Urteil des VG Cottbus vom 14.03.2017

VG Cottbus: leichte fahrlässigkeit, kündigung, öffentlich, verjährung, leistungsklage, verwaltungsakt, rückzahlung, verzicht, ermessen, zulage

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Gericht:
VG Cottbus 7.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 K 1117/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 54 VwVfG BB, § 56 VwVfG BB,
§ 62 VwVfG BB
Rückforderung eines gezahlten Baukostenzuschusses
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.464,02 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden
Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin fordert vom Beklagten die Rückzahlung von Städtebauförderungsmitteln in
entsprechender Höhe der von diesem für das betroffene Förderobjekt wegen
anderweitiger steuerlicher Abschreibungen nicht geltend gemachten Investitionszulage.
Aufgrund des zwischen den Beteiligten am 6./8. November 1999 in Bezug auf im
Einzelnen bezeichnete Baumaßnahmen abgeschlossenen Modernisierungs- und
Instandsetzungsvertrags (i.F.: Vertrag) förderte die Klägerin unter Bezugnahme auf die
Förderrichtlinie ´99 zur Stadterneuerung des Ministeriums für Stadtentwicklung, Wohnen
und Verkehr vom 12. Februar 1999 die Modernisierung und Instandsetzung des im
Eigentum des Beklagten stehenden Gebäudes (Vorderhaus und Seitenflügel)
Brauhausgasse 21 in A. mit einem entsprechend der Schlussrechnungsprüfung vom 13.
August 2002 ausgezahlten Baukostenzuschuss von insgesamt 138.227,22 Euro sowie
einem Aufwendungszuschuss.
Der Vertrag, zu dessen Bestandteil u.a. die Allgemeinen Nebenbestimmungen zur
Projektförderung (ANBest-P) erklärt werden (vgl. § 1 Abs. 2), hat auszugsweise folgenden
Wortlaut:
§ 2 Abs. 2 Sätze 5 bis 7:
„Erhält der Förderungsempfänger gemäß jeweils geltendem
Investitionszulagengesetz (InvZulG) eine Investitionszulage bzw. hätte der
Förderungsempfänger Anspruch auf eine Investitionszulage gehabt, reduziert sich der
Baukostenzuschuss nachträglich um diesen Betrag. Bei dem in diesem Fall zuviel
ausgezahlten Baukostenzuschuss handelt es sich um ein zinsloses Darlehen. Dieses
Darlehen ist innerhalb von einem Monat nach Auszahlung der Investitionszulage an den
Förderungsempfänger bzw. bei unbegründetem Verzicht des Förderungsempfängers auf
die Investitionszulage nach Aufforderung durch den Förderungsgeber vom
Förderungsempfänger an den Förderungsgeber zurückzuzahlen.
§ 4 Abs. 5:
„Der Förderungsempfänger verpflichtet sich,
Wird durch den Förderungsempfänger keine Investitionszulage beantragt, ist
dieses gegenüber dem Förderungsgeber zu begründen. Bei unbegründetem Verzicht auf
die Investitionszulage behält sich der Förderungsgeber vor, den Baukostenzuschuss
pauschal um eine der dem Förderungsempfänger zustehende Investitionszulage
vergleichbare Summe zu kürzen und eine umgehende Rückzahlung dieses Betrages zu
verlangen.“
§ 7 Abs. 4:
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„Der Förderungsgeber ist zur Kündigung auch berechtigt, wenn der
Förderungsempfänger
§ 7 Abs. 5:
„Der Förderungsgeber ist auch nach Abschluss der in der baufachlichen Prüfung
(Anlage 1 Ziffer 1 dieses Vertrages) ausgewiesenen Instandsetzungs- und
Modernisierungsmaßnahmen und abgeschlossener Prüfung der Schlussrechnungen zur
Kündigung berechtigt, wenn der Förderungsempfänger seinen Pflichten gemäß § 4
Absatz 5 nicht oder nicht innerhalb einer vom Förderungsgeber gesetzten Frist
nachkommt.“
§ 7 Abs. 6 Sätze 4 und 5:
„Im Falle der Kündigung nach Absatz 5 sind dem Förderungsgeber die
ausgezahlten Fördermittel nach seiner Bestimmung ganz oder teilweise zurückzuzahlen.
Die zurückzuzahlenden Fördermittel sind seit Empfang mit 3 v.H. über dem Diskontsatz
der Deutschen Bundesbank bis zur vollständigen Rückzahlung für das Jahr zu verzinsen
und unverzüglich zu erstatten.“
Nach Vorlage des Ergebnisses der genannten Schlussrechnungsprüfung stellte die
Klägerin gegenüber dem Kläger in einem „Schlussbescheid“ vom 26. September 2002
u.a. fest, dass die Ausführung der am 12. November 1999 abgeschlossenen
Baumaßnahmen im Wesentlichen vertragsgemäß erfolgt sei. Im Juli 2006 bat die
Klägerin den Beklagten um Auskunft hinsichtlich einer etwaigen Investitionszulage, im
Januar 2007 dann um nähere Erläuterung, nachdem der Beklagte mitgeteilt hatte, dass
für deren Beantragung die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten.
Anschließend erklärte der Steuerberater des Beklagten, dass für das Förderobjekt
Abschreibungen nach § 7 i EStG in Anspruch genommen worden seien. Auf die
Nachfrage der Klägerin nach anderweitigen Gründen für eine Nichtbeantragung der
Investitionszulage ließ der Beklagte eine Auskunft des Finanzamtes Königs
Wusterhausen vom 22. Juni 2007 vorlegen, wonach er keine Investitionszulage beantragt
habe und ein solcher Antrag nicht mehr möglich sei.
Daraufhin kündigte die Klägerin gegenüber dem Beklagten mit am 27. Dezember 2007
zugestelltem Schreiben vom 11. Dezember 2007 den Vertrag teilweise und verlangte die
Rückzahlung von 9.464,02 Euro innerhalb eines Monats. Der Beklagte ließ dem
Erstattungsverlangen der Klägerin in der Folgezeit entgegen halten, dass für den
vertraglichen Ausgleichsanspruch wegen der nur bis Ende 2004 möglichen Beantragung
einer Investitionszulage Ende 2007 Verjährung eingetreten sei. Die Klägerin hätte den
Beklagten ferner innerhalb der Antragsfrist für die Investitionszulage, die auf 9.464 Euro
festgesetzt worden wäre, auf seine vertragliche Nebenpflicht hinweisen und darüber
hinaus auf eine grundbuchliche Sicherung hinsichtlich der zu beantragenden
Investitionszulage drängen müssen; dass sie dies versäumt habe, begründe nunmehr
ihr Mitverschulden. Während die Abwicklung eines Vertrages der vorliegenden Art für den
Bauherrn einen ungewohnten einmaligen Vorgang darstelle, handele es sich für die
Behörde um ein übliches Verwaltungsgeschäft. Es handele sich bei der Forderung in
Wahrheit um einen Schadenersatz, zumal die vertragliche Rückzahlungsoption
ausschließlich den Haushaltsinteressen der Klägerin diene. Außerdem hätte es wegen
der nach § 4 Abs. 5 des Vertrages erforderlichen wertenden Entscheidung eines
Verwaltungsaktes zur Geltendmachung des Rückzahlungsverlangens bedurft.
Mit ihrer am 31. Dezember 2008 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr
Rückzahlungsbegehren weiter.
Sie hebt im Wesentlichen darauf ab, dass es sich um eine öffentlich-rechtliche
Leistungsklage auf der Grundlage von § 7 Abs. 6 des Vertrages handele, wonach der
Beklagte wegen Verletzung seiner auf § 4 Abs. 5 des Vertrages beruhenden Pflicht zur
Beantragung einer Investitionszulage zur Rückerstattung verpflichtet und dabei nicht
deshalb entlastet sei, weil er Abschreibungen nach § 7 i EStG in Anspruch genommen
habe. Der Klageanspruch folge zudem aus § 2 Abs. 2 des Vertrages und aus dem
öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch (analog § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB) wegen der
durch die Sonderabschreibungen erlangten anderweitigen Deckungsmittel des
Beklagten für die Durchführung der Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen
i.S.v. Nr. 2 ANBest-P.
Die Klägerin beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an sie 9.464,02 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5
Punkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Unter Bezugnahme auf sein vorprozessuales Vorbringen meint er, dass es der Klägerin
an einem Rechtsschutzbedürfnis für die Leistungsklage fehle, da sie wie bei dem
„Schlussbescheid“ innerhalb einer Jahresfrist durch Verwaltungsakt hätte handeln
müssen. Im Übrigen habe die Klägerin das erforderliche Ermessen nicht ausgeübt und
sei das Rückzahlungsverlangen unangemessen, da die Klägerin ihn innerhalb der
Festsetzungsfrist an die Beantragung einer Investitionszulage hätte erinnern müssen.
Da die Investitionszulage hier 2004 festgesetzt worden wäre, sei mit Ablauf des Jahres
2007 Verjährung eingetreten. Im Übrigen habe er durch die Nichtbeantragung der
Investitionszulage keinen wirtschaftlichen Vorteil erlangt und könne ihm allenfalls eine
leichte Fahrlässigkeit vorgehalten werden, wobei die Klägerin nichts zur Abwendung eines
Schadens unternommen habe. Weil er die erhöhten Abschreibungen nur auf die
eingesetzten Eigenmittel erhalten habe, seien auch keine zusätzlichen Deckungsmittel
hinzugetreten.
Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 17. März 2009 dem
Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Wegen der weiteren
Einzelheiten wird auf den Inhalt der in die mündliche Verhandlung eingeführten Gerichts-
und Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und hat auch in der Sache vollumfänglich Erfolg, da der Klägerin
der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch auf öffentlich-rechtlicher
Vertragsgrundlage zusteht.
1. Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Leistungsklage, für die der Klägerin ein
allgemeines Rechtsschutzbedürfnis zur Seite steht.
Zu Unrecht meint der Beklagte, dass die Klägerin ihre vermeintlichen Ansprüche durch
Verwaltungsakt hätte geltend machen müssen. Denn die Beteiligten haben sich
hinsichtlich ihrer wechselseitigen städtebauförderungsrechtlichen Ansprüche durch den
Vertrag vom 6./8. November 1999 auf die Ebene der vertraglichen Gleichordnung
begeben – und es wurde gerade kein Über-/Unterordnungsverhältnis durch
(bestandskräftigen) Bewilligungsbescheid begründet –, so dass aus diesem
Vertragsverhältnis herrührende Ansprüche auch ausschließlich auf derselben Ebene
verfolgt werden können und es der Klägerin verwehrt ist, sich einseitig durch hoheitlichen
(Verwaltungs-) Akt einen diesbezüglichen Vollstreckungstitel zu verschaffen. Dabei
unterliegt es keinem vernünftigen Zweifel, dass es sich bei dem genannten Vertrag um
einen öffentlich-rechtlichen Austauschvertrag i.S.v. §§ 54 Satz 1, 56 VwVfG Bbg handelt
(vgl. VG Potsdam, Urteil vom 24. September 2002 - 3 K 565/98 - und OVG B-Stadt, Urteil
vom 20. September 2001, OVGE BE 24, 1-13), so dass die darauf gründende
Rückforderung der Klägerin selbstredend ebenfalls öffentlich-rechtlicher Natur ist und
ausschließlich im Wege der allgemeinen Leistungsklage tituliert zu werden vermag. Ohne
Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der vom Beklagten angezogene
„Schlussbescheid“ vom 26. September 2002, der sich jedenfalls in Bezug auf die
Handlungsform schon deshalb als rechtswidrig erweist, weil es der Klägerin hierfür an
einer Ermächtigungsgrundlage mangelt. Auch wenn dieser rechtswidrige Verwaltungsakt
in Bestandskraft erwachsen sein sollte, folgt aus ihm jedenfalls nicht, dass die
wechselseitigen vertraglichen Ansprüche der Beteiligten nunmehr durch Verwaltungsakt
geltend zu machen wären.
2. Der Rückzahlungsanspruch der Klägerin folgt aus §§ 7 Abs. 4 2. Spiegelanstrich, 4
Abs. 5 Satz 3 i.V.m. § 7 Abs. 5 und Abs. 6 Satz 4 des Vertrages. Danach sind dem
Förderungsgeber im Falle der Kündigung wegen unbegründeten Verstoßes gegen die
Pflicht zur Beantragung einer Investitionszulage die ausgezahlten Fördermittel teilweise
zurückzuzahlen. Die hierfür erforderlichen Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall
erfüllt.
Die Klägerin hat den Vertrag mit Schreiben vom 11. Dezember 2007 entsprechend § 7
Abs. 5 des Vertrages gegenüber dem Beklagten teilweise und unter Einhaltung der nach
§ 60 Abs. 2 VwVfG Bbg zwingenden Schriftform gekündigt. Dabei ist dem
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§ 60 Abs. 2 VwVfG Bbg zwingenden Schriftform gekündigt. Dabei ist dem
Kündigungsschreiben nachvollziehbar zu entnehmen, dass sich die Vertragskündigung
auf den zugleich zurückgeforderten Teilbetrag des dem Beklagten gewährten
Baukostenzuschusses bezieht. Auch liegen hier die Kündigungsvoraussetzungen nach §
60 Abs. 1 Satz 1 VwVfG Bbg und § 7 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 des Vertrages vor, da der
Beklagte entgegen seinen vertraglichen Verpflichtungen ohne zureichenden Grund
(„unbegründet“) keine Investitionszulage beantragt hat und keine Möglichkeit einer
Vertragsanpassung besteht.
Der Beklagte hat eine ihm für das geförderte Vorhaben zustehende Investitionszulage
nach eigenem Bekunden nicht beantragt, obwohl er ebenfalls nach eigenen Angaben im
zurückgeforderten Umfang eine Investitionszulage für die Aufwendungen an dem
geförderten Objekt hätte beanspruchen können, wenn er diese rechtzeitig, d.h. innerhalb
der Antragfrist des Investitionszulagengesetzes 1999, bei dem Finanzamt geltend
gemacht hätte. Nach Maßgabe des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 konnte eine
Investitionszulage – nur – bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist geltend gemacht werden
(vgl. Semmler in BB 2000, 329, 333), für im Jahr 2001 beendete Investitionen (so hier die
Fertigstellungsanzeige des Beklagten vom 14. Mai 2001) mithin bis zum 31. Dezember
2005, so dass jetzt auch keine Vertragsanpassung mehr in Betracht kommt.
Der Beklagte hat nicht dargetan, dass er auf sein diesbezügliches Antragsrecht im Sinne
des mit der Klägerin geschlossenen Vertrages begründet verzichtet hat. Zu Unrecht hält
er dem Rückzahlungsverlangen der Klägerin entgegen, dass diese das ihr obliegende
Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt habe. Richtig ist, dass die Klägerin gemäß §
62 Satz 1 VwVfG Bbg bei der Durchführung des vertraglich begründeten
Rechtsverhältnisses gegenüber dem Beklagten auch die sich aus den einschlägigen
Ermessensvorschriften ergebenden Anforderungen entsprechend zu berücksichtigen
hat, also ihre Entscheidung am Zweck der maßgeblichen Vertragsbestimmungen
ausrichten (§§ 40, 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwVfG Bbg) und die weiteren
verwaltungsverfahrensrechtlichen Schutzvorschriften berücksichtigen muss (hier: § 49
Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 4 VwVfG Bbg); diesen Anforderungen wird das umstrittene
Rückforderungsverlangen aber gerecht.
Aus den Regelungen in § 4 Abs. 5 des Vertrages ergibt sich in Anwendung der
allgemeinen Vertragsauslegungsmaßstäbe (§ 62 Satz 2 VwVfG Bbg i.V.m. §§ 133, 242
BGB) insbesondere unter Berücksichtigung der weiteren einschlägigen Regelungen in § 2
Abs. 2 Satz 5 und in § 7 Abs. 5 und 6 des Vertrages unmissverständlich, dass der
Beklagte als Förderungsempfänger gehalten war, alles ihm Zumutbare daran zu setzen,
den gewährten Baukostenzuschuss nachträglich um den Betrag einer Investitionszulage
teilweise zu ermäßigen. Nicht anders lässt sich die Verpflichtung zu einem
entsprechenden Antrag auf eine Investitionszulage mit der zusätzlichen Verpflichtung
verstehen, im Falle des unterbliebenen Antrages dem Förderungsgeber eine
Begründung anzugeben, mit der Folge, dass die Klägerin bei „unbegründetem Verzicht“
zu einer Kürzung des Baukostenzuschusses und zur Rückforderung des entsprechenden
Betrages berechtigt sein sollte. Aus diesem Regelungsgefüge erhellt, dass die gewährte
Städtebauförderung in ihrem Bestand u.a. hinter eine für dasselbe Vorhaben zu
beanspruchende Investitionszulage zurücktreten sollte. Diese Begründung für die
Kündigung und das Rückzahlungsverlangen hat die Klägerin gegenüber dem Beklagten
hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht.
Die in Rede stehende Vertragspflicht ist auch weder unangemessen noch sonst rechtlich
zu beanstanden. Denn es ist nicht erkennbar, dass die Pflicht zur Geltendmachung einer
Investitionszulage bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG,
Kommentar, 10. A., Rz. 13 zu § 56) außer Verhältnis zur Bedeutung und dem gesamten
Wert der von der Klägerin erbrachten Leistung steht und sich hieraus eine unzumutbare
Belastung für den Beklagten ergeben hätte. Es geht der Klägerin augenscheinlich um
eine Reduzierung des Städtebauförderungsmittelbedarfs bei anderweitigen öffentlichen
Refinanzierungsmöglichkeiten des betroffenen Förderungsempfängers. Da die Klägerin
nach Maßgabe des Systems der Städtebauförderung zu den ihr ihrerseits zugewandten
Landesmitteln einen kommunalen Eigenanteil im Rahmen der Förderung des
Letztempfängers beizusteuern hat, liegt es in ihrem nachvollziehbaren und eingedenk
der Verpflichtung zur wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung (§ 7 LHO)
sachlich ohne weiteres begründeten Interesse, ihren Mitförderungsanteil in Ansehung
anderweitiger Fördermöglichkeiten des Letztempfängers möglichst gering zu halten.
Wegen der erzielbaren Investitionszulage entsteht auch nachträglich kein wirtschaftliches
Ungleichgewicht zu Lasten des Förderungsempfängers, sondern lediglich ein teilweises
Auswechseln des entsprechenden Förderungsmechanismus´. Verzichtet der
Förderungsempfänger auf eine zu beanspruchende Investitionszulage, bedarf dies schon
aus Gründen der Gleichbehandlung gegenüber denjenigen, bei denen diese Zulage zur
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aus Gründen der Gleichbehandlung gegenüber denjenigen, bei denen diese Zulage zur
anteiligen Rückforderung des Baukostenzuschusses führt, einer Entschuldigung, zumal
die Vertragspflicht sonst ins Leere liefe. Daher ist die Regelung des § 4 Abs. 5 des
Vertrages auch vor dem Hintergrund rechtlich unbedenklich, dass die dem Vertrag
zugrunde gelegte Förderrichtlinie ´99 (ABl. 1999, S. 310, 329) für Fälle der hier
geförderten Art in B.3.1.4.2. (lediglich) vorsieht, dass sich der ermittelte
Baukostenvorschuss um den als Zulage gewährten Betrag verringert, sofern dem
Eigentümer eine Investitionszulage nach dem Investitionszulagengesetz gewährt wird.
Die Klägerin durfte unter dem Gesichtspunkt der vertraglichen Angemessenheit über die
Fälle der tatsächlichen Vereinnahmung einer Investitionszulage hinaus auch diejenigen
mit einer vertraglichen Sanktionsmöglichkeit erfassen, in denen die Zulage hätte
beansprucht werden können, auf letztere aber unbegründet verzichtet worden ist.
Jedenfalls erweist sich diese Regelung unter keinem Gesichtspunkt als nichtig und hat
der Beklagte den Vertrag in Ansehung der geschilderten Verpflichtungen abgeschlossen,
so dass er sich hieran auch halten lassen muss. Dass dem Beklagten mit der
Antragsverpflichtung etwas Unmögliches abverlangt worden ist, macht er selbst nicht
geltend und erscheint auch als abwegig.
Hier erweist es sich schließlich als unbegründet, dass der Beklagte keine
Investitionszulage beansprucht hat. Zwar bestand insofern ein steuerliches
Kumulationsverbot bei gleichzeitiger Inanspruchnahme erhöhter Abschreibungen – hier
nach § 5 i EStG – (vgl. BFH, Urteil vom 18. Mai 2006, BFHE 213, 183); diese
steuerrechtliche Frage steht allerdings außerhalb der sich nach dem Vertrag zwischen
den Beteiligten ergebenden spezifischen wechselseitigen Verpflichtungen. Demnach ist
es keinesfalls zu beanstanden, dass der Beklagte von der legitimen Möglichkeit erhöhter
steuerlicher Abschreibungen Gebrauch gemacht hat. Dies ändert indes nichts an seiner
gegenüber der Klägerin eingegangenen vertraglichen Verpflichtung, den Anspruch auf
den gewährten Baukostenzuschuss durch Inanspruchnahme einer Investitionszulage
nachträglich möglichst zu mindern.
Der Beklagte irrt, wenn er meint, die Klägerin könne ihren Anspruch wegen eingetretener
Verjährung nicht (mehr) geltend machen und müsse sich ein Mitverschulden nach § 254
BGB entgegenhalten lassen.
Die Jahresfrist nach §§ 62 Satz 1, 49 Abs. 3 Satz 2, 48 Abs. 4 VwVfG Bbg hat die Klägerin
eingehalten, da sie erst Anfang 2007 über den Umstand in Kenntnis gesetzt worden war,
dass und aus welchen Gründen der Beklagte keine Investitionszulage beantragt hatte.
Da es sich insoweit um eine Entscheidung handelt, die von der Erfüllung der
vertraglichen Mitteilungspflicht des Beklagten (§ 4 Abs. 5 Satz 2 des Vertrages) abhing,
geht der Beklagte in der Annahme fehl, dass die Klägerin innerhalb der Frist für eine
Beantragung der Investitionszulage ihr Rückforderungsrecht hätte ausüben müssen.
Gerade weil die Klägerin Ermessen auszuüben hatte, kam es auf die vom Beklagten
vorzutragenden Gründe für die Nichtbeantragung der Investitionszulage an. Die Frist für
eine Kündigung des Vertrages und zur sich daraus ergebenden Rückforderung von
Fördermitteln konnte folglich nicht vor Mai 2007 zu laufen beginnen, als der Beklagte zu
entsprechenden Darlegungen aufgefordert wurde. Eine Verjährung der Ende 2007
ausgesprochenen Kündigung kommt unter diesen Umständen nicht in Betracht.
Zuletzt kann das Argument eines entgegenstehenden Mitverschuldens nicht verfangen,
da es hier nicht um einen Schadenersatz, sondern um eine vertragliche
Zahlungsforderung geht, so dass § 254 BGB (über § 62 Satz 2 VwVfG Bbg) nicht zur
Anwendung gelangt. Die hier betroffene Vertragspflicht traf im Übrigen einseitig und
allein den Beklagten. Weder aus dem Umstand, dass der Beklagte keine grundbuchliche
Sicherung des vorbehaltenen Rückzahlungsanspruchs vorgenommen hat, noch das vom
Beklagten angezogene Rundschreiben des Landesamtes für Bauen, Bautechnik und
Verkehr vom 28. Juli 1999 führen auf Gegenteiliges. Der Beklagte sucht auf diese Weise
vielmehr ohne Erfolg davon abzulenken, dass er die Konsequenz der Verletzung der ihm
unmissverständlich aufgegebenen und durch Vertrag übernommenen Verpflichtung zur
Beanspruchung einer Investitionszulage schlicht übersehen hat.
Der Anspruch auf die Prozesszinsen folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB, 90 VwGO.
3. Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 154 Abs. 1 VwGO hinsichtlich der Kosten und
auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 709 ZPO hinsichtlich der Vollstreckbarkeit.
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