Urteil des VG Berlin vom 15.03.2017

VG Berlin: anhänger, güterverkehr, fahrzeug, bundesamt, vollstreckung, vorführung, ausstellung, vollstreckbarkeit, entwidmung, link

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Gericht:
VG Berlin 4. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
4 A 109.07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 1 ABMG, § 8 Abs 2 ABMG, §
154 Abs 1 VwGO
Maut für Überführungsfahrt auf Autobahn
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aus dem Urteil
vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung
Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Vollstreckungsbetrages leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger, der Überführungen vornimmt, wendet sich gegen nacherhobene
Autobahnmaut. Der Klage liegen nach Rücknahme im Übrigen zwei Vorfälle zugrunde:
Am 10. Mai 2006 befuhr die Zugmaschine des Klägers mit dem amtlichen Kennzeichen
E... 385 mit Anhänger (E... 2355 bzw. E... 2362) die Bundesautobahn 27 im Abschnitt
zwischen Langwedel-Daverden nach Achim-Ost gegen 21.41 Uhr, ohne dass Maut
entrichtet worden war. Der hierzu angehörte Kläger teilte mit, die Fahrt sei von der Maut
befreit gewesen, weil es sich um ein Messefahrzeug bzw. Ausstellungsfahrzeug
gehandelt habe. Die Anhänger seien leer und bei einer Messe aufgestellt gewesen. Mit
Bescheid vom 26. September 2006 setzte die Beklagte die Maut entsprechend der
Streckenangabe des Klägers auf 26,29 Euro fest. Am 5. Oktober 2006 erhob der Kläger
sinngemäß Widerspruch und trug u. a. vor, das Fahrzeug sei bei VW in Wolfsburg zu
Ausstellungszwecken gewesen. Das Bundesamt für Güterverkehr wies den Widerspruch
mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2007 zurück.
Am 17. Oktober 2006 wurde dieselbe Zugmaschine des Klägers gegen 18.12 Uhr auf der
Bundesautobahn 61 im Abschnitt Worms/Mörstadt nach Worms festgestellt, ohne dass
Maut entrichtet worden war. An dem Fahrzeug befand sich wiederum ein Anhänger. Der
angehörte Kläger gab an, die Fahrzeugkombination habe sich auf der Fahrt von Heek
nach Karlsruhe-Mitte befunden, es sei aufgrund eines „Staus usw. eine andere
Wegstrecke aus Versehen benutzt“ worden; zugleich legte der Kläger einen
Einzahlungsbeleg vor. Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 26. Januar 2007 die Maut
auf 60,00 Euro fest, wobei sie eine pauschale Wegstrecke von 500 km zugrunde legte.
Zur Begründung führte sie u. a. aus, die Kontrollbrücke befinde sich nicht auf der von
dem Kläger gebuchten Strecke. Das Bundesamt für Güterverkehr wies den am 1.
Februar 2007 erhobenen Widerspruch zurück.
Mit der am 15. Februar bzw. 12. März 2007 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein
Begehren weiter. Zur Begründung macht er geltend: Beide Fahrten seien
Überführungsfahrten gewesen. Die Auflieger seien zuvor auf einer Messe in Wolfsburg
bzw. einer Ausstellung von Daimler vorgeführt bzw. ausgestellt worden. Sie hätten
demgemäß keinem Transport gedient, sondern ausschließlich der Vorführung gegenüber
potentiellen Kunden und seien deswegen auch leer gewesen. Daher seien sie nicht
ausschließlich für den Güterkraftverkehr, sondern lediglich zu Ausstellungszwecken
bestimmt gewesen. Die abweichende Auslegung des Gesetzes durch die Beklagte finde
dort keine Stütze.
Der Kläger beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 26. September 2006 und 26. Januar 2007 in
der Gestalt der Widerspruchsbescheide des Bundesamtes für Güterverkehr vom 7.
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der Gestalt der Widerspruchsbescheide des Bundesamtes für Güterverkehr vom 7.
Januar 2007 bzw. 2. März 2007 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen Folgendes vor: In beiden Fällen sei die
Fahrzeugkombination ausschließlich für den Güterverkehr bestimmt gewesen. Das sei
nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes dann der Fall, wenn das
Fahrzeug - wie hier - aufgrund seiner objektiven Merkmale dazu bestimmt sei,
regelmäßig und auf Dauer und nicht nur gelegentlich am Wettbewerb im
Güterkraftverkehr teilzunehmen. Auf den Verwendungszweck im Einzelfall komme es
nicht an. Nach den maßgeblichen technischen Merkmalen sei hier ausschließliche
Bestimmung für den Güterkraftverkehr anzunehmen; besondere Ausstattungen, die
einer solchen Eignung entgegenstehen könnten, seien nicht vorhanden gewesen.
Gerade wegen ihrer Eignung für den Gütertransport seien die Fahrzeuge ausgestellt
gewesen bzw. vorgeführt worden. Im Übrigen seien die Anhänger auch selbst
Transportgut gewesen. Schließlich habe der Kläger in tatsächlicher Hinsicht seine
Angaben nicht belegt.
Die Einzelheiten ergeben sich aus der Streitakte und den Verwaltungsvorgängen der
Beklagten.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet, weil die angefochtenen Bescheide rechtmäßig sind und den
Kläger daher nicht in seinen Rechten verletzen können (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Beide streitgegenständlichen Autobahnbenutzungen waren mautpflichtig im Sinne von §
1 Abs. 1 des Autobahnmautgesetzes für schwere Nutzfahrzeuge (ABMG). Nach der im
Zeitpunkt der Autobahnbenutzungen im Mai bzw. Oktober 2006 geltenden Fassung
dieser Vorschrift war für die Benutzung der Bundesautobahnen mit Fahrzeugen im Sinne
des Art. 2 Buchstabe d der Richtlinie 1999/62/EG des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 17. Juni 1999 über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter
Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge (ABL.EG Nr. L 187 S. 42) die Entrichtung
einer Gebühr im Sinne des Art. 2 Buchstabe b der genannten Richtlinie bestimmt. Die
Vorschrift betraf demgemäß - und betrifft auch in ihrer heutigen Fassung -
Kraftfahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen, die ausschließlich für den
Güterkraftverkehr bestimmt sind und deren zulässiges Gesamtgewicht mindestens 12
Tonnen beträgt.
Diese Voraussetzungen waren hier jeweils erfüllt. Der Einwand des Klägers,
ausschließliche Bestimmung für den Güterkraftverkehr habe nicht vorgelegen, weil die
verwendeten Anhänger jeweils nur von einer Ausstellung bzw. Vorführung zurückgeholt
worden seien, greift nicht durch. Denn nach dem Urteil des Gerichtshofs der
Europäischen Gemeinschaften vom 28. Oktober 1999 - C 193.98 (Pfennigmann) - zu
dem gleichlautenden Begriff der Vorgängerrichtlinie 93/89/EWG ist ausschließliche
Bestimmung für den Güterkraftverkehr dann gegeben, wenn Fahrzeuge aufgrund ihrer
Merkmale dazu bestimmt sind, regelmäßig und auf Dauer und nicht nur gelegentlich am
Wettbewerb im Güterkraftverkehr teilzunehmen. Das bedeutet zum einen, dass nicht nur
die jeweilige konkrete Fahrt in den Blick zu nehmen ist, so dass z. B. auch Leerfahrten
ohne Zweifel mautpflichtig sind. Vor allem aber ist danach bezüglich der
Zweckbestimmung für den Güterkraftverkehr auf das Erscheinungsbild der betreffenden
Fahrzeuge abzustellen. Ein "Mal" ist etwas, was man dem betreffenden Gegenstand
(oder einer Person) ansieht. Betrachtet man die hier verwendeten
Fahrzeugkombinationen und berücksichtigt weiter, dass die verwendeten Anhänger
jeweils keine Zusatzeinrichtungen aufwiesen, so ist eine andere Zweckbestimmung als
die für den Güterkraftverkehr nicht zu erkennen. Eine "Entwidmung" könnte daher erst
dann angenommen werden, wenn aufgrund technischer oder baulicher Veränderungen
an dem Fahrzeug selbst anderes zu sehen wäre, was die Eignung für den
Güterkraftverkehr ausschlösse (vgl. auch Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 21.
März 2006 - 14 K 10004/03 -).
Mit Recht ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten, dass die hier jeweils eingesetzten
Fahrzeugkombinationen kein geringeres als das die Mautpflicht begründende
Gesamtgewicht von 12 t hatten. Auch begegnet die pauschale Mautfestsetzung unter
Zugrundelegung einer Wegstrecke von 500 km in dem Feststellungsfall vom 17. Oktober
2006 gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 ABMG keinen Bedenken, weil die tatsächliche Wegstrecke
aufgrund fehlerhafter Angaben des Klägers hierzu nicht festgestellt werden konnte; den
diesbezüglichen Angaben der Beklagten ist der Kläger im Klageverfahren nicht mehr
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diesbezüglichen Angaben der Beklagten ist der Kläger im Klageverfahren nicht mehr
entgegengetreten.
Die Kostentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO. Die Kammer hat
die Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der
Rechtssache zugelassen, weil Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes Berlin-
Brandenburg zu der ersichtlich für eine Vielzahl von Fällen bedeutsamen Frage, wann
ausschließlich Bestimmung für den Güterkraftverkehr gegeben ist, nicht vorliegt.
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