Urteil des VG Braunschweig vom 12.12.2012

VG Braunschweig: überwiegendes öffentliches interesse, verordnung, zugang, zusammensetzung, ablauf der frist, bekanntgabe, persönliche daten, juristische person, unternehmen, übermittlung

1
2
Zugang zu Umweltinformationen
1. Informationen über die Zusammensetzung des für den Einsatz in
Pflanzenschutzmitteln zugelassenen Wirkstoffs Glyphosat und Studien aus
dem Zulassungsverfahren zur Beurteilung der Auswirkungen des Wirkstoffs
auf die Umwelt und den Menschen sind Umweltinformationen im Sinne des
UIG, die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse betreffen, an deren
Bekanntgabe ein überwiegendes öffentliches Interesse nicht besteht.
2. Der unbestimmte Rechtsbegriff der Umweltinformationen über Emissionen
im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 2 UIG, für die der Informationszugang nicht unter
Hinweis auf den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen abgelehnt
werden kann, bezieht sich nur auf die von Anlagen ausgehende Freisetzung
von Stoffen.
VG Braunschweig 2. Kammer, Urteil vom 12.12.2012, 2 A 1033/12
§ 65 Abs 3 PflSchG, § 2 UIG, § 3 UIG, § 9 UIG, Art 63 Abs 3 EGV 1107/2009
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der
Beigeladenen, die für erstattungsfähig erklärt werden, tragen die Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
festzusetzenden Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der jeweilige
Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in jeweils gleicher
Höhe leistet.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,-- EUR abgesetzt.
Tatbestand
Die Kläger begehren die Erteilung von Informationen über den für die
Verwendung in Pflanzenschutzmitteln zugelassenen Wirkstoff Glyphosat.
Mit Schreiben vom 05. Juli 2011 beantragten die Kläger beim Bundesamt für
Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit die Übermittlung von
verschiedenen Informationen über den für den Einsatz in Pflanzenschutzmitteln
zugelassenen Wirkstoff Glyphosat. Unter anderem begehrten sie die
vollständige Übermittlung des im Rahmen des Zulassungsverfahrens von der
Beklagten als berichterstattender Mitgliedstaat erstellten Bewertungsberichts
(Draft Assessment Report - DAR -) und der vollständigen im Anhang zu ihrem
Schreiben aufgeführten Studien über den Wirkstoff Glyphosat, die im Rahmen
des Zulassungsverfahrens für den Wirkstoff vorgelegt wurden. Der Wirkstoff
Glyphosat wurde mit der am 01. Juli 2002 in Kraft getretenen Richtlinie
2001/99/EG der Kommission vom 20. November 2001 (ABl. EU Nr. L 304 S. 14)
in Anhang 1 der Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das
Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (ABl. EU Nr. L 230 S. 1)
aufgenommen und befristet bis zum 30. Juni 2012 für die Verwendung in
Pflanzenschutzmitteln zugelassen. Mit der Richtlinie 2010/77/EU der
Kommission vom 10. November 2010 (ABl. EU Nr. L 293 S. 48) wurde die
3
4
5
Kommission vom 10. November 2010 (ABl. EU Nr. L 293 S. 48) wurde die
Zulassung von Glyphosat bis zum 31. Dezember 2015 verlängert, um den
Antragstellern ausreichend Zeit einzuräumen, ihre Anträge auf Erneuerung der
Zulassung des Wirkstoffs auszuarbeiten, und der Kommission die Möglichkeit zu
geben, die Anträge zu bewerten und eine Entscheidung darüber zu treffen. Die
Verlängerung der Zulassung erfolgte ohne erneute Bewertung des Wirkstoffs.
Mit Bescheid vom 29. August 2011 übermittelte die Beklagte den Klägern unter
anderem den Draft Assessment Report mit Ausnahme des Volume 4. Insoweit
lehnte sie den Antrag der Kläger auf den Zugang zu Informationen betreffend
den Wirkstoff Glyphosat mit der Begründung ab, nach Art. 7 Abs. 6 Verordnung
(EWG) Nr. 3600/92 sei ein Informationszugang zu vertraulichen Informationen i.
S. v. Art. 14 der Richtlinie 91/414/EWG ausgeschlossen. Volume 4 des DAR
enthalte ausschließlich vertrauliche Angaben in diesem Sinne, wie z. B.
Angaben zur genauen chemischen Zusammensetzung des Wirkstoffs, Angaben
zum Produktionsprozess oder Angaben zu den vertraglichen Beziehungen der
einzelnen Notifizierer zueinander. Dass diese Angaben vertraulich seien, folge
auch aus Art. 63 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009. Die
Umweltinformations-Richtlinie (Richtlinie 2003/4/EG) bzw. das in nationaler
Umsetzung erlassene Umweltinformationsgesetz (UIG) räume den Klägern
gleichfalls keinen Anspruch auf Informationszugang ein, denn bei den erbetenen
Informationen handele es sich um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Ein
überwiegendes öffentliches Interesse an der Bekanntgabe des Volume 4 des
DAR sei nicht erkennbar bzw. nicht dargelegt worden. Auch fehle die
Zustimmung des Berechtigten zu einer Bekanntgabe der Informationen. Den
Antrag der Kläger auf Übermittlung der vollständigen Studien aus dem Verfahren
über die Zulassung des Wirkstoffs Glyphosat lehnte die Beklagte mit der
Begründung ab, bei den Studien handele es sich ebenfalls um Betriebs- bzw.
Geschäftsgeheimnisse. Für im Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel
vorgelegte Unterlagen werde diese Einordnung durch § 18c Abs. 2 Nr. 4
Pflanzenschutzgesetz (PflSchG) bzw. Art. 14 Richtlinie 91/414/EWG bestätigt,
wonach allein die Zusammenfassung der Ergebnisse von Untersuchungen und
Versuchen nicht unter das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis falle. Da die
betroffenen Unternehmen ihre Zustimmung zur Herausgabe der Studien nicht
gegeben hätten und ein überwiegendes öffentliches Interesse an der
Offenbarung nicht angenommen werden könne, komme die Übermittlung der
Studien nicht in Betracht.
Die Kläger erhoben mit Schreiben vom 28. September 2011 Widerspruch, zu
dessen Begründung sie insbesondere geltend machten, bei den begehrten
Informationen handele es sich um Umweltinformationen über Emissionen, bei
denen der Informationszugang gemäß Art. 4 Abs. 2 Satz 4 Richtlinie 2003/4/EG
(§ 9 Abs. 1 Satz 2 UIG) nicht mit der Begründung verweigert werden könne,
durch das Bekanntgeben würden Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse
offenbart. Diese Einordnung werde gestützt durch die Argumentation der
Generalanwältin in ihren Schlussanträgen im Verfahren des Europäischen
Gerichtshofs in der Rechtssache C-266/09. Selbst wenn die Daten nicht als
Umweltinformationen über Emissionen eingeordnet würden, sei ein Anspruch
auf Informationszugang eröffnet, denn die Informationen seien erforderlich, um
die Auswirkungen von Glyphosat auf die Umwelt und die menschliche
Gesundheit beurteilen zu können. Im Übrigen sei die Vertraulichkeit der
Informationen fraglich, denn der in Art. 13 Abs. 3 Richtlinie 91/414/EWG
bestimmte Zeitraum von zehn Jahren, in dem Angaben aus dem
Zulassungsverfahren nicht für Zweitantragsteller genutzt werden dürften, sei für
Glyphosat abgelaufen, so dass es an einem die Geheimhaltung
rechtfertigenden wirtschaftlichen Interesse der Zulassungsinhaber fehle.
Im Widerspruchsverfahren gab die Beklagte der Glyphosate Task Force
Gelegenheit zur Stellungnahme als einem mit dem Ziel der Erneuerung der
Zulassung des Wirkstoffs Glyphosat erfolgten Zusammenschluss verschiedener
Unternehmen, dem auch die Beigeladenen angehören. Sowohl die Glyphosate
6
Task Force als auch die Beigeladenen, in deren Auftrag verschiedene der von
den Klägern erbetenen Studien aus dem Zulassungsverfahren erstellt worden
sind, widersprachen der Bekanntgabe der erbetenen Informationen an die
Kläger und machten die Vertraulichkeit der Daten geltend. Entgegen der
Auffassung der Kläger handele es sich nicht um Umweltinformationen über
Emissionen. Ein ihr Geheimhaltungsinteresse überwiegendes öffentliches
Interesse sei von den Klägern nicht dargelegt worden. Dabei sei zu
berücksichtigen, dass bei einer Offenbarung der Informationen Konkurrenten an
diese gelangen und daraus wirtschaftliche Vorteile ziehen könnten. Die Studien
enthielten zudem persönliche Daten von Mitarbeitern, die zu schützen seien.
Auch stehe das Urheberrecht der Beigeladenen an den Studien deren
Bekanntgabe entgegen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2011 übersandte die Beklagte
den Klägern weitere Unterlagen, lehnte die Übermittlung des Volume 4 des DAR
und der Studien aus dem Zulassungsverfahren für den Wirkstoff Glyphosat
jedoch weiterhin ab und wies den Widerspruch der Kläger insoweit zurück. Bei
den Inhalten des Volume 4 des DAR handele es sich schon nicht um
Umweltinformationen und damit erst recht nicht um Umweltinformationen über
Emissionen. Selbst wenn das Umweltinformationsgesetz anwendbar wäre, sei
ein Anspruch auf Informationszugang nicht begründet, weil durch die
Offenbarung der Informationen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse
bekanntgegeben würden. Für eine solche Entscheidung fehle es an einem
überwiegenden öffentlichen Interesse. Auch die Studien über den Wirkstoff
Glyphosat seien keine Informationen über Emissionen. Eine Entscheidung über
die Auslegung des Begriffs habe der EuGH in der Rechtssache C-266/09 nicht
getroffen. Unter einer Emission sei die von Punktquellen oder diffusen Quellen
einer Anlage ausgehende direkte oder indirekte Freisetzung von Stoffen,
Erschütterungen, Wärme oder Lärm in die Luft, das Wasser oder den Boden zu
verstehen. Toxikologische Studien zum Wirkstoff eines Pflanzenschutzmittels
enthielten Informationen zu derlei Vorgängen nicht. Ein überwiegendes
öffentliches Offenbarungsinteresse sei auch hinsichtlich der Studien nicht
begründet. Der Schutz von Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnissen beruhe
letztlich auf den grundrechtlichen Gewährleistungen des Art. 12 Abs.1 und des
Art. 14 Abs. 1 GG. Dem stehe ein lediglich einfach-gesetzlicher
Informationsanspruch der Kläger gegenüber. Eine Situation, in der dem
Informationsanspruch der Kläger dennoch ein erhöhtes Gewicht beizumessen
wäre, sei nicht zu erkennen. Soweit sich Veröffentlichungen kritisch mit dem
Wirkstoff Glyphosat auseinandersetzten, seien diese von der Beklagten in ihrer
Funktion als berichterstattender Mitgliedstaat beurteilt worden. Im Ergebnis habe
keine der Veröffentlichungen in fachlicher Hinsicht das Potenzial gehabt, das
aufgrund umfangreicher Bewertungen im Rahmen der Wirkstoffprüfung
gefundene Ergebnis in Frage zu stellen. Anlass für eine Neubewertung habe es
nicht gegeben. Das Vorliegen kritischer Veröffentlichungen genüge für sich
allein nicht, um ein das berechtigte Interesse der Betroffenen am Schutz ihrer
Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnisse überwiegendes Informationsinteresse zu
begründen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der DAR in dem Umfang, in dem
er den Klägern übermittelt worden sei, die zusammenfassende Bewertung
enthalte, die das Ergebnis der Wirkstoffprüfung repräsentiere. Auf diese Weise
hätten die Kläger Zugang zu allen wesentlichen Informationen über die
Auswirkungen des Wirkstoffs Glyphosat in den einzelnen Prüfbereichen, also
auch im Bereich der Toxikologie. Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung
sei vor diesem Hintergrund zu beachten gewesen, dass der Informationszugang
nicht vollständig verwehrt werde, sondern lediglich hinsichtlich insoweit, als noch
weitergehende Informationen begehrt würden. Die erteilten Informationen seien
für eine objektive Risikobewertung ausreichend. Die von den Kläger in Bezug
genommene Vorschrift des Art. 13 Richtlinie 91/414/EWG gewähre keinen
Anspruch auf den Zugang zu Unterlagen aus dem Zulassungsverfahren,
sondern bestimme lediglich die Voraussetzungen, unter denen die
Zulassungsbehörde Unterlagen eines Vorantragstellers zu Gunsten eines
7
Zweitantragstellers verwerten dürfe.
Die Kläger haben am 20. Januar 2012 Klage erhoben. Hinsichtlich des Volume
4 des DAR stellen sie klar, dass sie ausschließlich Zugang zu den darin
enthaltenen Angaben über die genaue chemische Zusammensetzung des
Wirkstoffs Glyphosat begehren, nicht hingegen zu darin enthaltenen anderen
Daten. Entgegen der Auffassung der Beklagten seien Informationen über die
Zusammensetzung des Wirkstoffs Glyphosat Umweltinformationen im Sinne des
Umweltinformationsgesetzes, denn der Wirkstoff werde über
Pflanzenschutzmittel alltäglich in die Umwelt freigesetzt. Den Klägern gehe es
darum, Kenntnis über ergänzende Mittel zu erhalten, die dem
Pflanzenschutzmittel beigefügt werden, um das Eindringen des Wirkstoffs in die
Pflanze zu erleichtern, denn diese Mittel könnten gesundheitliche Risiken
bergen. Der unbestimmte Rechtsbegriff des Vorliegens von Betriebs- oder
Geschäftsgeheimnissen, die einem Informationsanspruch entgegenstehen
können, sei eng auszulegen. Hinsichtlich der begehrten Einsichtnahme in die
Wirkstoffzusammensetzung sei insoweit zu beachten, dass für den Wirkstoff
kein Patentschutz mehr bestehe. Er werde von einer Vielzahl von Firmen unter
unterschiedlichen Markennamen vertrieben. Die Methoden der Herstellung
seien allgemein bekannt und öffentlich zugänglich. Das Informationsinteresse
der Kläger begründe sich dennoch aus der Notwendigkeit, die toxikologische
Wirkung des Wirkstoffs in der konkret genehmigten Form einschließlich seiner
Zusatzstoffe und Verunreinigungen beurteilen zu können. Hinsichtlich der
erbetenen Studien fehle es an einer begründeten Darlegung eines
Geheimhaltungsinteresses, welche nach der Rechtsprechung des OVG
Nordrhein-Westfalen vereinzelte Ausführungen dazu erfordere, auf welche
Weise einem Wettbewerber konkrete Vorteile aus der Kenntnis der betreffenden
Daten erwachsen könnten. Festzuhalten sei daran, dass die erbetenen
Informationen Emissionen beträfen. Der Begriff dürfe nicht auf Emissionen von
Anlagen beschränkt werden, sondern erfasse sämtliche Emissionen in die
Umwelt, unabhängig davon, auf welche Weise sie erfolgen. Anlass für die
gesetzliche Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 2 UIG, mit welcher der Gesetzgeber
dem öffentlichen Interesse am Zugang zu Umweltinformationen über
Emissionen Vorrang vor gegenläufigen anderen Interessen eingeräumt habe,
sei der Umstand gewesen, dass die Öffentlichkeit bei Emissionen in die Umwelt
unmittelbar spürbar berührt werde und deshalb ein gesteigertes
Informationsinteresse habe. In dieser Weise sei die Öffentlichkeit aber auch bei
der Abgabe des Wirkstoffs eines Pflanzenschutzmittels in die Umwelt berührt. Zu
beachten sei ferner die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts
Nordrhein-Westfalen, nach der es bei dem beantragten Zugang zu Studien aus
einem Zulassungsverfahren nicht genüge, einen Antragsteller auf eine bloße
zusammenfassende Risikobewertung zu verweisen, sondern auch Zugang zu
dem der Bewertung zugrundeliegenden Tatsachenmaterial zu eröffnen sei. Aber
auch dann, wenn die erbetenen Informationen als Betriebs- bzw.
Geschäftsgeheimnisse eingeordnet würden, bestehe der geltend gemachte
Informationsanspruch, denn er werde durch ein überwiegendes öffentliches
Interesse getragen. Das Informationsbegehren betreffe Informationen über das
weltweit meistgebräuchliche Pflanzenschutzmittel, das in großen Mengen in die
Umwelt ausgebracht werde und eine unübersehbare Vielzahl von Menschen
und Umweltgütern betreffe. Die Beklagte verkenne bei der anzustellenden
Abwägung, dass auch dem öffentlichen Informationsinteresse ein Rang
zukomme, der sich auf Verfassungsentscheidungen zurückführen lasse, wie auf
das Grundrecht der Informations- und Meinungsfreiheit aus Art. 5 GG und den
Schutz von Leib und Leben durch Art. 2 Abs. 2 GG. An der im
Zulassungsverfahren bescheinigten Umwelt- und Gesundheitsverträglichkeit
des Mittels bestünden auf der Basis neuerer Forschungen erhebliche Zweifel.
Neuere Studien legten unter anderem eine mögliche mutagene Wirkung von
Glyphosat nahe. Zudem würden das Genehmigungsverfahren der Beklagten
sowie ihr Umgang mit und ihre Interpretation der streitgegenständlichen Studien
sowie ihre Geheimhaltungspraxis kritisiert. Den begründeten Zweifeln an der
8
9
10
11
12
13
14
15
16
Verträglichkeit von Glyphosat auf einer möglichst umfassenden Daten- und
Erkenntnisbasis nachgehen zu können, sei Ziel des geltend gemachten
Informationsanspruchs. Zumindest sei die Entscheidung der Beklagten
abwägungsfehlerhaft. Obgleich sowohl der Patentschutz des Wirkstoffs als auch
der Verwertungsschutz für die mehr als zehn Jahre alten Studien bereits
abgelaufen seien, habe die Beklagte nicht vereinzelt dargelegt, warum dennoch
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse betroffen sein sollten. Die bloß
theoretische Möglichkeit, dass ein Konkurrent irgendwo auf der Welt von der
Veröffentlichung der Studien profitieren könnte, genüge nicht, um eine
Geheimhaltung zu rechtfertigen. Gefordert werden müsse vielmehr, dass
betroffene Unternehmen das konkrete Bestehen eines solchen Risikos belegen.
Auch müsse der Umfang des drohenden Schadens zumindest annähernd
beziffert werden. Weiterhin habe die Beklagte die Möglichkeit eines zumindest
teilweisen Informationszugangs, etwa zu zentralen Elementen der Studien unter
gleichzeitiger weiterer Geheimhaltung einzelner besonders sensibler
Informationen, nicht geprüft. Zur Unterstützung ihres Vorbringens legen die
Kläger unter anderem eine Studie des NABU zu den Risiken von Glyphosat und
des Anbaus herbizidresistenter Pflanzen vor.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte zu verpflichten, ihnen weitere Informationen über den
Wirkstoff Glyphosat zu erteilen durch Übermittlung der im Volume 4 des
Draft Assessment Reports enthaltenen Angaben zur chemischen
Zusammensetzung des Wirkstoffs sowie der im Anhang zu ihrem Antrag
auf Erteilung von Umweltinformationen vom 05. Juli 2011 aufgelisteten
Studien aus dem Zulassungsverfahren, und den Bescheid des
Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit vom 29.
August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.
Dezember 2011 insoweit aufzuheben, als er dieser Verpflichtung
entgegensteht,
hilfsweise, das Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom
29. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.
Dezember 2011 nach näherer Maßgabe des Gerichts zur Gewährung von
Akteneinsicht zu verpflichten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie tritt dem Vorbringen der Kläger vereinzelt entgegen und hält daran fest, die
erbetenen Informationen seien als Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnisse
geschützt und dürften nicht offenbart werden. Auf den Wirkstoff eines
Pflanzenschutzmittels bezogene kritische Studien über dessen Auswirkungen
auf den Menschen und die Umwelt begründeten nur dann ein überwiegendes
öffentliches Informationsinteresse, wenn sie geeignet seien, objektive Zweifel an
der Zulassungsentscheidung zu wecken, oder wenn es nachgewiesenermaßen
zu schädlichen Auswirkungen komme. Auf die von den Klägern angeführten
Publikationen treffe das nicht zu. Die Studien seien behördlich geprüft worden,
ohne dass sich Anlass zum Widerruf der Zulassung des Wirkstoffs oder
ähnlichen Maßnahmen ergeben habe.
Die Beigeladenen beantragen gleichfalls,
die Klage abzuweisen.
Sie halten die Ausführungen der Beklagten für zutreffend und treten dem
Vorbringen der Kläger in diesem Sinne vereinzelt entgegen. Eine Neubewertung
des Wirkstoffs Glyphosat sei nicht veranlasst.
17
18
19
20
21
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der
Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen
Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Kläger haben keinen Anspruch
auf Zugang zu den von ihnen begehrten Informationen über den für die
Verwendung in Pflanzenschutzmitteln zugelassenen Wirkstoff Glyphosat. Soweit
die Beklagte die Übermittlung der streitgegenständlichen Informationen an die
Kläger abgelehnt hat, ist der Bescheid des Bundesamtes für Verbraucherschutz
und Lebensmittelsicherheit vom 29. August 2011 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 2011 rechtmäßig und verletzt die
Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).
I. Soweit die Beklagte den Zugang der Kläger zum Volume 4 des DAR unter
Hinweis darauf versagt hat, nach Art. 7 Abs. 6 Verordnung (EWG) Nr. 3600/92
der Kommission vom 11. Dezember 1992 (ABl. EU Nr. L 366 S. 10) sei ein
Informationszugang zu vertraulichen Informationen i. S. v. Art. 14 Richtlinie
91/414/EWG ausgeschlossen sei, kann offenbleiben, ob die Verordnung (EWG)
Nr. 3600/92 nach Aufhebung der Richtlinie 91/414/EWG durch die Verordnung
(EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.
Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (ABl. EU Nr.
L 309 S. 1) mit Wirkung vom 14. Juni 2011 noch anwendbar ist. Denn die
Bestimmung des Art. 7 Abs. 6 Verordnung (EWG) Nr. 3600/92 erfasst ohnehin
nur den von der Europäischen Kommission vorzulegenden Beurteilungsbericht,
der den Klägern von der Beklagten übermittelt wurde, nicht aber den
Bewertungsbericht (Draft Assessment Report) des im Rahmen des
Zulassungsverfahren berichterstattenden Mitgliedstaates.
Legt die Kommission – wie sie es für den Wirkstoff Glyphosat getan hat – den
Entwurf einer Richtlinie gemäß Art. 7 Abs. 3a Verordnung (EWG) Nr. 3600/92
vor, um den Wirkstoff in Anhang 1 der Richtlinie 91/414/EWG aufzunehmen, so
muss sie gemäß Art. 7 Abs. 6 der Verordnung gleichzeitig die
Schlussfolgerungen der Prüfung des Ständigen Ausschusses in Form eines
aktualisierten Beurteilungsberichts vorlegen, der in das Kurzprotokoll über die
Sitzung aufzunehmen ist (Satz 1). Der Beurteilungsbericht, ausgenommen
diejenigen Teile, die sich auf gemäß Art. 14 der Richtlinie 91/414/EWG als
vertraulich geltende Angaben in den Unterlagen beziehen, wird interessierten
Dritten von jedem Mitgliedstaat auf ausdrücklichen Antrag zugänglich gemacht
oder zur Verfügung gehalten (Satz 2).
Entsprechend dem Wortlaut der Norm bezieht sich der in Art. 7 Abs. 6 Satz 2
Verordnung (EWG) Nr. 3600/92 geregelte Informationsanspruch ausschließlich
auf den im Rahmen des Zulassungsverfahrens für einen zur Verwendung in
Pflanzenschutzmitteln vorgesehenen Wirkstoff zu erstellenden
Beurteilungsbericht. Diesen Beurteilungsbericht hat die Beklagte den Klägern
übersandt. Nicht erfasst von der Norm ist hingegen der von der Beklagten als
berichterstattender Mitgliedstaat im Zulassungsverfahren für den Wirkstoff
Glyphosat auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c Verordnung (EWG) Nr.
3600/92 erstellte Bericht über die Bewertung der Antragsunterlagen
(Bewertungsbericht bzw. Draft Assessment Report). In diesem Sinne sieht auch
Art. 2 Abs. 4 der Richtlinie 2001/99/EG über die Aufnahme des Wirkstoffs
Glyphosat in die Liste der für den Einsatz in Pflanzenschutzmitteln
zugelassenen Wirkstoffe lediglich vor, dass die Mitgliedstaaten den
Beurteilungsbericht für Glyphosat (mit Ausnahme von vertraulichen
Informationen i. S. d. Art. 14 der Richtlinie 91/414/EWG) allen Interessierten zur
Einsicht zur Verfügung stellen oder ihn gegebenenfalls auf besonderen Antrag
zugänglich machen.
22
23
24
25
26
27
II. Die Kläger haben auch keinen aus § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG folgenden Anspruch
auf Zugang zu den streitgegenständlichen Informationen. Zwar stellen die von
ihnen begehrten Daten Umweltinformationen dar (1.). Sie betreffen aber keine
Umweltinformationen über Emissionen (2.) und ein die Offenbarung der
betroffenen Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnisse (3.) rechtfertigendes
überwiegendes öffentliches Interesse ist nicht begründet (4.).
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG hat jede Person nach Maßgabe des
Umweltinformationsgesetzes Anspruch auf freien Zugang zu
Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle im Sinne des § 2
Abs. 1 UIG verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen.
1. Bei den von den Kläger begehrten Daten handelt es sich um
Umweltinformationen im Sinne des Umweltinformationsgesetzes. Nach der
Legaldefinition des § 2 Abs. 3 Nr. 2 UIG fallen darunter alle Daten über Faktoren
wie Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung, Abfälle aller Art, sowie Emissionen,
Ableitungen und sonstige Freisetzungen von Stoffen in die Umwelt, die sich auf
Umweltbestandteile im Sinne der Nr. 1, d. h. Umweltbestandteile wie Luft und
Atmosphäre, Wasser, Boden, Landschaft und natürliche Lebensräume
einschließlich Feuchtgebiete, Küsten- und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und
ihre Bestandteile, einschließlich gentechnisch veränderter Organismen, sowie
die Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen, auswirken oder
wahrscheinlich auswirken. Umweltinformationen sind gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 6
UIG zudem Daten über den Zustand der menschlichen Gesundheit und
Sicherheit, die Lebensbedingungen des Menschen sowie Kulturstätten und
Bauwerke, soweit sie jeweils vom Zustand der Umweltbestandteile im Sinne der
Nr. 1 oder von Faktoren, Maßnahmen oder Tätigkeiten im Sinne der Nrn. 2 und
3 betroffen sind oder sein können; hierzu gehört auch die Kontamination der
Lebensmittelkette.
Der Begriff der Umweltinformation ist im Hinblick auf den Zweck des Gesetzes,
das allgemeine Umweltbewusstsein zu schärfen, einen freien
Meinungsaustausch und eine wirksamere Teilnahme der Öffentlichkeit an
Entscheidungsverfahren in Umweltfragen zu ermöglichen und auf diese Weise
den Umweltschutz zu verbessern, weit auszulegen (vgl. BVerwG, Beschl. v.
21.02.2008 - 20 F 2/07 -, BVerwGE 130, 236 = NVwZ 2008, 554; Urteil vom
21.02.2008 - 4 C 13/07 -, BVerwGE 130, 223 = NVwZ 2008, 791). Die von den
Klägern begehrten Informationen über die Zusammensetzung des Wirkstoffs
Glyphosat stammen ebenso wie die streitgegenständlichen Studien aus einem
nach der Richtlinie 91/414/EWG durchgeführten Zulassungsverfahren, bei dem
es darum ging, Risiken und Gefahren des Wirkstoffs für den Menschen, die
Tiere und die Umwelt auszuschließen. Sie sollen den Klägern nach ihren
Ausführungen dazu dienen, die Auswirkungen des Wirkstoffs auf den Menschen
und die Umwelt zu überprüfen, und enthalten damit Informationen, die sich im
Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 6 UIG auf Umweltbestandteile auswirken oder
wahrscheinlich auswirken bzw. den Zustand der menschlichen Gesundheit und
Sicherheit im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 6 UIG betreffen können (vgl. zu letzterem
Gesichtspunkt: EuGH, Urteil vom 16.12.2010 - C-266/09 -, NVwZ 2011, 156).
2. Entgegen der Auffassung der Kläger handelt es sich bei den
streitgegenständlichen Daten nicht um Umweltinformationen über Emissionen im
Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 2 UIG, für die der Informationszugang nicht unter
Hinweis auf den Schutz von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen abgelehnt
werden kann.
Soweit durch das Bekanntgeben Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse
zugänglich gemacht würden oder die Informationen dem Steuergeheimnis oder
dem Statistikgeheimnis unterliegen, ist der Antrag auf Zugang zu
Umweltinformationen gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UIG abzulehnen, es sei
denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der
28
29
30
31
32
Bekanntgabe überwiegt. Der Zugang zu Umweltinformationen über Emissionen
kann nach § 9 Abs. 1 Satz 2 UIG nicht unter Berufung auf die in den Nummern 1
und 3 genannten Gründe abgelehnt werden.
Eine Legaldefinition für den unbestimmten Rechtsbegriff der
Umweltinformationen über Emissionen enthält das Umweltinformationsgesetz
und die ihm zugrundeliegende Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der
Öffentlichkeit zu Umweltinformationen (ABl. EU Nr. L 41 S. 26) nicht. In der von
den Klägern in Bezug genommenen Rechtssache des Europäischen
Gerichtshofs C-266/09 (Propamocarb) hat sich zwar die Generalanwältin in
ihrem Schlussantrag im Sinne der Rechtsauffassung der Kläger für eine weite
Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs ausgesprochen, der Europäische
Gerichtshof hat sich in seinem Urteil vom 16. Dezember 2010 (a. a. O.) dieser
Rechtsauffassung jedoch nicht angeschlossen, sondern sich zu der Frage nicht
geäußert. Das Bundesverwaltungsgericht hat zum Begriff der
Umweltinformationen über Emissionen mit Urteil vom 24. September 2009 (7 C
2/09 - BVerwGE 135, 34 = NVwZ 2010, 189) wie folgt ausgeführt:
„Das Umweltinformationsgesetz definiert den Begriff der Emission nicht
ausdrücklich. § 2 Abs. 3 Nr. 2 UIG definiert aber den Begriff des
Umweltfaktors. Zu den Umweltfaktoren gehört nach dieser Vorschrift die
Freisetzung von Stoffen in die Umwelt, die sich auf Umweltbestandteile,
wie Luft und Atmosphäre, auswirken kann. Zu diesen Freisetzungen
zählen nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 UIG insbesondere Emissionen. Sie
kennzeichnet damit nach dem Wortlaut dieser Vorschrift, dass ein Stoff in
die Umwelt entlassen wird und damit notwendig eine Anlage verlässt, in
der er entstanden ist.
Wie § 9 Abs. 1 Satz 2 UIG spricht auch § 8 Abs. 1 Satz 2 UIG von
"Umweltinformationen über Emissionen". In diesem Zusammenhang hat
sich der Gesetzgeber für den Begriff der "Umweltinformationen über
Emissionen" ausdrücklich auf Art. 2 Nr. 5 der Richtlinie 96/61/EG des
Rates vom 24. September 1996 über die integrierte Vermeidung und
Verminderung der Umweltverschmutzung - IVU-Richtlinie - (ABl. EG vom
10. Oktober 1996 Nr. L 257 S. 26) bezogen (BTDrucks 15/3406 S. 19).
Nach dieser Bestimmung bezeichnet der Ausdruck "Emissionen" die von
Punktquellen oder diffusen Quellen der Anlage ausgehende direkte oder
indirekte Freisetzung von Stoffen, Erschütterungen, Wärme oder Lärm in
die Luft, das Wasser oder den Boden. Schon nach dem Wortlaut der
Vorschrift geht die Emission unter anderem von einer "Punktquelle der
Anlage" aus, und zwar "in die Luft". Bei der Freisetzung von Stoffen in die
Luft ist das namentlich ein Schornstein. Die Vorschrift stellt mithin ebenfalls
darauf ab, dass ein Stoff aus der Anlage austritt.“
Für ein auf Emissionen von Anlagen begrenztes Verständnis des unbestimmten
Rechtsbegriffs der Umweltinformationen über Emissionen spricht auch die
Systematik des Gesetzes (a. A. ohne Begründung: Reidt/Schiller in:
Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: April 2012, § 8 UIG, Rn. 46). Nach § 2
Abs. 3 Nr. 2 UIG sind Emissionen lediglich ein Unterfall von Freisetzungen von
Stoffen in die Umwelt. Würde jegliche Abgabe von Stoffen in die Umwelt im
Sinne des Rechtsverständnisses der Kläger als Emission eingeordnet, so
entfiele der Anwendungsbereich für den Gesetzesbegriff der „sonstigen
Freisetzung von Stoffen in die Umwelt“ gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 UIG, was dem
Aufbau des Gesetzes widerspräche. Auch im Leitfaden der Vereinten Nationen
zur Aarhus Konvention wird im Übrigen zur Auslegung des Begriffs der
Emissionen auf die Definition der Richtlinie 96/61/EG verwiesen (United Nations,
The Aarhus Convention: An Implementation Guide, S. 60, abgerufen im Internet
unter: http://www.unece.org/fileadmin/DAM/env/pp/ acig.pdf.
3. Sowohl bei den von den Klägern begehrten Studien als auch bei den im
33
34
35
Volume 4 des DAR enthaltenen Angaben über die genaue chemische
Zusammensetzung des Wirkstoffs Glyphosat handelt es sich um
Betriebsgeheimnisse im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 3 UIG, für die ein
überwiegendes öffentliches Interesse an der Bekanntgabe nicht gegeben ist.
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind alle auf ein Unternehmen bezogenen
Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig, sondern nur einem
begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der
Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Betriebsgeheimnisse umfassen im
Wesentlichen technisches Wissen; Geschäftsgeheimnisse betreffen
vornehmlich kaufmännisches Wissen (BVerfG, Beschl. v. 14.03.2006 - 1 BvR
2087, 2011/03 -, BVerfGE 115, 205 = DVBl. 2006, 694; BVerwG, Urteil vom
28.05.2009 - 7 C 18/08 -, NVwZ 2009, 1113; Urteil vom 24.09.2009, a. a. O.).
Das in einem Unternehmen vorhandene Wissen über Herstellungsverfahren und
die genaue Zusammensetzung eines Produkts stellt einen wirtschaftlichen Wert
dar, unter Berücksichtigung dessen an der Nichtverbreitung dieser Tatsachen
ein nach Art. 12 Abs. 1 GG berechtigtes Interesse besteht (vgl. Nds. OVG,
Beschl. v. 27.11.2008 - 14 PS 2/08 -, juris; OVG Nordrh.-Westf., Beschl. v.
23.10.2008 - 13a F 12/08 -, NVwZ 2009, 475). Mit Beschluss vom 12. Oktober
2010 (20 F 1/09, juris) hat das Bundesverwaltungsgericht in diesem Sinne
Angaben über die konkrete Zusammensetzung oder bestimmte Bestandteile
eines Pflanzenschutzmittels ohne weitere Begründung den
Betriebsgeheimnissen zugeordnet. Unterstützt wird dieses Verständnis des
Begriffs der Betriebsgeheimnisse durch Art. 63 Abs. 2 Buchst. f Verordnung (EG)
Nr. 1107/2009, wonach unter anderem bei Angaben zur vollständigen
Zusammensetzung eines Pflanzenschutzmittels in der Regel davon
auszugehen ist, dass ihre Offenlegung den Schutz der wirtschaftlichen
Interessen oder der Privatsphäre und die Integrität der betroffenen Personen
beeinträchtigt. Nichts anderes kann aufgrund der vergleichbaren Interessenlage
für den Wirkstoff eines Pflanzenschutzmittels gelten.
In gleicher Weise sind die von den Klägern begehrten Studien über mögliche
Auswirkungen des Wirkstoffs Glyphosat auf die Gesundheit von Mensch und
Tier als Betriebsgeheimnisse geschützt. Dies folgt bereits aus einem
Umkehrschluss aus der gesetzlichen Regelung des § 65 Abs. 2 Nr. 3 PflSchG in
der seit dem 14. Februar 2012 geltenden Fassung (BGBl. I 2012, 148). Nach §
65 Abs. 1 Satz 1 PflSchG n. F. dürfen unbeschadet des Art. 59 der Verordnung
(EG) Nr. 1107/2009 Angaben, die das Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit im Rahmen der Verfahren zur Zulassung von
Pflanzenschutzmitteln oder zur Genehmigung von Wirkstoffen, Safenern oder
Synergisten erhalten hat und die nach Art. 63 der Verordnung (EG) Nr.
1107/2009 vertraulich sind, oder die ein sonstiges Betriebs- oder
Geschäftsgeheimnis darstellen oder enthalten, soweit der Antragsteller oder der
Zulassungsinhaber die Angaben als geheimhaltungsbedürftig kenntlich gemacht
hat, von dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
nicht offenbart werden. Satz 1 gilt nicht, wenn das Bundesamt für
Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit im Einzelfall unter
Berücksichtigung des Geheimhaltungsinteresses der Beteiligten ein
überwiegendes öffentliches Interesse an der Offenbarung feststellt (Satz 2).
Nicht unter das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis nach Abs. 1 fallen gemäß §
65 Abs. 2 Nr. 3 PflSchG n. F. die Zusammenfassung der Ergebnisse der
Untersuchungen und Versuche zur Wirksamkeit und zu den Auswirkungen auf
die Gesundheit von Mensch und Tier sowie den sonstigen Auswirkungen,
insbesondere auf den Naturhaushalt (so auch § 18c Abs. 2 Nr. 4 PflSchG in der
bis zum 13. Februar 2012 geltenden Fassung). Ist danach lediglich die
Zusammenfassung der Ergebnisse von Studien zur Wirksamkeit und zu den
Auswirkungen eines Wirkstoffes für Pflanzenschutzmittel nicht als Betriebs- und
Geschäftsgeheimnis geschützt, so ergibt sich im Umkehrschluss, dass die
vollständigen Studien als Betriebsgeheimnisse zu betrachten sind.
36
37
38
Die Bestimmungen des Art. 63 Abs. 2 Buchst. f Verordnung (EG) Nr. 1107/2009
und des § 65 Abs. 2 Nr. 3 PflSchG n. F. tragen den berechtigten Interesser des
Herstellers eines zugelassenen Wirkstoffs bzw. Pflanzenschutzmittels
Rechnung, zu verhindern, dass es durch Kenntnis der genauen
Zusammensetzung seines Produkts oder der im Zulassungsverfahren
vorgelegten Studien anderen Herstellern ermöglicht wird, nach Ablauf des
Patentschutzes legal ein Konkurrenzprodukt, und zwar mangels eigener
Forschungsaufwendungen in der Regel billiger, auf den Markt zu bringen (vgl.
Nds. OVG, Beschl. v. 27.11.2008, a. a. O.). Vor diesem Hintergrund verfängt der
von den Klägern angeführte Gesichtspunkt, der Patentschutz für den Wirkstoff
sei abgelaufen, nicht. Denn allein der Umstand, dass der Patentschutz
abgelaufen ist, bedeutet noch nicht, dass auch das „Know-how“ des
Zulassungsinhabers Konkurrenten ohne weiteres zugänglich wäre. Gleiches gilt
für den Hinweis auf den nach einem Zeitraum von zehn Jahren abgelaufenen
Verwertungsschutz bzw. Datenschutz für im Zulassungsverfahren vorgelegte
Versuchs- und Studienberichte nach Art. 13 Richtlinie 91/414/EWG bzw. Art. 59
Verordnung (EG) Nr. 1107/2009. Dies gilt umso mehr, als der Ablauf der Frist
ohnehin nur die Verwendung der geschützten Unterlagen für einen
Zweitantragsteller in einem Zulassungsverfahren ermöglicht, nicht jedoch einen
Anspruch auf das Zugänglichmachen der geschützten Unterlagen einräumt.
Entgegen der Auffassung der Kläger bedarf es nicht einer vereinzelten
Darlegung konkret zu erwartender Wettbewerbsnachteile, um den Schutz von
Daten als Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnis auszulösen. Die von den Klägern
zur Begründung ihrer Auffassung angeführte Entscheidung des
Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (Beschl. v . 20.06.2005 - 8 B
940/05 -, NVwZ-RR 2006, 248) beruht auf Besonderheiten des
Gentechnikrechts. Nach § 17a Abs. 1 Satz 2 GenTG obliegt es ausdrücklich
dem Betreiber, begründet darzulegen, dass eine Verbreitung der Betriebs- und
Geschäftsgeheimnisse ihm betrieblich oder geschäftlich schaden könnte. Eine
vergleichbare rechtliche Vorgabe enthält das Pflanzenschutzrecht nicht.
Insoweit ist es deshalb ausreichend, dass die Bekanntgabe der begehrten
Daten negative Auswirkungen auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse hätte,
was schon dann der Fall ist, wenn solche Auswirkungen möglich, also plausibel
und nachvollziehbar sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.09.2009, a. a. O.). Dass
sowohl die Kenntnis der im Zulassungsverfahren vorgelegten Studien als auch
der Angaben über die genaue chemische Zusammensetzung des Wirkstoffs
Konkurrenten eigene Forschungsaufwendungen ersparen und auf diese Weise
Vorteile verschaffen könnte, erscheint der Kammer nachvollziehbar. Soweit die
Kläger darauf verweisen, die Methoden der Herstellung des Wirkstoffs seien
allgemein bekannt und zugänglich, steht dies dem Schutz der Angaben über die
genaue chemische Zusammensetzung des Wirkstoffs als Betriebsgeheimnis
nicht entgegen, denn auch die Kläger erhoffen sich offenbar aus der Kenntnis
der insoweit im Volume 4 des DAR enthaltenen Daten Zugang zu Informationen,
die auf andere Weise nicht zugänglich und dementsprechend gerade nicht
allgemein bekannt sind.
Die Vorschrift des Art. 63 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009, nach der eine
Person, die beantragt, dass gemäß dieser Verordnung vorgelegte Informationen
vertraulich behandelt werden sollen, einen nachprüfbaren Beweis vorzulegen
hat, aus dem hervorgeht, dass die Offenlegung dieser Information ihre
kommerziellen Interessen oder den Schutz ihrer Privatsphäre oder ihrer Integrität
beeinträchtigen könnte, greift vorliegend nicht, weil das Zulassungsverfahren für
den Wirkstoff Glyphosat nicht nach der Verordnung (EG) 1107/2009, sondern
noch unter Geltung der Richtlinie 91/414/EWG durchgeführt wurde. Im Übrigen
bestimmt Art. 63 Abs. 2 Buchst. f Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 – wie bereits
ausgeführt – jedenfalls für die Offenlegung von Angaben zur vollständigen
Zusammensetzung eines Pflanzenschutzmittels, dass in der Regel von einer
Beeinträchtigung geschützter wirtschaftlicher Interessen auszugehen ist.
39
40
41
42
43
4. Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Offenbarung der
streitgegenständlichen Umweltinformationen im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 UIG
bzw. § 65 Abs. 1 Satz 2 PflSchG n. F. (§ 18c Abs. 1 Satz 2 PflSchG a.F.) ist zu
Gunsten der Kläger nicht gegeben.
Bei der anzustellenden Interessenabwägung steht auf der einen Seite der
Schutz der Betriebsgeheimnisse der Zulassungsinhaber, der durch das
Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet wird (vgl.
BVerfG, Beschl. v.14.03.2006, a. a. O.; BVerwG, Beschl. v. 12.10.2009, a. a. O.).
Er findet seinen Niederschlag zwar auch in einfach-gesetzlichen
Geheimhaltungsvorschriften, etwa in § 65 PflSchG n. F. (§ 18 c PflSchG a. F.).
Das besondere Gewicht der Geheimhaltungsinteressen ergibt sich indes aus
ihrem grundrechtlichen Bezug. Aus diesem folgt, dass Beeinträchtigungen je
nach Intensität und Schwere des Eingriffs nur beim Vorliegen hinreichend
gewichtiger Rechtfertigungsgründe hinnehmbar sind (BVerwG, Beschl. v.
12.10.2009, a. a. O.).
Durch eine Offenbarung der Informationen über die Zusammensetzung des
Wirkstoffs Glyphosat würde die Berufsfreiheit der Zulassungsinhaber erheblich
beeinträchtigt. Das in einem Unternehmen vorhandene Wissen über
Herstellungsverfahren oder die genaue Zusammensetzung eines Produktes
stellt einen wirtschaftlichen Wert dar. Es bildet eine Grundlage der
unternehmerischen Berufstätigkeit und bestimmt in einer Marktordnung, die sich
nach den Grundsätzen des Wettbewerbs vollzieht, die Beziehung zu anderen
Unternehmen, namentlich den Konkurrenten (vgl. BVerwG, Beschl. v.
12.10.2009, a. a. O.). Gleiches gilt im Ergebnis für Studien, die im
Zulassungsverfahren vorgelegt wurden, um die Auswirkungen eines Wirkstoffs
auf die Umwelt und den Menschen beurteilen zu können. Die Erstellung
derartiger Studien erfordert einen erheblichen Kapitaleinsatz, der entwertet
würde, wenn die Studien stets auf Antrag als Umweltinformationen offengelegt
werden müssten und auf diese Weise allgemein zugänglich gemacht werden
könnten, und zwar auch dann, wenn noch nicht einmal der zeitlich befristete
Verwertungs- bzw. Datenschutz nach Art. 13 Richtlinie 91/414/EWG bzw Art. 59
Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 abgelaufen wäre.
Auf der anderen Seite steht das Informationsinteresse der Kläger. Ihr Anspruch
auf Zugang zu Umweltinformationen besteht gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG ohne
dass hierfür ein Interesse geltend gemacht werden muss. Jede natürliche oder
juristische Person ist mit der Antragstellung anspruchsberechtigt. Der Anspruch
dient nicht oder nicht in erster Linie der Befriedigung von privaten
Informationsinteressen. Vielmehr zielt er - wie schon dargelegt - darauf ab, das
allgemeine Umweltbewusstsein zu schärfen, einen freien Meinungsaustausch
und eine wirksamere Teilnahme der Öffentlichkeit an Entscheidungsverfahren in
Umweltfragen zu ermöglichen und auf diese Weise den Umweltschutz zu
verbessern. Wer einen Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen stellt, wird
demnach (auch) als Sachverwalter der Allgemeinheit tätig; seinem Interesse an
der Verfolgung des Anspruchs im Prozess entspricht ein gleichgerichtetes
öffentliches Interesse (BVerwG, Beschl. v. 21.02.2008, a. a. O.).
Im Gegensatz zum Schutz der Betriebsgeheimnisse der Zulassungsinhaber
fehlt es dem Informationsanspruch der Kläger jedoch an einem konkreten
grundrechtlichen Gehalt. Zwar mag es grundrechtliche Anknüpfungspunkte
geben, einen Informationsanspruch begründet aber weder das Grundrecht aus
Art. 5 Abs. 1 GG noch die staatliche Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 GG. Art. 42
EU-GR-Charta gewährt allein ein Recht auf Zugang zu Dokumenten der Union,
das zudem nicht einschränkungslos besteht, sondern dessen Ausübung gemäß
Art. 52 Abs. 2 EU-GR-Charta i. V. m. Art. 15 Abs. 3 AEUV den unter anderem
zum Schutz privater Interessen erlassenen speziellen europarechtlichen Be-
stimmungen unterliegt, die vorliegend eine Interessenabwägung vorsehen (vgl.
Ruffert/Wegener in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl., Art. 42 EU-GR-Charta,
Rn. 1). Ebenso fehlt es an eindeutig höher zu bewertenden Rechtsgütern der
44
45
46
47
Allgemeinheit, hinter denen der Geheimnisschutz ausnahmsweise
zurückzustehen hätte, wie dies etwa beim Auftreten eines Störfalls einer
genehmigungspflichtigen Anlage der Fall sein kann (vgl. BVerwG, Beschl. v.
21.02.2008, a. a. O.). Soweit die Kläger geltend machen, an der dem Wirkstoff
Glyphosat im Zulassungsverfahren bescheinigten Umwelt- und
Gesundheitsverträglichkeit bestünden auf der Basis neuerer Forschungen
erhebliche Zweifel, weisen sie selbst (lediglich) auf Studien hin, die eine
„mögliche“ mutagene Wirkung von Glyphosat nahelegten. Eine dem Auftreten
eines Störfalls einer genehmigungspflichtigen Anlage vergleichbare
Interessenlage, bei der Rechtsgüter der Allgemeinheit konkret gefährdet bzw.
betroffen sind, ist damit nicht gegeben.
Bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen ist weiterhin zu
berücksichtigen, dass eine Lösung des Konflikts zu Gunsten der Kläger zu einer
Entwertung des Geheimnisschutzes führen würde, während eine Lösung zu
Gunsten des Geheimnisschutzes die Möglichkeiten der Kläger, die behördliche
Risikobewertung im Zulassungsverfahren nachvollziehen und überprüfen zu
können, zwar mindert, aber nicht ausschließt. Denn die Beklagte hat den
Klägern mit den ihnen übersandten Teilen des DAR jedenfalls die Ergebnisse
aller im Rahmen der Wirkstoffprüfung vorgelegten Studien und die Bewertung
dieser Ergebnisse übermittelt. Damit ist es den Klägern möglich, sich ein
eigenes Bild von der Richtigkeit der im Zulassungsverfahren getroffenen
Entscheidung zu machen. Dies gilt umso mehr, als zu den Auswirkungen des
Wirkstoffs Glyphosat auch jenseits des Zulassungsverfahrens eine Vielzahl von
Studien erschienen ist, wie sich etwa aus der Antwort der Bundesregierung auf
eine kleine Anfrage zur Risikobewertung und Zulassung des Herbizid-Wirkstoffs
Glyphosat entnehmen lässt (BT-Drs. 17/7168).
Der Hinweis der Kläger auf die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts
Nordrhein-Westfalen (Beschl. v. 20.06.2005, a. a. O.; Beschl. v. 02.01.2009 -
13a F 31/07 -, NVwZ 2009, 794) steht dieser Betrachtung nicht entgegen.
Soweit das Oberverwaltungsgericht ausführt, es genüge nicht, Antragsteller auf
eine zusammenfassende Risikobewertung zu verweisen, sondern es müsse
auch das zugrundeliegende Tatsachenmaterial bekannt gemacht werden, folgt
dies – wie die Entscheidungen erkennen lassen – aus Besonderheiten des
Gentechnikrechts und einer europarechtskonformen Auslegung der
maßgeblichen deutschen Rechtsvorschriften (vgl. OVG Nordrh.-Westf., a. a. O.).
Eine vergleichbare Rechtslage besteht im Pflanzenschutzrecht nicht.
Auch eine teilweise Informationsgewährung kommt bei dieser Interessenlage
nicht in Betracht. Die von den Klägern insoweit vorgeschlagene Offenlegung
zentraler Elemente der im Zulassungsverfahren vorgelegten Studien, die
inhaltlich über die schon an die Kläger übermittelte Zusammenfassung der
Ergebnisse der Studien hinausginge, ließe die Beeinträchtigung der
Berufsfreiheit der Zulassungsinhaber nicht geringer erscheinen, denn mit den
zentralen Inhalten der Studien würde gerade deren Grundlage bekannt
gemacht.
Soweit die Kläger schließlich rügen, die Entscheidung der Beklagten sei
abwägungsfehlerhaft, ist dieser Hinweis nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit des
Bescheides vom 29. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 22. Dezember 2011 zu begründen. Bei der Anwendung des
Umweltinformationsgesetzes hat die Beklagte keine Ermessensentscheidung zu
treffen, bei der ein Ermessensfehler zu einer Verpflichtung der Behörde zur
Neubescheidung führen würde. Die nach § 9 Abs. 1 S. 1 UIG anzustellende
Interessenabwägung unterliegt vielmehr der vollen gerichtlichen Kontrolle.
Insoweit hat das Gericht eine eigene Interessenabwägung anzustellen und ist
nicht darauf beschränkt, die Interessenabwägung der Behörde auf das
Vorliegen von Abwägungsfehlern zu überprüfen. Die Interessenabwägung führt
jedoch – wie ausgeführt – nicht zu einem die Bekanntgabe der
streitgegenständlichen Umweltinformationen rechtfertigenden Überwiegen des
48
49
öffentlichen Interesses.
Vor diesem Hintergrund bleibt auch der Hilfsantrag der Kläger ohne Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 VwGO i. V.
m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO, die Festsetzung des Streitwertes nach § 52 Abs. 2
GKG.