Urteil des VG Berlin vom 02.04.2017

VG Berlin: aufwand, eag, verordnung, entschädigung, wiederaufbau, kreditanstalt, ausnahme, geschäftsjahr, beitragspflicht, berechnungsgrundlage

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Gericht:
VG Berlin 1. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 A 277.07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 8 Abs 1 EAEG, § 8 Abs 2 EAEG,
§ 8 Abs 3 EAEG, § 3 Abs 1 EAEG,
§ 1 Abs 1 EAEG
Berechnung des Beitrags für Entschädigungseinrichtung von
Wertpapierhandelsunternehmen
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird
nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn die Beklagte nicht vor
der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages
leistet.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich im Wege der Anfechtungsklage gegen den von der verklagten
Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen (EdW) für das Jahr 2007
erhobenen Jahresbeitrag in Höhe von 46.892,81 Euro.
Die Klägerin ist ein Wertpapierhandelsunternehmen, das seit dem 2. Juli 1999 über die
bankaufsichtsrechtliche Erlaubnis gemäß § 32 Abs. 1 KWG für das Betreiben von
Finanzkommissionsgeschäften gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG, die Anlage- und
Abschlussvermittlung gemäß § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 und 2 KWG und den Eigenhandel
gemäß § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 4 KWG verfügt.
Am 29. Juni 2007 reichte die Klägerin bei der Beklagten die vom Wirtschaftsprüfer
bestätigte Erklärung über die Höhe der Bruttoprovisionserträge und der Bruttoerträge
aus Finanzgeschäften aus dem Geschäftsjahr 2006 ein, wonach die Klägerin
Bruttoprovisionserträge in Höhe von 5.245.225,13 Euro, Bruttoerträge aus
Finanzgeschäften in Höhe von 16.549.278,93 Euro und einen Jahresüberschuss in Höhe
von 2.193.014,89 Euro erzielt habe. In der Erklärung gab die Klägerin an, dass
4.720.702,62 Euro von den erzielten Bruttoprovisionserträgen und 14.894.351,04 Euro
von den erzielten Bruttoerträgen aus Geschäften mit Kunden stammten, die nach § 3
Abs. 2 EAG keinen Anspruch auf Entschädigung hätten, und daher unberücksichtigt
bleiben sollten. Zudem sei ein Aufwand aus Sicherungsgeschäften in Höhe von
479.592,36 Euro entstanden, der berücksichtigt werden sollte.
Die Beitragsfestsetzung mit Bescheid der Beklagten vom 30. Juli 2007 in Höhe von
46.892,81 Euro für das Jahr 2007 legte Bruttoprovisionserträge im Geschäftsjahr 2006 in
Höhe von 5.245.225,13 Euro sowie Bruttoerträge aus Finanzgeschäften in Höhe von
16.549.278,93 Euro zugrunde. Von den Bruttoerträgen aus Finanzgeschäften wurde
zunächst der Aufwand aus Sicherungsgeschäften in Höhe von 479.592,36 Euro
abgezogen. Von den Bruttoprovisionserträgen und den um den Aufwand aus den
Sicherungsgeschäften geminderten Bruttoerträgen wurden sodann als beitragsrelevante
Erträge jeweils 10 % berücksichtigt. Der Festsetzung wurde ein Beitragssatz von 2,2 %
zugrunde gelegt. Die Klägerin legte gegen den Beitragsbescheid mit Schreiben vom 21.
August 2007 Widerspruch ein, den das Bundesamt für Finanzdienstleistungsaufsicht mit
Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2007 zurückwies.
Die Klägerin hat hiergegen am 9. November 2007 Klage erhoben. Die Berechnung der
Beklagten sei insoweit fehlerhaft, als sie von den gesamten Bruttoerträgen zunächst den
Aufwand aus Sicherungsgeschäften herausgerechnet und dann erst 90 % dieser
Zwischensumme abgezogen und dadurch beitragsrelevante Bruttoerträge in Höhe von
1.606.968,66 Euro zugrunde gelegt hätte. Für die Bildung einer Zwischensumme durch
vorrangigen Abzug des Sicherungsaufwandes fände sich jedoch in § 2 der Verordnung
über die Beiträge zu der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen
bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (BeitragsVO) kein Anhaltspunkt. Deswegen seien
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bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (BeitragsVO) kein Anhaltspunkt. Deswegen seien
ausgehend von § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 BeitragsVO von den gesamten Bruttoerträgen nur
10 % zu berücksichtigen. Von diesen 10 % der Gesamtbruttoerträge sei dann in einem
zweiten Schritt der Aufwand aus Sicherungsgeschäften abzuziehen. Somit blieben als
beitragrelevante Bruttoerträge nach richtiger Berechnung lediglich 1.175.335,53 Euro.
Die Berechnung der Beklagten führe zu einer vom Wortlaut der Beitragsverordnung nicht
gedeckten Minderanrechnung von Abzugsposten. Der Berechnungsmethode der
Klägerin stünde auch nicht die Regelung des § 2 Abs. 2 S. 4 BeitragsVO entgegen,
wonach für Erträge, die unter mehrere Sonderregelungen fallen, jeweils nur eine der
Sonderregelungen gemäß den Sätzen 1 bis 3 angewandt werden kann, da die Regelung
für den Aufwand aus Sicherungsgeschäften gelte. Der Doppelprivilegierungsausschluss
in § 2 Abs. 2 S. 4 BeitragsVO beziehe sich nämlich nach dem Wortlaut nur auf Erträge,
was bedeute, dass derselbe beitragsrelevante Ertrag aus einem gewinnbringenden
Eigenhandelsgeschäft nicht zweimal gemindert werden dürfe. Der Aufwand aus
Sicherungsgeschäften sei als Verlust jedoch gerade kein Ertrag aus einem
Eigenhandelsgeschäft. Diesem Verlust stehe auch kein Ertrag in entsprechender Höhe
aus dem jeweiligen Sicherungsgeschäft gegenüber.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Bescheid der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen
vom 30. Juli 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheids der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht vom 11. Oktober 2007 aufzuheben, soweit der Beitrag
einen Betrag von 36.936,38 Euro übersteigt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält an dem angefochtenen Bescheid fest. Der Aufwand aus Sicherungsgeschäften
beziehe sich auf sämtliche Finanzgeschäfte, aus denen die Klägerin Bruttoerträge
erziele. Die Klägerin sichere im Rahmen ihres Fondshandels offene Positionen ab, die
erst am Folgetag mit der Fondsgesellschaft abgerechnet werden könnten, ohne
Rücksicht auf die Entschädigungsfähigkeit der Risiken aus diesen Geschäften gemäß § 3
EAG. Der Sicherungsaufwand entstünde damit ungeachtet der Frage, ob einzelne
Geschäfte in beitragsrechtlicher Hinsicht gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 BeitragsVO
privilegiert seien, weil sie mit Kunden getätigt würden, die nach § 3 Abs. 2 EAG keinen
Anspruch auf Entschädigung gegen die Beklagte hätten. Daher sei der Aufwand aus
Sicherungsgeschäften von der Gesamtsumme der Bruttoerträge in Abzug zu bringen,
bevor die Frage der Entschädigungsfähigkeit einzelner Geschäfte Berücksichtigung
fände. Diese Art der Berechnung folge auch zwingend aus § 2 Abs. 2 S. 4 BeitragsVO,
wonach § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 und S. 2 BeitragsVO nicht parallel angewandt werden
dürften. Der Doppelprivilegierungsausschluss des § 2 Abs. 2 S. 4 BeitragsVO erfasse
auch den Privilegierungstatbestand des § 2 Abs. 2 S. 2 BeitragsVO, wobei die
Formulierung „für Erträge, die unter mehrere Sonderregelungen fallen“ sich auf die
Bruttoerträge eines Instituts beziehe, die bei der Beitragsberechnung unter bestimmten
Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2 S. 1 BeitragsVO ganz oder zum Teil unberücksichtigt
blieben und ferner auf die Bruttoerträge, von welchen der Aufwand aus
Sicherungsgeschäften (§ 2 Abs. 2 S. 2 BeitragsVO) oder die als Courtagen für
Poolausgleich ausgewiesenen Beträge (§ 2 Abs. 2 S. 3 BeitragsVO) abgezogen werden
könnten. Zudem ergebe sich auch aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 S. 4 BeitragsVO
durch dessen ausdrückliche Bezugnahme auf die „Sonderregelungen gemäß den
Sätzen 1 bis 3“, dass der Privilegierungstatbestand des § 2 Abs. 2 S. 2 BeitragsVO
hiervon erfasst sei. Der von der Klägerin zugrunde gelegten Berechnungsmethode würde
daher die Vorschrift des § 2 Abs. 2 S. 4 BeitragsVO entgegenstehen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird
neben der Gerichtsakte auf den von der Beklagten eingereichten Verwaltungsvorgang
verwiesen.
Entscheidungsgründe
Es konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil sich die Beteiligten
damit einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angegriffene Bescheid ist rechtmäßig und
verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die angefochtene Beitragsfestsetzung beruht auf § 8 Abs. 1 bis 3 des
Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes - EAG – (Art. 1 des Gesetzes
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Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes - EAG – (Art. 1 des Gesetzes
zur Umsetzung der Einlagensicherungsrichtlinie und Anlegerentschädigungsrichtlinie
vom 16. Juli 1998, BGBl. I S. 1842) in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom
15. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2676) in Verbindung mit der Verordnung über die
Beiträge zu der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen bei der
Kreditanstalt für Wiederaufbau vom 19. August 1999 (BGBl. I S. 1891; BeitragsVO) in der
für das Veranlagungsjahr 2007 maßgeblichen Fassung der Zweiten Verordnung zur
Änderung der Verordnung über die Beiträge zur Entschädigungseinrichtung der
Wertpapierhandelsunternehmen bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau vom 5. Juni 2003
(BGBl. I S. 849). Gemäß § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EAG werden die Mittel, mit denen
Anleger im Entschädigungsfall entschädigt werden (§ 3 Abs. 1 EAG), durch Beiträge der
Institute erbracht, und die Institute sind verpflichtet, Beiträge an die
Entschädigungseinrichtung zu leisten, der sie zugeordnet sind. Die Institute sind
insbesondere verpflichtet, jeweils zum 30. September Jahresbeiträge zu leisten (§ 8 Abs.
2 Satz 1 EAG).
Die Klägerin unterliegt dem Grunde nach der Beitragspflicht nach den vorgenannten
Bestimmungen. Sie verfügt über die bankaufsichtsrechtlichen Erlaubnisse für das
Finanzkommissionsgeschäft gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG, die Anlage- und
Abschlussvermittlung gemäß § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 und 2 KWG und den Eigenhandel
gemäß § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 4 KWG und ist damit ein Kreditinstitut i.S. von § 1 Abs. 1
Nr. 2 EAG, das gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EAG als „anderes Institut“ der Beklagten
zugeordnet ist. Es entspricht der Rechtsprechung der erkennenden Kammer (Urteile
vom 26. November 2008 – VG 1 A 314.07 – juris - und vom 15. April 2008 – VG 1 A
174.07 – juris -), der früher zuständigen 25. Kammer des Gerichts (z.B. Urteil vom 4.
Februar 2005 – VG 25 A 113.99), des Oberverwaltungsgerichts Berlin Brandenburg
(Beschluss vom 22. November 2007 – OVG 1 N 74.05) und des
Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 120, 311, 313, 321), dass die Beitragspflicht an
die formale Erteilung der Erlaubnis und den dadurch eröffneten Geschäftsbereich
anknüpft, ohne dass es darauf ankommt, ob und wie sie tatsächlich genutzt wurde
(formeller Institutsbegriff).
1. Durchgreifende Bedenken gegen die Vereinbarkeit der Beitragserhebung bei der
Gruppe der „anderen Institute“ (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EAG) mit höherrangigem Recht
bestehen nicht. Mit der allgemeinen Verfassungsgemäßheit der Beitragsverordnung hat
sich die Kammer bereits in ihren Urteilen vom 26. November 2008 – VG 1 A 314.07 - und
vom 15. April 2008 – VG 1 A 174.07 – (a.a.O) auseinandergesetzt und diese bejaht. Dies
hält die Kammer auch in diesem Fall ausdrücklich aufrecht.
2. Die Festsetzung der Beitragshöhe ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Höhe des
Jahresbeitrags ergibt sich aus § 8 Abs. 3 Satz 1 EAG iVm §§ 1, 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs.
2 BeitragsVO. Der Jahresbeitrag beträgt 2,2 % der beitragsrelevanten Bruttoerträge und
Bruttoprovisionserträge aus Finanzgeschäften. Die Ermittlung der beitragsrelevanten
Erträge ergibt sich aus § 2 Abs. 2 BeitragsVO. Zugunsten der Klägerin blieben 90 % der
Bruttoprovisionserträge aus Geschäften mit Kunden unberücksichtigt, die nach § 3 Abs.
2 EAG keinen Anspruch auf Entschädigung haben. Der Berechnung der
beitragsrelevanten Bruttoprovisionserträge (5.245.225,13 Euro) ist die Klägerin auch
nicht entgegengetreten. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat die Beklagte jedoch
auch die beitragrelevanten Bruttoerträge aus Finanzgeschäften zutreffend berechnet.
Die Klägerin erzielte nach ihrer eigenen Erklärung im Jahr 2006 Bruttoerträge aus
Finanzgeschäften in Höhe von 16.549.278,93 Euro. Von den Gesamtbruttoerträgen
konnte im vorliegenden Fall zur Ermittlung der beitragsrelevanten Bruttoerträge
zunächst gemäß § 2 Abs. 2 S. 2 BeitragsVO der Aufwand aus Sicherungsgeschäften von
den Gesamtbruttoerträgen in Abzug gebracht werden. Zugunsten der Klägerin konnten
in der Folge gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 BeitragsVO 90 % der schon um den Aufwand
aus Sicherungsgeschäften geminderten Bruttoerträge abgezogen werden, da die
Klägerin nur Geschäfte mit Kunden abgeschlossen hatte, die nach § 3 Abs. 2 EAG keinen
Anspruch auf Entschädigung haben. Die Summe der beitragsrelevanten
Bruttoprovisionserträge und der beitragsrelevanten Bruttoerträge aus Finanzgeschäften
beträgt hiernach 2.131.491,12 Euro, so dass sich bei einem Beitragssatz von 2,2 % der
durch die Beklagte festgesetzte Beitrag von 46.892,81 Euro ergibt. Der Beitrag wurde
durch die Beklagte auch zutreffend in der Weise berechnet, dass sie zuerst den Aufwand
aus Sicherungsgeschäften gemäß § 2 Abs. 2 S. 2 BeitragsVO von den
Gesamtbruttoerträgen abgezogen und erst in einem zweiten Schritt von der
verbleibenden Summe 90 % unberücksichtigt gelassen hat. Entgegen der Auffassung
der Klägerin ergibt sich diese Berechnungsweise eindeutig aus dem Wortlaut, dem Sinn
und Zweck und der Systematik der Beitragsverordnung.
a) Die Beitragsverordnung stellt für die Beitragshöhe auf das Geschäftsvolumen ab und
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a) Die Beitragsverordnung stellt für die Beitragshöhe auf das Geschäftsvolumen ab und
differenziert zur Berücksichtigung individueller Unterschiede in der Geschäftsstruktur
gemäß § 2 Abs. 2 BeitragsVO nach der Risikobehaftung der getätigten Geschäfte durch
die Möglichkeit, bestimmte Erträge unberücksichtigt zu lassen und bestimmte
Aufwendungen zu berücksichtigen (vgl. Urteile der Kammer vom 15. April 2008 – VG 1 A
174.07 – und vom 26. November 2008 – VG 1 A 314.07 – a.a.O.). Bruttoerträge im Sinne
der Beitragsverordnung sind die aus Finanzgeschäften erzielten Erlöse, ohne dass der
zur Erzielung der Erlöse erforderliche Aufwand in Abzug gebracht werden darf, da nur der
nicht saldierte Bruttoertrag den Umfang der Geschäfte und damit das Risiko, das von
ihnen ausgehen kann, zutreffend wiederspiegelt (vgl. Urteil der Kammer vom 15. April
2008 – VG 1 A 174.07 – a.a.O., und Beschluss der früher zuständigen 25. Kammer des
Gerichts vom 1. März 2005 – VG 25 A 199.01). Von diesem Grundsatz stellt § 2 Abs. 2 S.
2 BeitragsVO eine Ausnahme dar, indem er den Aufwand aus Sicherungsgeschäften für
berücksichtigungsfähig erklärt. Daraus folgt in systematischer Hinsicht aber auch, dass
der berücksichtigungsfähige Aufwand als normale Betriebsausgabe von den gesamten
Betriebseinnahmen abgezogen werden muss und nicht etwa nur von einem Teil. Sonst
könnte auch nur ein entsprechend geminderter Teil der Ausgaben berücksichtigt werden.
Dies ist auch im Hinblick auf den Sinn und Zweck des § 2 Abs. 2 BeitragsVO, die
Beitragshöhe nach der Risikobehaftung der jeweiligen Geschäftsstruktur für das
Entschädigungssystem zu differenzieren, zwingend: Die Ausnahme des § 2 Abs. 2 S. 2
BeitragsVO ist im Rahmen des Entschädigungssystems sinnvoll, da der Abschluss von
Sicherungsgeschäften bewirkt, dass das mit bestimmten Geschäften verbundene Risiko
verringert und dadurch das Entschädigungssystem im Ergebnis entlastet wird. Somit
spiegelt gerade nach Abzug des Aufwandes aus Sicherungsgeschäften der verbleibende
Betrag das Risiko der abgeschlossenen Geschäfte wieder. Ein Abzug des gesamten
Aufwandes aus Sicherungsgeschäften kann innerhalb dieser Systematik aber nur von
den Gesamtbruttoerträgen erfolgen, da nur so der Aufwand für Sicherungsgeschäfte den
Anteil der Risikominderung durch die Sicherungsgeschäfte im gesamten
Geschäftsvolumen zutreffend erfasst. Zwar stehen den Aufwendungen aus
Sicherungsgeschäften keine direkten Erträge gegenüber. Jedoch wird das Risiko anderer
Geschäfte, aus denen Erträge erzielt werden sollen, durch den Abschluss der
Sicherungsgeschäfte gemindert. Die Erträge aus diesen gesicherten Geschäften sind ein
Teil der Gesamtbruttoerträge. Lässt man also einen Abzug der Aufwendungen aus
Sicherungsgeschäften aus dem Grund zu, dass die gesicherten Geschäfte aufgrund ihrer
geringeren Risikobehaftung privilegiert werden sollen, muss dieser Abzug jedoch auch
von dem Gesamtbruttoertrag erfolgen, der alle Erträge aus den durch den Abschluss
von Sicherungsgeschäfte weniger riskanten Geschäfte enthält. Würde man zuvor die
Bezugsgröße ändern, würde die Berechnungsgrundlage nicht mehr das Risiko des
Institutes wiederspiegeln.
b) Die von der Beklagten angewandte Berechnungsweise erweist sich auch in Hinsicht
auf den Wortlaut des § 2 Abs. 2 S. 4 BeitragsVO, wonach für Erträge, die unter mehrere
Sonderregelungen fallen, jeweils nur eine der Sonderregelungen der Sätze 1 bis 3
angewandt werden kann, als tragfähig, während die Berechnungsmethode der Klägerin
hiergegen verstoßen würde. Würde man zunächst 90 % der Bruttoerträge gemäß § 2
Abs. 2 S. 1 Nr. 5 BeitragsVO und danach von den verbleibenden 10 % den
Sicherungsaufwand gemäß § 2 Abs.2 BeitragsVO abziehen, hätte man auf den Teil der
Erträge in Höhe des Sicherungsaufwandes beide Regeln angewandt. Denn für die
Berechnung des Abzugspostens nach § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 BeitragsVO würden zunächst
alle Bruttoerträge in Ansatz gebracht, von denen dann 90 % unberücksichtigt blieben.
Die verbleibenden 10 % sind somit bereits in ihrer Gesamtheit Teil der Erträge, auf die
eine Sonderregel des § 2 Abs. 2 S. 1 BeitragsVO angewandt wurde. Von diesen 10 %
würde nach der Berechnungsmethode der Klägerin dann noch der Aufwand aus
Sicherungsgeschäften abgezogen werden, so dass auf diesen Teil in Höhe des
Sicherungsaufwandes auch die Sonderregel des § 2 Abs. 2 S. 2 BeitragsVO angewandt
würde. Die Auffassung der Klägerin, dass § 2 Abs. 2 S. 2 BeitragsVO von dem
Doppelprivilegierungsverbot des Satzes 4 deshalb nicht erfasst sei, weil darin von
„Erträgen“ die Rede sei, es sich bei dem Aufwand aus Sicherungsgeschäften jedoch
gerade um Verluste handele, wird dem Wortlaut nicht gerecht, der ausdrücklich von den
Sonderregeln in den „Sätzen 1 bis 3“ ausgeht: Sowohl Satz 2 als auch Satz 3 beziehen
sich jedoch ausschließlich auf bestimmte Aufwendungen, die durch Abzug von den
Bruttoerträgen bei der Ermittlung der Berechnungsgrundlage berücksichtigt werden
können. Für einen redaktionellen Fehler dahingehend, dass hier nur Satz 1 gemeint sein
sollte, besteht kein Anhaltspunkt. Die in der Vorschrift bezeichneten Erträge sind auch
nach Sinn und Zweck der Regelung nicht als die jeweiligen Abzugsposten, sondern als
die Bruttoerträge bzw. Bruttoprovisionserträge des Instituts zu verstehen, die durch die
jeweiligen Abzugsposten privilegiert werden sollen. Die Privilegierung erfolgt bei den
Sätzen 2 und 3 lediglich über die Berücksichtigung und damit den Abzug bestimmter
Verluste.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 154 Abs. 1, 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr.
11, 711 ZPO.
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß §§ 39 ff., 52 f. des Gerichtskostengesetzes
(Art. 1 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5.5.2004, BGBl. I S. 718) auf
9.956,43 Euro festgesetzt.
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