Urteil des VG Berlin vom 15.03.2017

VG Berlin: öffentliches recht, geistig behinderter, verfügung, schüler, geistige behinderung, ausstattung, eltern, rollstuhl, schulpflicht, form

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Gericht:
VG Berlin 3. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 L 417.09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 36 SchulG BB, § 39 SchulG BB
Individueller Anspruch auf Einsatz eines Schulhelfers
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 2.500 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Verpflichtung, ihm einen Schulhelfer zur Verfügung zu
stellen.
Der fast 11-jährige Antragsteller, der seit dem Schuljahr 2005/2006 schulpflichtig ist,
besucht, nachdem er zunächst von der Einschulung zurückgestellt worden war, seit dem
Schuljahr 2006/2007 die „Schule a... S.“, eine Grundschule mit dem
sonderpädagogischen Förderschwerpunkt „körperliche und motorische Entwicklung“.
Einem nach kurzer stationärer Behandlung erstellten Entlassungsbericht der DRK-
Kliniken vom 26. Juli 2004 zufolge handelt es sich bei dem Antragsteller um ein seit den
ersten Lebenswochen global retardiertes Kind mit einem therapieresistenten
Anfallsleiden, generalisierten Anfällen, einem unklaren Dysmorphie- und
Retardierungssyndrom sowie autistischen Verhaltensweisen. Einem Befundbericht des
„Klinikum im Friedrichshain“ vom 30. April 2007 zufolge besteht bei dem Antragsteller
eine schwere globale Entwicklungsverzögerung, eine zunehmende spastisch-
athetotische Zerebralparese, eine schwere geistige Behinderung, ferner weise er
zunehmend autistische Züge auf; es handele sich bei ihm um eine derart schwere
Behinderung, dass Förderung ohnehin nur durch sensorische Anregung und motorische
Stimulation möglich sei. Nach Darstellung seiner Verfahrensbevollmächtigten ist der
Antragsteller schwerst pflegebedürftig, kann nichts selber machen, verfügt über keinerlei
Lautsprache und weist autistische Züge auf. Der Antragsteller ist auf einen Rollstuhl
angewiesen. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 19. Juni 2006 wurde festgestellt, dass
der Antragsteller Förderbedarf im Förderschwerpunkt „geistige Entwicklung“ hat.
Seit dem Schuljahr 2009/2010 besucht der Antragsteller eine 4. Klasse der „Schule a...
S.“. Zu seinem Klassenverband gehören fünf weitere Schüler mit unterschiedlichen
Behinderungen, davon eine Schülerin, die ebenfalls auf einen Rollstuhl angewiesen ist.
Nach Darstellung der Schulleiterin stehen für diese Klasse im Schuljahr 2009/2010 eine
Klassenlehrerin mit 24 Wochenstunden und eine Betreuerin mit 35 Wochenstunden zur
Verfügung. Zusätzlich kam in der Klasse ein Schulhelfer mit 26 bzw. 30 Stunden pro
Woche zum Einsatz (vgl. die Berichte der Schulleiterin vom 27. August 2009 „Schulischer
Werdegang …“ und „Zur schulischen Situation des letzten Schuljahres …“). Nach
Darstellung der Schulleiterin stellte sich in der Vergangenheit eher der
Nachmittagsbereich als problematisch dar, wenn die Klassenlehrerin nicht mehr
anwesend war. Bei Bedarf konnte allerdings auf Kräfte des neben der Schule gelegenen
Hortbetriebes zurückgegriffen werden.
Der Antragsteller besucht die Schule, die eine Ganztagsbetreuung von 8.00 bis 16.00
Uhr anbietet, nach eigener Darstellung in der Regel von 8.00 bis 14.30 Uhr, nach
Darstellung der Schulleiterin wurde er stets erst gegen 8.15 Uhr zur Schule gebracht und
spätestens um 14.30 Uhr abgeholt. Durch den Einsatz des Schulhelfers konnte
sichergestellt werden, dass der Antragsteller, wenn er durch unkoordinierte Bewegungen
und unkontrollierte Laute die anderen Kinder störte, aus dem Arbeitskreis
herausgenommen und mit anderen Dingen beschäftigt werden konnte. In der
Mittagszeit wurde er auf den Schulhof gebracht, während des Mittagessens gefüttert, im
Anschluss daran gewickelt und in der Zeit von etwa 13.00 bis 14.00 Uhr schlafen gelegt.
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Mit Bescheiden vom 25. April 2008 und 19. Dezember 2008 bewilligte das Bezirksamt
Spandau von Berlin dem Antragsteller die Kosten für sozialpädagogische Einzelfallhilfe
im Umfang von wöchentlich 29 Stunden. In diesem Umfang hatte das Sozialgericht
Berlin durch Beschluss vom 16. September 2008 das Bezirksamt verpflichtet, diese
zunächst nur befristet bewilligten Kosten vorläufig weiterhin zu übernehmen. Mit
Bescheid vom 2. April 2009 erklärte sich das Bezirksamt Spandau von Berlin trotz eines
noch fehlenden Gesamtplanes für die dem Antragsteller zustehenden
Eingliederungshilfemaßnahmen zur Weitergewährung der Kosten in demselben Umfang
bereit und sagte durch Bescheid vom 31. Juli 2009 die weitere Kostenübernahme im
Umfang von wöchentlich 28 Stunden zu, wies aber darauf hin, dass eine Kürzung der
Schulhelferstunden an der vom Antragsteller besuchten Schule nicht zu Lasten des
Sozialhilfeträgers gehen dürfe.
Bereits mit Schreiben vom 12. Juni 2008 hatte die Schulleiterin der vom Antragsteller
besuchten Schule dessen Eltern darauf hingewiesen, dass die Schule nicht über die
erforderlichen personellen, räumlichen und sächlichen Voraussetzungen verfüge, die zur
Berücksichtigung des dem Antragsteller zuerkannten Förderschwerpunktes „geistige
Entwicklung“ erforderlich seien, da es sich um eine Schule mit dem Förderschwerpunkt
„körperliche und motorische Entwicklung“ handele. Da die Schule dem Förderbedarf des
Antragstellers somit nicht gerecht werden könne, könne sie ihm nur eine
vorübergehende schulische Unterbringung anbieten. Mit Schreiben vom 10. Juli 2009
teilte die Schulleiterin den Eltern des Antragstellers mit, dass sie für das kommende
Schuljahr einen Gesamtbedarf von 119 Schulhelferstunden beantragt, aber nur 20
Stunden bewilligt bekommen habe. Da der Antragsteller auf einen Schulhelfer oder
einen Betreuer angewiesen sei, müsse für ihn künftig das Unterrichtsangebot reduziert
werden. Daraufhin forderte die von den Eltern des Antragstellers beauftragte
Verfahrensbevollmächtigte mit Schreiben vom 22. Juli 2009 die Schulaufsichtsbehörde
auf, für die Bereitstellung von 119 Schulhelferstunden zu sorgen und wies darauf hin,
dass der Antragsteller wöchentlich 20 Schulhelferstunden benötige. Sein
Betreuungsbedarf könne durch die Reduzierung der bewilligten Schulhelferstunden auch
nicht mehr als sichergestellt angesehen werden. Der zuständige Schulaufsichtsbeamte
wies mit Schreiben vom 27. Juli 2009 darauf hin, dass die Reduzierung der
Schulhelferstunden der Schule nicht zwangsläufig zu einer Reduzierung des
Unterrichtsangebots für den Antragsteller führen würde. Vielmehr sei der
Schulhelfereinsatz vorrangig gruppenbezogen zu organisieren. Ferner seien (weitere)
Betreuerstunden sowie Stunden für pädagogische Unterrichtshilfen „avisiert“. Hiergegen
wurde für den Antragsteller Widerspruch eingelegt.
Mit dem vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der am 26.
August 2009 bei Gericht eingegangen ist, verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter
und begründet dies damit, dass er mindestens 20 Schulhelferstunden wöchentlich
benötige, um am Unterricht teilnehmen zu können. In diesem Umfang seien ihm im
vorangegangenen Schuljahr Schulhelferstunden gewährt worden. Zwar werde der
Unterricht in der mit fünf weiteren Schülern besetzten Klasse bis 12.00 bzw. 12.30 Uhr
von einer Lehrkraft und einer sie unterstützenden pädagogischen Unterrichtshilfe
durchgeführt, in der Zeit danach sei nur eine Betreuung durch die pädagogische
Unterrichtshilfe gewährleistet, wenn nicht Unterstützung durch einen Schulhelfer
hinzukomme. Ohne Unterstützung durch einen Schulhelfer könne der Antragsteller nicht
am Unterricht teilnehmen, sondern sei nur „körperlich in der Klasse anwesend“. Sein
Inkontinenzmaterial könne nicht immer sofort gewechselt werden, es fehle an einer
Unterstützung, um eine Lageveränderung im Rollstuhl vorzunehmen und um Mahlzeiten
und Getränke einzunehmen.
Das Bezirksamt Spandau von Berlin hat mit Schreiben vom 31. Juli 2009 die
Schulaufsichtsbehörde darauf hingewiesen, dass Einschränkungen bei der Förderung
durch einen Schulhelfer zu dem Erfordernis führten, „im außerschulischen Bereich im
Rahmen der Eingliederungshilfe gemäß SGB XII einen höheren Förderungsbedarf in Form
einer ambulanten Einzelfallhilfe zu decken“. Behinderungsbedingte Leistungen dieser Art
kämen jedoch nur in Betracht, wenn der Bedarf nicht durch innerschulische Leistungen
gedeckt werde. Man bitte die Schulaufsichtsbehörde daher um Unterstützung bei der
Bereitstellung entsprechender finanzieller Mittel.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem
Antragsteller für das Schuljahr 2009/2010 vorläufig einen Schulhelfer oder einen
gleichwertigen Betreuer im Umfang von 20 Wochenstunden zur Verfügung zu stellen,
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hilfsweise,
der Schule a... die von ihr beantragten 119 Schulhelferstunden vorläufig in vollem
Umfang zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Seiner Auffassung nach ist der Antrag unzulässig, da der Antragsteller kein subjektives
öffentliches Recht auf Gestellung eines Schulhelfers in dem erstrebten Umfang habe.
Die Bereitstellung von Schulhelfern sei vielmehr eine reine schulorganisatorische
gruppenbezogene Maßnahme. Der geltend gemachte Anspruch beschränke sich daher
auf einen bloßen Reflex aus dieser Regelung. Im Übrigen sei eine weitere Ausstattung
der Schule mit zusätzlichen Betreuern noch in diesem Jahr geplant. Des Weiteren seien
die Eltern des Antragstellers wiederholt darauf hingewiesen worden, dass er
entsprechend seinem Förderschwerpunkt „geistige Entwicklung“ an der von ihm
besuchten Schule nicht hinreichend gefördert werden könne. Seinem Förderbedarf
werde eine Schule mit dem Förderschwerpunkt „geistige Entwicklung“, die über eine
spezifische personelle, räumliche und sächliche Ausstattung verfüge, besser gerecht.
II.
Der Rechtsschutzantrag hat keinen Erfolg.
Da mit der begehrten einstweiligen Anordnung das Ergebnis eines
Hauptsacheverfahrens ganz oder teilweise vorweggenommen würde, hätte sie
ausnahmsweise nur dann erlassen werden können, wenn bereits jetzt festzustellen wäre,
dass der Antragsteller mit hoher Wahrscheinlichkeit in einem Klageverfahren Erfolg
haben würde und eine einstweilige Anordnung zur Sicherung des durch Art. 19 Abs. 4 GG
garantierten effektiven Rechtsschutzes erforderlich wäre, um wesentliche Nachteile von
dem Antragsteller abzuwenden, die bei einem späteren obsiegenden Urteil in der
Hauptsache nicht mehr ausgeglichen werden könnten.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Bei der im Verfahren des einstweiligen
Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung kann nicht festgestellt werden,
dass dem Antragsteller ein Anspruch darauf zusteht, dass ihm zur Betreuung während
seines Schulbesuchs für die Dauer von 20 Wochenstunden ein Einzelbetreuer bzw.
Schulhelfer zur Verfügung gestellt wird. In ihrem Beschluss vom 2. April 2002 im
Verfahren VG 3 A 139.02, dem zugrunde lag, dass der dortige Antragsteller
durchzusetzen versuchte, dass ihm für die gesamte Schulzeit von 35 Wochenstunden
ein Einzelbetreuer zur Verfügung gestellt wird, hatte die Kammer dahinstehen lassen, ob
ihm ein dahingehendes subjektives öffentliches Recht überhaupt zustehen kann. Auch
das Oberverwaltungsgericht Berlin hatte in dem zum Nachteil des Antragstellers
entschiedenen Beschwerdeverfahren dies als zweifelhaft angesehen (Beschluss vom 30.
September 2002 - OVG 8 S 88.02 -). Die Kammer hat inzwischen in einer Reihe von
Klageverfahren zum sonderpädagogischen Förderbedarf klargestellt, dass ein konkret
messbarer und demzufolge auch einklagbarer Leistungsanspruch eines Schülers mit
sonderpädagogischem Förderbedarf weder verfassungsrechtlich noch aufgrund
einfachgesetzlicher Regelung besteht (Urteile vom 18. Januar 2005 - VG 3 A 1148.04
u.a.). Im Hinblick auf das Benachteiligungsverbot gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG ist der
Staat grundsätzlich gehalten, schulische Einrichtungen bereitzuhalten, die auch
behinderten Schülern eine sachgerechte schulische Erziehung, Bildung und Ausbildung
ermöglichen. Dieser verfassungsrechtlichen Vorgabe ist der Berliner Landesgesetzgeber
gerecht geworden, indem er in § 36 Abs. 1 Satz 1 und 2 SchulG festgelegt hat, dass
Schülerinnen und Schüler, die in ihren Bildungs-, Entwicklungs- und Lernmöglichkeiten
derart beeinträchtigt sind, dass sie ohne sonderpädagogische Unterstützung nicht
hinreichend gefördert werden können, Anspruch auf besondere Förderung im Rahmen
schulischer Bildung, Erziehung und Betreuung nach Maßgabe der folgenden
Bestimmungen haben. Gemäß § 36 Abs. 2 Satz 1 SchulG kann die sonderpädagogische
Förderung an allgemeinen Schulen oder an Schulen mit sonderpädagogischem
Förderschwerpunkt erfolgen. Der einzelne Schüler hat (lediglich) einen Anspruch auf
Teilhabe an diesem Förderkonzept, wobei im Falle des Antragstellers kein Streit darüber
besteht, dass allein eine bedarfsspezifisch ausgerichtete Beschulung an einer Schule mit
sonderpädagogischem Förderschwerpunkt in Frage kommt. Dass der Schulgesetzgeber
des Landes Berlin nicht verpflichtet war, das verfassungsrechtliche
Benachteiligungsverbot in der Weise umzusetzen, dass er behinderten Schülern bzw.
Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf konkret messbare Ansprüche auf
individuelle Förderung bzw. Betreuung in Form fester Stundenkontingente einräumt, folgt
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individuelle Förderung bzw. Betreuung in Form fester Stundenkontingente einräumt, folgt
daraus, dass der Staat seine Aufgabe, ein begabungsgerechtes und zur Kompensation
von Benachteiligungen geeignetes Schulsystem bereitzustellen, von vornherein nur im
Rahmen seiner finanziellen und organisatorischen Möglichkeiten erfüllen kann (vgl.
BVerfGE 34, 165 [183 f.]); denn der Gesetzgeber muss bei seinen Entscheidungen auch
andere Gemeinschaftsbelange berücksichtigen und sich die Möglichkeit erhalten, die nur
begrenzt verfügbaren öffentlichen Mittel für andere Belange einzusetzen, wenn und
soweit er dies für erforderlich hält (BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 1997 - 1 BvR 9/97 -
, BVerfGE 96, 288-315). In welchem Umfang Schulplätze in Schulen mit
sonderpädagogischem Förderschwerpunkt eingerichtet, mit welcher Schülerzahl die hier
zu bildenden Schulklassen zusammengestellt werden und welche Personalausstattung
hierfür in qualitativer und quantitativer Hinsicht zur Verfügung gestellt wird, gehört zu
dem Gestaltungsspielraum, den der Staat als Schulträger im Rahmen der ihm nach Art.
7 Abs. 1 GG eingeräumten Planungs- und Organisationsbefugnis besitzt. Bindungen
ergeben sich für die Schulbehörde insoweit aus der aufgrund der Ermächtigung in § 39
SchulG erlassenen Verordnung über die sonderpädagogische Förderung - SopädVO -
vom 19. Januar 2005 (GVBl. S. 57). Danach sollen für die sonderpädagogische Förderung
vorrangig Personen eingesetzt werden, die über entsprechende Qualifikationen verfügen
(§ 2 Abs. 2 SopädVO). Als schulergänzende Maßnahme sieht § 5 Abs. 1 SopädVO den
Einsatz von Schulhelfern vor, die die Aufgabe haben, Schülerinnen und Schüler mit
sonderpädagogischem Förderbedarf und zusätzlichem Bedarf an ergänzender Pflege
und Hilfe im Unterricht und im Rahmen der schulischen Betreuung zu unterstützen. Sie
arbeiten als Fachpersonal eng mit den Lehrkräften der jeweiligen Schule zusammen und
leisten insbesondere Unterstützung bei der Mobilität, bei Verrichtungen des täglichen
Lebens sowie Hilfe bei der Durchführung von Unterrichtsvorhaben. Schulhelfer dürfen nur
angefordert werden, wenn die besonderen Maßnahmen der ergänzenden Pflege und
Hilfe nicht innerhalb des festgelegten Stellenrahmens der jeweiligen Schule leistbar sind.
Diese Regelungen sind nicht darauf ausgerichtet, individuelle Ansprüche auf eine mit
personeller Mindestausstattung durchgeführte Beschulung bzw. Betreuung zu
begründen. Aus dem Umstand, dass die Ausstattung einer Schule mit
sonderpädagogischem Förderschwerpunkt mit mehr oder weniger qualifiziertem
Lehrpersonal und dieses Lehrpersonal unterstützendem Hilfspersonal Einfluss auf
Intensität und Qualität der Beschulung, insbesondere auch der sonderpädagogischen
Förderung selbst hat, folgt nicht, dass auch individuelle Ansprüche auf eine Beschulung
mit einer bestimmten personellen Ausstattung bestünden. Insbesondere besteht kein
Anspruch auf eine bestmögliche individuelle Betreuung im Rahmen des Schulunterrichts
ohne Berücksichtigung des mit den vorhandenen Kapazitäten ebenfalls abzudeckenden
Förderbedarfs anderer behinderter Schülerinnen und Schüler. Den genannten
Regelungen der SopädVO ist lediglich zu entnehmen, dass die jeweilige Schule im
Verhältnis zum Schulträger verlangen kann, entsprechend ausgestattet zu werden, um
die ihr gestellte Aufgabe im Rahmen der sonderpädagogischen Förderung erfüllen zu
können. Das Antragsbegehren orientiert sich demnach lediglich an einem bloßen Reflex
aus diesen Regelungen, die als Adressaten nicht den einzelnen Schüler, sondern die
Schule im Auge haben. Dies trifft insbesondere für den Einsatz von Schulhelfern zu,
deren Aufgabe darin besteht, das der Schule zur Verfügung stehende Personal zu
unterstützen, soweit im Einzelfall ein Betreuungsbedarf besteht, der die Möglichkeiten
des Schulpersonals überfordert.
Der Antragsteller stützt sein Begehren auf verschiedene Annahmen: Zum einen geht er
davon aus, dass ihm in der Vergangenheit während 20 Stunden in der Woche ein
Schulhelfer zur alleinigen Betreuung zur Verfügung gestanden habe und dass daher ein
entsprechender Bedarf auch für die Zukunft bestehe. Des weiteren vertritt er den
Standpunkt, dass in dem Maße, wie der von der Schule beantragte Bedarf an
Schulhelferstunden für die Zukunft unberücksichtigt geblieben sei, sich auch die auf ihn
entfallenden Schulhelferstunden reduzieren würden. Darüber hinaus meint er, dass er
auch an einer vom Antragsgegner in Betracht gezogenen Schule mit dem
Förderschwerpunkt „geistige Entwicklung“ nur völlig unzureichende Unterstützung durch
Schulhelfer erfahren würde, da auch diese Schule nicht den von ihr beantragten Bedarf
an Schulhelferstunden in vollem Umfang bewilligt bekommen habe. Schließlich beruft er
sich darauf, dass Eingliederungshilfe nach dem SGB XII nur nachrangig gewährt werden
könne; daneben habe er einen Anspruch auf Gewährung von Schulhelferstunden, um
seinen Schulbesuch sicherzustellen.
Keine dieser Voraussetzungen, aus denen der Antragsteller den geltend gemachten
Anspruch herleitet, trifft zu.
In welchem Maße die der Schule in der Vergangenheit zur Verfügung gestellten
Schulhelferstunden, die sie nach eigenem Ermessen unter Berücksichtigung des
jeweiligen Bedarfs in den einzelnen Klassen und des Bedarfs einzelner Schüler und unter
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jeweiligen Bedarfs in den einzelnen Klassen und des Bedarfs einzelner Schüler und unter
Berücksichtigung der durch sonstiges Schulpersonal sichergestellten Betreuung
differenziert zum Einsatz kommen lassen durfte, faktisch dem Antragsteller zugute
kamen, bedarf - zumal im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes -
keiner weiteren Aufklärung; denn die Frage, in welchem Umfang die Schule die ihr fortan
verfügbaren Schulhelferstunden für die Betreuung des Antragstellers zu verwenden
hätte, hängt zum einen davon ab, wie sich die soeben genannten Parameter künftig
darstellen, zum anderen davon, wie viel Schulhelferstunden der Schule insgesamt zur
Verfügung stehen werden, ferner davon, ob und gegebenenfalls wann sich die vom
Antragsgegner in Aussicht gestellte Ausstattung mit weiteren Betreuerstunden realisiert
haben wird. Die Darstellung des Antragstellers, nach den gegebenen Bedingungen sei
seine Teilnahme am Unterricht lediglich im Umfang von etwa 3,36 Stunden pro Woche
möglich, weil er allenfalls in diesem Umfang Unterstützung durch einen Schulhelfer
erfahren könne, kann schon deshalb nicht zutreffen, weil er dabei zum einen von einem
allein auf ihn entfallenden und daher auch ihm zustehenden Betreuungsaufwand von 20
Schulhelferstunden pro Woche ausgeht (was, wie oben dargestellt, nicht zutrifft) und dies
ins Verhältnis zu dem von der Schule für das Schuljahr 2009/2010 angemeldeten Bedarf
an Schulhelferstunden insgesamt setzt, obwohl der Schule im vorangegangenen
Schuljahr lediglich 64 Schulhelferstunden insgesamt zur Verfügung standen (vgl.
Stellungnahme der Schulleiterin vom 27. August 2009).
Auch wenn der Antragsteller der an ihn herangetragenen Erwartung, statt der „Schule
a...S.“ eine dem ihm zuerkannten Förderschwerpunkt „geistige Entwicklung“
entsprechende „Sonderschule“ zu besuchen, den Befundbericht des „Klinikum im
Friedrichshain“ vom 30. April 2007 entgegenhält, wonach es wegen der besonderen
Schwere seiner Behinderung auf die einer solchen Schule zur Verfügung stehenden
Möglichkeiten zur Förderung geistig Behinderter und Lernbehinderter nicht ankomme,
und soweit er darauf verweist, dass auch eine in Aussicht genommene Schule mit dem
Förderschwerpunkt „geistige Entwicklung“ nur Schulhelferstunden in einem Umfang
zugestanden bekommen habe, wie die von ihm besuchte Schule, ergibt sich daraus
nicht, dass ein Wechsel an eine solche Schule ohne Verbesserung der
Betreuungssituation des Antragstellers bliebe. Näher liegt, dass gerade die einer Schule
zur Verfügung stehenden Schulhelferstunden umso mehr in Anspruch genommen
werden, je mehr Schüler mit körperlichen Behinderungen diese Schule besuchen,
während an einer vorwiegend von Schülern mit geistiger Behinderung besuchten Schule
die in erster Linie zur Kompensation körperlicher und motorischer Defizite geeigneten
Schulhelfer gezielter den Schülern zur Verfügung gestellt werden können, die - wie der
Antragsteller - auch körperlich behindert sind.
Nicht zwingend ist auch die Annahme des Antragstellers, durch kompensatorische
Maßnahmen wie Einsatz von pädagogischen Betreuern und Schulhelfern, müsse auf
jeden Fall sichergestellt werden, dass er, ausgehend von der vollständigen Stundentafel,
am kompletten Unterrichtsprogramm teilnehmen könne. Die vom Antragsteller in
diesem Zusammenhang herangezogene Schulpflicht unterliegt der Möglichkeit der
Befreiung (§ 41 Abs. 3 Satz 3 SchulG). Bereits in ihrem Beschluss vom 18. Oktober 2005
(VG 3 A 421.05) hatte die Kammer zum Ausdruck gebracht, dass der (schulrechtliche)
Anspruch auf planmäßige Erteilung von Schulunterricht einschließlich der dazu
erforderlichen Betreuung durch dasjenige Maß an personellen und sächlichen Mitteln
begrenzt ist, das für die jeweilige Schulart und Klassenstufe gruppenbezogen
vorgesehen ist, und dass im Falle eines Schülers, der wegen seiner Behinderung unter
diesen Bedingungen nicht in der Lage ist, am (gruppenbezogenen) Schulunterricht
teilzunehmen, eher die Frage nach - in § 15 Abs. 5 SopädVO vorgesehenen -
Hausunterricht als nach zusätzlichen Schulhelferstunden aufgeworfen werde.
Ohne Erfolg beruft sich der Antragsteller auf das Übereinkommen der Vereinten
Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen
(BGBl. II 2008, 1420), dem die Bundesrepublik Deutschland mit Gesetz vom 21.
Dezember 2008 (BGBl. II 2008, 1419) zugestimmt hat und das für die Bundesrepublik
Deutschland am 26. März 2009 in Kraft getreten ist (vgl. die Bekanntmachung vom 5.
Juni 2009, BGBl. II 2009, 812). Aus diesem Übereinkommen kann der Antragsteller im
vorliegenden Zusammenhang keine Ansprüche herleiten. Das Übereinkommen verfolgt
den Zweck, den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und
Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu
gewährleisten und die Achtung der ihnen innewohnenden Würde zu fördern (vgl. Art. 1
Abs. 1 des Übereinkommens). Dass sich hieraus kein in Stunden messbarer Anspruch
auf Betreuungsleistungen gerade eines Schulhelfers ergibt, liegt auf der Hand, zumal
dann wenn zur Eingliederung Behinderter andere Leistungssysteme zur Verfügung
gestellt und damit insbesondere die Verpflichtungen aus Art. 24 Abs. 2 des
Übereinkommens eingehalten werden (dazu im Folgenden).
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Dass dem Antragsteller Eingliederungshilfe gemäß § 54 Abs. 1 SGB XII und § 55 Abs. 2
SGB IX zusteht, dürfte nicht zweifelhaft sein. Dies ergibt sich aus der fortlaufenden
Bewilligung entsprechender Leistungen durch das Bezirksamt Spandau sowie aus dem
Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 16. September 2008 (S 49 SO 2209/08 ER), das
festgestellt hat, dass der Antragsteller „unstreitig“ die Voraussetzungen der §§ 53, 54
SGB XII erfüllt und deshalb einen Anspruch auf Maßnahmen der Eingliederungshilfe
gemäß § 54 Abs. 1 SGB XII, hier in Form von Leistungen zur Teilhabe am Leben in der
Gemeinschaft gemäß § 55 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX hat. Aus der Tatsache, dass ihm durch
das Bezirksamt Spandau von Berlin bisher „nur“ Eingliederungshilfe im Umfang von
wöchentlich 29 bzw. 28 Stunden zuerkannt wurde und dass das Bezirksamt im Übrigen
unter Hinweis auf den Grundsatz der Nachrangigkeit der Sozialhilfe den Antragsteller
darauf verwiesen habe, die Unterstützung durch Schulhelfer in Anspruch zu nehmen,
soweit es um seine Eingliederung in den Schulbetrieb gehe, kann er daraus nichts für
den hier geltend gemachten Anspruch gegen den Antragsgegner herleiten. Wie das
Sozialgericht Berlin in dem einen anderen Fall betreffenden Beschluss vom 24.
September 2009 (S 47 SO 2142/09 ER) festgestellt hat, umfasst ein Anspruch auf
Einzelfallhilfe nach den §§ 53 Abs. 1 Satz 1, 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr.
2 der Eingliederungshilfe-Verordnung auch Hilfen zur angemessenen Schulbildung,
insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführenden
Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu. Hierzu gehören Maßnahmen zugunsten
körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn diese Maßnahmen
erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen
der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern. Allein der Umstand,
dass durch die Schulverwaltung Schulhelfer zu stellen seien, lasse den Anspruch auf
Leistungen der Eingliederungshilfe im Hinblick auf den Nachranggrundsatz des § 2 Abs. 1
SGB XII nicht entfallen; denn die Nachrangigkeit setze voraus, dass die erforderlichen
Maßnahmen durch den Schulträger tatsächlich erbracht werden.
Von daher besteht die Gefahr, von der der Antragsteller meint, dass sie nur durch
Stattgabe seines Antrags abgewendet werden könne, so nicht. Dem Antragsbegehren
war daher nicht zu entsprechen.
Auch dem Hilfsantrag kann nicht entsprochen werden. Er ist unzulässig; denn der
Antragsteller berühmt sich insoweit nicht einmal eigener Rechte, sondern macht
Ansprüche der Schule geltend.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Festsetzung des Wertes des
Verfahrensgegenstandes auf §§ 39 ff., 52 f. GKG.
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