Urteil des VG Berlin vom 15.03.2017

VG Berlin: stand der technik, eingriff, versteigerung, öffentliche gewalt, gebühr, bewirtschaftung, unterliegen, berufsausübungsfreiheit, sondervorteil, emission

1
2
3
4
5
6
Gericht:
VG Berlin 10.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 K 128.09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
Art 3 Abs 1 GG, Art 14 Abs 1 GG,
Art 12 Abs 1 GG, Art 104a GG, §
7 Abs 1 ZuG 2012
Emissionsberechtigungen; Veräußerungskürzung bei
Stromproduzenten rechtens
Leitsatz
Die Kürzung des auf die Produktion von Strom entfallenden Zuteilungsanspruchs zur
Erzielung des Berechtigungsaufkommens für die Veräußerung von Berechtigungen zur
Emission von Kohlendioxid nach §§ 19, 20 ZuG 2012 ist mit dem Grundgesetz vereinbar.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren
Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe
des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Berufung und die Sprungrevision werden zugelassen.
Tatbestand
Die Strom produzierende Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Zuteilung
weiterer Emissionsberechtigungen für die Handelsperiode 2008 bis 2012 im Umfang von
Berechtigungen.
Sie betreibt das vorwiegend erdgasbefeuerte Heizkraftwerk Süd in Schwerin. Mit
Bescheid vom 13. Februar 2008 teilte die Beklagte der Klägerin nach dem Gesetz über
den nationalen Zuteilungsplan für Treibhausgas-Emissionsberechtigungen in der
Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 vom 7. August 2007 (Zuteilungsgesetz 2012 – ZuG
2012) für den Betrieb des Kraftwerks in der Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 insgesamt
Berechtigungen zu. Die auf die Stromproduktion der Klägerin entfallende
Zuteilungsmenge von jährlich t Kohlendioxid kürzte die Beklagte dabei gemäß § 20 ZuG
2012 unter Anwendung des Faktors von gerundet 0,844 um eine Menge von t
Kohlendioxid. Die Regelung bestimmt, dass zur Erzielung des
Berechtigungsaufkommens für die in § 19 ZuG 2012 vorgesehene Veräußerung von
jährlich 40 Millionen Berechtigungen die auf die Stromproduktion entfallenden
Zuteilungsmengen für Anlagen der Energiewirtschaft um einen Faktor gekürzt wird, der
dem Verhältnis von 38 Millionen Berechtigungen pro Jahr zur gesamten jährlichen
Zuteilung für die Stromproduktion an bestehende Anlagen entspricht.
Den gegen den Bescheid erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit
Widerspruchsbescheid vom 8. April 2009 zurück.
Mit ihrer am 11. Mai 2009 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr
Begehren weiter.
Sie hält die Regelungen der §§ 19 und 20 ZuG 2012 für verfassungswidrig, weshalb die
danach erfolgte Kürzung der Zuteilungsmenge rechtswidrig sei.
Die Veräußerung von Zertifikaten nach § 19 ZuG 2012 verletze die Finanzverfassung des
Grundgesetzes. Es fehle bereits an einer sachlichen Rechtfertigung für die Erhebung
einer nicht-steuerlichen Abgabe. Ein maßgeblicher, über die Begrenzung des
Kohlendioxidausstoßes hinausgehender Klimaschutz werde mit der Veräußerung nicht
erzielt. Die vom Gesetzgeber ins Feld geführte Allokationseffizienz werde in
hinreichendem Maße bei der zweiten und den Folgeallokationen am Markt hergestellt.
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
hinreichendem Maße bei der zweiten und den Folgeallokationen am Markt hergestellt.
Der Verkauf der Berechtigungen in den Jahren 2008 und 2009 habe den Preis pro
Berechtigung eher gesenkt und insofern kontraproduktiv gewirkt. Auch die nunmehr
gesetzlich vorgesehene Versteigerung bewirke keinen Effizienzgewinn.
Bei den Anlagenbetreibern entstehe kein abschöpfungsfähiger Vorteil. Es fehle bereits
an der Bewirtschaftung eines knappen Gutes. Die Aufnahmefähigkeit der Luft für
Kohlendioxid sei nicht „knapp“ im Sinne von „nur in geringen Mengen vorhanden“.
Daran ändere nichts, dass eine hohe Kohlendioxidkonzentration in der Luft den
Treibhauseffekt fördere.
Auch fehle es an einer Bewirtschaftung der Luft. Deren Nutzung sei vielmehr Ausübung
der originären (Grund-) Rechte der Anlagenbetreiber. Ihnen werde daher kein Recht
verliehen, so dass ihnen auch ein abschöpfungsfähiger Vorteil nicht erwachse. Somit
verletze die Veräußerungskürzung auch die Belastungsgleichheit.
Die Kürzung des Zuteilungsanspruchs zum Zwecke der Veräußerung der
Berechtigungen verletze die Klägerin auch in ihrer Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs.
1 GG). Das Grundrecht umfasse die Befugnis, zu Erwerbeszwecken die natürliche
Ressource „Luft“ zu nutzen. Die Veräußerung der Berechtigungen diene ausschließlich
dazu, staatliche Einnahmen zu erzielen. Dies stelle keine für einen Eingriff in die
Berufsfreiheit ausreichende vernünftige Erwägung des Gemeinwohls dar.
Auch der Eingriff in die Eigentumsfreiheit der Klägerin (Art. 14 Abs. 1 GG) sei allein durch
den Zweck der Erzielung staatlichen Einnahmen nicht zu rechtfertigen.
Ferner verletzte die Beschränkung der Kürzung nach §§ 19, 20 ZuG 2012 auf Strom
produzierende Anlagen der Energiewirtschaft das allgemeine Gleichbehandlungsgebot
des Art. 3 Abs. 1 GG. Verbrennungsanlagen zur Stromproduktion seien mit Kohlendioxid
emittierenden Verbrennungsanlagen der Industrie vergleichbar. Ein sachlicher Grund für
die Ungleichbehandlung beider Gruppen von Anlagen sei nicht vorhanden. Auch die
Betreiber von Kraftwerken seien einem harten Wettbewerb ausgesetzt und liefen Gefahr,
Kunden an Stromproduzenten zu verlieren, die dem Emissionshandel nicht unterliegen.
Die Behauptung, anders als im Energiesektor bestehe im Industriesektor keine
Möglichkeit, die Preise für die Berechtigungen auf die Endpreise umzulegen, sei durch
nichts belegt. Im Gegenteil belege eine von der Kommission der Europäischen
Gemeinschaften eingeholte Studie aus dem Jahr 2005, dass auch seitens der Betreiber
von Industrieanlagen in hohem Maße die Absicht bestanden habe, die Preise für
Emissionsberechtigungen auf den Produktpreis umzulegen (so European
Commission/McKinsey & Company/Ecofys, Review of EU Emissions Trading Scheme,
November 2005).
Vorsorglich bestreite die Klägerin die Berechnung des Kürzungsfaktors. Es könne nicht
ausgeschlossen werden, dass die Beklagte die Anzahl der für Strom zuzuteilenden
Berechtigungen insgesamt, d. h. in der Gesamtheit der zuzuteilenden Berechtigungen in
der Bundesrepublik, zu niedrig festgesetzt habe. Wäre die Anzahl der für Strom
zuzuteilenden Berechtigungen höher als von der Beklagten ermittelt, sei der
Kürzungsfaktor überhöht.
Schließlich sei auch die Erhebung der ‚Kontoeinrichtungsgebühr’ i. H. v. 200,- Euro
rechtswidrig. Die Kontoeinrichtungsgebühr sei bereits im Jahr 2005 erhoben und
entrichtet worden. Eine erneute Einrichtung des Kontos habe nicht stattgefunden.
Die Klägerin beantragt:
1. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin unter teilweiser Aufhebung des
Zuteilungsbescheides vom 22.02.2008 – Gz. E 2.2-14310-0476/112 – in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 08.04.2009,Gz: E 1.4 – 14310-0476/115-WS, gemäß § 7
Abs. 1 ZuG 2012 weitere 55.397 Emissionsberechtigungen für die Zuteilungsperiode 208
bis 2012 zuzuteilen.
2. Die Beklagte wird verpflichtet, den Zuteilungsbescheid vom 22.02.2008 – Gz. E
2.2-14310-0476/112 – in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.04.2009,Gz: E
1.4 – 14310-0476/115-WS, insoweit abzuändern, als dass eine Zuteilung ohne
Festsetzung einer Gebühr stattfindet, und die erhoben § 200,-- zurückzuzahlen.
3. Die anwaltliche Zuziehung im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Die Beklagte beantragt,
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
die Klage abzuweisen.
Die Kürzung nach §§ 19 und 20 ZuG 2012 sei mit dem Grundgesetz vereinbar und
insbesondere auch im Hinblick auf die Finanzverfassung des Grundgesetzes nicht zu
beanstanden.
Die Veräußerung von Zertifikaten, insbesondere ihre Versteigerung, stelle die
effizienteste Methode dar, um knappe Nutzungsrechte optimal zu verteilen. Sie diene
ferner der Abschöpfung eines Sondervorteils. Die Aufnahmefähigkeit der Luft für
Treibhausgase sei beschränkt, die Möglichkeit der Emission folglich ein knappes Gut. Seit
Einführung des Emissionshandelssystems werde die Ressource Luft auch bewirtschaftet.
Ein weiterer sachlicher Grund für die Veräußerung der Zertifikate bestehe in der
Abschöpfung sog. „windfall-profits“. Die Belastungsgleichheit sei gewahrt, weil lediglich
der gewährte Vorteil abgeschöpft werde.
Die entgeltliche Zuteilung der Berechtigungen sei auch mit der Berufsfreiheit vereinbar.
Nach neuerer Auffassung wandele sich ein grundrechtliches Abwehrrecht in ein
Teilhaberecht um, wenn ein Gut der Allgemeinheit knapp geworden sei. Allein die
Knappheit des Gutes reiche aus, einen Eingriff des Staates, etwa ein
Verteilungsverfahren, zu rechtfertigen. Auch nach traditionellem Verständnis des
Grundrechts der Berufsfreiheit sei dieses nicht verletzt. Es liege lediglich ein Eingriff in die
Berufsausübungsfreiheit vor, der durch vernünftige Gründe des Allgemeinwohls
gerechtfertigt sei, zumal nur etwa 9 % der Berechtigungen entgeltlich zugeteilt würden.
Ebenso wenig liege eine Verletzung der Eigentumsfreiheit vor. Fraglich sei bereits, ob
nunmehr überhaupt noch ein Eingriff in den Schutzbereich vorliege, nachdem bereits im
Jahr 2001 die Versteigerung von Emissionsberechtigungen angekündigt worden sei.
Jedenfalls rechtfertigten die genannten Gründe für die Veräußerung der Zertifikate auch
einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG.
Die Beschränkung der Kürzung nach § 20 ZuG 2012 auf die für die Stromproduktion zu
erteilenden Berechtigungen verletze auch den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3
Abs. 1 GG nicht. Bei der Gruppe der Stromproduzenten handele es sich um eine
gegenüber der Industrie abgrenzbare Personengruppe, die anderen Marktbedingungen
ausgesetzt sei. Nach den Erfahrungen der ersten Handelsperiode sei davon
auszugehen, dass bei der Stromproduktion in weit größerem Maße die Möglichkeit
bestehe, die Kosten der Zertifikate in den Endpreis einzustellen als im Bereich der
Industrie. Die von der Klägerin genannte Studie bestätige dies. Ob dies in Einzelfällen
auch Betreibern von Kraftwerken nicht möglich sei, könne wegen der
Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers dahinstehen. Dass es konkret der Klägerin nicht
möglich sei, habe sie substantiiert nicht dargetan. Dem Umstand, dass auch die
Industrie teilweise die Kosten der Zertifikate ‚einpreise’, werde ab dem Jahr 2013 durch
einen schrittweisen Abbau der kostenlosen Zuteilung auch für diese Anlagen Rechnung
getragen. Im Industriebereich seien jedoch auch weiterhin zahlreiche Ausnahmen
hiervon vorgesehen. Dies belege, dass auch auf europäischer Ebene eine generelle
Gleichbehandlung von Stromerzeugern und Industrieanlagen nicht für sachlich
gerechtfertigt angesehen werde.
Die Gebühr für die Einrichtung des Kontos sei pro Zuteilungsperiode zu erheben und
daher nicht zu beanstanden.
Die die Klägerin betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten haben vorgelegen und
waren, soweit wesentlich, Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren
Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend hierauf Bezug genommen;
wegen des weiteren dezidierten Vortrages beider Beteiligten wird auf den Inhalt der
wechselseitigen Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
1
hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zuteilung weiterer 55.397
Emissionsberechtigungen. Die Zuteilungsentscheidung der Beklagten vom 13. Februar
2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2008 ist
rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gemäß § 9 Abs. 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes (TEHG) haben
Verantwortliche für jede Tätigkeit im Sinne dieses Gesetzes einen Anspruch auf
Zuteilung von Berechtigungen nach Maßgabe des Gesetzes über den nationalen
29
30
31
32
33
34
35
36
37
Zuteilung von Berechtigungen nach Maßgabe des Gesetzes über den nationalen
Zuteilungsplan. Der Betrieb des Kraftwerkes Stuttgart-Gaisburg stellt eine Tätigkeit
gemäß Anhang 1 Ziffer I zum TEHG dar. Als Betreiberin dieser immissionsschutzrechtlich
genehmigungsbedürftigen Anlage (§ 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige
Anlagen – 4. BImSchV – i. V. m. Nr. 1.1 ihres Anhangs) ist die Klägerin gemäß § 3 Abs. 7
Satz 2 TEHG Verantwortliche im Sinne dieses Gesetzes.
Für die Handelsperiode 2008 bis 2012 ist maßgeblich das Gesetz über den nationalen
Zuteilungsplan für Treibhausgas-Emissionsberechtigungen in der Zuteilungsperiode
2008 bis 2012 (Zuteilungsgesetz 2012 – ZuG 2012 – vom 7. August 2007, BGBl. I S.
1788).
Es regelt die Zuteilung von Berechtigungen für bestehende Anlagen der
Energiewirtschaft im Grundsatz in seinem § 7. Nach dessen Absatz 1 Satz 1 werden für
Anlagen nach Anhang 1 Ziffer I bis V des TEHG, deren Inbetriebnahme bis zum 31.
Dezember 2002 erfolgte, auf Antrag Berechtigungen in einer Anzahl zugeteilt, die dem
rechnerischen Produkt aus der durchschnittlichen jährlichen Produktionsmenge der
Anlage in einer Basisperiode, dem Emissionswert je erzeugter Produkteinheit nach
Anhang 3 oder einer Verordnung nach § 13 und der Anzahl der Jahre der
Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 entspricht.
In Betrieb genommen wurde die Anlage der Klägerin im Jahr 1995. Zutreffend hat die
Beklagte ihre Zuteilung daher ausschließlich auf § 7 Abs. 1 ZuG 2012 gestützt. Dagegen
wendet sich die Klägerin nicht.
Die von ihr einzig beanstandete Kürzung des Zuteilungsanspruches gemäß § 20 ZuG
2012 entspricht den Vorgaben des Zuteilungsgesetzes 2012 (nachfolgend zu 1), die
ihrerseits mit dem Grundgesetz in Einklang stehen (nachfolgend zu 2).
Gemäß § 20 ZuG 2012 wird zur Erzielung des Berechtigungsaufkommens für die
Veräußerung nach § 19 ZuG 2012 bei Anlagen nach Anhang 1 Ziffern I bis V des TEHG,
die eine Zuteilung nach den §§ 7 bis 9 oder § 12 ZuG 2012 erhalten, die auf die
Produktion von Strom entfallende Zuteilungsmenge um einen Faktor verringert, der dem
Verhältnis von 38 Millionen Berechtigungen pro Jahr zur gesamten jährlichen Zuteilung
für die Stromproduktion an bestehende Anlagen nach den §§ 7, 8, und 12 entspricht. Da
es sich bei der streitgegenständlichen Anlage der Klägerin um eine solche i. S. d. Ziffer I
des Anhangs zum TEHG handelt, unterlag die auf die Stromproduktion in ihrer Anlage
entfallende Zuteilung somit der Kürzung nach § 20 ZuG 2012. Ein Berechnungsfehler ist
der Beklagten nicht unterlaufen.
In vom Gericht nicht zu beanstandender Weise hat sie bei ihrer Kürzung den Faktor von
0,844001906 angewendet. Die Klägerin bestreitet die Rechtmäßigkeit dieses
Kürzungsfaktors, ohne auch nur einen Anhaltspunkt dafür zu geben, inwieweit dieser
fehlerhaft gebildet worden ist. Damit dringt sie nicht durch:
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Kammerbeschluss vom 10.
Dezember 2009; 1 BvR 3151/07, S. 18 ff. der Beschlussabschrift) war der Beklagten
hinsichtlich der gerichtlichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit der in der ersten
Handelsperiode vorgenommenen anteiligen Kürzung gemäß § 4 Abs. 4 ZuG 2007 ein
Beurteilungsspielraum einzuräumen. Da der für die Kürzung nach § 20 ZuG 2012 zu
bildende Kürzungsfaktor ebenfalls zum Zeitpunkt der zeitgleichen Zuteilung an alle am
Emissionshandel teilnehmenden Stromproduzenten feststehen musste und seine
Bildung von der Gesamtmenge der Zuteilung für die Stromproduktion an bestehende
Anlagen nach den §§ 7, 8 und 12 ZuG 2012 abhängig war, ist es geboten, die vom
Bundesverfassungsgericht zur gerichtlichen Kontrolle der seinerzeitigen Kürzung gemäß
§ 4 Abs. 4 ZuG 2012 aufgestellten Grundsätze (siehe insbesondere S. 21 und 25 der
Beschlussabschrift) auch auf die Kürzung nach § 20 ZuG 2012 zu übertragen.
Danach kann sich die der Behörde vom Gesetzgeber eingeräumte
Letztentscheidungsbefugnis nur auf die konkrete Rechtsanwendung – die Subsumtion –
beziehen und nicht auf die Beurteilung der rechtlichen Maßstäbe, also deren Auslegung
und deren Rechtmäßigkeit. Des Weiteren bezieht sie sich grundsätzlich nicht auf die
Feststellung der für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen. Gerichtlich zu prüfen ist
daher grundsätzlich auch, ob der Sachverhalt richtig ermittelt und der Prognose eine
geeignete Methode zugrunde gelegt wurde“ (BVerfG, Beschluss vom 10. Dezember
2009, a. a. O., S. 21 der Beschlussabschrift).
Das bedeutet indes nicht, dass das Gericht jede einzelne für die Bildung des
Kürzungsfaktors maßgebliche Einzelzuteilung auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüfen
müsste. Die fehlende Möglichkeit einer solchen effektiven Prüfung bereits zum
38
39
40
41
42
43
44
45
46
müsste. Die fehlende Möglichkeit einer solchen effektiven Prüfung bereits zum
maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Zuteilungsentscheidung ist gerade Anlass für
die Anerkennung eines behördlichen Beurteilungsspielraumes. Gerichtlicher Kontrolle
zugänglich ist die für die Ermittlung des Kürzungsfaktors erforderliche behördliche
Prognose daher ‚lediglich’ hinsichtlich der generellen Auslegung der für sie maßgeblichen
Zuteilungsregeln und ihrer Verfassungsmäßigkeit sowie der generellen Einhaltung der
Verfahrensregeln des § 15 ZuG 2012; der Kontrolle unterliegen ferner die Prüfung, ob
willkürlich getroffene Einzelentscheidungen in die Prognose eingeflossen sind, und
schließlich die Bildung des Kürzungsfaktors selbst (BVerfG, Beschluss vom 10.
Dezember 2009, a. a. O., S. 25).
Daran gemessen erweist sich die von der Beklagten vorgenommene Kürzung nach § 20
ZuG 2012 nicht als rechtswidrig.
Es ist nichts dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass die Beklagte den Kreis der §
20 ZuG 2012 unterfallenden Anlagen sowie die auf die Stromproduktion entfallende
Zuteilungsmenge aufgrund eines Rechtsirrtums oder einer generell unzureichenden
Prüfung i. S. d. § 15 ZuG 2012 falsch ermittelt hat. Ausweislich ihrer Angaben im
Widerspruchsbescheid und in ihrer Veröffentlichung „Die Zuteilung von
Emissionsberechtigungen in der Handelsperiode 2008-2012 von Mai 2008“ (abrufbar
und ) unterliegen der Veräußerungskürzung insgesamt 427 Anlagen der
Energiewirtschaft mit einer berechneten Zuteilungsmenge für das Produkt Strom von
243,59 Millionen Berechtigungen. Bei einer gemäß § 20 ZuG 2012 zu generierenden
Menge von 38 Millionen Berechtigungen bedarf es einer Kürzung dieser Menge um
(gerundet) 15,599 Prozent, woraus sich der gerundete Faktor von 0,844 errechnet.
Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagten bei der Addition der Einzelzuteilungsmengen
ein Fehler unterlaufen sein könnte, liegen nicht vor, weshalb die Kammer darauf
verzichten konnte, sich eine Einzelaufstellung aller Zuteilungen an Strom produzierende
Anlagen vorlegen zu lassen.
2
verfassungsrechtlichen Einwände greifen nicht durch.
2.1
messen.
Solange die Europäischen Gemeinschaften, insbesondere die Rechtsprechung des
Europäischen Gerichtshofes, einen wirksamen Grundrechtsschutz gegenüber der
Hoheitsgewalt der Gemeinschaften generell gewährleisten, der dem vom Grundgesetz
als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz im Wesentlichen gleich zu achten ist,
wird eine innerstaatliche Rechtsvorschrift, die eine Richtlinie in deutsches Recht umsetzt,
insoweit allerdings nicht an den Grundrechten des Grundgesetzes gemessen, als das
Gemeinschaftsrecht keinen Umsetzungsspielraum lässt, sondern zwingende Vorgaben
macht (BVerfG, Beschluss vom 13. März 2007 – 1 BvF 1/05 –, BVerfGE 118, 79, 95 m. w.
Nw.). Die Einführung des Emissionshandelssystems, das grundsätzliche Erfordernis der
quantitativen Begrenzung und sukzessiven Minderung der Emissionen, die
Genehmigungspflichtigkeit der Emissionen (BVerfG, a. a. O. S. 98) und die Pflicht zur
Abgabe von Emissionsberechtigungen durch § 6 Abs. 1 und § 18 Abs. 1 TEHG beruhen
auf einer zwingenden Umsetzung der Emissionshandelsrichtlinie (Art. 12 Abs. 3 und Art.
16) und sind daher an den gemeinschaftsrechtlichen Grundrechtsgewährleistungen zu
messen (BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 2007 – 1 BvR 2036/05 –, BVerfGK 11, 189, 191
ff.; BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2005 – BVerwG 7 C 26/04 –, BVerwGE 124, 47, 56 ff.).
Die von der Klägerin für verfassungswidrig angesehenen Regelungen der §§ 19 und 20
ZuG 2012 sind nicht aufgrund zwingender, dem nationalen Gesetzgeber keinen
Spielraum belassender Vorgaben der Emissionshandelsrichtlinie ergangen. Dies gilt
insbesondere auch für Art. 10 EH-RL, der lediglich eine kostenlose Zuteilung im Umfang
von 90 % der insgesamt zuzuteilenden Berechtigungen zwingend vorsieht, hinsichtlich
der verbleibenden 10 % jedoch den Mitgliedstaaten die Entscheidung über eine
kostenlose oder kostenpflichtige Zuteilung überlässt. Diese Grenze überschreitet das
Zuteilungsgesetz 2012 in § 19 nicht.
2.2
Da § 20 ZuG 2012 die Kürzung gerade zur Erzielung des Berechtigungsaufkommens für
die Veräußerung vorsieht, steht er in untrennbarem Zusammenhang mit der die
Veräußerung vorsehenden Regelung des § 19 ZuG 2012. Auch diese Regelung ist jedoch
von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.
2.2.1
46
47
48
49
50
51
52
53
54
2.2.1
74 Abs. 1 Nr. 24 GG (Luftreinhaltung) befugt, die Regelungen der §§ 19 bis 21 ZuG 2012
zu erlassen.
Der Finanzverfassung des Grundgesetzes liegt die Vorstellung zugrunde, dass die
Finanzierung der staatlichen Aufgaben in Bund und Ländern einschließlich der Gemeinde
in erster Linie aus dem Ertrag der in Art. 105 ff. GG geregelten Einnahmequellen erfolgt
(Prinzip des Steuerstaates). Steuern im Sinne der Art. 104a ff. GG sind Gemeinlasten,
die jedem auferlegt werden, der den steuerlichen Tatbestand erfüllt, und die unabhängig
von einer individuellen Gegenleistung erhoben werden (so die st. Rspr. des BVerfG, vgl.
etwa Urteil vom 20. April 2004 – 1 BvR 1748/99, 905/00 –, BVerfGE 110, 274 ff.). Nicht-
steuerliche Abgaben verschiedener Art sind allerdings nicht ausgeschlossen; die
Finanzverfassung des Grundgesetzes enthält keinen abschließenden Kanon zulässiger
Abgabetypen (st. Rspr. des BVerfG, vgl. Beschluss vom 7, November 1995 – 2 BvR
413/88 und 1300/93 -, BVerfGE 93, 266, 342 [Wasserpfennig]; jüngst Urteil vom 3.
Februar 2009 – 2 BvL 54/06 -, BVerfGE 122, 316, 335).
Die Erlöse aus der Veräußerung von Emissionsberechtigungen werden nicht
gegenleistungslos erzielt; der Erwerber erhält vielmehr für den Kaufpreis die
Berechtigung zur Ableitung von Kohlendioxid, die einen wirtschaftlichen Wert darstellt.
Deshalb handelt es sich bei dem Erlös nicht um eine Steuer i. S. d. Art. 104a ff. GG (so
auch Sacksofsky, Rechtliche Möglichkeiten des Verkaufs von Emissionsberechtigungen,
S. 16; Frenz, Emissionshandelsrecht, 2. Aufl., § 19 ZuG 2012 Rn. 5).
Auch handelt es sich bei den Erlösen aus der staatlichen Veräußerung von
Emissionsberechtigungen nicht um Sonderabgaben (im engeren Sinne). Diese zeichnen
sich dadurch aus, dass der Gesetzgeber Kompetenzen außerhalb der Finanzverfassung
in Anspruch nimmt, obwohl weder ein Gegenleistungsverhältnis noch ähnlich
unterscheidungskräftige besondere Belastungsgründe eine Konkurrenz der Abgabe zur
Steuer ausschließen (BVerfGE 122, 316, 334 f.). Mit der Sonderabgabe wird dem
Leistungspflichtigen eine Leistungspflicht auferlegt, der keine konkrete Gegenleistung
der öffentlichen Hand korrespondiert, wie dies bei Vorzugslasten (Gebühren und
Beiträge) der Fall ist; gerade das macht sie der Steuer ähnlich. Kaufpreiszahlung und
Erhalt des Zertifikats stehen jedoch in einem synallagmatischen Verhältnis, weshalb es
sich bei den Verkaufserlösen nicht um Sonderabgaben handelt (so zutr.
Martini/Gebauer, ZUR 2007, 225, 232 Fn. 78; vgl. noch weitergehend Selmer, in:
Burgi/Selmer, Verfassungswidrigkeit einer entgeltlichen Zuteilung von
Emissionszertifikaten, 1. Aufl. 2007, C II 2, S. 16 f.).
Handelt es sich bei den Veräußerungserlösen jedenfalls weder um eine Steuer noch um
eine Sonderabgabe (im engeren Sinne), bedarf es wegen des nicht abschließenden
Kanons der verfassungsrechtlich zulässigen Abgabetypen keiner näheren Typisierung;
auch das Bundesverfassungsgericht hat eine rechtliche Einordnung von
Versteigerungserlösen bislang nicht vorgenommen (vgl. Urteile vom 28. März 2002 – 2
BvG 1, 2/01 -, BVerfGE 105, 185, 193 und vom 19. Juli 2000 – 1 BvR 539/96 –, BVerfGE
102, 192, 219; vgl. auch Siekmann, in: Sachs, GG, 5. Aufl., Vor Art. 104a Rn. 178).
Die Finanzverfassung des Grundgesetzes würde ihren Sinn und ihre Funktion verlieren,
wenn unter Rückgriff auf die Sachgesetzgebungskompetenzen von Bund und Ländern
und unter Umgehung der bundesstaatlichen Verteilung der Gesetzgebungs- und
Ertragskompetenz für das Steuerwesen beliebig Abgaben erhoben werden könnten und
damit zugleich ein weiterer Zugriff auf die Ressourcen der Bürger eröffnet würde.
Insofern schützt die Finanzverfassung auch die Bürger (BVerfGE 122, 316, 333). Die
Auferlegung nichtsteuerlicher Abgaben wird daher grundlegend begrenzt durch das
Erfordernis eines besonderen sachlichen Rechtfertigungsgrundes, der einerseits eine
deutliche Unterscheidung gegenüber den Steuern ermöglicht und andererseits auch im
Hinblick auf die zusätzliche Belastung neben den Steuern geeignet ist, der
Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen Rechnung zu tragen; ferner ist der Grundsatz
der Vollständigkeit des Haushalts zu beachten (st. Rspr. des BVerfG, vgl. grundlegend
BVerfGE 93, 319, 342 ff.; BVerfGE 122, 316, 334 m. w. Nw.).
Diesen Voraussetzungen genügt die in § 19 ZuG 2012 vorgesehene Veräußerung von
Emissionsberechtigungen.
(1) Sie ist in besonderer Weise sachlich gerechtfertigt (siehe zu a) und erlaubt in
erforderlichem Maße die Abgrenzung von der Steuer (siehe zu b):
a) Der Verkauf bzw. nunmehr (vgl. § 21 Abs. 1 Satz 1 ZuG 2012) die Versteigerung der
Zertifikate führen vom Ansatz her zu einer Steigerung der Allokationseffizienz; auch liegt
ein Sondervorteil vor, der abgeschöpft werden darf (so im Grundsatz auch Körner/v.
55
56
57
58
59
60
61
62
ein Sondervorteil vor, der abgeschöpft werden darf (so im Grundsatz auch Körner/v.
Schweinitz, TEHG, § 18 ZuG 2007 Rn. 28 ff.; Sacksofsky, a. a. O. S. 22 ff.;
Martini/Gebauer, a. a. O. S. 227 ff.).
Einzuräumen ist der Klägerin allerdings, dass sich an der Anzahl der zuzuteilenden
Zertifikate durch die Veräußerung eines Teils derselben nichts ändert. Das Gebot der
Allokationseffizienz (Art. 1 EH-RL) erschöpft sich jedoch nicht in der Festlegung der
Gesamtzuteilungsmenge (so aber Burgi/Selmer, a. a. O. S. 45 f., S. 65 f. m. w. Nw.). Aus
dem Effizienzgedanken, also der Ausnutzung unterschiedlicher
Grenzvermeidungskosten, leitet das Emissionshandelssystem gerade seine
Überlegenheit gegenüber ordnungsrechtlichen Handlungsmodellen ab (so zutr.
Martini/Gebauer, a. a. O. S. 227 Fn. 16 und S. 228; Sacksofsky, Rechtliche Möglichkeiten,
S. 27 ff.). Erfolgt die kosteneffizienteste Allokation der Zertifikate in der Marktphase nach
dem Zuteilungsmodus des Preises, spricht Vieles dafür, dass der Preismechanismus
auch für die Erstzuteilung eine sinnvolle Verteilungsfunktion wahrnehmen kann (so zutr.
Martini/Gebauer, a. a. O. S. 227 f., auch zum Folgenden).
Soweit die kostenpflichtige Erstallokation zu einer Erhöhung der Preise für die
Endverbraucher führen sollte, die bei einer unentgeltlichen Zuteilung nicht erfolgt wäre,
kommt ihr lenkende Wirkung zu. Solange der Markt zulässt, die Kosten der Zertifikate als
Opportunitätskosten ohnehin in die Preisbildung des Produkts einzustellen, bewirkt die
Veräußerung der Berechtigungen das Abschmelzen von sog. „windfall-profits“ zu Lasten
der Unternehmensgewinne (so auch Martini/Gebauer, a. a. O. S. 228). Jedenfalls diese
Funktionen der Veräußerung würden bei einer unentgeltlichen Zuteilung dauerhaft
entfallen; der Einwand, bei der Zweitallokation würde ohnehin Markteffektivität
hergestellt, die Transaktionskosten rechtfertigten die entgeltliche Erstzuteilung aber
nicht, vermag daran nichts zu ändern.
Bei der Strompreisbildung fließen die Opportunitätskosten in die Grenzkostenbildung ein,
schlagen sich also im an der Börse gebildeten Strompreis nieder. Mit einem Einstellen
der Opportunitätskosten in die Preiskalkulation ist also bei der Strompreisbildung für den
Regelfall zu rechnen. Dem ist die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten, weder
im Hinblick auf die Gruppe der Kraftwerkbetreiber noch im Hinblick auf ihr Unternehmen.
Auch die weiteren (teilweise auch von den Klägerinnen der von der Kammer
verhandelten Parallelverfahren [VG 10 K 17.09 und VG 10 K 27.09] vorgebrachten)
Einwände gegen die Effektivität der entgeltlichen Erstzuteilung greifen nicht durch: Zwar
ist einzuräumen, dass in der gegenwärtigen Zuteilungsperiode das Zuteilungssystem
durch die Regelungen der §§ 19 ff. ZuG 2012 nicht vereinfacht wurde, weil nicht alle
Berechtigungen veräußert wurden, wie es aus ökonomischer Sicht im System des
Emissionshandels einzig systemgerecht wäre (vgl. hierzu etwa Martini/Gebauer, ZUR
2007, 225, 226). Dass dies im Gemeinschafts- wie nationalen Recht zur Vermeidung
unverhältnismäßiger Belastungen für die Anlagenbetreiber und aus Sorge vor einer
Verlagerung der Emissionen für die gegenwärtige Zuteilungsperiode noch nicht
vorgesehen wurde, hindert den Gesetzgeber jedoch nicht, im Rahmen des für zumutbar
Angesehenen Erfahrungen mit dem System der Veräußerung zu machen, um Schritt für
Schritt eine entgeltliche Erstallokation einzuführen.
Der Einwand, der freihändige Verkauf in den Jahren 2008 und 2009 habe den
Zertifikatpreis gesenkt und daher kontraproduktiv gewirkt, übersieht, dass derselbe
Effekt auch bei einer unentgeltlichen Zuteilung der veräußerten Zertifikate aufgetreten
wäre, dann allerdings bereits zu Beginn der Zuteilungsperiode.
Solange eine sachlich gerechtfertige Abgabe rechtlich nicht zweckgebunden ist, kommt
es auf ein politisches Motiv für ihre Erhebung nicht an (BVerfGE 93, 319, 347 –
Wasserpfennig; im Anschluss daran jüngst BVerwG, Beschluss vom 13. Juni 2009 – 9 B
2/09 –, NVwZ 2009, 1376, 1380). Daher kann offen bleiben, ob der Gesetzgeber mit
seiner Einschätzung, eine vollständig unentgeltliche Zuteilung könne einen Anreiz für
den Weiterbetrieb emissionsintensiver Kraftwerke bieten (BT-Drs. 16/5769 S. 179), die
Parameter für die Strompreisbildung verkannt hat.
Die Veräußerung eines Teils der Berechtigungen ist auch deshalb sachlich gerechtfertigt,
weil der Gesetzgeber damit den Sondervorteil abschöpft, der den Anlagenbetreibern
durch die mögliche Nutzung der Berechtigungen erwächst (zur grundsätzlichen
Zulässigkeit sog. „Vorteilsabschöpfungsabgaben“ vgl. nur BVerfGE 93, 319, 345 ff.).
Die Luft ist – ebenso wie das Wasser – nicht Gegenstand des Privateigentums. Sie war
bis zur Einführung des Emissionshandels öffentliches Gut. Ein solches ist gekennzeichnet
durch das Fehlen von Ausschließbarkeit und das Fehlen von Nutzungsrivalität (vgl.
Martini/Gebauer, a. a. O. S. 226, Fn. 13 m. w. Nw.; Sacksofsky, in: Hoffmann-Riem,
63
64
65
66
67
Martini/Gebauer, a. a. O. S. 226, Fn. 13 m. w. Nw.; Sacksofsky, in: Hoffmann-Riem,
Schmidt-Aßmann, Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Band II, § 40 Rn. 57 m.
w. Nw.). Diese Eigenschaft hat es verloren, soweit es um Tätigkeiten geht, die dem
Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterfallen. Insoweit
ist die Luft zu einem – knappen – wirtschaftlichen Gut geworden. Daran ändert nichts,
dass eine ordnungsrechtliche Kontingentierung bzw. Bewirtschaftung der Luft nicht
vorgesehen wurde. Eine solche muss der Erhebung von Abgaben nicht vorgeschaltet
sein. Denkbar ist vielmehr auch die „Bewirtschaftung durch Abgaben“ (so zutr.
Sacksofsky, a. a. O. S. 39 ff.; a. A. Selmer/Burgi, a. a. O. S. 47 ff.). Das gerade ist die
Funktionsweise des Emissionshandelssystems.
Der von der Klägerin erhobene Einwand, wenn die Bewirtschaftung durch
Abgabenerhebung genüge, könne der Staat jedes beliebige Verhalten des Bürgers
abgabepflichtig machen (etwa auch das Betrachten des Mondes), greift nicht durch. Der
Staat ist bereits aufgrund der Freiheitsgrundrechte daran gehindert, beliebig Knappheit
zu schaffen, in dem er voraussetzungslos bestimmtes Verhalten der „Bewirtschaftung
durch Abgaben“ unterwirft.
Fraglich ist nicht, ob ein Gut der Allgemeinheit einer ordnungsrechtlichen
Bewirtschaftung unterliegt, sondern ob es ihr unterliegen könnte. Bei der Luft handelt es
sich ebenso wie beim Wasser um eine natürliche Ressource, die einer rechtlichen
Regelung nicht zugänglich ist; menschliche Einwirkungen auf diese Ressource können
indes allgemein verbindlichen Regelungen unterworfen werden (so – auch für die Luft –
bereits BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 1981 – BVerfGE 58, 300, 339 – Nassauskiesung).
Die Luft ist insofern prinzipiell nicht anders zu behandeln als das Wasser (der dagegen
ins Feld geführte sog. „Waldschadensbeschluss“ des Bundesverfassungsgerichts vom
26. Mai 1998 – 1 BvR 180/88 – basiert zwar auf dem Fehlen einer öffentlich-rechtlichen
Benutzungsordnung für die Inanspruchnahme der Luft, ist jedoch vor dem Erlass der
Emissionshandelsrichtlinie und des sie umsetzenden Treibhausgas-
Emissionshandelsgesetzes ergangen). Solange die Luft unbegrenzt zur Verfügung steht
und es ausreicht, bestimmte Giftstoffkonzentrationen zu vermeiden, genügt die
präventive ordnungsrechtliche Kontrolle durch das Immissionsschutzrecht. Der Erlass
der Emissionshandelsrichtlinie und ihre nationalstaatliche Umsetzung basieren jedoch
auf dem Umstand, dass die unbegrenzte Emission von Treibhausgasen – nach
derzeitigem wissenschaftlichen Erkenntnisstand – mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit
weltweit zu einem Temperaturanstieg führen würde, der für zahlreiche Regionen mit
unzuträglichen Folgen verbunden wäre, und dass dem durch eine Begrenzung des
Ausstoßes von Treibhausgasen effektiv Einhalt geboten werden kann. Eine solche
Begrenzung lässt sich allein durch eine Kontingentierung der Emission von
Treibhausgasen realisieren, sei es in Form ordnungsrechtlicher Instrumente, sei es in
Form der Bildung einer Gesamtmenge, deren Aufteilung den Emittenten überlassen
bleibt. Der Einwand der Klägerin, die Luft könne viel mehr Kohlendioxid aufnehmen, als
derzeit und in absehbarer Zukunft emittiert wird, vermag nichts daran zu ändern, dass
dies aller Voraussicht nach mit ganz erheblichen negativen Folgen für weite Teile der
Weltbevölkerung verbunden sein würde. Auch ist es vor diesem Hintergrund nicht
sachgerecht, zwischen einem „Verbrauch“ der Luft (zu Produktionszwecken) und der
Einleitung von Kohlendioxid zu unterscheiden (so Selmer/Burgi, a. a. O. S. 49; hierzu
zutr. Sacksofsky, Rechtliche Möglichkeiten, S. 36 f.).
Den Staat im System des Emissionshandels auf die Rolle eines Systemadministrators zu
beschränken (so etwa Burgi/Selmer, a. a. O. S. 53; ihnen folgend nunmehr auch Desens,
DVBl. 2010, 228, 233), würde übersehen, dass gerade der Staat die
Mengenkontingentierung und damit die Verknappung vornimmt. Er verleiht den
Zertifikaten und der damit (wirtschaftlich) möglichen Emission von Kohlendioxid einen
wirtschaftlichen Wert und macht sie zum Handelsgut, um die mit dem Klimawandel
verbundenen (ganz erheblichen) Kosten des Gemeinwesens wenigstens teilweise
verursachergerecht zu privatisieren.
b) Die durch den Verkauf der Zertifikate erzielten Einnahmen grenzen sich bereits
aufgrund des Gegenleistungsverhältnisses – jedenfalls dem Grunde nach – deutlich von
der Steuer ab, wie eingangs bereits ausgeführt wurde. In seiner
Wasserpfennigentscheidung hat das Bundesverfassungsgericht allerdings betont, die für
die Abgrenzung zur Steuer notwendige Abhängigkeit der Wasserentnahmeentgelte von
der Gegenleistung bleibe nur erhalten, soweit deren Höhe den Wert der öffentlichen
Leistung nicht übersteige; andernfalls werde sie wie die Steuer „voraussetzungslos“
erhoben und diene nicht mehr zur Abschöpfung eines dem Abgabenschuldner
zugewandten Vorteils (BVerfGE 93, 319, 347).
Der Gesetzgeber musste indes vor diesem Hintergrund den Wert der
67
68
69
70
71
72
73
74
75
Der Gesetzgeber musste indes vor diesem Hintergrund den Wert der
Emissionsberechtigungen nicht gesetzlich festlegen.
Im Veräußerungserlös spiegeln sich der Marktpreis und damit der wirtschaftliche Wert
der Zertifikate wieder. Dies gilt jedenfalls noch in der gegenwärtigen Zuteilungsperiode,
in der ‚lediglich’ 10 Prozent der Zertifikate kostenpflichtig zugeteilt werden dürfen, der
deutlich überwiegende Teil der am Markt gehandelten Zertifikate also aus
Privatverkäufen stammt. Ausweislich der Auswertung der Beklagten betrug der Anteil der
deutschen Versteigerungen am relevanten Gesamtmarkt im Januar 2010 lediglich etwa
1,22 v. H.; (vgl. die Veröffentlichung der Beklagten „Versteigerung von
Emissionsberechtigungen in Deutschland“ von Februar 2010).
Es ist nicht erkennbar, dass bei der Versteigerung der nach § 20 ZuG 2012
einbehaltenen Zertifikate Preise erzielt werden, die signifikant über dem sonstigen
Marktpreis liegen (nach der genannten Mitteilung der Beklagten lagen die erzielten
durchschnittlichen Erlöse im Januar 2010 leicht unter den Marktpreisen). Dem wirken
bereits die gesetzlichen Vorgaben in § 21 Abs. 1 ZuG 2012 entgegen. Diese sind in der
Verordnung über die Versteigerung von Emissionsberechtigungen nach dem
Zuteilungsgesetz 2012 vom 17. Juli 2009 (BGBl. I 2048; EHVV 2012) umgesetzt.
Insbesondere dessen § 3 Abs. 4 sieht die Versteigerung nach dem
Einheitspreisverfahren mit einer Bieterrunde bei geschlossenem Orderbuch vor und
minimiert damit die Möglichkeiten zu strategischem Verhalten (vgl. hierzu die amtliche
Begründung BT-Drs. 16/13189, S. 9). Auch ist durch die vorgesehene Zustimmung durch
den Bundestag (§ 21 Abs. 2 Satz 2 ZuG 2012) dem Parlamentsvorbehalt Genüge getan.
Die Klägerin macht vor diesem Hintergrund selbst nicht geltend, das
Versteigerungsverfahren mache es ihr in seiner konkreten Ausgestaltung unmöglich, zu
angemessenen Marktpreisen die für den Anlagenbetrieb notwendigen Zertifikate
erhalten zu können.
(2) Vorbehaltlich der gleichheitskonformen Ausgestaltung im Einzelnen, die an Art. 3
Abs. 1 GG zu messen ist, ist die Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen gewahrt,
sofern mit der Erhebung der Abgabe lediglich der dem Abgabepflichtigen zugewandte
Vorteil (teilweise) abgeschöpft wird (vgl. BVerfGE 93, 319, 347). Dies ist bei der
marktgerechten Veräußerung der Zertifikate gewährleistet.
Der Einwand (der Klägerin eines der Parallelverfahren), die Belastungsgleichheit sei nicht
gewahrt, weil die dem Emissionshandel nicht unterworfenen Stromproduzenten aufgrund
der Strompreisbildung in gleicher Weise von der „Einpreisung“ der Zertifikatkosten in
den Strompreis profitierten, ohne zu Abgaben herangezogen zu werden, überzeugt
nicht. Der abzuschöpfende Sondervorteil besteht nicht darin, dass der Wert der
Berechtigungen auf den Strompreis umgelegt werden kann, sondern darin, dass im
Umfang der Berechtigungen Kohlendioxid emittiert werden darf, obwohl das Gesamtmaß
zulässiger Treibhausgasemissionen beschränkt ist und beschränkt sein muss. Den
Betreibern von Anlagen, die kein Kohlendioxid ausstoßen und daher dem
Emissionshandel nicht unterworfen sind, wird insofern kein abschöpfungsfähiger
Sondervorteil gewährt.
(3) Der Verfassungsgrundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans wird gewahrt (§ 19
Satz 3 und 4 ZuG 2012). Da das Bewirtschaftungssystem nicht durch das
Immissionsschutzrecht, sondern durch das Emissionshandelsrecht (TEHG und ZuG
2012) eingerichtet worden ist und die Beklagte dies in bundeseigener Verwaltung
verwaltet (Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG), stehen ihr und nicht den Ländern die Erlöse aus der
Veräußerung der Zertifikate zu (vgl. hierzu Körner/v. Schweinitz, TEHG, § 18 ZuG 2007
Rn. 40; siehe auch Selmer/Burgi, a. a. O. S. 51 m. w. Nw.), weshalb sie zu Recht in den
Bundeshaushalt und nicht in die Länderhaushalte eingestellt werden.
Durchgreifenden kompetenzrechtlichen Bedenken sind die §§ 19 ff. ZuG 2012 nach
Allem nicht ausgesetzt; die Finanzverfassung des GG stand ihrem Erlass nicht entgegen.
2.2.2
Anforderungen des Grundgesetzes. Sie sind insbesondere mit Art. 3 Abs. 1 GG
vereinbar.
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich
zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt.
Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im
Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden
Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie
die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfG, Beschluss vom 27, Februar
2007 – 1 BvL 10/00 –, BVerfGE 117, 272, 300f.; st. Rspr.).
76
77
78
79
80
81
82
Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ergeben sich je nach
Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den
Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an
Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Dem Gesetzgeber sind desto engere
Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder
Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig
auswirken kann; die gerechteste und zweckmäßigste Lösung zu treffen, verlangt Art. 3
Abs. 1 GG vom Gesetzgeber indes auch in diesen Fällen nicht (Beschluss vom 13. März
2007 – 1 BvF 1/05 –, BVerfGE 118, 79, 100, 107, 112 zu § 12 ZuG 2007). Genauere
Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber den
Gleichheitssatz verletzt, lassen sich ferner nicht abstrakt und allgemein, sondern nur in
Bezug auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche
bestimmen (BVerfG, Urteil – des 2. Senats – vom 9. Dezember 2008 – 2 BvL 1, 2/07, 1,
2/08 –, BVerfGE 122, 210, 230).
Das Bundesverfassungsgericht hat hinsichtlich der Kürzungen nach §§ 5 und 4 Abs. 4
ZuG 2007 im Umfang der Kürzung einen Eingriff in das Eigentumsgrundrecht und die
Berufsausübungsfreiheit angenommen, der im Rahmen der Prüfung des Art. 3 Abs. 1 GG
zu berücksichtigen und durch sachliche Gründe zu rechtfertigen sei (BVerfGE 118, 79,
107). Die Kammer legt daher an die Prüfung der Kürzung nach § 20 ZuG 2012 diesen
Maßstab gleichermaßen an. Auch daran gemessen ist die Kürzung nicht zu
beanstanden, denn sie ist sachlich gerechtfertigt.
Hinsichtlich der Ungleichbehandlung der handelspflichtigen und nichthandelspflichtigen
Stromproduzenten fehlt es bereits an vergleichbaren Sachverhalten (vgl. zu den
Anforderungen an die Vergleichbarkeit auch BVerfGE 118, 79, 104, wonach sogar
handelspflichtige modernisierte Bestands- und Neuanlagen nicht als ohne weiteres
vergleichbar anzusehen sind). Den Betreibern nichthandelspflichtiger Anlagen wird der
Sondervorteil, die Atmosphäre mit einer gewissen Menge Kohlendioxid belasten zu
dürfen, nicht eingeräumt; daran ändert nichts, dass sie wegen der Preisbildung im
liberalisierten Strommarkt von den Opportunitätskosten der handelspflichtigen
Stromproduzenten profitieren mögen. Sie nehmen daher am Emissionshandel nicht teil,
weshalb ihnen ein - anteilig kürzungsfähiger - Zuteilungsanspruch nicht zusteht.
Jedenfalls liegt ein hinreichend gewichtiger sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung
vor.
Auch liegt eine ungerechtfertigte Benachteiligung gegenüber den der
Veräußerungskürzung nicht unterworfenen Industrieanlagen nicht vor.
Der Gesetzgeber des § 20 ZuG 2012 hat sich der Beschlussempfehlung des
Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit angeschlossen, der die
Aufnahme der §§ 19 ff. ZuG 2012 erstmals vorgeschlagen hatte (BT-Drs. 16/5769 S. 16
ff.). Zur Begründung dieses Vorschlags hat der Ausschuss einerseits auf den hohen
Einpreisungsgrad in der Stromwirtschaft abgestellt, andererseits auf den internationalen
Wettbewerb mit Anbietern, die nicht dem Emissionshandels unterliegen (a. a. O. S. 17 zu
§ 20). Damit ist den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an die Erkennbarkeit
des mit der gesetzgeberischen Entscheidung verfolgten Lenkungszweckes genüge getan
(zu dieser Notwendigkeit: BVerfGE 118, 79, 101). Beide Gründe vermögen die
Ungleichbehandlung der Stromproduzenten gegenüber den Betreibern von
Industrieanlagen zu rechtfertigen.
Die Einpreisung der Zertifikatkosten ist nach dem System des Emissionshandels
gewünscht. Führt sie zu einer Verteuerung des – klimaschädlich hergestellten -
Produktes für den Endverbraucher, erfüllt sie damit eine Lenkungsfunktion. Der
Gesetzgeber durfte angesichts der vom Beginn der ersten Zuteilungsperiode bis zum
Erlass des ZuG 2012 gewonnen Erfahrungen davon ausgehen, dass die Preise für die –
kostenlos oder kostenpflichtig – zugeteilten Berechtigungen infolge des Fehlens
jedenfalls außereuropäischer Konkurrenten auf dem Strommarkt und infolge der
Mechanismen der Strompreisbildung in hohem Maße als Opportunitätskosten bei der
Strompreisbildung berücksichtigt werden können.
Er konnte ferner davon ausgehen, dass bei der Stromproduktion eine
Emissionsverlagerung nicht stattfinden wird. Für das Funktionieren des Handelssystems
ist einer Emissionsverlagerung entgegenzuwirken, solange nicht wenigstens alle
größeren Industrienationen in das System eingebunden sind oder vergleichbare
Anstrengung zur Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen unternommen haben.
Denn eine Verlagerung von Emissionen in Regionen mit weniger strengen
Klimaschutzregelungen (sog. Carbon-Leakage) hätte nicht nur negative Folgen für den
83
84
85
86
87
88
89
Klimaschutzregelungen (sog. Carbon-Leakage) hätte nicht nur negative Folgen für den
Wirtschaftsraum, der dem Emissionshandel unterliegt, sondern könnte die mit dem
Handelssystem verfolgten Klimaschutzanstrengungen nachgerade konterkarieren. Um
das zu verhindern, sieht auch die Richtlinie 2009/29/EG des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 23. April 2009 zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG (Amtsblatt Nr.
L 140; fortan EH-RL 2009) für die im Jahr 2013 beginnende Zuteilungsperiode in Art. 10a
Abs. 11 bis zum Jahr 2027 nur einen schrittweisen Übergang von der kostenlosen zur
kostenpflichtigen Zuteilung für Industrieanlagen vor, während für die Stromproduktion
gemäß Art. 10a Abs. 3 EH-RL 2009 bereits ab 2013 – von wenigen Ausnahmen
abgesehen – eine kostenlose Zuteilung überhaupt nicht mehr erfolgen soll. Art. 10a Abs.
12 EH-RL 2009 sieht darüber hinaus vor, dass Anlagen in Sektoren bzw. Teilsektoren, bei
denen das erhebliche Risiko einer Verlagerung von Emissionen besteht, bis 2020
kostenlos mit Berechtigungen ausgestattet werden. Die Konkretisierung, welche
Sektoren hierzu zählen, überantwortet die Richtlinie in ihrem Art. 10a Abs. 13 der
Kommission.
Diese hat in ihrem Beschluss vom 24. Dezember 2009 (Amtsblatt der EU Nr. L 1/10)
nach Durchführung eines aufwändigen, von der Richtlinie im einzelnen vorgegebenen
Ermittlungsverfahrens eine Vielzahl von Sektoren und Teilsektoren als dem Risiko einer
Verlagerung von Emissionen ausgesetzt anerkannt, obwohl eine von ihr in Auftrag
gegebene Studie aus dem Jahr 2005 zu dem Ergebnis gelangt war, dass seinerzeit auch
in verschiedenen Industriebereichen ursprünglich die Absicht bestand, die
Zertifikatpreise auf die Produktpreise umzulegen (vgl. European Commission/McKinsey
& Company/Ecofys, Review of EU Emissions Trading Scheme, November 2005, S. 5 f.).
Vor diesem Hintergrund ist es im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden,
dass der nationale Gesetzgeber, der die Zuteilungsregelungen für die zweite
Handelsperiode bereits vor Ablauf der ersten Zuteilungsperiode festlegen musste,
Industrieanlagen einem anderen Zuteilungsmechanismus unterworfen und sie von einer
Kürzung nach § 20 ZuG 2012 ausgenommen hat. Schafft der Gesetzgeber durch die
gezielte Belastung des Schadstoffausstoßes einen Anreiz dafür, ein ökologisch
unerwünschtes Verhalten einzuschränken, ist er durch Art. 3 Abs. 1 GG nicht gehindert,
besonders problematischen Wettbewerbssituationen durch Vergünstigungen für die
davon betroffenen Unternehmen Rechnung zu tragen (BVerfGE 118, 79, 102 m. w. Nw.).
Art. 3 Abs. 1 GG erlaubt des Weiteren, einen Systemwechsel in einzelnen Schritten zu
vollziehen, sofern die Einbettung in ein nach und nach zu verwirklichendes neues
Grundkonzept vorliegt (vgl. zuletzt etwa BVerfGE 122, 210, 242). Ein solches
Grundkonzept liegt mit der genannten Änderung der Emissionshandelsrichtlinie auf
europäischer Ebene vor. Der nationale Gesetzgeber musste diesem
gesamteuropäischen Konzept für die laufende Zuteilungsperiode nicht vorgreifen, zumal
etwaige Verlagerungen von Kohlendioxidemissionen kaum rückgängig zu machen
gewesen wären.
Die vom Gesetzgeber getroffene Entscheidung genügt seiner Typisierungsbefugnis auch
hinsichtlich der Nichteinbeziehung von den Erdölraffinationsanlagen i. S. d. Anhangs 1
Nr. VI zum TEHG (zweifelnd aber Jarass, RdE 2008, 297, 303).
Zwar handelt es sich auch bei ihnen um solche der „Energieumwandlung und –
umformung“ (so die Überschrift der ersten Tätigkeitsgruppe des Anhangs 1). Anlagen i.
S. d. Nr. VI des Anhangs 1 zum TEHG sind jedoch nicht in gleicher Weise wie Anlagen zur
Stromproduktion ortsgebunden, so dass eine Verlagerung der Produktion bei ihnen nicht
in gleich verlässlicher Weise ausgeschlossen werden konnte (vgl. insofern auch den
Beschluss der Kommission vom 24. Dezember 2009, a. a. O., nach dem unter
Anwendung von Art. 10a Abs. 16 lit. b) EH-RL 2009 in Nr. 1.4 auch Anlagen zur
„Gewinnung von Erdöl und Erdgas“ als verlagerungsgefährdet angesehen werden.
2.2.3
auch nicht in ihrem Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG verletzt.
Die Eigentumsgarantie schützt den konkreten Bestand an Rechten und Gütern vor
ungerechtfertigten Eingriffen durch die öffentliche Gewalt. Eine allgemeine Wertgarantie
vermögenswerter Rechtspositionen folgt aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht. Das Grundrecht
erfasst vielmehr nur Rechtspositionen, die einem Rechtssubjekt bereits zustehen, nicht
aber in der Zukunft liegende Chancen und Verdienstmöglichkeiten (BVerfG, Beschl. der
3. Kammer des Ersten Senats vom 20. Juni 2009 – 1 BvR 198/08 –, NVwZ 2009, 1426,
1428 m. w. Nw. zur Rspr. des BVerfG).
Wie die Kammer im Urteil vom 7. April 2006 (VG 10 A 244.05 – 2.2 der Urteilsgründe) mit
Billigung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (Urteil vom 30. November
2006, OVG 12 B 14.06, 3 a. aa. der Urteilsgründe) und des Bundesverwaltungsgerichts
90
91
92
93
94
95
96
2006, OVG 12 B 14.06, 3 a. aa. der Urteilsgründe) und des Bundesverwaltungsgerichts
(Urteil vom 16. Oktober 2007, 7 C 33/07, BVerwGE 129, 328, 334) ausgeführt hat,
handelte es sich bei den Kürzungen der Zuteilungen nach §§ 4 Abs. 4 und 5 ZuG 2007
lediglich um Berechnungsmodalitäten eines einheitlich zu berechnenden
Zuteilungsanspruchs. Für die Kürzung § 20 ZuG 2012 gilt nichts anderes.
Des Weiteren handelt es sich bei isolierter Betrachtung bei der Zuteilung von
Emissionsberechtigungen um eine staatlich gewährte Leistung, die für sich genommen
schon deshalb keine schutzwürdige Eigentumsposition begründet, weil sie nicht auf
Eigenleistungen der Anlagenbetreiber beruht und deshalb nicht „erdient“ im Sinne der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist (vgl. BVerfGE 69, 9 ff., 92, 365 ff.;
97, 271 ff.; Urteil der Kammer vom 7. April 2006, a. a. O.).
Der Gesetzgeber hat mit der Einführung des Emissionshandels Inhalt und Schranken des
Anlageneigentums in einer mit dem maßgeblichen Gemeinschaftsverfassungsrecht
grundsätzlich zu vereinbarenden Weise partiell neu gestaltet (BVerwG, Urteil vom 30.
Juni 2005 – 7 C 26/04 –, BVerwGE 124, 47, 58 ff.; bestätigt durch BVerfG, Beschluss vom
14. Mai 2007 – 1 BvR 2036/05 –, BVerfGK 11, 189, 200 f.; Urteil der Kammer vom 7. April
2006, a. a. O.). Angesichts der infolge des weltweiten Temperaturanstiegs zu
erwartenden erheblichen wirtschaftlichen Belastung der Allgemeinheit und der
persönlichen Folgen für weite Teile der Weltbevölkerung steht außer Frage, dass der
Gesetzgeber den Ausstoß von Treibhausgasen beschränken darf.
Wie das Bundesverwaltungsgericht ferner klargestellt hat, werden durch die Einführung
des Emissionshandelssystems, insbesondere auch durch die Abgabepflicht des § 6 Abs.
1 TEHG, Rechtspositionen aus der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung weder
entzogen noch geändert. Diese verleiht hinsichtlich der Treibhausgasemissionen keine
Rechte und schafft damit keinen über eine legale Anlagennutzung hinausgehenden
Vertrauenstatbestand. Dieser Vertrauenstatbestand ist gegenüber dem Gesetzgeber
begrenzt; denn es gibt im Immissionsschutzrecht keinen Grundsatz, dass dem Betreiber
eingeräumte Rechtspositionen trotz Rechtsänderung zu belassen sind oder nur gegen
Entschädigung entzogen werden dürfen (BVerwGE 124, 47, 61 zum entsprechenden
gemeinschaftsrechtlichen Eigentumsschutz; entsprechend zur Neuausgestaltung des
Eigentums bereits BVerfGE 58, 300, 351; BVerfGE 83, 201, 212 m. w. Nw.).
Die Kürzung der auf die Produktion von Strom entfallenden Zuteilungsmenge um den
Faktor von etwa 0,844 stellt ein geeignetes und zur Gewährleistung gleicher Effektivität
auch erforderliches Mittel dar, um einen schonenden Übergang von der bisherigen
kostenlosen Zuteilung von Berechtigungen zur systemimmanenten und daher letztlich
beabsichtigten vollständig kostenpflichtigen Abgabe der Zertifikate (so Art. 10a EH-RL
2009, insbesondere dessen Abs. 3 für die Stromproduktion) zu gewährleisten.
Sie führt auch nicht zu einem unangemessenen Ergebnis. Eine Verletzung des
Eigentumsrechtes des Betreibers einer Bestandsanlage wäre erst dann anzunehmen,
wenn der Anspruch nach § 19 ZuG 2012 gekürzte Anspruch auf kostenlose Zuteilung
von Berechtigungen nicht mehr ausreichend wäre, um den durch die Pflicht zur Abgabe
von Emissionsberechtigungen (§ 6 Abs. 1 TEHG) begründeten Eingriff angemessen
auszugleichen (vgl. zum ZuG 2007 BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 2007 – BVerwG 7 C
33/07 –, BVerwGE 129, 328, 344 Rn. 46). Das ist jedoch nicht der Fall.
Allerdings wird die Auffassung vertreten, die immissionsschutzrechtliche Vorsorgepflicht
werde gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG durch die Pflichten nach §§ 5 und 6 Abs. 1
TEHG abschließend konkretisiert mit der Folge, dass die Zuteilung nach Maßgabe eines
dem Stand der Technik entsprechenden Benchmarks die Mindestgrenze einer noch
verhältnismäßigen Zuteilung von kostenlosen Berechtigungen bilde. Ob trotz einer
Entgeltpflichtigkeit der Zertifikate ein wirtschaftlicher Betrieb der Anlage noch möglich
ist, sei irrelevant; emissionsbezogene Reduktionsverpflichtungen jenseits des Standes
der Technik seien per definitionem unverhältnismäßig (Rebentisch, NVwZ 2006, 747 ff.).
Dem vermag sich die Kammer nicht anzuschließen. Indem § 5 Abs. 1 Satz 2 BImSchG
bei dem Emissionshandel unterliegenden genehmigungsbedürftigen Anlagen für die
Erfüllung der Vorsorgepflicht (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG) die Einhaltung der
Anforderungen der §§ 5 und 6 Abs. 1 TEHG ausreichen lässt und sein Satz 4 über das
Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz hinausgehende Anforderungen ausschließt, wird
das emissionshandelsrechtliche Instrumentarium nicht zu einem
immissionsschutzrechtlichen mit der Folge, dass die dem Vorsorgeprinzip gesetzten
Grenzen in gleicher Weise auf die Zuteilungsentscheidung durchgreifen müssten. Der
Beklagten ist vielmehr darin beizupflichten, dass das Ordnungsrecht bei über den Stand
der Technik hinausgehenden Anforderungen den Betrieb der Anlage an sich verhindern
würde, was unverhältnismäßig wäre.
97
98
99
100
101
102
103
104
105
Das hindert den Gesetzgeber jedoch nicht daran, unter Beachtung eines schonenden
Übergangs die Möglichkeit der Ableitung von Treibhausgasen zu einem wirtschaftlichen
Produktionsfaktor zu machen.
Ein derartig schonender Übergang ist trotz der Kürzung gemäß § 20 ZuG 2012
gewährleistet. Der Zuteilungsanspruch der Klägerin wurde ‚lediglich’ nach dieser Norm
gekürzt, nicht auch anteilig gemäß § 4 Abs. 3 ZuG 2012, weil die Anlage einen
Effizienzstandard von (mindestens) 1 aufweist. Aufgrund dieser Effizienz führt die
Zuteilung nach dem Standardemissionswert von 365 Gramm Kohlendioxid pro
Kilowattstunde Nettostromerzeugung (§ 7 Abs. 1 ZuG 2012 i. V. m. Anhang 3 Teil A I Nr.
1 a) nicht zu einer signifikanten Unterausstattung mit Berechtigungen.
Die Klägerin vermochte die Einschätzung des Gesetzgebers wie der Beklagten, die
Möglichkeit, den Wert der kostenlos zugeteilten Zertifikate für die Stromproduktion als
Opportunitätskosten auf den Strompreis umzulegen, habe in der ersten Handelsperiode
zu erheblichen Zusatzgewinnen der Energieerzeuger geführt, jedenfalls nicht
substantiiert in Abrede zu stellen. Zwar behauptet sie, hiervon hätten nur die vier
größten Stromproduzenten der Bundesrepublik profitiert. Belastbares Zahlenmaterial
darüber, dass sie in der vergangenen Zuteilungsperiode daran gehindert war, die (realen
oder Opportunitäts-) Kosten der Zertifikate umzulegen, hat sie jedoch nicht vorgelegt.
Ebenso wenig konnte sie ihre Behauptung substantiieren, die Kürzung des
Zuteilungsanspruchs in der gegenwärtigen Zuteilungsperiode um nunmehr etwa 16 %
führe zu einer unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Belastung der Klägerin.
Die Klägerin wird auch nicht etwa dadurch unverhältnismäßig in ihrer Eigentumsfreiheit
eingeschränkt, dass die Notwendigkeit der Umlage der Kosten für die zu erwerbenden
Berechtigungen auf den Endpreis zu einem Wettbewerbsvorteil der Stromproduzenten
führen könnte, die wegen der Art ihrer Stromproduktion dem Emissionshandelssystem
nicht unterlägen. Abgesehen davon, dass es auch insoweit an nachvollziehbarem
konkreten Vortrag fehlt, garantiert Art. 14 Abs. 1 GG, wie eingangs bereits dargelegt,
nicht die dauerhafte Beibehaltung einer dem Anlageneigentümer günstigen
Wettbewerbssituation.
Nach allem ist nichts dafür ersichtlich und von der Klägerin jedenfalls substantiiert auch
nicht dargelegt worden, dass die kostenlose Zuteilung im von der Beklagten
vorgenommenen Umfang den gebotenen schonenden Übergang von einer
weitgehenden Vollausstattung mit kostenlosen Zertifikaten zu Beginn der Einführung
des Emissionshandelssystems hin zu einer vollständig kostenpflichtigen Zuteilung, wie
die EH-RL 2009 sie für Stromproduzenten vorsieht, gefährden würde.
Es ist ferner nicht ersichtlich, dass es der Klägerin nicht möglich sein sollte, den
fehlenden Bedarf an Zertifikaten zu angemessenen Preisen am Markt zu erwerben. Die
bisherige Preisentwicklung der Zertifikate (vgl. etwa das bereits erwähnte Papier der
Beklagten zur Versteigerung von Berechtigungen von Februar 2010) gibt für diese
Annahme nichts her.
2.2.4
ZuG 2012 ist mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar.
Die Beklagte meint unter Berufung auf Sacksofsky (Rechtliche Möglichkeiten des
Verkaufs von Emissionsberechtigungen, S. 68 ff.), bei einer Inanspruchnahme einer
(tatsächlich) knappen Ressource der Allgemeinheit zu beruflichen Zwecken bestehe
lediglich ein Anspruch aus Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG auf Teilhabe. Diese
Frage bedarf indes keiner abschließenden Entscheidung. Denn jedenfalls bewirkt die
Kürzung nach § 20 ZuG 2012 allenfalls einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit (Art.
12 Abs. 1 Satz 2 GG), sodass ein Eingriff bereits bei Vorliegen vernünftiger Gründe des
Allgemeinwohls gerechtfertigt wäre (vgl. zu letzterem etwa Nolte, in: Stern-Becker,
Grundrechte Kommentar, 2010, Art. 12 Rn. 87 m. w. Nw. zur st. Rspr. des BVerfG).
Solche Gründe liegen vor, wie im Rahmen der Erwägungen zur
finanzverfassungsrechtlichen wie eigentumsrechtlichen Zulässigkeit der Kürzung bereits
ausgeführt wurde.
Die Kürzung führt auch im Hinblick auf die Berufsausübungsfreiheit nicht zu einem
unverhältnismäßigen Ergebnis. Der Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG geht insofern
hinsichtlich bereits vor Inkrafttreten des TEHG in Betrieb befindlicher Anlagen nicht über
die Rechte der Anlagenbetreiber aus Art. 14 Abs. 1 GG hinaus, weil Vertrauen in den
Fortbestand der Nutzungsmöglichkeiten des Anlageneigentums insofern nicht in Rede
steht (vgl. zum Gemeinschaftsrecht BVerwGE 124, 47, 62).
106
107
108
109
110
Problematisch könnte die Veräußerungskürzung im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG
allenfalls dann werden, wenn die Klägerin nicht die Möglichkeit hätte, eine der Kürzung
nach § 20 ZuG 2012 entsprechende Anzahl von Zertifikaten im Bedarfsfall zu
marktgerechten Preisen zu erwerben. Daran bestehen angesichts der nur relativ
geringen Zahl der von der Beklagten veräußerten Berechtigungen und der rechtlichen
Ausgestaltung des Versteigerungsverfahrens (siehe oben zu 2.2.1) keine
durchgreifenden Bedenken.
Die Kürzung gemäß § 20 ZuG 2012 verletzt die Klägerin mithin auch nicht in ihrem
Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG.
3
Anfechtungsantrag gegen die Kostenentscheidung im Ausgangsbescheid, verbunden
mit einem Leistungsantrag auf Rückzahlung der entrichteten Gebühr. Auch insoweit ist
die Klage unbegründet, denn die Kostenentscheidung ist rechtmäßig und verletzt die
Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.
Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung ist § 22 Abs. 1 TEHG (i. V. m. § 16 Satz 2
ZuG 2012). Zwar ist dort von der „Einrichtung“ eines Kontos die Rede. Zugleich erlaubt
die Regelung nach ihrem insoweit eindeutigen Wortlaut jedoch die Erhebung der Gebühr
von 200,- Euro „pro Zuteilungsperiode“ , erlaubt also auch, von Verantwortlichen eine
Gebühr zu erheben, für die bereits in der letzten Zuteilungsperiode ein Konto
eingerichtet wurde. Wollte man mit der Klägerin das Hauptaugenmerk auf die
„Einrichtung“ des Kontos richten und nicht auf seine fortlaufende Verwaltung, müsste
man von einer quasi gestaffelten „Einrichtungsgebühr“ ausgehen, die angesichts des
Äquivalenzprinzips keinen Bedenken unterliegen würde. Die Gesetzesbegründung macht
jedoch deutlich, dass mit der Gebühr nicht nur das Einrichten, sondern auch das
„Vorhalten“ des Kontos abgegolten werden soll (BT-Drucks. 16/5240 S. 32). Dass die
weitere Einschätzung des Gesetzgebers, die Gebühr entspreche in dieser Höhe dem
Verwaltungsaufwand (a. a. O.), unzutreffend wäre, ist weder vorgetragen noch sonst
ersichtlich.
4
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711
Zivilprozessordnung. Die Berufung war gemäß § 124 a Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3
VwGO zuzulassen. Aus diesem Grund hat die Kammer von ihrer Befugnis aus § 134 Abs.
1 und Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO Gebrauch gemacht und auch die
Sprungrevision zugelassen.
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum