, so dass er sich beruflich habe neu orientieren müssen.
Mit Bescheid vom 24.06.2004 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass sein
Studienguthaben aufgebraucht sei; ihm werde die Studiengebühr für das
Sommersemester 2004 jedoch erlassen, wodurch der Härtefall ausgeglichen sei.
Ein weiterer Erlass der Studiengebühren sei ausgeschlossen.
Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom
17.09.2004 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, gem. § 1 StuGuG
stehe dem Kläger im Land Hessen ein einmaliges Studienguthaben bis zum ersten
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stehe dem Kläger im Land Hessen ein einmaliges Studienguthaben bis zum ersten
berufsqualifizierenden Studienabschluss zu. Nach § 2 Abs. 5 S. 1 StuGuG seien die
Studienzeiten im Geltungsbereich des Hochschulrahmengesetzes anzurechnen.
Hierzu gehörten auch die Studienzeiten an der vor der Beklagten besuchten
Hochschule. Unter Zugrundelegung der Erhöhung des Studienguthabens über die
Übergangsvorschriften des § 6 Abs. 4 HImmaVO, die zu einer Erhöhung um
insgesamt vier Semester führen könnte, wenn rückwirkend ein Teilzeitstudium
anerkannt werden würde, könne ihm auch kein Studienguthaben zugebilligt
werden. Daher sei er zu Recht als ab dem Sommersemester 2004
gebührenpflichtig eingestuft worden. Da jedoch ein Härtefall gem. § 6 Abs. 3 Nr. 1
HImmaVO gegeben sei, sei zum Ausgleich ein Semester berücksichtigt worden.
Damit seien die studienzeitverlängernden Auswirkungen durch den Erlass eines
Semesters ausgeglichen, eine Überschreitung der Ermessensgrenzen sei nicht
erkennbar.
Dagegen erhob der Kläger mit bei Gericht am 07.10.2004 eingegangenem
Schriftsatz Klage (7 E 2394/04 [2]).
Nachdem der Kläger ein Zeugnis über seinen Abschluss an der Hochschule für
Musik und Theater Hannover vorgelegt hatte, hob die Beklagte ihren Bescheid
vom 24.06.2003 mit Bescheid vom 18.10.2004 auf und setzte nunmehr eine
Studiengebühr von 500,00 EUR fest, die bei jeder Rückmeldung fällig würde, da ein
gebührenpflichtiges Zweitstudium vorliege (§ 3 Abs. 3 StuGuG).
Daraufhin nahm der Kläger die Klage in dem Verfahren 7 E 2394/04 (2) zurück und
erhob gegen den Bescheid vom 18.10.2004 Widerspruch, welcher mit
Widerspruchsbescheid vom 21.02.2005 zurückgewiesen wurde. Zur Begründung
wurde ausgeführt, dass der Klägers bereits über einen berufsqualifizierenden
Abschluss verfüge. Über diesen ersten berufsqualifizierenden Studienabschluss
hinausgehende Studiengänge sollten grundsätzlich kostenpflichtig sein. Ein
Härtefall nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 HImmaVO liege nicht vor. Auch eine unbillige Härte
im Sinne von § 6 Abs. 3 S. 1 HImmaVO - außerhalb des Katalogs - sei nicht
gegeben. Die Fälle der Nr. 1, 2 und 3 des § 6 Abs. 3 seien Regelbeispiele und keine
abschließende Aufzählung von Härtefällen. Die Stundung, der Erlass oder die
Minderung der Studiengebühr aufgrund der Annahme einer unbilligen Härte stehe
im Ermessen der Hochschulen. Der Tatbestand der unbilligen Härte nach § 6 Abs.
3 S. 1 HImmaVO komme nur dann zur Anwendung, wenn auf Grund der
besonderen Verhältnisse die Geltendmachung der Studiengebühr dem
Grundgedanken des Studiengebührengesetzes, den Studierenden ein einmaliges
begrenztes Studienguthaben zur Verfügung zu stellen, in unerträglicher Weise
widersprechen würde. Durch den Begriff der unbilligen Härte in § 6 Abs. 3 S. 1
HImmaVO werde deutlich, dass nicht jeder Härtefall eine Auswirkung auf die
Studiengebühr haben müsse. Vielmehr werde ein Härtefall in ein Verhältnis zu
seinen studienzeitverlängernden Auswirkungen gesetzt. Ein Zweitstudium solle
nach dem Willen des Gesetzgebers prinzipiell gebührenpflichtig sein. Dass das
Motiv für die Aufnahme dieses Studiums eine chronische Erkrankung gewesen sein
mag, stelle keinen Härtefall dar.
Gegen diesen Widerspruchsbescheid hat der Kläger mit bei Gericht am 21.03.2005
eingegangenem Schriftsatz Klage erhoben und zur Klagebegründung ausgeführt,
dass dem Antrag auf Erlass der Studiengebühren stattzugeben sei, da die
Erhebung von Studiengebühren für das Zweitstudium des Klägers nach § 3 Abs. 1
und Abs. 2 StuGuG eine unbillige Härte i.S. des § 6 Abs. 3 Nr. 1 HImmaVO
darstelle.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.10.2004 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 21.02.2005 dazu zu verpflichten, über den Antrag
vom 28.01.2004 auf Erlass der Studiengebühren unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden und die Hinzuziehung des
Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren für erforderlich zu erklären.
Die Beklagte beantragt ,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt sie im Wesentlichen auf die Ausführungen des
Widerspruchsbescheides Bezug und führt ergänzend aus, dass das Ermessen der
Beklagten nicht eröffnet gewesen sei, da keine unbillige Härte vorgelegen habe.
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Beklagten nicht eröffnet gewesen sei, da keine unbillige Härte vorgelegen habe.
Die vom Kläger geltend gemachte chronische Erkrankung betreffe nicht sein
derzeitiges Studium der Physik, sondern sei Hintergrund seiner Entscheidung, ein
Zweitstudium aufzunehmen.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf
die zu den Akten gereichten Schriftsätze. Ein Band Verwaltungsvorgänge der
Beklagten hat vorgelegen und wurde zum Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gemacht.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 18.10.2004 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 21.02.2005 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger
in seinen Rechten. Der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass die Beklagte unter
Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über seinen Antrag vom
28.01.2004 auf Stundung, Minderung oder Erlass der Studiengebühren
entscheidet (§ 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO).
Zwar ist die Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass dem Kläger für sein
Zweitstudium kein Studienguthaben zusteht. Rechtsgrundlage der
Gebührenerhebung ist § 3 des Hessischen Studienguthabengesetzes vom
18.12.2003 (GVBI. I S. 516) - StuGuG -. Hiernach können von Studierenden, die
nicht über ein Studienguthaben verfügen, abgesehen von den in § 3 Abs. 1 Nrn. 1 -
5 StuGuG aufgeführten Ausnahmen, für jedes Semester Gebühren erhoben
werden, und zwar gemäß § 3 Abs. 2 StuGuG für das erste gebührenpflichtige
Semester 500,00 EUR, für das zweite 700,00 EUR und für jedes weitere
gebührenpflichtige Semester 900,00 EUR. Das Studienguthaben eines
Studierenden bemisst sich nach § 2 StuGuG. Hiernach erhalten Studierende für
einen Studiengang ein einmaliges Studienguthaben in Höhe der Semesterzahl der
Regelstudienzeit des gewählten Studiengangs zuzüglich drei Semestern bei einer
Regelstudienzeit von bis zu sieben Semestern und von vier Semestern bei einer
Regelstudienzeit von mindestens acht Semestern. Nach den
Übergangsvorschriften im § 5 des StuGuG wurden Studierende, die für das
Sommersemester 2004 über ein Studienguthaben verfügten, frühestens im
Sommersemester 2005 gebührenpflichtig. Studierende ohne Studienguthaben
sind bereits seit dem Sommersemester 2004 gebührenpflichtig, es sei denn, sie
hätten im Wintersemester 2003/2004 noch über ein Studienguthaben verfügt. In
diesem Fall wurden sie ab Wintersemester 2004/2005 gebührenpflichtig. Nach § 6
StuGuG ist die für die Hochschulen des Landes zuständige Ministerin oder der
hierfür zuständige Minister ermächtigt, durch Rechtsverordnung die näheren, zur
Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Bestimmungen, insbesondere auch die
Regelungen in Härtefällen zu erlassen. Hiervon hat der Verordnungsgeber in § 6
der Verordnung über das Verfahren der Immatrikulation, das Teilzeitstudium, die
Ausführung des Hessischen Studienguthabengesetzes und die Verarbeitung
personenbezogener Daten an den Hochschulen des Landes Hessen (Hessische
Immatrikulationsverordnung) vom 29.12.2003 (GVBI. I S.12) - HImmaVO -
Gebrauch gemacht, und u. a. Möglichkeiten der Stundung, Minderung oder des
Erlasses der Studiengebühr vorgesehen.
Gem. § 1 Abs. 1 StuGuG wird nur für den Erwerb eines ersten
berufsqualifizierenden Studienabschluss ein gebührenfreies Studium an den
Hochschulen des Landes gewährleistet. Studierende, die jedoch über einen
Abschluss im Sinne von § 1 StuGuG verfügen, haben eine Gebühr von 500,00 EUR
für jedes Semester zu entrichten (§ 3 Abs. 3 StuGuG).
Das Studienguthabengesetz und die aufgrund der Verordnungsermächtigung des
§ 6 StuGuG ergangene Hessische Immatrikulationsverordnung verstoßen nicht
gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen die in Art. 59 Abs. 1 Satz 1
Hessische Verfassung - HV - festgeschriebene Unterrichtsgeldfreiheit und sind -
was hier nicht ausdrücklich gerügt wird - auch im Übrigen verfassungsgemäß (VG
A-Stadt, Urteile v. 19.01.2006 - 7 E 1156/04 [3], 7 E 713/05 [1] und 7 E 2329/04 [2]
-; VG Frankfurt am Main, Beschl. v. 21.07.2004 - 12 G 2920/04 [3]) -, bestätigt
durch Beschl. des Hess. VGH v. 09.11.2004 - 5 TG 2386/04 -; VG Wiesbaden;
Beschl. v. 01.02.2005 - 1 G 2187/04 [1] -, bestätigt durch Beschl. d. Hess. VGH v.
17.05.2005 - 5 TG 589/05 -; VG Kassel, Beschl. v. 17.06.2005 - 6 G 626/05-).
Der Kläger erreichte an der Musikhochschule in Hannover bereits einen ersten
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Der Kläger erreichte an der Musikhochschule in Hannover bereits einen ersten
berufsqualifizierenden Abschluss, so dass sein Studium an der Beklagten ein
Zweitstudium ist, für das ihm kein erneutes Studienguthaben zur Verfügung steht.
Er hat daher für jedes Semester die Studiengebühren in Höhe von 500,00 EUR zu
entrichten (§ 3 Abs. 3 Satz 1 StuGuG).
Der Kläger hat jedoch einen Anspruch darauf, dass die Beklagte erneut über
seinen Antrag gem. § 6 Abs. 3 Satz 1 HImmaVO auf Stundung, Minderung oder
Erlass der Studiengebühren entscheidet. Zu Unrecht hat die Beklagte die
tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 HImmaVO verneint. Die
Begründung, es seien keine Umstände vorgetragen worden, die als
Härtegesichtspunkte im Rahmen des § 6 Abs. 3 Satz 1 HImmaVO hätten
berücksichtigt werden müssen, weil sie sich nicht studienzeitverlängernd
ausgewirkt hätten, bzw. weil der Kläger sich in einem Zweitstudium befinde, kann
keinen Bestand haben.
Eine Beschränkung der in Frage kommenden Härtefallgesichtspunkte auf
studienzeitverlängernde Aspekte ist nicht ersichtlich. Insbesondere lässt sich eine
solche Beschränkung nicht aus den Regelbeispielen des § 6 Abs. 3 Satz 2
HImmaVO herleiten. § 6 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 HImmaVO bestimmt, dass eine
unbillige Härte in der Regel bei studienzeitverlängernden Auswirkungen einer
Behinderung oder chronischen Erkrankung der oder des Studierenden vorliegt,
bzw. gem. Nr. 2 bei studienzeitverlängernden Folgen für Opfer einer schweren
Straftat. Zwar werden in diesen beiden Beispielen Umstände benannt, die dann in
der Regel zu berücksichtigen sind, wenn sie sich studienzeitverlängernd ausgewirkt
haben. Die studienzeitverlängernden Aspekte werden jedoch ausdrücklich nur in
den ersten beiden Regelbeispielen verlangt, so dass sie auch nur für diese
Fallgestaltungen Bedeutung haben. So betrifft das Regelbeispiel des § 6 Abs. 3
Satz 2 Nr. 3 HImmaVO Fälle, in denen es nicht auf ein studienzeitverlängerndes
Element ankommt. Die Funktion der Regelbeispiele besteht einerseits darin,
Darlegungserleichterungen für das Vorliegen einer Härte zu normieren und
andererseits aber in einem konkreten Fall den Anwendungsbereich der
Härtefallregelung zu begrenzen. In allen anderen Fällen ist aber der
Anwendungsbereich des § 6 Abs. 3 Satz 1 HImmaVO eröffnet, ohne dass eine
tatbestandliche Begrenzung der in Frage kommenden Härtefallgesichtspunkte in
Betracht käme.
Diese Auslegung wird gestützt durch die Begründung zum Gesetzesentwurf,
wonach es möglich sein soll, neben den ausdrücklich aufgezeigten
Härtesituationen, "Einzelfallprüfungen der Hochschule" auch bei der Anwendung
der Übergangsregelungen vorzunehmen (LT-Drs. 16/861 S. 19).
Der Auffassung der Beklagten, aus der Vorschrift des § 6 Abs. 6 HImmaVO könne
abgeleitet werden, dass die zu berücksichtigenden Härtefallgesichtspunkte sich
studienzeitverlängernd auswirken müssen, kann das Gericht nicht folgen. § 6 Abs.
6 HImmaVO bestimmt, dass die Absätze 3 bis 5 auf Studierende, die innerhalb
von zwei Jahren vor dem In-Kraft-Treten dieser Verordnung keinen in einer Studien-
oder Prüfungsordnung vorgesehenen Leistungsnachweis erworben haben, keine
Anwendung finden. Mit dieser Regelung stellt der Gesetzgeber sicher, dass
Härtefallgesichtspunkte dann keine Bedeutung erlangen sollen, wenn sie nicht im
regulären Studienverlauf aufgetreten sind. Wären die studienzeitverlängernden
Effekte beim Tatbestand der unbilligen Härte begrenzend hineinzulesen, hätte es
einer derartigen Regelung nicht bedurft. Durch den Anwendungsausschluss des § 6
Abs. 6 HImmaVO wird deutlich, dass der Gesetzgeber grundsätzlich von einer
weiten Begriffsbestimmung der Härte in § 6 Abs. 3 Satz 1 HImmaVO ausgeht und
lediglich eine beabsichtigte zeitliche Begrenzung durch die Vorschrift des § 6 Abs.
6 HImmaVO erreichen wollte.
Auch dem Einwand der Beklagten, der Gesetzgeber wolle jedes Zweitstudium
gebührenpflichtig ausgestalten, so dass vorliegend für den sich im Zweitstudium
befindenden Kläger eine Härtefallprüfung gem. § 6 Abs. 3 Satz 1 HImmaVO nicht
in Betracht komme, kann das Gericht nicht folgen. Eine derartige Begrenzung der
Härtefallregelung des § 6 Abs. 3 Satz 1 HImmaVO auf ein "Erststudium" ist nicht
vorgesehen. § 6 HImmaVO betrifft Studierende, die über kein Studienguthaben
verfügen. Eine Differenzierung, weswegen sie über kein Studienguthaben verfügen,
findet sich nicht im Gesetz. Der Anwendungsbereich des § 6 HImmaVO, und damit
auch die Inanspruchnahme der Härtefallregelung des § 6 Abs. 3 HImmaVO, ist
allen eröffnet, die über kein Studienguthaben verfügen, also auch denen, die sich
in einem Zweitstudium befinden. Die Entscheidung des Gesetzgebers, für ein
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in einem Zweitstudium befinden. Die Entscheidung des Gesetzgebers, für ein
Zweitstudium eine grundsätzliche Gebührenpflicht zu normieren, kann
gegebenenfalls im Rahmen der Ermessensausübung Berücksichtigung finden.
Daher kann die Entscheidung der Beklagten, eine Härtefallprüfung komme
vorliegend aufgrund der geltend gemachten Umstände nicht in Betracht, keinen
Bestand haben. Bei dem Antrag des Klägers auf Minderung, Stundung oder Erlass
der Studiengebühren wird die Beklagte zu berücksichtigen haben, dass sich der
Kläger in einem Zweitstudium befindet, für das er sofort - ohne
Übergangsregelung - gebührenpflichtig wird. Weiterhin wird zu prüfen sein, ob und
wie sich diese Gebührenpflicht aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls
für den Kläger als besondere Härte darstellt.
Da die Beklagte im Verfahren unterlegen ist, hat sie die Kosten nach § 154 Abs. 1
VwGO zu tragen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in
Verb. mit § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Zuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren war für notwendig zu
erklären (§ 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO), da sie vom Standpunkt einer verständigen
Partei bei der noch nicht obergerichtlich entschiedenen Frage der Zulässigkeit der
Erhebung von Studiengebühren für erforderlich gehalten werden durfte.
Die Berufung war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat
(§§ 124 a Absatz 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
Sonstiger Langtext
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Berufung
eingelegt werden. Über die Berufung entscheidet der Hessische
Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof muss sich jeder Beteiligte, soweit er
einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer
deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung
zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Die Einlegung der Berufung
bedarf nicht der Mitwirkung eines Bevollmächtigten.
Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch
Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im
höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit
Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen
kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören,
vertreten lassen.
In Abgabenangelegenheiten sind vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof als
Prozessbevollmächtigte auch Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zugelassen.
In Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts
sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten des
Sozialhilferechts sind vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof als
Prozessbevollmächtigte auch Mitglieder und Angestellte von Verbänden im Sinne
des § 14 Abs. 3 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes und von Gewerkschaften
zugelassen, sofern sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Prozessvertretung befugt
sind.
In Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4
Verwaltungsgerichtsordnung betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten
und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen
oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des
Arbeitsgerichtsgesetzes stehen einschließlich Prüfungsangelegenheiten, sind vor
dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof als Prozessbevollmächtigte auch
Mitglieder und Angestellte von Gewerkschaften zugelassen, sofern sie kraft
Satzung oder Vollmacht zur Prozessvertretung befugt sind.
Die beiden vorstehenden Absätze gelten entsprechend für Bevollmächtigte, die als
Angestellte juristischer Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen
Eigentum einer der in den beiden vorstehenden Absätzen genannten
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Eigentum einer der in den beiden vorstehenden Absätzen genannten
Organisationen stehen, handeln, wenn die juristische Person ausschließlich die
Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder der Organisation
entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Organisation für die
Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Die Berufung ist schriftlich beim
Verwaltungsgericht Darmstadt, Havelstraße 7, 64295 Darmstadt(Postanschrift:
Postfach 11 14 50, 64229 Darmstadt)
einzulegen und muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils ist die Berufung zu
begründen. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die
im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Die
Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt,
beim
Hessischen Verwaltungsgerichtshof, Brüder-Grimm-Platz 1, 34117 Kassel
einzureichen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.