Urteil des VG Berlin vom 29.03.2017
VG Berlin: schule, eidesstattliche erklärung, adresse, vorverfahren, eltern, schulbehörde, umzug, kaufvertrag, anfang, einzug
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Gericht:
VG Berlin 9. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 A 183.08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 80 Abs 2 VwVfG
Notwendige Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im
Vorverfahren
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des
beizutreibenden Betrages abzuwenden, soweit nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in
gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Kläger begehren die Verpflichtung des Beklagten, die Zuziehung der Klägerin zu 1),
als Bevollmächtigte in eigener Sache im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Unter dem 31. Oktober 2007 beantragte die Klägerin zu 1. bei dem Schulamt des
Bezirksamtes Tempelhof-Schöneberg die Aufnahme ihrer am 24. Januar 2003
geborenen Tochter in die Kä.-K. Grundschule in Berlin-L. . Im Antragsformular gab die
Klägerin zu 1. als Adresse der Erziehungsberechtigten „Hi. 10“ in 1... B. an; die Adresse
der Tochter wurde mit „Mu. 8a“ angegeben. Für die damalige Adresse der Eltern ist die
zuständige Schule die Ru.-H.t-Grundschule; die für den M.weg zuständige Schule ist die
Ik.-Grundschule. Als Grund für die begehrte Aufnahme in die Kä.-Grundschule und damit
eine andere als nach dem Einschulungsbereich zuständige Grundschule gab die Klägerin
zu 1. an, im Februar 2008 in die in die W. in Berlin-L. umziehen zu wollen. Tatsächlich
erfolgte der Umzug der Familie Anfang März 2008; die Klägerin zu 1. betreibt unter
derselben Anschrift ihre Rechtsanwaltskanzlei.
Nachdem das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg von Berlin im Rahmen des
Auswahlverfahrens für die Kä.-K. Grundschule am 27. März 2008 die aktuelle Anschrift
der Tochter der Kläger überprüft und hierbei festgestellt hatte, dass sie auch ausweislich
des Melderegisters weiter im Mu. 8a gemeldet war, lehnte die Behörde mit Bescheid
vom 2. April 2008 die Aufnahme des Kindes in die begehrte Schule ab und wies es
zugleich der Ikarus-Grundschule zu. Zur Begründung führte das Schulamt aus, die
Aufnahme sei wegen fehlender Aufnahmekapazitäten nicht möglich. Eine
Berücksichtigung des im Antrag angegebenen Wechselwunsches auf der Grundlage des
Berliner Schulgesetzes komme nicht in Betracht, da der angegebene Wechselwunsch
kein anerkanntes Kriterium nach dem Schulgesetz darstelle.
Die Kläger nahmen ihre meldebehördliche Ummeldung am 16. April 2008 vor, wobei sie
ihr Einzugsdatum mit dem 5. März 2008 angaben, ohne dies allerdings auch der
Schulbehörde mitzuteilen. Einem Vermerk der Behörde vom 17. April 2008 zufolge
kündigte die Klägerin zu 1. an, sich innerhalb von einer Woche zur Kä.-Grundschule
begeben zu wollen und dort einen Kaufvertrag vorzulegen. Am 4. Mai 2008 legte die
Klägerin zu 1. als sich selbst und den Kläger zu 2. vertretende Bevollmächtigte unter der
neuen Kanzleianschrift Widerspruch gegen den Bescheid vom 2. April 2008 ein, ohne
dies weiter zu begründen. Mit weiterem Faxschreiben vom selben Tag nahm die Klägerin
zu 1. ebenfalls als Bevollmächtigte Bezug auf ein mit einer Mitarbeiterin geführtes
Telefongespräch und führte hierin aus: „Anbei wie telefonisch besprochen ein Schreiben
der Telekom an unsere neue Adresse in der Wo.. Sie können die Adresse auch aus
meinem Briefkopf ersehen. Ich gehe davon aus, dass Sie nun keinen weiteren Nachweis
mehr benötigen und dem Widerspruch abhelfen.“ Dem Schreiben war ein an die Klägerin
zu 1. als Rechtsanwältin gerichtetes Schreiben der Deutschen Post vom 4. April 2008
beigefügt, das mit den Worten „Herzlich willkommen in Ihren neuen Geschäftsräumen…“
beginnt.
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Mit Schreiben vom 13. Mai 2005 bestätigte das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg von
Berlin den Eingang des Widerspruchs. Neben allgemeinen Hinweisen zum Ablauf des
Widerspruchsverfahrens heißt es darin, dass „alle von Ihnen vorgebrachten Gründe ihre
Berechtigung haben“. Ferner wurde die Klägerin zu 1. aufgefordert, eine Vollmacht ihres
Ehemannes vorzulegen. Mit Schreiben vom 21. Mai 2008 bat die Behörde die Klägerin zu
1. nochmals um Vollmachtvorlage ihres Ehemannes sowie um den Nachweis der
Ummeldung der Tochter und ebenso um Nachweis der tatsächlichen Verlagerung des
Wohnsitzes. Die Behörde verwies auch darauf, dass die Klägerin zu 1. entgegen der
Ankündigung vom 17. April 2008 nicht innerhalb einer Woche den Kaufvertrag für das
Haus vorgelegt habe. Zugleich stellte das Schulamt in Aussicht, dass bei erbrachtem
Nachweis ein Zuzug in den Einzugsbereich der Kä.-Grundschule anerkannt werde. Diese
Information war der Klägerin einem Vermerk der Sachbearbeiterin zufolge bereits am
selben Tage telefonisch auf ihren Anruf hin mitgeteilt worden.
Unter dem 26. Mai 2008 übersandte die Klägerin zu 1. der Behörde verschiedene
Unterlagen (eidesstattliche Erklärung, Mitteilung des Architekten, Auszug aus dem
notariell beurkundeten Kaufvertrag, Grundbuchauszug, Anzeige über die Immobilie aus
dem Internet) und ergänzte, sie gehe nunmehr davon aus, dass die Unterlagen endlich
ausreichend seien. Zugleich äußerte sie Unmut über das Verfahren. So sei ihr nicht
nachvollziehbar, dass sie die tatsächliche Verlagerung des Wohnsitzes habe nachweisen
müssen. Wenn die polizeiliche Ummeldung nicht ausreiche, so hätte das Schulamt sie
hierüber vor der Entscheidung informieren müssen. Nachdem eine behördliche
Ortsbesichtigung am 2. Juni 2008 an der vormaliger Wohnanschrift der Kläger in Hi. 10
ergab, dass am Klingelknopf nach wie vor der Name der Kläger stand, forderte das
Schulamt die Klägerin zu 1. mit Schreiben vom 3. Juni 2008 zum Nachweis der erfolgten
Ummeldung auf. Zugleich bat die Behörde die Klägerin zu 1., darzulegen, weshalb bei
der damaligen Anmeldung unterschiedliche Adressen der Tochter und der
Erziehungsberechtigten bestanden hätten. Mit Schreiben vom 4. Juni 2008 übersandte
die Klägerin erstmals die Anmeldebestätigung. Ergänzend erläuterte sie, dass ihre
Tochter seinerzeit im Mu. 8a gemeldet gewesen sei, um auf die Ik.-Schule zu kommen,
die ihr Bruder bereits besuche. Der Hausbau habe sich erst nach der Anmeldung der
Tochter unter der Adresse ergeben. Sollten weitere Unterlagen benötigt werden, bitte sie
um behördliche Mitteilung. Mit weiteren Schreiben vom 10. Juni 2008 forderte die
Behörde, die von der Aufgabe der Wohnung im Hi. 10 nicht überzeugt war, die Kläger zur
Vorlage weiterer Unterlagen auf. Unter dem 13. Juni 2008 reichte die Klägerin zu 1.
sodann die Schlussrechnung von Vattenfall vom 13. März 2008, das Schreiben der
bisherigen Hausverwaltung vom 7. November 2007 über die Kündigung des
Mietverhältnisses für die Mietwohnung im Hi. 10 sowie ein Wohnungsübergabeprotokoll
vom 12. März 2008 ein.
Mit Schreiben vom 16. Juni 2008 teilte das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg der
Klägerin zu 1. mit, der Nachweis über die Verlagerung des Wohnsitzes sei nunmehr
erbracht. Eine Entscheidung über den Widerspruch werde in Kürze erfolgen. Mit
Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 2008 gab der Beklagte dem Widerspruch der Kläger
statt und erklärte die Aufnahme der Tochter an der Kä.-Grundschule zum Schuljahr
2008/2009. Darüber hinaus wurde bestimmt, dass der Beklagte die Kosten des
Widerspruchsverfahrens trage. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten wurde
hingegen als nicht notwendig erachtet. Zur Begründung führte die Behörde aus, die
Klägerin zu 1. räume selbst ein, bei der Antragstellung unzutreffende Angaben gemacht
zu haben, um für die Tochter jedenfalls Aufnahme in die Ik.-Grundschule zu finden. Trotz
der Verlagerung des Wohnsitzes im März 2008 sei die Ummeldung erst am 16. April
2008 erfolgt. Der eigentliche Nachweis über die Wohnsitzverlagerung sei erst am 11. Juni
2008 belegt worden. Bei wahrheitsgemäßer Anmeldung in der zuständigen Grundschule
und rechtzeitiger Ummeldung hätte die Schulbehörde die Anmeldung bereits im
Auswahlverfahren berücksichtigt werden können.
Am 26. Juli 2008 haben die Kläger gegen den Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 2008
Klage erhoben. Sie sind der Meinung, dass die Zuziehung der Klägerin zu 1. als
Bevollmächtigte im Widerspruchsverfahren notwendig gewesen sei. Zur Begründung
machen sie im Wesentlichen geltend, die Rechtslage sei zunächst sehr einfach und klar
gewesen. Durch die rechtzeitig erfolgte Anzeige und den Umzug in die Wo. hätte die
Behörde den Antrag bereits im April 2008 positiv bescheiden müssen. Allerdings seien
im Widerspruchsverfahren sukzessiv immer mehr Unterlagen angefordert worden.
Wegen der kurz bemessenen Vorlagefristen hätte auch ein Laie diesem Druck nicht
standgehalten. Für einen normalen Bürger habe sich der Verfahrensablauf als
undurchsichtig und schwierig gestaltet. Ungewöhnlich sei auch der Anruf des Schulamtes
am 1. April 2008 gewesen, bei dem die Behörde unter gleichzeitiger Ankündigung eines
Ablehnungsbescheides Erkundigungen darüber angestellt habe, ob sie bereits
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Ablehnungsbescheides Erkundigungen darüber angestellt habe, ob sie bereits
umgezogen seien. Wegen des bevorstehenden Schulbeginns Anfang September 2008
habe ferner ein dauerhafter Rechtsverlust gedroht. Eine sachliche Rechtsverfolgung
habe daher die ständige Prüfung erfordert, wann einstweiliger Rechtsschutz zu
beantragen sei.
Die Kläger beantragen,
den Beklagten unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides des Bezirksamtes
Tempelhof-Schöneberg vom 26. Juni 2008 zu verpflichteten, die Zuziehung eines
Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt der Beklagte im Wesentlichen vor, die Verzögerung der Aufnahme
ihrer Tochter in die Käthe-Kollwitz-Grundschule hätten die Kläger selbst verschuldet. So
hätten sie den Nachweis über die Wohnsitzverlagerung erst mit Datum vom 13. Juni
2008 schlüssig und glaubhaft belegt. Ferner sei die Tochter bis zum Umzug in die Wo.
abweichend von der Wohnanschrift der Kläger gemeldet gewesen; dies habe die Behörde
zur sorgfältigen Aufklärung veranlasst. Die Zuziehung einer Rechtsanwältin habe nicht
zum Erfolg über den Widerspruch geführt.
Mit Beschluss vom 10. Dezember 2008 hat die Kammer den Rechtsstreit dem
Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der
Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Verwaltungsvorgang des
Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Entscheidung des Beklagten, die Zuziehung der
Bevollmächtigten im Vorverfahren nicht für notwendig zu erklären, ist rechtmäßig und
verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Kläger haben
keinen Anspruch auf die entsprechende Feststellung. Anspruchsgrundlage hierfür ist §
80 Abs. 2 VwVfG. Danach sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im
Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig
war. Dies war hier nicht der Fall. Notwendig ist die Hinzuziehung des Bevollmächtigten,
wenn es der Partei nach ihren persönlichen Verhältnissen und der Schwierigkeit der
Sache nicht zuzumuten war, das Vorverfahren selbst zu führen. Dabei ist die
Erstattungsfähigkeit von Anwaltskosten im Vorverfahren nicht automatisch, sondern je
nach Lage des Einzelfalls nur unter der Voraussetzung der konkreten Notwendigkeit
anzuerkennen. Maßgebend ist, ob sich ein vernünftiger Bürger mit gleichem Bildungs-
und Erfahrungsstand bei der gegebenen Sachlage eines Anwalts bedient hätte (ständige
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. Urteil vom 26. Februar 1993, 6 C
68.91, Buchholz 316 § 80 Nr. 34, Urteil vom 26. Januar 1996, 8 C 15.95, Buchholz 316 §
80 Nr. 36, Urteil vom 17. Dezember 2001, 6 C 19.01, NVwZ-RR 2002, S. 446 f.). Dabei ist
die Zuziehung nicht die Regel, sondern die Ausnahme (BVerwG, Urteil vom 17.
Dezember 2001, a.a.O.). Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung ist damit die
Schwierigkeit der Sachlage, die jedoch nicht abstrakt, sondern unter Berücksichtigung
der Sachkunde und der persönlichen Verhältnisse des Widerspruchsführers festzustellen
ist. Hierbei kommt es nicht auf die subjektive Sicht des Widerspruchsführers an, sondern
darauf, wie ein verständiger Dritter in dessen Situation gehandelt hätte. Die Beurteilung
ist nach der Sachlage vorzunehmen, wie sie sich im Zeitpunkt der Zuziehung eines
Verfahrensbevollmächtigten dargestellt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Mai 2000, 7 C
8.99, NJW 2000, 3081). In der Rechtsprechung ist schließlich anerkannt, dass Gebühren
und Auslagen eines im Vorverfahren sich selbst vertretenden Rechtsanwalts
erstattungsfähig sind, wenn die Zuziehung eines Rechtsanwalts an sich notwendig war
(vgl. BVerwG Urteil vom 16. Oktober 1980, 8 C 10.80, BVerwGE 61, 100). Mithin steht
dem geltend gemachten Anspruch zwar nicht entgegen, dass die Klägerin zu 1) nicht nur
als Bevollmächtigte des Klägers zu 2), sondern auch als sich selbst vertretende
Rechtsanwältin aufgetreten ist. Gleichwohl bestehen für das Gericht bei Anwendung des
genannten Maßstabs nicht die geringsten Zweifel daran, dass der geltend gemachte
Anspruch scheitern muss.
Ausgangspunkt ist hierbei, dass der zugrunde liegende Fall weder rechtlich noch
tatsächlich schwierig war. Mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen im Land Berlin
Schulanfänger in die für sie zuständige Grundschule aufgenommen werden, sind
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Schulanfänger in die für sie zuständige Grundschule aufgenommen werden, sind
alljährlich alle Eltern schulpflichtiger Kinder konfrontiert. Über das Verfahren zur
Aufnahme in die zuständige Schule, insbesondere die Bedeutung des tatsächlichen
Wohnsitzes des Kindes, informieren gerichtsbekanntermaßen die Schulbehörden selbst,
das Thema ist aber auch regelmäßig Gegenstand umfangreicher
Presseberichterstattung. Das Gericht geht daher davon aus, dass durchschnittlich
informierten Eltern im Land Berlin bekannt ist, dass die Schulbehörde im Frühjahr eines
jeden Jahres über Aufnahmeanträge auf der Grundlage der tatsächlichen
Wohnverhältnisse und ggf. der Angaben aus dem Melderegister entscheidet.
Gleichermaßen wissen Eltern, dass sie tatsächliche Änderungen ihrer Wohnverhältnisse
im Laufe des Auswahlverfahrens im eigenen Interesse zeitnah mitteilen müssen, um den
Anspruch ihres Kindes auf Aufnahme in die zuständige Schule zu sichern. Als allgemein
bekannt kann schließlich vorausgesetzt werden, dass widersprüchliche Angaben oder
mehrdeutiges Verhalten zu einer unklaren Erkenntnislage bei der Behörde führen
können, die die Aufnahme verzögern kann. Ergeben sich nämlich konkrete
Verdachtsmomente, die Anmeldung des Kindes im Einschulungsbereich einer
bestimmten Grundschule sei allein deshalb erfolgt, um die Aufnahme des Kindes an
dieser Schule zu gewährleisten, ist die Schulbehörde an die Erklärungen der
Erziehungsberechtigten nicht gebunden und zu weiteren Nachforschungen berechtigt
(Beschluss der Kammer vom 16. Juli 2007, VG 9 A 162.07). Bei der zeitnahen und
zutreffenden Angabe des Wohnsitzes eines einzuschulenden Kindes handelt es sich
mithin um eine einfache Tatsacheninformation, deren Mitteilung keinerlei
Rechtskenntnisse erfordert und die daher grundsätzlich allen Eltern ohne Einschaltung
anwaltlicher Hilfe jedenfalls solange zugemutet werden kann, wie sich keine wesentlichen
Rechtsfragen stellen. Erst recht gilt dies, wenn die Eltern juristisch vorgebildet sind.
Im vorliegenden Fall ging es zum maßgebenden Zeitpunkt der Bevollmächtigung der
Klägerin zu 1. als sich und ihren Ehemann selbst vertretende Anwältin allein um die
Mitteilung und – vor allem - den Nachweis des tatsächlichen Wohnsitzes des
einzuschulenden Kindes. Um dieser Verpflichtung nachzukommen, bedurfte es keiner
anwaltlichen Vertretung, nicht zuletzt auch, weil beide Kläger Volljuristen sind. Es hätte
sich beiden nämlich zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt aufdrängen müssen, der
Behörde durch frühzeitige Information und die Vorlage aussagekräftiger Unterlagen über
den Sachstand zu informieren. So hätte es sich z.B. bereits bei der Anmeldung im
Oktober 2007 angeboten, nicht lediglich von einem Umzug in die Wo. zu sprechen,
sondern die Tatsache des Eigentumserwerbs anzugeben und den bereits im September
2007 abgeschlossenen Kaufvertrag beizufügen. Ein nächster zumutbarer Schritt hätte
darin liegen können, die Schulbehörde über die voraussichtliche Verzögerung des
Umzugs, jedenfalls aber den im März 2007 erfolgreichen Einzug – wenn auch nur kurz
telefonisch – zu informieren. Auch dies ist nicht geschehen. Besonders gravierend ist es
aus der Sicht des Gerichts, dass die Kläger nach dem Einzug am 5. März 2007 nicht ihrer
gesetzlichen Meldepflicht nachgekommen sind. Nach § 11 Abs. 1 des Berliner
Meldegesetzes (MeldeG) hat sich, wer eine Wohnung bezieht, innerhalb von zwei Wochen
bei der Meldebehörde anzumelden. Der Verstoß hiergegen stellt nach § 30 Abs. 1
MeldeG eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße von bis zu 500 Euro
geahndet werden kann (§ 30 Abs. 2 MeldeG). Die Kläger haben sich indes erst am 16.
April 2008 angemeldet und die entsprechende Bescheinigung der Schulbehörde sogar
erst am 4. Juni 2008 übermittelt. Der konkrete Geschehensablauf belegt eindrucksvoll,
dass es aller Wahrscheinlichkeit nach noch nicht einmal zum Erlass des ablehnenden
Bescheides gekommen wäre, wenn die Kläger nur ihrer melderechtlichen Verpflichtung
nachgekommen wären. Denn in diesem Fall hätte die Behörde bei ihrer vor der
Entscheidung vorgenommenen Melderegisterabfrage die Ummeldung ohne Weiteres
entnehmen und das Mädchen der Kläger als ein im Einschulungsbereich der Kä. Schule
wohnendes Kind behandeln können.
Entgegen der Ansicht der Kläger ist die Sache auch nach Beauftragung ihrer
Bevollmächtigten nicht durch ein unangemessenes Verhalten der Behörde
verkompliziert worden. Der von ihnen angezogenen vorherigen Benachrichtigung über
den Bescheiderlass misst das Gericht keinerlei nachteilige und das Verfahren besonders
erschwerende Wirkung zu; hierin dürfte sogar eher ein behördliches Entgegenkommen
zu sehen sein. Im Gegenteil bestand sodann über die zu erwartende Entscheidung
bereits frühzeitig Klarheit, nachdem das Schulamt schon am 21. Mai 2008 in Aussicht
gestellt hatte, dass es – bei entsprechendem Nachweis – zur späteren Zuteilung des
Schulplatzes kommen würde. Die sodann eingetretenen Verzögerungen haben sich die
Kläger durchweg selbst zuzurechnen. Denn diese traten insbesondere durch die
verspätete Vorlage einschlägiger Dokumente erst Anfang Juni 2007 ein, nachdem auch
schon zuvor erbetene Unterlagen nicht binnen der von der Bevollmächtigten
angekündigten bzw. der Behörde erbetenen Frist eingereicht waren (Ankündigung der
Kaufvertragsübersendung für Mitte April 2008, keine umgehende Vollmachtsvorlage des
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Kaufvertragsübersendung für Mitte April 2008, keine umgehende Vollmachtsvorlage des
Ehemannes). Dass die Behörde den Klägern schließlich mehr Nachweise zum Umzug
abverlangt hat, als es möglicherweise in anderen Fällen üblich wäre, um den Sachverhalt
besonders gründlich aufzuklären, haben sich die Kläger ebenfalls selbst zuzuschreiben.
Abgesehen davon, dass die frühere Wohnung noch im Juni mit dem alten Namensschild
versehen war, bot insbesondere die von den Klägern eingeräumte Scheinanmeldung
ihrer Tochter unter der Adresse „Mu. 8a“ – einem weiteren als Ordnungswidrigkeit
bewehrten Rechtsverstoß - der Behörde Anlass, den klägerischen Angaben mit
gehörigem Misstrauen zu begegnen.
Haben die Kläger den Verfahrensablauf mithin selbst zu vertreten, können sie sich nicht
dadurch schadlos halten, dass die Kosten eines Bevollmächtigten der Allgemeinheit
aufgebürdet werden.
Die Kostenentscheidungen beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 VwGO in Verbindung mit § 100
Abs. 4 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 Abs.
2, Abs. 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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