Urteil des VG Berlin vom 14.03.2017

VG Berlin: leichte fahrlässigkeit, öffentliche aufgabe, sponsoring, wahrscheinlichkeit, disziplinarverfahren, beamtenverhältnis, behörde, umzug, beamter, zuschuss

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Gericht:
VG Berlin
Disziplinarkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
85 A 4.07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 10 BDG, § 13 Abs 2 S 1 BDG, §
38 BDG, § 63 BDG
Disziplinarrechtliche Folgen von Fehlzeiten eines Beamten ohne
Nachweis einer Erkrankung bei weiteren Verstößen des
Beamten gegen Dienstpflichten; disziplinarrechtliche Relevanz
von Mitteilungen eines Korruptionsverdachts gegen andere
Mitarbeiter
Tenor
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
Mit Beschluss vom heutigen Tag hat die Kammer nach Anhörung das Verfahren dem
Vorsitzenden als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Der Antrag des Antragstellers gem. § 63 BDG,
die Anordnung der vorläufigen Dienstenthebung und der Einbehaltung von 5 %
der Dienstbezüge des Auswärtigen Amtes vom 5. Februar 2007 auszusetzen,
ist unbegründet. Die Rechtmäßigkeit der Anordnung begegnet keinen ernstlichen
Zweifeln. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 38 BDG.
Nach § 38 Abs. 1 BDG kann die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige
Behörde einen Beamten nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens vorläufig des
Dienstes entheben, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus
dem Beamtenverhältnis erkannt werden wird. Nach Abs. 2 der Vorschrift kann die
Behörde gleichzeitig die Einbehaltung von bis zu 50 % der monatlichen Dienstbezüge
anordnen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Das Auswärtige Amt leitete am 2. Februar 2007 ein Disziplinarverfahren gegen den
Antragsteller u.A. wegen unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst und Nichterscheinen
zum Dienstbeginn um 09.00 Uhr (Kernzeitverletzungen) in wiederholten Fällen ein.
Unentschuldigt, d.h. ohne Krankmeldung oder Vorlage eines Attestes, abwesend war der
Antragsteller am Montag, 3. April 2006; Donnerstag, 13. April 2006; Montag, 24. April
2006; Dienstag, 25. April 2006; Freitag, 25. August 2006; Montag, 2. Oktober 2006; 30.
November 2006. Ab dem 7. Dezember 2006 bis zur Suspendierung am 3. Januar 2007
meldete er sich nach Aktenlage krank, legte jedoch kein Attest vor, obwohl ihm am 27.
November 2006 aufgegeben worden war, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ab dem
ersten Fehltag vorzulegen. Verstößt der Beamte gegen seine Mitwirkungspflicht (vgl. §
73 Abs. 1 Satz 2 BBG) und legt trotz behaupteter Krankheit kein Attest vor, kann im
Wege der Beweiswürdigung auf Dienstfähigkeit an den betreffenden Tagen geschlossen
werden (VG Berlin, Urteil vom 24. Mai 2007 – VG 80 A 26.06 S. 7 des amtl. Abdr.
m.w.N.). Damit fehlte der Beamte nach dem jetzigen Stand der Ermittlungen
unentschuldigt an insgesamt 23 Tagen. Soweit der Antragsteller insoweit pauschal das
Vorliegen von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen behauptet, ist sein Vorbringen
unsubstantiiert und deshalb in diesem Verfahren unbeachtlich.
Weiterhin wurde nach dem jetzigen Stand der Ermittlungen der Dienst an 70 Tagen
zwischen dem 22. März und dem 13. Dezember 2006 teilweise erheblich verspätet
(spätester Dienstantritt: 12.01 Uhr) angetreten. Dabei war der Antragsteller am 13.
Oktober 2006 von seiner Referatsleiterin im Rahmen eines Personalgesprächs
aufgefordert worden die Arbeitszeiten einzuhalten. Gleichwohl kam es nach dem 13.
Oktober 2006 zu folgenden Kernzeitverletzungen:
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Am 28. November 2006 forderte der Leiter der Rechtsabteilung den Antragsteller im
Rahmen eines Personalgesprächs auf, sich ab sofort bei ihm oder seinem Vorzimmer bei
Dienstbeginn und Dienstende an- und abzumelden. Danach kam es zu folgenden
Kernzeitverletzungen:
Überdies kam der Antragsteller der Weisung sich beim Abteilungsleiter oder dessen
Vorzimmer anzumelden nicht nach, so dass er daran mit Schreiben des
Abteilungsleiters vom 5. Dezember 2006 erinnert werden musste. Soweit der
Antragsteller insoweit rügt, er habe womöglich nur die Stechuhr nicht ordnungsgemäß
betätigt, steht dem entgegen, dass er selbst die Kernzeitverletzungen in seiner
Gegenvorstellung vom 30. November 2006 gegen die Weisung des Abteilungsleiters
vom 28. November 2009 als unstreitig bezeichnet hat. Gegebenenfalls sind im
Hauptsacheverfahren die Referatsleiterin, der Abteilungsleiter und weitere Kollegen als
Zeugen zu hören. Diese werden aber nach dem jetzigen Stand der Ermittlungen die
Vorwürfe wahrscheinlich bestätigen, denn es finden sich in den Akten zahlreiche
Schriftstücke, aus denen sich das häufige Zu-spät-Kommen des Antragstellers ergibt,
z.B. das erwähnte Schreiben des Abteilungsleiters vom 5. Dezember 2006. Für die hier
zu treffende Entscheidung kommt es nur darauf an, ob aufgrund der gebotenen
summarischen Prüfung des dem Beamten vorgeworfenen Sachverhalts mit
überwiegender Wahrscheinlichkeit gegen ihn die disziplinarische Höchstmaßnahme
verhängt werden wird. Die Höchstmaßnahme muss wahrscheinlicher sein als eine
geringere Maßnahme (Mayer in Köhler/Ratz, BDG, 3. Aufl. § 38 Rdnr. 3 m.w.N.). Es sind
damit im gegenwärtigen Verfahren nicht die Anforderungen zu stellen, die an eine
strafrechtliche Verurteilung zu stellen sind bzw. an eine disziplinarrechtliche
Hauptsachenentscheidung. Darüber hinaus hat der Antragsteller im fraglichen Zeitraum
an 10 Tagen Arbeitsanfang oder Arbeitsende nicht am Zeiterfassungsterminal
registriert. Krankmeldungen oder Krankschreibungen für diese Zeiträume lagen jeweils
nicht vor.
Weiterhin wurde das Disziplinarverfahren wegen des Vorwurfs der üblen Nachrede im
Hinblick auf vom Antragsteller gegen Kollegen erhobene Korruptionsvorwürfe am
Generalkonsulat A. eingeleitet. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf die
Einleitungsverfügung des Auswärtigen Amtes vom 2. Februar 2007 Bezug genommen
(S. 3 bis 6). Außerdem wird dem Antragsteller vorgeworfen, er habe Informationen über
die von ihm erhobenen Korruptionsvorwürfe an das Magazin „Stern“ sowie den
Vorsitzenden des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages weitergegeben.
Des Weiteren wird dem Beamten vorgehalten, während seines dienstlichen Aufenthaltes
in A. die Konsulatssekretärin G. und die Rechtsreferendarin K. verbal sexuell belästigt zu
haben, indem er insbesondere der Konsulatssekretärin G. Affären angedichtet habe und
sich über die Rechtsreferendarin K. abfällig geäußert habe. Des Weiteren wird dem
Beamten vorgeworfen, nach seinem Umzug in A. im Februar 2006 die Rechnungen für
den Transport seines unbegleiteten Luftgepäcks nicht bezahlt zu haben, wodurch ein
erheblicher Ansehensverlust der Angehörigen der Deutschen Auslandsvertretung in den
USA eingetreten sei.
Nach dem jetzigen Stand der Ermittlungen hat der Beamte seine Dienstleistungspflicht
dadurch verletzt, dass er am den genannten Arbeitstagen zwischen dem 3. April 2006
und dem 3. Januar 2007 dem Dienst vorsätzlich unerlaubt ferngeblieben ist (§ 73 Abs. 1
S. 1, § 77 Abs. 1 BBG). Dass der Beamte während dieser Zeit aufgrund seines
körperlichen oder geistigen Zustandes außer Stande war, den ihm übertragenen
dienstlichen Aufgaben nachzukommen (vgl. BVerwG, Urt. vom 25. Januar 2007 – 2 A
3.05 – Seite 10 des amtl. Abdr.), ist nicht vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich.
Mit dem auch nach der Aufforderung vom 13. Oktober 2006 durch die Referatsleitung
und der Anweisung vom 28. November 2006 durch den Abteilungsleiter weiter
fortgesetzten und damit nur als „hartnäckig“ zu bezeichnenden, fortlaufenden Zu-spät-
Kommen hat er gleichfalls gegen seine Dienstleistungspflicht (§ 73 Abs. 1 S. 1 BBG) und
gegen die Gehorsamspflicht gem. § 55 S. 2 BBG verstoßen. Seit dem 28. November
2006 bis zur Suspendierung hat der Beamte an keinem Tag seinen Dienst
ordnungsgemäß versehen, d.h. er ist entweder erheblich zu spät gekommen oder fehlte
unentschuldigt (30. November 2006) oder er meldete sich arbeitsunfähig, ohne dafür
eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beizubringen, obwohl er am 27. November 2006
aufgefordert worden war, bereits für den ersten Tag eine Krankschreibung vorzulegen.
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aufgefordert worden war, bereits für den ersten Tag eine Krankschreibung vorzulegen.
Ein vorsätzlich unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst über einen Zeitraum von 23 Tagen
ist zwar für sich allein noch nicht geeignet, das Vertrauensverhältnis zwischen Beamten
und Dienstherrn endgültig zu zerstören, mit der Folge, dass der Beamte gem. §§ 10, 13
Abs. 2 S. 1 BDG aus dem Dienst zu entfernen ist (vgl. BVerwG, a.a.O. S. 13; VG Berlin,
Urteil vom 24. Mai 2007 – VG 80 A 26.06 - S. 15f des amtl. Abdr. m.w.N.). Hier sind
jedoch voraussichtlich mehrere Erschwerungsgründe festzustellen. Der Beamte hat nicht
nur an insgesamt 23 Tagen unentschuldigt gefehlt, sondern auch über einen Zeitraum
von einem dreiviertel Jahr trotz Ermahnungen immer wieder die Kernzeit verletzt hat,
was zu einer erheblichen Störung der dienstlichen Abläufe beim Antragsgegner geführt
hat. Es liegt auf der Hand, dass bei einem Legationsrat im Auswärtigen Amt, der –
betrachtet man die Gesamtheit des Auswärtigen Dienstes - ein herausgehobenes und
verantwortungsvolles Amt versieht, fortgesetztes unentschuldigtes Fernbleiben bzw.
unentschuldigtes Zu-spät-Kommen trotz gegenteiliger Weisungen und verschärfter
Anmeldebedingungen ein Maß an Pflichtvergessenheit offenbart, welches schwer
nachvollziehbar ist (vgl. zu diesem Aspekt VG Berlin, Urteil vom 24. Mai 2007 – VG 80 A
26.06 - S. 15 des amtl. Abdr.). Der Antragsteller hat, indem er trotz der vom Dienstherr
getroffenen Maßnahmen weiter zu spät gekommen ist bzw. unentschuldigt gefehlt hat,
zu erkennen gegeben, dass er die ihm als Beamten obliegende Dienstleistungspflicht
und Gehorsamspflicht nicht (mehr) akzeptiert (vgl. zu einer Entfernung wegen Verstoßes
gegen die Gehorsamspflicht, BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. Oktober 2006 – 2 BvR
1925/06 -). Daher ist auch im vorliegenden Fall die Entfernung aus dem
Beamtenverhältnis Ausgangspunkt der Überlegungen zur Bestimmung der
angemessenen Disziplinarmaßnahme.
Weiterhin hat der Beamte nach dem jetzigen Stand der Ermittlungen gegen die Pflicht zu
achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 54 S. 3 BBG) verstoßen, in dem er
unerwünschte sexuelle Anspielungen gegenüber der Konsulatssekretärin G. gemacht
hat. Diese Vorwürfe werden zwar vom Antragsteller bestritten, Insoweit gilt jedoch das
oben zu den Kernzeitverletzungen Ausgeführte entsprechend.
Achtungs- und vertrauenswidrig war auch die Nichtbegleichung der Kosten für die
Luftfracht für den Umzug des Antragstellers von A. nach B. im Februar 2006 in Höhe von
2.000 Dollar. Auch insofern liegt eine erhebliche Ansehensschädigung vor, da zu
befürchten ist, dass andere Bedienstete in Zukunft Schwierigkeiten bekommen mit
dieser Firma die notwendigen Umzüge abzuwickeln.
Des Weiteren wird der Antragsgegner zu prüfen haben, ob den Besoldungspfändungen in
beträchtlicher Höhe für den Unterhalt seiner Kinder ein Dienstvergehen zugrunde liegt
und dieses in das Verfahren einzubeziehen ist. Ein Beamter verletzt seine Pflicht zu
achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten auch außerhalb des Dienstes, wenn er
seine Schulden nicht korrekt abwickelt (vgl. BVerwG, Urt. vom 28. Juni 1995 – 1 D 66.94 -
, Buchholz 232 § 54 S. 3 BBG Nr. 1; VG Berlin, Urt. vom 9. Mai 2007 – VG 80 A 4.07 -).
Dabei liegt ein Dienstvergehen nicht bereits dann vor, wenn der Beamte
Verbindlichkeiten eingeht, selbst wenn sie im Rahmen seiner wirtschaftlichen
Möglichkeiten schwer zu tragen sind. Ein Beamter, der ungeachtet an sich ausreichender
laufender Einnahmen Verbindlichkeiten jedoch wiederholt und beharrlich nicht bezahlt
und sich um Schuldentilgung nicht kümmert, beeinträchtigt sein und der Beamtenschaft
Ansehen in einer auch für sein Amt bedeutsamer Weise in besonderem Maße. Ein
objektiv und besonnen wertender Dritter erwartet von einem Beamten bei der
Abwicklung von Schulden den Gläubigern gegenüber ein angemessenes Verhalten (VG
Berlin, Urt. vom 9. Mai 2007 – VG 80 A 4.07 – m.w.N).
Demgegenüber liegt nach dem gegenwärtigen Stand des Disziplinarverfahrens ein
disziplinarrechtlich erheblicher Verstoß gegen die Verpflichtung zu achtungs- und
vertrauenswürdigen Verhalten nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor, soweit
der Antragsgegner auf die Korruptionsvorwürfe des Antragstellers in dessen
Stellungnahme vom 22. November 2005 an die Zentrale in B. abstellt. Grundsätzlich ist
die Meldung von „Durchstechereien“ an den Dienstherrn nicht disziplinarisch relevant,
sondern im Gegenteil lobenswert. Bei Falschbehauptungen dürfte maßgeblich sein, ob
der Beamte vorsätzlich oder leichtfertig falsche Tatsachenbehauptungen aufgestellt hat.
Die Korruptionsbekämpfung ist eine wichtige öffentliche Aufgabe. Sie kann nur dann
effektiv durchgeführt werden, wenn der anzeigende Beamte nicht befürchten muss für
jede geringe Nachlässigkeit disziplinarrechtlich zur Verantwortung gezogen zu werden
(vgl. BVerwG NJW 2003, 3218). Soweit der Antragsgegner darauf abstellt, der
Antragsteller habe der Konsulatssekretärin G. unterstellt, sie vermiete Zimmer in ihrer
Wohnung an Referendare und Praktikanten des Generalkonsulats unter, ohne diese
Einnahmen bei der Abrechnung ihres Mietzuschusses anzugeben, hat sich das
Vorbringen des Antragstellers insoweit bestätigt, als diese in der Tat Einnahmen von
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Vorbringen des Antragstellers insoweit bestätigt, als diese in der Tat Einnahmen von
Referendaren und Praktikanten erzielt, allerdings nicht als Zuschuss zur Nettokaltmiete,
sondern angeblich als Zuschuss zu den Nebenkosten, im Übrigen werde sie
„gelegentlich hierfür zum Essen eingeladen“. Es liegt auf der Hand, dass von dieser
Praxis ein „Geschmäckle“ ausgeht, wie in den Verwaltungsvorgängen des
Antragsgegners zu Recht handschriftlich vermerkt wird. Wenn diese Praxis im Ergebnis
auch nicht rechtwidrig sein mag, so fehlt es auf der anderen Seite an Umständen, die
eine über leichte Fahrlässigkeit hinausgehende Fahrlässigkeit des Antragstellers
begründen können, zumal dieser sich auf die schriftliche Erklärung eines ehemaligen
Praktikanten der L. stützen kann. Soweit es die anderen Vorwürfe des Antragstellers
betrifft, insbesondere zweckwidrige Verausgabung von Mitteln des Generalkonsulats
sowie der Vorwurf des rechtswidrigen Sponsoring der Veranstaltungen des
Generalkonsulats in Zusammenarbeit mit den „F.“ wegen Verstoßes gegen US-
Steuervorschriften ist, handelt es sich um Meinungen bzw. Rechtsauffassungen, deren
Äußerungen ohnehin nur in Ausnahmefällen disziplinarrechtlich relevant sein können. Im
Übrigen ist gerade im Hinblick auf das auch vom Antragsgegner verfolgte Ziel der
Reinheit und Korrektheit des öffentlichen Dienstes die disziplinarische Relevanz einer
möglicherweise im Einzelfall nicht bis ins letzte korrekten Beschuldigung eher gering.
Dies dürfte auch für die unsubstantiierte Vermutung im Schreiben vom 19. Oktober
2006 an BM Steinmeier gelten, „dass die Erlöse aus den erschlichenen Steuervorteilen
nicht auch in die Taschen Bediensteter fließen, wage ich zu bezweifeln“. Denn der
Vorwurf der Falschabrechnung gegen den damaligen Kanzler des Generalkonsulats, die
zu dessen Degradierung geführt hat (Urteil der Kammer vom 7. Juni 2007 - VG 85 A 2/07
-), traf uneingeschränkt zu; dessen Praxis war auch im Generalkonsulat bekannt.
Hinsichtlich des Vorwurfs des Antragstellers gegen den Generalkonsul, dieser habe in
seiner Dienstwohnung ein Restaurant betrieben und Investoren übervorteilt, lässt sich
hier nichts zu Lasten des Antragstellers feststellen, da die Verwaltungsvorgänge insoweit
nicht vorgelegt worden sind.
Soweit der Antragsgegner dem Antragsteller einen Verstoß gegen die
Verschwiegenheitspflicht (§ 61 Abs. 1 BBG) dergestalt unterstellt, dass dieser
Informationen auch an den „Stern“ weitergegeben habe, was zu einem am 7...
veröffentlichen Artikel (Heft 3...) geführt hat und weitere Nachfragen insbesondere auch
des Bundesrechnungshofes zufolge hatte, lässt sich die durchaus lebensnahe
Vermutung der Weitergabe durch den Antragsteller jedenfalls im jetzigen Zeitpunkt des
Verfahrens nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststellen.
Soweit dem Beamten vorgeworfen wird, den Vorsitzenden des Haushaltsausschuss des
Deutschen Bundestages am 27. November 2006 schriftlich über das „Sponsoring“ im
Zusammenhang mit den „F.“ informiert zu haben, kommt ein Verstoß gegen die Pflicht
zur Amtsverschwiegenheit und die Unterstützungspflicht in Betracht (vgl. Köhler/Ratz,
BDG, 3. Aufl. B II 9 Rdnr.20). Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Bundestag zur
Kontrolle der Ausgaben des Auswärtigen Amtes berufen ist, es handelt sich also nicht
um einen beliebigen Dritten. Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Antragsteller zur
Rechtswahrung handelte, während auf der anderen Seite das Interesse an der
Geheimhaltung des Sponsoring-Verfahrens relativ gering ist; es ist einer Vielzahl von
Personen in A. bekannt und es sind soweit erkennbar auch keine eigentlichen
dienstlichen Interessen oder private Interesse Dritter durch eine Weitergabe an den
Haushaltsausschuss betroffen.
Einer Vorlage des Inspektionsberichtes über die Sonderinspektion am deutschen
Generalkonsulat vom 19. bis 21. September 2006 bedurfte es bei dieser Sachlage
entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht (§ 86 Abs, 1 VwGO). Denn der Bericht
betrifft offensichtlich nur Dienstvergehen Dritter, die aber für die hier in Rede stehenden
Verfehlungen des Antragstellers jedenfalls disziplinarrechtlich keine Rolle spielen.
Im Ergebnis hat der Beamte damit nach dem jetzigen Stand der Ermittlungen gegen
seine Dienstleistungspflicht (§ 73 Abs. 1 S. 1 BBG), seine Pflicht zu achtungs- und
vertrauenswürdigem Verhalten (§ 54 S. 3 BBG) und gegen die Gehorsamspflicht gem. §
55 S. 2 BBG in schwerwiegender Weise verstoßen. Unter Berücksichtigung des anfangs
geschilderten Prüfungsmaßstabes spricht hier mehr dafür, dass der Antragsteller aus
dem Dienst gem. § 10 BDG entfernt werden wird als dagegen. Die Gesamtheit der auch
nach dem jetzigen Verfahrensstand dem Antragsteller vorwerfbaren
Dienstpflichtverletzungen offenbaren ein außergewöhnliches Maß an
Verantwortungslosigkeit und Pflichtvergessenheit. Dies rechtfertigt jedenfalls im
vorliegenden Verfahren die Bestätigung der vorläufigen Dienstenthebung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs. 4 BBG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
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