Urteil des VG Darmstadt vom 26.08.2009
VG Darmstadt: bundesamt für migration, kosovo, widerruf, anerkennung, behörde, materielle rechtskraft, öffentliches interesse, privates interesse, integration, stadt
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Gericht:
VG Darmstadt 1.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 K 286/09.DA.A
(3)
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 73 Abs 1 S 1 AsylVfG, § 51
Abs 1 AuslG, § 60 Abs 1
AufenthG, § 114 VwGO
Voraussetzungen zum Widerruf ausländerrechtlichen
Aufenthalts bezogen auf Kosovo
Leitsatz
1. Zum Widerruf der 1994 erfolgten Asylanerkennung eines albanischen
Volkszugehörigen aus dem Kosovo
2. Zur Ermessensbetätigung gemäß § 114 VwGO
3. Zur Kompetenzverteilung in Bezug auf den Flüchtlingsstatus einerseits und die
aufenthaltsrechtliche Stellung andererseits
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen. Gerichtskosten werden nicht
erhoben.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten
abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben
Höhe leistet.
Tatbestand
Der 1960 geborene Kläger, der albanischer Volkszugehöriger aus dem Kosovo ist,
war 1990 mit seiner Ehefrau und den beiden Kindern (geboren 1985 und 1988)
nach Deutschland eingereist und hatte die Anerkennung als Asylberechtigter
beantragt mit der Begründung, er sei wegen seiner Volkszugehörigkeit von der
serbischen Polizei verfolgt worden.
Aufgrund des Urteils des VG Wiesbaden vom 17.05.1994 (IX/1 E 7638/91) war er
mit Bescheid des (damaligen) Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer
Flüchtlinge vom 21.12.1994 als Asylberechtigter anerkannt worden; gleichzeitig
war das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG festgestellt worden.
Zwischenzeitlich ist der Kläger, der geschieden ist, im Besitz einer
Niederlassungserlaubnis.
Im Jahr 2004 war seitens des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer
Flüchtlinge ein Widerrufsverfahren eingeleitet worden, das unter dem 26.08.2004
zu einem förmlichen Widerruf der Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter
sowie der Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen,
führte; gleichzeitig war festgestellt worden, dass Abschiebungshindernisse nach §
53 AuslG nicht bestehen.
Auf die hiergegen erhobene Klage hatte das VG Darmstadt mit Urteil vom
02.05.2005 (1 E 2067/04.A) die Widerrufsentscheidung vom 26.08.2004
aufgehoben mit der Begründung, die Behördenentscheidung sei deshalb
fehlerhaft, weil nach der Neufassung des § 73 Abs. 2 a AsylVfG die Behörde
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fehlerhaft, weil nach der Neufassung des § 73 Abs. 2 a AsylVfG die Behörde
gehalten gewesen sei, über den Widerruf nach pflichtgemäßem Ermessen unter
Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden, was hier jedoch
unterblieben sei.
Dieses Urteil war rechtskräftig geworden.
Im November 2008 wandte sich der Landrat des Kreises Bergstraße an das
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) und bat
unter Hinweis auf wiederholte Straffälligkeiten des Klägers um Prüfung der Frage
des Widerrufs der Asylanerkennung.
Am 22.12.2008 wurde seitens des Bundesamtes entschieden, erneut ein
Widerrufsverfahren einzuleiten. Dem Kläger wurde unter dem 23.12.2008
Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. In diesem Zusammenhang führte der
Bevollmächtigte des Klägers aus, die letzte strafrechtliche Verurteilung des
Klägers sei noch nicht rechtskräftig, die Revision sei noch bei dem
Oberlandesgericht A-Stadt am Main anhängig. Im Übrigen sei zu berücksichtigen,
dass der Kläger nach wie vor regelmäßigen Kontakt zu seinen Kindern habe.
Mit Bescheid vom 18.02.2009 widerrief das Bundesamt die Anerkennung des
Klägers als Asylberechtigter sowie die Feststellung, dass die Voraussetzungen des
§ 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass die
Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht vorliegen und
Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht bestehen.
Wegen weiterer Einzelheiten dieses Bescheides, der am 23.02.2009 als
Einschreiben zur Post gegeben wurde, wird auf Blatt 29 bis 33 der das zweite
Widerrufsverfahren betreffenden Behördenakte Bezug genommen.
Am 09.03.2009 hat der Kläger über seinen Bevollmächtigten Klage vor dem
erkennenden Gericht erhoben. Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen,
entgegen der behördlichen Auffassung fehle es nicht an der Bereitschaft zur
Integration. Er – der Kläger – habe seit langem seinen Lebensmittelpunkt in
Deutschland. Was den Kontakt zu seinen Kindern anbelange, sei es so, dass dieser
zunächst heimlich und ohne Wissen seiner geschiedenen Ehefrau stattgefunden
habe. Inzwischen hätten sich die Verhältnisse jedoch normalisiert, er sehe seine
Kinder nahezu täglich, sodass durchaus familiäre Bindungen hier in Deutschland
vorhanden seien. Schließlich sei nochmals darauf hinzuweisen, dass die letzte
strafrechtliche Verurteilung noch nicht rechtskräftig sei.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge von 18.02.2009
aufzuheben.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides.
Der Landrat des Kreises Bergstraße hat das Gericht unter dem 13.07.2009
dahingehend informiert, dass der Kläger einem beigefügten Bericht der
Bundespolizeidirektion Flughafen A-Stadt am Main vom 16.06.2009 zufolge in der
Vergangenheit wiederholt nach Prishtina / Kosovo gereist ist.
Nach einer Mitteilung des Oberlandesgerichts A-Stadt am Main vom 18.08.2009 ist
die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Z. vom 19.05.2008
durch Urteil des Senats vom 26.05.2009 als unbegründet verworfen worden.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
Niederschrift zur mündlichen Verhandlung sowie die Gerichtsakte verwiesen. Das
Gericht hat die Gerichtsakte 1 E 2067/04.A sowie drei Hefter Behördenvorgänge
beigezogen; auch diese Unterlagen sind zum Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gemacht worden.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet, denn der Bescheid des
Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 18.02.2009 ist rechtmäßig und
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Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 18.02.2009 ist rechtmäßig und
verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG sind die Anerkennung als Asylberechtigter und
die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft unverzüglich zu widerrufen, wenn die
Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Dies ist insbesondere dann der Fall,
wenn der Ausländer nach Wegfall der Umstände, die zur Anerkennung als
Asylberechtigter oder zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft geführt haben,
es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Staates in Anspruch zu nehmen,
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt (§ 73 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG). Der Widerruf
setzt demzufolge voraus, dass sich die zum Zeitpunkt der Anerkennungs- bzw.
Feststellungsentscheidung maßgeblichen Verhältnisse nachträglich erheblich und
nicht nur vorübergehend geändert haben (vgl. in diesem Zusammenhang nur
BVerwG, Urteil vom 12.06.2007 – 10 C 24.07 –, zitiert nach juris).
Vorliegend steht außer Frage, dass sich seit der positiven Statusentscheidung aus
dem Jahr 1994 die hierfür maßgeblichen Voraussetzungen erheblich und nicht nur
vorübergehend geändert haben. Zutreffend hat das Bundesamt in dem
angefochtenen Bescheid diesbezüglich ausgeführt, das Herkunftsland des Klägers
– die ehemals serbische Provinz Kosovo – habe am 17.02.2008 seine
Unabhängigkeit erklärt und sei seitdem von einer Reihe von Staaten diplomatisch
anerkannt worden (vgl. hierzu im Einzelnen Auswärtiges Amt, Lagebericht Republik
Kosovo vom 02.02.2009). Dies bedeutet, dass die die damalige positive
Statusentscheidung begründenden Umstände (Verfolgung durch serbische
Polizisten wegen des Verdachts, als albanischer Volkszugehöriger separatistischen
Bestrebungen Vorschub zu leisten) in der Tat weggefallen sind, und offenkundig zu
einer nicht nur vorübergehenden Veränderung der Situation im Kosovo geführt
haben; Gegenteiliges wird auch seitens des Klägers nicht vorgetragen. Angesichts
dieser nachhaltigen Veränderung der Verhältnisse im Kosovo kann es der Kläger –
was hier keiner weiteren Begründung bedarf – auch nicht mehr ablehnen, den
Schutz der Republik Kosovo in Anspruch zu nehmen.
Insoweit liegen daher die Voraussetzungen für den Widerruf der positiven
Statusentscheidungen vor, zumal auch die sonstigen formellen Voraussetzungen
gegeben sind, denn weder im Hinblick auf die Unverzüglichkeit des Widerrufs (§ 73
Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) noch hinsichtlich der Jahresfrist (§§ 49 Abs. 2 Satz 2, 48
Abs. 4 VwVfG) bestehen hier Bedenken (vgl. in diesem Zusammenhang BVerwG,
Urteil vom 20.03.2007 – 1 C 38/06 –, Urteil vom 12.06.2007 – 10 C 24.07 –, jeweils
zitiert nach juris).
Keiner weiteren Vertiefung bedarf in diesem Zusammenhang die Frage, ob
möglicherweise mit Blick auf die materielle Rechtskraft (vgl. in diesem
Zusammenhang im Einzelnen Kopp / Schenke, VwGO, Kommentar, Randnummer
2 zu § 121) des oben bereits erwähnten Urteils des VG Darmstadt vom 02.05.2005
(1 E 2067/04.A) die Behörde verpflichtet war, über den Widerruf in Ausübung
pflichtgemäßen Ermessens zu entscheiden.
Auf die Beantwortung dieser Frage kommt es hier deshalb nicht an, weil die
angefochtene Widerrufsentscheidung vom 18.02.2009 eine Ermessensbetätigung
enthält, die dem Zweck der Ermächtigung entspricht und auch ansonsten zu
Beanstandungen durch das Gericht im Rahmen des § 114 VwGO keine
Veranlassung gibt.
Allerdings verhält es sich so, dass die rechtliche Begründung der
Widerrufsentscheidung vom 18.02.2009 mit dem Satz „Die Anerkennung des
Ausländers als Asylberechtigter und die Feststellung, dass die Voraussetzungen
des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, sind gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG zu
widerrufen“ beginnt, was jedenfalls vom Wortlaut her als Indiz für eine so genannte
gebundene Entscheidung gewertet werden kann. Diese Ausführungen des
Bundesamtes können indes nicht isoliert betrachtet werden, sondern müssen im
Kontext der gesamten weiteren Begründung gesehen und bewertet werden. Eine
derartige Betrachtungsweise macht deutlich, dass die Behörde sich keineswegs
auf die vorstehend zitierte Aussage beschränkt und ihr Handeln alleine danach
ausgerichtet hat, ob der Wegfall der für die Anerkennung maßgeblichen Umstände
bejaht werden kann. Vielmehr hat sie – nach ausführlicher Darstellung und
Erörterung der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten – auf Seite 4 des
angegriffenen Bescheides explizit ausgeführt, „das Abwägen des öffentlichen
Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung gegen das Interesse des Ausländers
am Fortbestand seines Status im Sinne einer Ermessensentscheidung nach § 73
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am Fortbestand seines Status im Sinne einer Ermessensentscheidung nach § 73
Abs. 2a Satz 4 AsylVfG“ führe zum Widerruf. Es kann daher nicht zweifelhaft sein,
dass die Behörde hinsichtlich des Widerrufs der positiven Statusentscheidung eine
Ermessensentscheidung getroffen hat. Der oben wiedergegebene Eingangssatz
der rechtlichen Erwägungen ist daher als Beginn der „Abarbeitung“ der von der
Behörde so verstandenen Systematik der Vorschrift des § 73 AsylVfG zu werten,
die mit dem gebundenen Widerruf bzw. der gebundenen Rücknahme beginnt und
erst bei Bejahung der Voraussetzungen des § 73 Abs. 2a Satz 4 AsylVfG den Weg
zu einer Ermessensausübung eröffnet.
Diese Bewertung gilt umso mehr, als die Behörde sich insoweit nicht auf die
Wiedergabe eines inhaltsleeren Programmsatzes beschränkt, sondern
nachfolgend umfassend und abwägend die einander widerstreitenden Interessen
dargestellt hat.
Diese Ermessensentscheidung hält auch inhaltlich der gerichtlichen Überprüfung
stand.
Abzuwägen sind in diesem Zusammenhang einerseits das öffentliche Interesse an
der Beseitigung der dem Kläger nicht mehr zustehenden Position und zum
anderen dessen privates Interesse an der Beibehaltung der anerkennenden
Entscheidung unter Berücksichtigung der insbesondere aus der Dauer des
bisherigen Aufenthaltes resultierenden schützenswerten
Vertrauensgesichtspunkte.
Das Bundesamt hat in dem angefochtenen Bescheid zu Lasten des Klägers
maßgeblich darauf abgehoben, dass dieser sich hier nicht integriert habe, in einer
Obdachlosenunterkunft lebe, keiner Erwerbstätigkeit nachgehe und wiederholt und
zuletzt massiv straffällig geworden sei. Insbesondere der letztgenannte Umstand
begründe ein erhebliches öffentliches Interesse an der Beendigung des
Aufenthaltes des Klägers in Deutschland, da von einer hohen Wiederholungsgefahr
ausgegangen werden müsse.
Gegen diese Erwägungen ist seitens des Gerichts nichts zu erinnern, denn sie sind
sachgerecht, entsprechen ersichtlich dem Zweck der Ermächtigung und beruhen –
nachdem zwischenzeitlich die Revisionsentscheidung des Oberlandesgerichts
ergangen ist – auf einem zutreffenden Sachverhalt; auch der Kläger ist diesen
Ausführungen des Bundesamtes in tatsächlicher Hinsicht nicht (mehr)
entgegengetreten.
Auf die zwischen den Beteiligten kontrovers diskutierte Frage der familiären
Bindungen des Klägers kommt es jedenfalls im Rahmen dieses Verfahrens nicht
entscheidend an, so dass insofern auch kein weiterer Aufklärungsbedarf besteht.
Im Rahmen der erforderlichen Ermessensbetätigung ist zu unterscheiden zwischen
der Aufrechterhaltung des Flüchtlingsstatus einerseits und dem Fortbestand der
aufenthaltsrechtlichen Stellung andererseits (so zutreffend Hailbronner,
Ausländerrecht, Kommentar, Band 3, Asylrecht, Randnummer 95 zu § 73). Die
dem Bundesamt obliegende Statusentscheidung hat sich in erster Linie daran zu
orientieren, ob bei Vorliegen der Widerrufsvoraussetzungen Gründe des
öffentlichen Interesses eine Beseitigung der zuerkannten positiven
Statusentscheidung erfordern oder aber die durch die (länger zurückliegende)
Statusentscheidung ermöglichte Verfestigung des Aufenthaltes und damit
einhergehende Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse eine vorrangige
Berücksichtigung der Interessen des Ausländers am Fortbestand des
Flüchtlingsstatus gebieten. Demgegenüber obliegt es der Ausländerbehörde, nach
erfolgter Beseitigung der positiven Statusentscheidung in eine Prüfung der Frage
einzutreten, ob beispielsweise besonders intensive familiäre Bindungen des
Ausländers der an sich gebotenen Einleitung aufenthaltsbeendender Maßnahmen
entgegenstehen.
Demzufolge kommt es hier nicht auf Art und Umfang der familiären Bindungen
des Klägers an, weil derartige Aspekte im Rahmen der Ermessenserwägungen bei
der Frage des Widerrufs nach § 73 AsylVfG aus Rechtsgründen keine maßgebliche
Rolle spielen. Die entsprechenden Ausführungen des Bundesamtes in dem
angefochtenen Bescheid sind daher zu vernachlässigen und erfordern auch keine
weitere Sachverhaltsaufklärung, denn selbst wenn die Behörde insoweit von einem
unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen wäre, änderte dies im Ergebnis nichts.
Entscheidend ist vielmehr, dass das Bundesamt in gerichtlich nicht zu
beanstandender Weise namentlich mit Blick auf die Straffälligkeit des Klägers, aber
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beanstandender Weise namentlich mit Blick auf die Straffälligkeit des Klägers, aber
auch trotz dessen langer Aufenthaltsdauer augenscheinlich unzulänglicher
Integration ein erhebliches öffentliches Interesses an der Beseitigung der
ergangenen positiven Statusentscheidung bejaht hat. Der Kläger kann sich daher
unter den gegebenen Umständen nicht darauf berufen, entgegen der Ansicht der
Behörde verfüge er über familiäre Bindungen, da es hierauf – wie dargestellt – in
diesem Verfahren nicht ankommen kann.
Schließlich muss der Klage der Erfolg auch insoweit versagt bleiben, als es um die
unter Ziffer 3 und Ziffer 4 des Bescheides vom 18.02.2009 ergangenen
Entscheidungen geht.
In prozessualer Hinsicht ist vorab darauf hinzuweisen, dass der Kläger zwar
ausdrücklich nur die Kassation der entsprechenden Feststellungen beantragt hat.
Mit dem Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 20.03.2007 a.a.O. mit weiteren
Nachweisen) geht das erkennende Gericht aber davon aus, dass es in Fällen der
vorliegenden Art dem im Verwaltungsverfahren erfolglos gebliebenen Ausländer
regelmäßig darum geht, sein dem Gericht unterbreitetes Rechtsschutzbegehren –
so es denn nicht ausnahmsweise deutlich erkennbar eingeschränkt sein sollte –
sachlich umfassend zu verstehen und im Zweifel von einem auf Feststellung von
Abschiebungsverboten gerichteten Hilfsbegehren auszugehen.
Die Entscheidung des Bundesamtes, wonach weder die Voraussetzungen des § 60
Abs. 1 AufenthG vorliegen noch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7
AufenthG, ist rechtmäßig.
Das Gericht verweist diesbezüglich gemäß § 77 Abs. 2 AsylVfG auf die
entsprechenden Ausführungen des Bundesamtes in dem angegriffenen Bescheid
(dort Seite 4 Nr. 3 bis Seite 6 Ende des 2. Absatzes), denen es folgt. Den dortigen
Feststellungen und Bewertungen ist der Kläger nicht entgegengetreten; auch für
das Gericht sind keinerlei konkrete Anhaltspunkte ersichtlich, die zu einer
abweichenden Würdigung Veranlassung geben könnten.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83 b AsylVfG.
Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit wegen der Kosten
beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.