Urteil des VG Darmstadt vom 10.05.2006

VG Darmstadt: industrie, graben, alter, genehmigung, gewerbe, regionalplanung, ex tunc, ex nunc, veränderte verhältnisse, bekanntmachung

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Gericht:
VG Darmstadt 2.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 E 317/05, 2 E
317/05 (2)
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 9 Abs 4 Nr 2 PlanG HE 2002,
§ 11 Abs 1 Nr 1 PlanG HE
2002, § 12 Abs 3 PlanG HE
2002, § 18 PlanG HE 2002, § 1
Abs 3 RaumOG
Abweichungsgenehmigung bei Bestehen eines
Regionalplans, der keine Abweichungen zulässt.
Leitsatz
1. Zur Frage der Verbindlichkeit der Festsetzungen des Regionalplanes bei
gegenläufiger Bauleitplanung nach Ende des Abwägungsvorganges jedoch vor
Inkrafttreten des Regionalplanes
2. Zu den Voraussetzungen einer Abweichungsgenehmigung nach § 12 Abs. 3
Hessisches Landesplanungsgesetz (HLPG)
3. Zur Frage der Wirkungen von Festsetzungen des Landesentwicklungsprogrammes im
Hinblick auf zu treffende Abweichungsentscheidungen
Tenor
Soweit der Rechtsstreit für erledigt erklärt wurde, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten
abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben
Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob der Regionalplan 2000 für eine am nordöstlichen
Ortsrand des Stadtteiles W. der Stadt Y. unmittelbar an der B 47 gelegene Fläche
wirksam die Nutzungsart „Bereich für Industrie und Gewerbe“ festgesetzt hat. Die
betreffende Fläche wird im Nordwesten durch baulich genutzte
Gewerbegrundstücke bzw. bislang unbebaute, rechtskräftig festgesetzte
Gewerbeflächen begrenzt. Südwestlich begrenzt die B 47, im Nordosten die Stadt-
und Gemarkungsgrenze die Siedlungsentwicklung. Richtung Südost grenzen nach
dem Regionalplan Südhessen 2000 Flächen für den Arten- und Biotopschutz an.
Die Fläche umfasst einen Teil des Geltungsbereiches des Bebauungsplans „Alter
Graben 2“ der Klägerin. In diesem Bebauungsplan ist für die betreffende Fläche ein
Gewerbegebiet festgesetzt.
Am 23.08.2001 beantragte die Klägerin die Erteilung einer
Abweichungsgenehmigung von den Darstellungen des Regionalplanes Südhessen
2000 gemäß § 9 HLPG a.F. Nach den planerischen Vorstellungen der Klägerin
sollte in dem betreffenden Gebiet, welches im Regionalplan als Bereich für
Industrie und Gewerbe ausgewiesen ist, eine Sondergebietsfestsetzung nach § 11
BauNVO mit der Zweckbestimmung „großflächiger Einzelhandel“ zulässig sein.
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Unter dem 04.03.2002 leitete das Regierungspräsidium Darmstadt der zur
Entscheidung über die Abweichungsgenehmigung berufenen
Regionalversammlung und ihren vorbereitenden Gremien eine
Beschlussempfehlung des Inhalts zu, wonach dem Antrag der Klägerin unter im
Einzelnen bezeichneten Maßgaben stattgegeben werden solle.
Am 23.08.2002 lehnte die Regionalversammlung die Beschlussvorlage des
Regierungspräsidiums Darmstadt ab.
Mit Bescheid vom 22.10.2002 erließ das Regierungspräsidium Darmstadt als
Geschäftsstelle der Regionalversammlung den dementsprechenden
Ablehnungsbescheid.
Die Klägerin hat am 25.11.2002 hiergegen Klage erhoben (ehemals selbständiges
Verfahren 2 E 2713/02).
Im Rahmen einer Besprechung der Beteiligten mit dem Regierungspräsidium
Darmstadt am 12.11.2003 wurde die Möglichkeit erwogen, einen neuen
Abweichungsantrag auf der Grundlage eines veränderten Konzeptes einzureichen.
Am 15.12.2003 stellte die Klägerin einen neuen Abweichungsantrag. Inhalt dieses
Antrages war, dass im südöstlichen Teil des Gebietes auf einer Gesamtfläche von
2,2 Hektar (beim vorherigen Antrag: 3,5 Hektar) die Errichtung eines
Heimwerkermarktes (Z.) und eines Gartencenters erfolgen sollte. Der im Rahmen
des Erstantrages noch geplante Verbrauchermarkt wurde nicht weiter verfolgt. Das
neue Konzept sieht bei einer Gesamtverkaufsfläche von 8.000 qm für den
Baumarkt eine Verkaufsfläche von 6.800 qm sowie für das Gartencenter von 1.200
qm vor. Die Sortimentierung des Baumarktes sollte an der sogenannten „
der Bezirksregierung Köln von 2001 orientiert werden.
700 qm Sonderverkaufsfläche sollten für Randsortimente sowie für Aktionsware
bereitgehalten werden.
In Reaktion auf einen vom Bevollmächtigten der Klägerin gefertigten
Besprechungsvermerk vom 12.11.2003 erging unter dem 07.01.2004 ein
Schreiben des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft
(HMWVL), in welchem auf die verfahrensrechtlichen Abläufe und die Zuständigkeit
der Regionalversammlung hingewiesen wurde. Um ein positives Votum der
Regionalversammlung herbeiführen zu können, müsse, wie in dem Gespräch
bereits erläutert worden sei, die regionalplanerische Unbedenklichkeit
insbesondere auf der Basis der geplanten Sortimente und Verkaufsflächen
dargelegt werden. Aus der Sicht des Regierungspräsidiums und des HMVWL
müsse sichergestellt werden, dass in dem geplanten Sondergebiet ausschließlich
ein Bau- und Gartenmarkt ohne zentrenrelevante Sortimente und mit einer
Begrenzung baumarktbezogener Randsortimente auf 700 qm zulässig sei. Auf
einer solchen Basis könne das Projekt seitens des Regierungspräsidiums und des
Ministeriums unterstützt werden.
Am 29.03.2004 leitete das Regierungspräsidium Darmstadt seine die Zustimmung
zu dem Antrag beinhaltende Beschlussvorlage an die Regionalversammlung mit
den Maßgaben weiter, dass die maximale Verkaufsfläche des geplanten
Heimwerkermarktes – bestehend aus Baumarkt, Baustoffhandel, Gartencenter
und Gartenfreiverkauf – auf 8000 qm festgesetzt werde und dass im Rahmen der
Bauleitplanung der Ausschluss von innenstadtrelevanten Sortimenten verbindlich
festgesetzt werde. Zugelassen werden sollten nur solche Sortimente, die der so
genannten Kölner Liste entsprechen.
Am 07.05.2004 beschloss die Regionalversammlung, die Vorlage des
Regierungspräsidiums Darmstadt abzulehnen.
Unter dem 27.05.2004 forderte die Klägerin das Regierungspräsidium auf, die
Entscheidung der Regionalversammlung gemäß § 12 Abs. 4 HLPG zu ersetzen und
die Abweichung zuzulassen sowie den Sofortvollzug anzuordnen.
Am 26.07.2004 entschied der Hessische Verwaltungsgerichtshof in dem Verfahren
4 N 406/04, dass der Regionalplan Südhessen 2000 nichtig sei.
Am 10.08.2004 legte die Klägerin die von ihr beschlossene Änderung des
Flächennutzungsplans zur Genehmigung vor.
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Am 23.08.2004 genehmigte die Hessische Landesregierung den Regionalplan
Südhessen 2000 unter Berücksichtigung der Maßgaben, die in dem Urteil des
Hess. Verwaltungsgerichtshofs vom 26.07.2004 enthalten waren, erneut. Die
Genehmigung wurde am 14.09.2004 bekannt gemacht.
In Reaktion auf die Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs wurde
die Regionalversammlung nochmalig mit dem streitgegenständlichen Vorgang
befasst und lehnte am 10.12.2004 erneut die Zustimmung zu der
Beschlussvorlage des Regierungspräsidiums Darmstadt, welche die Erteilung einer
Abweichungsgenehmigung vorsah, ab.
Mit Bescheid vom 28.01.2005 lehnte das Regierungspräsidium Darmstadt als
Geschäftsstelle der Regionalversammlung den Abweichungsantrag der Klägerin
vom 15.12.2003 und vom 22.01.2004 ab. Zur Begründung führte das
Regierungspräsidium im Wesentlichen aus, durch das Vorhaben drohe eine
Beeinträchtigung der vorhandenen Einzelhandelsstruktur der Städte Y. und X. Zu
berücksichtigen sei die negative Bewertung des Standortes des Baumarktes. Die
durch die vorgesehene Vermarktung von Holzbauteilen befürchtete
Existenzgefährdung der mittelständischen Sägereien, Zimmereien und
Holzhandelsbetriebe der Region stehe dem Vorhaben ebenfalls entgegen. Ferner
wurde das Fehlen eines gemeinsamen städtebaulichen Konzeptes der Städte X.
und Y. gerügt. Gerade bei großflächigen Einzelhandelsbetrieben sei eine
gemeindegebietsübergreifende Sichtweise geboten, weil auf der Hand liege, dass
die Ansiedlung des großflächigen Einzelhandels in städtischen Randlagen geeignet
sein könne, die Verwirklichung der Einzelhandelskonzeption der Nachbargemeinde
erheblich zu beeinträchtigen. Deswegen sei im Regionalplan Südhessen 2000
unter Ziffer Nr. 2.4.3-2 ausdrücklich als Ziel festgelegt, dass bei der Errichtung und
Erweiterung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben eine Abstimmung mit den
Nachbargemeinden erforderlich sei.
Die Klägerin hat am 17.02.2005 gegen den Bescheid vom 28.01.2005 Klage
erhoben (Verfahren 2 E 317/05).
Mit Beschluss vom 11.07.2005 wurden die beiden Verfahren 2 E 2713/02 und 2 E
317/05 miteinander verbunden und unter dem Az. 2 E 317/05 fortgeführt.
Die Klägerin trägt vor, es bedürfe keiner Abweichungsgenehmigung. Der
Regionalplan Südhessen 2000 treffe für das geplante Sondergebiet „großflächiger
Einzelhandel“ (Baumarkt) in der Kreisstadt Y., Stadtteil W. im Gebiet „Alter
Graben“ keine Zielaussage. Der Regionalplan Südhessen 2000 sei inzwischen
durch den Hess. Verwaltungsgerichtshof am 26.07.2004 für nichtig erklärt worden.
Zwar habe die Hessische Landesregierung die beanstandete Genehmigung
ersetzt und den Regionalplan Südhessen 2000 durch erneute Bekanntmachung
vom 13.09.2004 wieder in Kraft gesetzt, diese Bekanntmachung wirke jedoch nicht
zurück. Die Klägerin habe bereits im Frühjahr 2004 im Parallelverfahren die
Änderung des Flächennutzungsplanes und des Bebauungsplanes für den Bereich
„Alter Graben 2“ beschlossen. Die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange
sowie die Bürgerbeteiligung seien durchgeführt worden. Zwischenzeitlich sei am
21.01.2005 die Genehmigungsfiktion zur Änderung des Flächennutzungsplanes
gemäß § 6 Abs. 4 BauGB im Amtsblatt bekannt gemacht und die Änderung des
Bebauungsplanes „Alter Graben, 2. Änderung“ als Satzung beschlossen und
ebenfalls bekannt gemacht worden. Die Planungsabsichten der Klägerin hätten
sich daher bereits vor erneuter Bekanntmachung des Regionalplanes Südhessen
2000 verfestigt, so dass im Zuge der erneuten Bekanntmachung des
Regionalplanes Südhessen 2000 insbesondere die Darstellung als Vorrangfläche
für Industrie und Gewerbe hätte überprüft werden müssen, um dem
Gegenstromprinzip gemäß § 1 Abs. 3 Raumordnungsgesetz (ROG) Rechnung zu
tragen.
Es habe keine erneute Abwägung mit der verfestigten Planung der Klägerin
stattgefunden, was aber erforderlich gewesen wäre.
Der Regionalplan Südhessen 2000 weise deshalb das streitgegenständliche Gebiet
nicht wirksam aus. Da der Versagungsbescheid jedoch den Rechtsschein erzeuge,
es bedürfe einer Abweichungsgenehmigung, sei dieser aufzuheben.
Die Darstellungen des regionalen Raumordnungsplanes 1995 hätten der
beabsichtigten Ausweisung als Sondergebiet nicht entgegengestanden. Die
Entscheidungen der Regionalversammlung vom 23.08.2002 und 07.05.2004 seien
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Entscheidungen der Regionalversammlung vom 23.08.2002 und 07.05.2004 seien
daher rechtswidrig gewesen. Für den Fall, dass der Regionalplan Südhessen 2000
entgegen der Einschätzung der Klägerin dennoch Rechtswirkung im Hinblick auf die
streitgegenständliche Gebietsausweisung entfalte, sei davon auszugehen, dass
die Voraussetzungen für die Erteilung einer Abweichungsgenehmigung vom
Regionalplan vorliege. Die Entscheidung vom 17.12.2004 sei rechtswidrig, weil die
beantragte Abweichung gemäß § 12 Abs. 3 HLPG unter raumordnerischen
Gesichtspunkten vertretbar sei und die Grundzüge der Regionalplanung nicht
berührt werden. Das Regierungspräsidium Darmstadt habe in seinen
Beschlussvorlagen vom 17.05.2004 und 03.12.2004 ebenfalls diese Auffassung
vertreten. Diese Regelung entspreche der rahmenrechtlichen Vorgabe des § 11
ROG. Die Entscheidung über die „
führe weder zur Eröffnung eines planerischen
Gestaltungsspielraums der Landesplanungsbehörde, noch zu einem
Beurteilungsspielraum. Die Behörde treffe auch keine neue
Abwägungsentscheidung in Bezug auf das betreffende Raumordnungsziel, so dass
es sich bei der Feststellung der raumordnerischen Vertretbarkeit nicht um eine
Planungsentscheidung handele. Sinn und Zweck der Zielabweichung sei es, eine
nachzuvollziehende Betrachtung unter Beibehaltung der konkreten Festlegungen
im Raumordnungsplan zu gewährleisten. Eine Abweichung von den Zielen der
Raumordnung sei mithin zulässig, wenn durch sie die zwischen den einzelnen
Zielaussagen eines Raumordnungsplans bestehenden Wechselwirkungen, in die
auch das von der Abweichung betroffene Ziel mit eingebunden sei, nicht in Frage
gestellt werden. Die Regelung über die Abweichung gleiche im Wesentlichen der
Regelung über eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB.
Dass die Abweichung vertretbar sei, ergebe sich aus der Funktion der Klägerin als
Mittelzentrum. Gemäß Kapitel 2.4.3-2 des Regionalplanes sei die Klägerin als
Standort für großflächigen Einzelhandel geeignet. Die Grundzüge der
Regionalplanung seien zum einen nicht berührt, weil die Sonderbaufläche den
Siedlungsflächen zugewiesen sei. Für die Klägerin sei ein maximaler Bedarf an
Siedlungsflächen von 39 Hektar prognostiziert und planerisch dargestellt worden.
Zum anderen erlaube Ziffer 2.4.2-8 einen Flächentausch von Industrie- und
Gewerbeflächen und Siedlungsbereichen. Gemäß Ziffer 2.4.3-3 sei vorgesehen,
den großflächigen Einzelhandelsbetrieb innerhalb des bereits bauplanungsrechtlich
ausgewiesenen Gewerbegebietes „Alter Graben II“ anzusiedeln. Das geplante
Vorhaben weise daher eine enge bauliche und funktionelle Verbindung zu
bestehenden Siedlungs- und Gewerbegebieten auf. Das Vorhaben orientiere sich
außerdem an der sog. zur Sortimentsbegrenzung mit dem Ziel der
Vermeidung negativer städtebaulicher Auswirkungen. Da lediglich rund 2 Hektar
des Gebietes „Alter Graben II“ von insgesamt 8 Hektar beansprucht werden sollen,
verbleibe ausreichend Fläche für den aktuellen Gewerbeflächenbedarf. Negative
Auswirkungen auf den Vorrang für Industrie und Gewerbeflächen bestünden daher
nicht.
Die Regionalversammlung habe einzig und allein prüfen müssen, ob durch die
Zielabweichung der im Regionalplan geschaffene Ausgleich betroffener Interessen
gestört werde, d.h., ob die Grundzüge der Regionalplanung berührt würden.
Belange der örtlich ansässigen holzverarbeitenden Betriebe sowie die Möglichkeit
der Aufstellung eines gemeinsamen Flächennutzungsplanes fänden keinen
Eingang in den Abgleich zwischen der geplanten Abweichung und der
regionalplanerischen Darstellung als Vorrangfläche für Industrie und Gewerbe. Die
geltend gemachten Belange seien ausschließlich solche, die auf der Ebene der
Bauleitplanung im Rahmen des interkommunalen Abstimmungsgebotes zu
berücksichtigen seien, nicht jedoch auf der Ebene der Regionalplanung. Funktion
der Ausweisungen der Vorrangfläche für Industrie und Gewerbe sei nicht der
Schutz der ortsansässigen Betriebe. Entsprechend der Befreiungsvorschrift im
Bauplanungsrecht (§ 31 Abs. 2 BauGB) stehe bei Vorliegen der tatbestandlichen
Voraussetzungen für eine Befreiung, die hier gegeben sei, der
Landesplanungsbehörde nur noch ein Rechtsfolgeermessen zu. Vor dem
Hintergrund ihrer verfassungsrechtlich geschützten Planungshoheit (Artikel 28
Abs. 2 GG) stehe der Klägerin ein Anspruch auf eine positive
Abweichungsentscheidung zu.
Nehme man an, dass eine Ermessensreduzierung auf Null nicht eingetreten sei,
müsse man feststellen, dass die Regionalversammlung rechtswidrig davon
ausgegangen sei, ihr stünde ein planerischer Gestaltungsspielraum zu. Ein
Rechtsfolgeermessen sei nicht mehr ausgeübt worden. Zudem habe sich die
Regionalversammlung von sachfremden, nicht dem Raumordnungsrecht
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Regionalversammlung von sachfremden, nicht dem Raumordnungsrecht
zuzuordnenden Gesichtspunkten leiten lassen. Der Verbrauch der Gewerbefläche
für die Einrichtung eines großflächigen Einzelhandels sei unter
Raumordnungsgesichtspunkten vertretbar. Dies sei unstreitig. Der gleiche Belang
könne nicht nochmals auf der Rechtsfolgenseite entgegengehalten werden.
Welche Belange entgegengehalten würden, erschließe sich nicht. Die befürchtete
Beeinträchtigung der Einzelhandelsstruktur in Y. und X. betreffe einen Belang des
interkommunalen Abstimmungsgebotes, mithin einen Belang der Bauleitplanung
und nicht der regionalen Raumordnung. Das Fehlen eines gemeinsamen
städtebaulichen Konzepts von Y. und X. sei kein regionalplanerischer Belang.
Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten stehe auch der
Landesentwicklungsplan 2000 (LEP 2000) der Abweichungszulassung nicht
entgegen. Nach dessen Ziffer 4.1.2 könnten Vorhaben, die für die Unterbringung
in innerstädtischen Bereichen ungeeignet seien (z.B. Bau- und Gartenmärkte) von
dem „Einfügungsgebot“ ausgenommen werden. Dies gelte auch für die
Umwidmung von Gewerbegebieten in Sondergebiete. Eine Zielfestlegung für einen
Vorrang für Flächen für Industrie und Gewerbe gebe es im LEP 2000 nicht. Der
Regionalplan Südhessen 2000 könne wegen der zwischenzeitlich verfestigten
Bauleitplanung zur Ausweisung des Sondergebietes im Bereich „Alter Graben II“
im Stadtteil W. seine Ordnungsfunktion nicht mehr erfüllen.
Für den Fall, dass das Gericht nach erneuter Bekanntmachung des Regionalplans
Südhessen 2000 die Klageanträge 1 bis 3 verneine, sei der hilfsweise unter 4
gestellte Feststellungsantrag zulässig, weil ursprünglich ein Rechtsanspruch auf
Erteilung der Abweichungsgenehmigung bestanden habe und die Klägerin
beabsichtige, Schadensersatz geltend zu machen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 28.01.2005
aufzuheben,
hilfsweise,
den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides vom
28.01.2005 die von der Kreisstadt Y. mit Schreiben vom 15.12.2003 und
22.01.2004 beantragte Abweichung vom Regionalplan Südhessen 2000 für die
Ausweisung eines Sondergebietes „Großflächiger Einzelhandel (Baumarkt)“ in der
Kreisstadt Y., Stadtteil W., im Gebiet „Alter Graben“ zuzulassen,
weiter hilfsweise,
den Bescheid vom 28.01.2005 aufzuheben und den Beklagten zu
verpflichten, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu
zu bescheiden,
weiter hilfsweise,
festzustellen, dass die mit Schreiben vom 15.12.2003 und 22.01.2004
beantragte Abweichung vom Regionalplan Südhessen 2000 für die Ausweisung
eines Sondergebietes „Großflächiger Einzelhandel (Baumarkt)“ in der Kreisstadt
Y., Stadtteil W., im Gebiet „Alter Graben“ genehmigungsfähig war.
Das beklagte Land beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das beklagte Land trägt vor, die Annahme der Klägerin, die Ausweisung eines
Sondergebietes mit der Zweckbestimmung „großflächiger Einzelhandel“ im
Bereich „Alter Graben II“ im Stadtteil W. bedürfe keiner Abweichungsgenehmigung
vom Regionalplan Südhessen 2000, sei rechtsirrig. Der Regionalplan sei
rechtmäßig in Kraft getreten. Die Klägerin verkenne die rechtlichen Möglichkeiten,
die sich dem beklagten Land nach den Entscheidungen des Hessischen
Verwaltungsgerichtshofs eröffneten. Grundsätzlich sei der Normgeber bei einem
Verfahrensfehler, der zur Nichtigkeit führe, nicht gehalten, das
Normsetzungsverfahren von Anfang an neu aufzurollen. Der Ausspruch der
Nichtigkeit bedeute zwar, dass die für nichtig erklärte Norm ihre Wirkung verliere
und damit der weiteren Anwendung entzogen sei. Es seien jedoch keine
rechtsstaatlichen Gesichtspunkte erkennbar, die es gebieten würden, die
Nichtigkeitsfolge auch auf diejenigen Verfahrensschritte mit zu beziehen, die vor
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Nichtigkeitsfolge auch auf diejenigen Verfahrensschritte mit zu beziehen, die vor
dem Verfahrensfehler liegen.
Es widerspreche insbesondere nicht der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4
GG, wenn sich der Normgeber zur Heilung eines Verfahrensfehlers darauf
beschränke, nur den fehlerhaften Verfahrensakt zu wiederholen. Eine andere
Beurteilung sei nur dann geboten, wenn sich die genehmigte Planung
zwischenzeitlich durch die tatsächlichen Verhältnisse in einem Umfang überholt
hätte, dass das ursprünglich gefundene Abwägungsergebnis unter den
veränderten Umständen nicht mehr haltbar erschiene. Insoweit sei auch auf die
Rechtsprechung zur Funktionslosigkeit von Bebauungsplänen zu verweisen, die
eine parallele Fragestellung beträfen. Diese Voraussetzungen lägen hier jedoch
nicht vor. Mit der Regelung des § 10 Abs. 7 HLPG, wonach Regionalpläne alle fünf
Jahre fortzuschreiben seien, liege für das Raumordnungsrecht eine spezielle
Entscheidung des Gesetzgebers vor, in welchen Zeitintervallen eine Anpassung
des Regionalplanes erforderlich sei. Aus der Festlegung der Fünf-Jahresfrist ergebe
sich im Umkehrschluss, dass während dieser Frist keine Verpflichtung des
Plangebers zur Anpassung gegeben sei. Der Gesetzgeber habe bewusst in Kauf
genommen, dass zwischenzeitliche Entwicklungen sich nicht im Plan
niederschlagen. Zur Problembewältigung habe er außerdem das
Raumordnungsverfahren nach § 18 HLPG und das Abweichungsverfahren nach §
12 HLPG geschaffen. Diese Instrumente ermöglichten eine flexible Reaktion, wenn
bei Planvollzug Konflikte aufträten. Nicht einmal die Vorgaben des
Landesentwicklungsplanes lösten eine Anpassungspflicht aus. Zwar gebe das
Landesrecht der obersten Landesplanungsbehörde das Recht, eine Anpassung
nach § 10 Abs. 8 HLPG zu verlangen, jedoch liege dies in deren Ermessen. Die
Klägerin wolle die Pflicht zur erneuten Abwägung und eine Anpassung an
veränderte Verhältnisse daraus ableiten, dass sie zwischenzeitlich in Abkehr von
ihren ursprünglichen Planungen in dem Bereich „Alter Graben II“ im Stadtteil W.,
der im Regionalplan Südhessen 2000 als Vorrangfläche für Industrie und Gewerbe
dargestellt sei, ein Sondergebiet ausweisen wolle, um die Errichtung eines
großflächigen Einzelhandelsbetriebes zu ermöglichen. Die Klägerin verkenne die
Planungshierarchie, wenn sie die Forderung erhebe, dass ihre nachträgliche
Planung Berücksichtigung finden müsse. Die Klägerin sei nach § 4 Abs. 1 HLPG und
nach § 1 Abs. 4 BauGB an die Ziele des Regionalplanes gebunden und nicht
umgekehrt treffe die Regionalversammlung die Verpflichtung, auf
Planungsvorhaben einer Gemeinde mit einer Änderung des Regionalplanes zu
reagieren (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 07.02.2005, NVwZ – RR, 485 f.).
Die Regionalversammlung habe bei ihrer Entscheidung nicht darauf abgestellt,
dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 12 Abs. 3 HLPG nicht erfüllt seien.
Vielmehr habe die Regionalversammlung den Ermessensspielraum genutzt, den
ihr der Gesetzgeber in § 12 Abs. 3 Satz 1 HLPG einräume. Den Niederschriften des
Hauptausschusses und der Regionalversammlung selbst sei zu entnehmen, dass
die Regionalversammlung die für und gegen eine Abweichung entsprechenden
Gründe wohl abgewogen habe. Letztlich habe die Regionalversammlung den
gegen die Abweichung sprechenden Gesichtspunkten einen höheren Stellenwert
beigemessen. Es sei daher eine Verkennung der Tatsachen, wenn der
Regionalversammlung ein Ermessensnichtgebrauch unterstellt werde. Ebenso
unzutreffend sei der Vorwurf, die Regionalversammlung habe sich von
sachfremden Erwägungen leiten lassen. Die für die Regionalversammlung
bestimmenden Gründe seien genuine Aspekte der Regionalplanung. Die Klägerin
lasse auch außer Acht, dass ihre Planungen nicht nur dem Regionalplan
Südhessen 2000, sondern auch den Zielen des Landesentwicklungsplans 2000
(LEP 2000) zuwiderlaufe. Im LEP 2000 sei unter Ziffer 4.1.2 ausdrücklich
vorgegeben, dass Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel nur in den im
Regionalplan ausgewiesenen Siedlungsbereichen zulässig seien. Auch die weiteren
Zielaussagen, die der LEP 2000 unter Ziffer 4.1.2 zur Zulässigkeit von
großflächigen Einzelhandelsvorhaben treffe, deckten sich inhaltlich, teilweise sogar
wortwörtlich, mit den Zielfestlegungen des Regionalplans Südhessen 2000.
Unabhängig von der Ermessensentscheidung der Regionalversammlung sei daher
gem. §§ 12 Abs. 3 Satz 2, 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 HLPG eine positive
Abweichungsentscheidung ausgeschlossen.
Hinsichtlich des hilfsweise unter 4. gestellten Feststellungsantrages fehle es an
einem Feststellungsinteresse. Im Übrigen sei er auch unbegründet. Bereits im
regionalen Raumordnungsplan 1995 sei angelegt gewesen, dass großflächiger
Einzelhandel nur in kartenmäßig erfassten Siedlungsflächen ausgewiesen werden
dürfe. Hierzu sei auf die Ziffern 2.4.1 und 2.4.4 des regionalen
Raumordnungsplanes Südhessen 1995 und auf die Begründung zu Ziffer 2.4.4 zu
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Raumordnungsplanes Südhessen 1995 und auf die Begründung zu Ziffer 2.4.4 zu
verweisen. Schon damals sei die streitgegenständliche Fläche als Vorrangfläche
für Industrie und Gewerbe ausgewiesen gewesen. Mit der Nichtigkeitserklärung des
Regionalplans Südhessen 2000 sei der regionale Raumordnungsplan 1995 ex tunc
wieder in Geltung gelangt. Die Entscheidung des Hess. Verwaltungsgerichtshof
vom 26.07.2004 habe erst Rechtskraft erlangt, nachdem das Land seine zunächst
eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde mit Schriftsatz vom 15.09.2004
zurückgenommen habe. Zu diesem Zeitpunkt sei bereits der neue genehmigte
Regionalplan Südhessen 2000 mit der Bekanntmachung vom 01.09.2004 in Kraft
getreten. Schließlich sei die Klägerin daran zu erinnern, dass sie unabhängig von
der Geltung des Regionalplans Südhessen 2000 den Vorgaben des
Landesentwicklungsplans unterworfen sei, da nach dem Urteil des Hess.
Verwaltungsgerichtshof vom 16.08.2002 (NVwZ 2003, 219) die Ziele des LEP für
die Gemeinden nach § 4 Abs. 1 ROG bindende Wirkung entfalteten.
Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung am 10.05.2006 den
Rechtsstreit in der Hauptsache insoweit für erledigt erklärt, als sich die Klage
gegen den Bescheid des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 22.10.2002
(ehemaliges selbständiges Verfahren 2 E 2713/02) richtete.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt
der Gerichtsakten (3 Bände), die Gerichtsakte in dem Verfahren 2 E 1461/05
(Klage der Klägerin gegen die Verweigerung der Genehmigung der Änderung des
Flächennutzungsplanes), die Behördenvorgänge des beklagten Landes (4 Hefter)
sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 10.05.2006 verwiesen.
Die genannten Akten sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht
worden.
Entscheidungsgründe
Soweit der Rechtsstreit von den Beteiligten übereinstimmend für in der
Hauptsache erledigt erklärt worden ist, war das Verfahren in entsprechender
Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Der Einstellung hat in diesem
Zusammenhang lediglich klarstellenden Charakter. Insoweit ist seitens des
Gerichts im Rahmen der einheitlichen Kostenentscheidung nur noch über die
Kosten des Verfahrens zu entscheiden (§ 161 Abs. 2 VwGO).
Die Klage ist hinsichtlich des Klageantrages zu 1. als isolierte Anfechtungsklage
gegen den Bescheid des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 28.01.2005
zulässig. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Regionalplan Südhessen
2000 im Hinblick auf den Geltungsbereich des Bebauungsplanes „Alter Graben II“
wirksam Festsetzungen treffen konnte, die für die Klägerin bindend sind. Hierzu
verhält sich der streitgegenständliche Bescheid des Regierungspräsidiums
Darmstadt in der Weise, dass festgestellt wird, dass der Regionalplan Südhessen
2000 nach dessen erneuter Inkraftsetzung auch für das streitgegenständliche
Gebiet Wirkung entfalte. Wäre davon auszugehen, dass die diesbezüglichen
Festsetzungen des Regionalplanes nicht wirksam erfolgt sind, könnte der
Regionalplan Südhessen 2000 für das streitgegenständliche Vorhaben der Klägerin
keine Bindungswirkung entfalten. Durch den Versagungsbescheid würde allerdings
in diesem Falle ein gegenteiliger Rechtsschein erzeugt, der nur durch die
Aufhebung des Bescheides zu beseitigen wäre.
Die Klage ist jedoch insoweit nicht begründet.
Der Bescheid des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 28.01.2005 erweist sich
insoweit als rechtmäßig, als hierin davon ausgegangen wird, dass die
Festsetzungen im Regionalplan Südhessen 2000 das streitgegenständliche Gebiet
betreffend nach der erneuten Genehmigung des Regionalplans durch die
Hessische Landesregierung am 13.09.2004 wirksam Festsetzungen getroffen hat.
Die erneute Genehmigung des Regionalplanes durch die Hessische
Landesregierung vom 23.08.2004, in Kraft getreten am 13.09.2004, erfolgte im
Einklang mit der Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes in
seinen Entscheidungen vom 03.11.2005 (Hess. VGH, Urteil vom 03.11.2005, 4 N
177/05) und vom 26.07.2004 (Hess. VGH, Beschluss vom 26.07.2004, 4 N
406/06). Wie der Hess. Verwaltungsgerichtshof in diesen Entscheidungen ausführt,
kann der Normgeber im Falle der Nichtigkeit einer Norm ohne Weiteres das
Normgebungsverfahren an dem Punkt wieder aufgreifen, an dem der Fehler
geschehen ist. Einer analogen Anwendung des § 215 a BauGB bedarf es nicht
(Hess. VGH, Beschluss vom 26.07.2004 a.a.O). In dem Urteil vom 03.11.2005 führt
der Hessische Verwaltungsgerichtshof explizit aus, dass die Hessische
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der Hessische Verwaltungsgerichtshof explizit aus, dass die Hessische
Landesregierung nicht daran gehindert war, den Regionalplan Südhessen 2000 am
23.08.2004 wirksam zu genehmigen und im Anschluss daran bekannt zu machen.
Der erkennende Senat nimmt diesbezüglich ausdrücklich auf das obiter dictum in
seiner Entscheidung vom 26.07.2004 Bezug. In diesem Zusammenhang führt der
Verwaltungsgerichtshof bereits aus, dass auch durch zeitliche Verzögerungen
nicht unerheblichen Ausmaßes erfolgte Planungsschritte nicht unwirksam werden.
Eine solche Rechtsfolge stünde im Gegensatz zum Beschleunigungsgrundsatz, der
dem Planungsrecht immanent ist. Aus der in § 10 Abs. 7 HLPG enthaltenen
Fristenregelung, wonach Regionalpläne innerhalb von fünf Jahren nach dem
Inkrafttreten den veränderten Verhältnissen durch Neugestaltung anzupassen
seien, sei im Umkehrschluss abzuleiten, dass während dieser Frist eine
Verpflichtung des Plangebers zur laufenden Abänderung und Aktualisierung nicht
bestehe. Der Gesetzgeber habe vielmehr in Kauf genommen, dass
zwischenzeitlich Entwicklungen eintreten, die der Regionalplan noch nicht erfasst
habe. Zur Bewältigung hieraus entstehender Probleme stehe mit dem
Raumordnungsverfahren gemäß § 18 HLPG und der Möglichkeit einer
Abweichungszulassung gemäß § 12 HLPG ein geeignetes Instrumentarium zur
Verfügung, das eine flexible Reaktion auf neuere Entwicklungen bis zur nächsten
Plannovellierung erlaube. Bedenken gegen eine Genehmigung des Regionalplans
nahezu vier Jahre nach der Beschlussfassung durch die Regionalversammlung
könnten allenfalls dann bestehen, wenn die Regionalversammlung im Zeitpunkt
der Genehmigung an dem von ihr aufgestellten Plan nicht mehr habe festhalten
wollen oder wenn der Plan wegen inzwischen geänderter tatsächlicher Verhältnisse
nicht mehr geeignet wäre, seine ordnende und zielbestimmende Funktion zu
erfüllen. Dem Gericht sei aus dem Verfahren 4 N 406/04 bekannt, dass die
Regionalversammlung auch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung am
26.07.2004 an dem von ihr aufgestellten Plan habe festhalten wollen und eine
nebenbestimmungsfreie Genehmigung durch die Landesregierung gewünscht
habe. Der Regionalplan hätte seine Genehmigungsfähigkeit nur dann verloren,
wenn sich seit der Beschlussfassung so gravierende Veränderungen ergeben
hätten, dass die Festsetzungen funktionslos geworden wären oder dass das
ursprüngliche Abwägungsergebnis als Verstoß gegen den
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz angesehen werden müsste.
In Anwendung dieser Grundsätze des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs, die
sich das erkennende Gericht vollumfänglich zu Eigen macht, ist die Kammer zu der
Überzeugung gelangt, dass im Hinblick auf die Festsetzungen im Regionalplan
Südhessen 2000, das streitgegenständliche Gebiet betreffend, eine erneute
Abwägung nicht geboten war und insofern der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auch
nicht verletzt wurde.
Das Gericht vermag insofern der Argumentation der Klägerin nicht zu folgen, dass
ihre vor der erneuten Inkraftsetzung des Regionalplanes vorangetriebene
Bauleitplanung unter Berücksichtigung des in § 1 Abs. 3 Raumordnungsgesetz
(ROG) verankerten Gegenstromprinzips hätte dazu führen müssen, dass die
Regionalversammlung in einen erneuten Abwägungsprozess hätte eintreten und
den Regionalplan im Sinne des Begehrens der Klägerin hätte ändern müssen.
Zwar ist es grundsätzlich richtig, dass die Wirkung der Genehmigung des
Regionalplans Südhessen 2000 aufgrund des Fehlens einer entsprechenden
gesetzlichen Regelung über eine Rückwirkung im HLPG ex nunc eingetreten ist.
Zugleich hat die Klägerin bereits im Frühjahr 2004 im Parallelverfahren (§§ 8 Abs.
3, 10 BauGB) die Änderung ihres Flächennutzungsplanes und des
Bebauungsplanes für den Bereich „Alter Graben II“ beschlossen. Hinsichtlich der
Genehmigung des Flächennutzungsplanes ist unter dem Az.
2 E 1461/05 bei dem erkennenden Gericht ein Rechtsstreit anhängig, bei dem es
darum geht, ob die Genehmigungsfrist nach § 6 Abs. 4 Satz 2 BauGB rechtmäßig
verlängert worden ist und innerhalb der verlängerten Frist die Genehmigung
wirksam versagt werden konnte. Die Klägerin vertritt in diesem Zusammenhang
die Rechtsauffassung, dass die Genehmigungsfiktion nach § 6 Abs. 4 Satz 4
BauGB eingetreten sei. Ob diese Rechtsansicht zutrifft, ist im vorliegenden
Rechtsstreit nicht zu entscheiden. Maßgeblich ist für die erkennende Kammer
allein, ob das Festhalten an dem ursprünglich gefundenen Abwägungsergebnis im
Hinblick auf die Planungen der Klägerin unverhältnismäßig wäre. In diesem
Zusammenhang ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Klägerin selbst bei
ihrem ersten Abweichungsantrag noch von der Wirksamkeit des Regionalplans
Südhessen 2000 ausgegangen ist. Auch bei Stellung des hier
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Südhessen 2000 ausgegangen ist. Auch bei Stellung des hier
streitgegenständlichen zweiten Abweichungsantrages vom 15.12.2003 gingen alle
Beteiligten von der Wirksamkeit des Regionalplanes aus. Die Klägerin hat daher
ihre Bauleitplanung nicht etwa im Vertrauen darauf vorangetrieben, dass die
übergeordnete Regionalplanung mit dem von ihr verfolgten Vorhaben in Einklang
steht, sondern von vornherein ihre Planung im Konflikt mit den ihr bekannten
Planungsabsichten der übergeordneten Regionalplanungsbehörde betrieben. Wie
das beklagte Land in diesem Zusammenhang zutreffend ausgeführt hat, wären
die Planungsabsichten der Klägerin zum Zeitpunkt des Aufstellungsverfahrens des
Regionalplanes ohne jeden Zweifel in den Abwägungsprozess mit einzubeziehen
gewesen. Insoweit würde auch das in § 1 Abs. 3 ROG verankerte
Gegenstromprinzip zur Anwendung kommen. Ist der Abwägungsprozess, in dessen
Rahmen die Klägerin als beteiligte Kommune ihre Belange mit einfließen lassen
kann, jedoch abgeschlossen und hat die Regionalversammlung den Planentwurf
festgestellt, kann eine den regionalplanerischen Absichten in Kenntnis dieses
Sachverhaltes entgegen gesetzte Bauleitplanung nicht dazu führen, dass
nunmehr das Abwägungsergebnis wegen Unverhältnismäßigkeit einer Korrektur zu
unterziehen wäre. Wie das beklagte Land in diesem Zusammenhang zutreffend
ausführt, würde jede andere Sichtweise dazu führen, dass die Planungshierarchie
umgekehrt wird, wie sie in § 4 Abs. 1 HLPG und § 1 Abs. 4 BauGB zum Ausdruck
kommt. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass nicht die Regionalversammlung
nach Abschluss des Abwägungsprozesses ihre planerischen Ziele den
Gegebenheiten der örtlichen Bauleitplanung anzupassen hat, sondern umgekehrt,
die Bauleitplanung die Ziele der Regionalplanung berücksichtigen muss. Daran
ändert auch die Tatsache nichts, dass zu dem Zeitpunkt, an dem die Klägerin über
ihre Bauleitplanung entschieden hat, der Regionalplan mangels wirksamer
Genehmigungen noch nicht in Kraft getreten war. Entscheidend ist, dass der
Abwägungsprozess abgeschlossen war und ein Wiedereinstieg in diesen
Abwägungsprozess auch nach der Rechtsprechung des Hessischen
Verwaltungsgerichtshofes nicht erforderlich war.
Soweit die Klägerin hilfsweise die Erteilung einer Abweichungsgenehmigung nach §
12 HLPG begehrt, ist die Klage ebenfalls zulässig, jedoch nicht begründet.
Nach § 12 Abs. 3 HLPG kann eine Abweichung vom Regionalplan zugelassen
werden, wenn sie unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die
Grundzüge des Regionalplans nicht berührt werden. Abweichungen dürfen nicht
zugelassen werden, wenn eine entsprechende Festsetzung im Regionalplan nach §
11 Abs. 3 HLPG nicht genehmigungsfähig ist. § 11 Abs. 3 Ziff. 1 HLPG bestimmt,
dass ein Regionalplan unter anderem dann nicht genehmigt werden darf, wenn er
gegen Ziele des Landesentwicklungsplans verstößt und eine Abweichung hiervon
nicht zugelassen wird.
Wie die Klägerin in diesem Zusammenhang zu Recht vorträgt, hat das
Regierungspräsidium Darmstadt in Vorbereitung der Beschlussfassung der
Regionalversammlung die Einschätzung vertreten, dass die begehrte Abweichung
unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar sei und die Grundzüge des
Regionalplans nicht berührt würden. Diese Einschätzung des Regierungspräsidiums
ist indessen von der Regionalversammlung als dem nach § 11 Abs. 1 Satz 1 HLPG
für die Entscheidung über die Abweichung zuständigen Organ nicht geteilt worden.
Es kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob der Regionalversammlung
Planungsermessen eingeräumt wird, oder aber, ob wie die Klägerin vorträgt, ein
Beurteilungsspielraum den zuständigen Landesplanungsbehörden nicht zustehe,
weil es sich bei der Regelung über die Abweichung hinsichtlich der Normstruktur
um eine dem § 31 Abs. 2 BauGB vergleichbare Vorschrift handele. Zum einen ist
festzuhalten, dass eine vorbereitende Stellungnahme des Regierungspräsidiums
und die darin enthaltene rechtliche Bewertung nicht dazu führen können, die
Regionalversammlung in ihrer Entscheidung zu binden. Die Einschaltung der
Regionalversammlung im Hessischen Landesplanungsrecht wäre vollständig
sinnentleert, wenn eine solche Darstellung der rechtlichen Situation durch das
Regierungspräsidium die von der Regionalversammlung zu treffende Entscheidung
praktisch vollständig präjudizieren könnte. Soweit sich die Bewertung der
maßgeblichen raumordnerischen Gesichtspunkte im Rahmen des rechtlich
Vertretbaren hält, ist daher der Regionalversammlung entgegen dem
Klägervortrag eine rechtliche Einschätzungsprärogative zuzubilligen. Zum anderen
hat die Regionalversammlung bei ihrer Entscheidung den Rahmen des rechtlich
Vertretbaren nicht überschritten. Diese Einschätzung des Regierungspräsidiums
und des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung
unterliegt auch seitens des Gerichts keinen Beanstandungen. In diesem
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unterliegt auch seitens des Gerichts keinen Beanstandungen. In diesem
Zusammenhang kann dahinstehen, ob einzelne Aspekte, die im Rahmen der
Diskussionen der Regionalversammlung vorgebracht worden sind, als
regionalplanerische Belange zu berücksichtigen waren, wie die Frage eines
gemeinsamen Einzelhandelskonzepts der Städte X. und Y.. Auch wenn
Auswirkungen auf den Einzelhandel der Stadt X. im Rahmen der kommunalen
Bauleitplanung in Anwendung des kommunalen Abstimmungsgebotes zu
berücksichtigen sind, ist die Kammer der Auffassung, dass diese Aspekte auch
Belange der Regionalplanung nach § 9 Abs. 4 Nr. 2 HLPG darstellen, die sehr wohl
in den Entscheidungsprozess einfließen können. Hierauf kommt es jedoch, wie sich
aus dem Folgenden ergibt, nicht an.
Unabhängig von der Frage, ob die Abweichung unter raumordnerischen
Gesichtspunkten vertretbar ist, kommt im vorliegenden Fall ein Anspruch auf
Erteilung einer Abweichungsgenehmigung allein schon auf Grund der Vorschrift
des § 12 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 11 Abs. 3 Ziff. 1 HLPG nicht in Betracht. Nach § 12
Abs. 3 Satz 2 HLPG dürfen Abweichungen nicht genehmigt werden, wenn eine
entsprechende Festsetzung im Regionalplan nach
§ 11 Abs. 3 HLPG nicht genehmigt werden könnte. § 11 Abs. 3 Nr. 1 HLPG
bestimmt, dass ein Regionalplan nicht genehmigt werden darf, wenn
Festsetzungen des Planes gegen Ziele des Landesentwicklungsprogrammes
verstoßen und eine Abweichung hiervon nicht zugelassen wird. Im vorliegenden Fall
steht die Planung der Klägerin im Widerspruch zu den Zielfestsetzungen unter Ziff.
4.1.2 des Landesentwicklungsplanes 2000. Dort heißt es:
„Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel im Rahmen der kommunalen
Bauleitplanung nach § 11 Abs. 3 BauNVO sind nur in den im Regionalplan
ausgewiesenen Siedlungsbereichen zulässig.“ Gemäß den zeichnerischen
Darstellungen im Regionalplan befindet sich die streitgegenständliche Fläche nicht
in einem Siedlungsbereich im Sinne dieses Planes. Siedlungsbereiche sind dort in
braun bzw. ockerfarbenen Tönen ausgewiesen, Bereiche für Industrie und Gewerbe
in Violetttönen. Das hier streitgegenständliche Gebiet ist in Violetttönen, d.h. als
Gebiet für Industrie und Gewerbe ausgewiesen. Eine Abweichung von den Zielen
des Landesentwicklungsplanes wurde im vorliegenden Fall nicht zugelassen und
ist, wie sich aus den vorliegenden Behördenakten ergibt, auch nie seitens der
Klägerin beantragt worden. Soweit die Klägerin im Zusammenhang mit § 12 Abs. 3
Satz 2 HLPG die Rechtsauffassung vertritt, dass diese Vorschrift der Erteilung einer
Abweichungsgenehmigung nicht entgegen stehe, da eine entsprechende
Festsetzung als Siedlungsbereich im Regionalplan ohne Weiteres möglich wäre,
vermag das Gericht nicht zu erkennen, dass allein die Möglichkeit, eine
entsprechende Gebietsausweisung im Regionalplan vorzunehmen, dazu führen
würde, dass die Zielfestlegungen des Landesentwicklungsprogramms für die
Planung der Klägerin keine Wirkung entfalten können. Ein Anspruch auf Erteilung
einer Abweichungsgenehmigung ist nach Auffassung der Kammer durch § 12 Abs.
3 Satz 2 i.V.m. § 11 Abs. 3 Nr. 1 HLPG im vorliegenden Fall ausgeschlossen.
Auch der ebenfalls hilfsweise gestellte Klageantrag zu 3) ist zulässig, jedoch nicht
begründet. Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen zu dem Klageantrag zu
Ziff. 2 bereits ergibt, vermag die Kammer in der Ablehnung der
Abweichungsgenehmigung keinen Rechtsfehler zu erkennen. Ein Anspruch auf
Neubescheidung der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts
ist daher ausgeschlossen.
Kein Erfolg hat die Klägerin auch mit ihrem hilfsweise gestellten Antrag zu 4), der
darauf gerichtet ist, festzustellen, dass die beantragte Abweichung vom
Regionalplan Südhessen 2000 zum Zeitpunkt der Antragstellung
genehmigungsfähig war.
Es fehlt hier bereits an dem notwendigen besonderen Feststellungsinteresse nach
§ 43 Abs. 1 VwGO. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in einer Entscheidung
vom 09.03.2005 (Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 09.03.2005, 2 B
111/04, zitiert nach JURIS) die Auffassung vertreten, dass die Vorgreiflichkeit einer
gerichtlichen Feststellung, dass die Behörde einen bestimmten Verwaltungsakt zu
einem bestimmten Zeitpunkt hätte erlassen müssen, im Hinblick auf einen
Schadensersatzprozess ein Feststellungsinteresse nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO
begründen kann, zugleich jedoch als weitere Voraussetzung genannt, dass eine
Klage auf Schadensersatz oder Entschädigung anhängig sein müsse oder ihre
alsbaldige Erhebung mit hinreichender Sicherheit zu erwarten sein muss. Soweit
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alsbaldige Erhebung mit hinreichender Sicherheit zu erwarten sein muss. Soweit
des Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO die
Auffassung vertreten hat, die Vorgreiflichkeit einer gerichtlichen Entscheidung,
dass die Behörde einen bestimmten Verwaltungsakt hätte zu einem bestimmten
Zeitpunkt erlassen müssen, könne im Hinblick auf einen Schadensersatzprozess
ein Feststellungsinteresse begründen, ist die Entscheidung hier nicht einschlägig.
Die Fallkonstellation, welche dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung
vorlag, bezog sich auf eine in der Hauptsache erledigte Verpflichtungsklage. Eine
solche Konstellation ist im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Darüber hinaus
bedürfte es entweder der Anhängigkeit einer solchen Klage oder aber der
hinreichenden Wahrscheinlichkeit, dass ein solcher Anspruch klageweise geltend
gemacht wird. Hierzu gehört zumindest, dass deutlich gemacht wird, aus welcher
Anspruchsnorm Schadensersatzansprüche hergeleitet werden. Die bloße
Ankündigung einer Schadensersatzklage reicht nicht aus.
Im Übrigen ist die präjudizielle Wirkung, die einem Feststellungsurteil für einen
späteren Schadensersatzprozess vor den Zivilgerichten zukommt, allein nicht in
der Lage, das berechtigte Interesse für die Erhebung der Feststellungsklage zu
begründen (vgl. Kopp/Schenke: VwGO-Kommentar, 14. Auflage, § 43 Randziffer
23).
Der Klageantrag zu 4) ist darüber hinaus auch unbegründet, weil der Klägerin zu
keinem Zeitpunkt ein Anspruch auf Erteilung einer Abweichungsgenehmigung
zustand. Wie das beklagte Land insoweit zutreffend ausführt, war auch im
Regionalen Raumordnungsplan Südhessen 1995 (RROPS) bereits angelegt, dass
großflächiger Einzelhandel nur in kartenmäßig erfassten Siedlungsflächen
ausgewiesen werden darf. Diesbezüglich ist auf die Ziffern 2.4.1 und 2.4.4 des
RROPS zu verweisen. Bereits in diesem Plan ist die streitgegenständliche Fläche
als Vorrangfläche für Industrie und Gewerbe ausgewiesen. Mit der
Nichtigkeitserklärung des Regionalplans durch den Hessischen
Verwaltungsgerichtshof, hat der RROPS für einen gewissen Zeitraum erneut
Wirksamkeit erlangt. Unabhängig von der Geltung des Regionalplanes Südhessen
2000 stand dem Vorhaben auch unter der Geltung des RROPS bereits die
Tatsache entgegen, dass die Planung der Klägerin in Konflikt zu den Vorgaben des
LEP 2000 stand, die für die Kommunen nach § 4 Abs. 1 ROG bindend sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Klägerin waren gemäß
§ 161 Abs. 2 VwGO auch die Kosten hinsichtlich des in der Hauptsache für erledigt
erklärten Teiles der Klage, bezogen auf den am 23.08.2001 gestellten
Abweichungsantrag, aufzuerlegen, da die Klage auch insoweit voraussichtlich ohne
Erfolg geblieben wäre.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus §§ 167
Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.
Die Zulassung der Berufung beruht auf § 124 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124‚ Abs. 2 Nr.
3 VwGO. Die Kammer misst der Rechtsfrage, inwieweit die Zielvorgaben des LEP
bei sonstiger Vereinbarkeit eines Vorhabens unter raumordnerischen
Gesichtspunkten und unter Nichtverletzung der Grundzüge der Regionalplanung
einem Vorhaben entgegengestellt werden können, deshalb grundsätzliche
Bedeutung zu, weil zu erwarten ist, dass diese Frage auch im Rahmen zukünftiger
Abweichungsentscheidungen, die teilweise bereits bei der erkennenden Kammer
anhängig, bzw. für die Zukunft zu erwarten sind, von Bedeutung sein dürfte.
Darüber hinaus ist durch den Rechtsstreit die Frage aufgeworfen, ob eine
gemeindliche Bauleitplanung, die nach Abschluss der Abwägung im Rahmen der
Aufstellung eines Regionalplanes, aber vor Inkraftsetzung desselben
aufgenommen wird, im Rahmen des Gegenstromprinzips des § 1 Abs. 3 ROG zu
berücksichtigen ist.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.