Urteil des VG Berlin vom 14.03.2017

VG Berlin: wissenschaft und forschung, zeugnis, immatrikulation, hochschule, hochschulreife, erlass, ethik, sammlung, erwerb, beschränkung

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Gericht:
VG Berlin 3. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 L 1069.10
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 10 Abs 1 HSchulG BE, § 14 Abs
1 HSchulG BE, § 46
BOSchulAPrV BE
Zugang zum Studium mit fachgebundener Hochschulreife
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe
Der Antrag gemäß § 123 Abs. 1 VwGO, mit dem die Antragstellerin ihre vorläufige
Immatrikulation in dem für das Lehramt befähigenden, aus dem Kernfach „Englische
Philologie“ und dem ergänzenden Modul „Ethik“ bestehenden Bachelorstudiengang an
der Antragsgegnerin vom Wintersemester 2010/2011 an im Wege einstweiliger
Anordnung erstrebt, hat keinen Erfolg. Der Antragstellerin fehlt es an dem für den Erlass
einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsanspruch. Sie hat nicht
glaubhaft gemacht, dass sie die für eine Immatrikulation in dem begehrten Studiengang
erforderliche Hochschulzugangsberechtigung besitzt.
Die Antragsgegnerin, die die Antragstellerin mit Bescheid vom 10. August 2010 unter
dem u.a. an die Erfüllung der Zugangs- und Immatrikulationsvoraussetzungen
geknüpften Vorbehalt zum begehrten Studium zugelassen hatte, hat mit Bescheid vom
30. September 2010 den Antrag auf Immatrikulation zu Recht mit der Begründung
abgelehnt, dass die Hochschulzugangsberechtigung der Antragstellerin nicht zum
Studium im gewünschten Studiengang berechtige.
Gemäß § 14 Abs. 1 des Berliner Hochschulgesetzes (BerlHG) vom 13. Februar 2003
(GVBl. S. 82) in der Fassung des Gesetzes vom 19. März 2009 (GVBl. S. 70) sind
Studienbewerber (nur dann) zu immatrikulieren, wenn sie die Voraussetzungen gemäß
§§ 10 bis 13 BerlHG erfüllen. Nach § 10 Abs. 1 BerlHG ist nur derjenige berechtigt, an
einer Hochschule des Landes Berlin zu studieren, der die für das Studium nach den
staatlichen Vorschriften erforderliche Qualifikation nachweist. Diesen Nachweis hat die
Antragstellerin mit dem ihr vom „OSZ Banken und Versicherungen“, an dem sie von
August 2006 bis Juni 2008 die Berufsoberschule besuchte, unter dem 26. Juni 2008
erteilten „Zeugnis der fachgebundenen Hochschulreife“ nicht erbracht; es stellt keine
Zugangsberechtigung für das Studium der Englischen Philologie dar. Ausweislich des
Zeugnisses bestand die Antragstellerin die Prüfung der fachgebundenen Hochschulreife
in der Ausbildungsrichtung „Wirtschaft“. In dem Zeugnis wurde ihr bestätigt:
„Entsprechend der Rahmenvereinbarung über die Berufsoberschule – Beschluss der
Kultusministerkonferenz vom 25. November 1976 i.d.F. vom 16. Juni 2000 – berechtigt
dieses Zeugnis in allen Ländern der Bundesrepublik Deutschland zum Studium
einschlägiger Studiengänge von wissenschaftlichen Hochschulen oder
Gesamthochschulen gemäß der Anlage 2 dieser Rahmenvereinbarung“. Die aus dem
Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 25. November 1976 in der Fassung vom 16.
Juni 2000 beruhende Rahmenvereinbarung über die Berufsoberschule sah in Nr. 7 vor:
„Die an der Berufsoberschule erworbenen Zeugnisse der Fachgebundenen
Hochschulreife berechtigen zu den in Anlage 2 aufgelisteten Studiengängen an
wissenschaftlichen Hochschulen oder Gesamthochschulen“. In der Anlage 2 der
Rahmenvereinbarung heißt es „Einschlägige Studiengänge gemäß Ziffer 7 sind
insbesondere: 2. Ausbildungsrichtung Wirtschaft:
a) Diplom- und Magisterstudiengänge: Wirtschafts- und sozialwissenschaftliche
Studiengänge einschließlich Wirtschaftsingenieurwesen, -informatik und –mathematik,
Statistik.
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b) Lehramt an beruflichen Schulen: Wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Fächer
jeweils als berufliche Fachrichtungen.“
Damit kann dem der Antragstellerin unter dem 26. Juni 2008 erteilten Zeugnis (neben
der Berechtigung zum Studium an allen Fachhochschulen) lediglich eine
Studienberechtigung an einer wissenschaftlichen Hochschule für die in Anlage 2 der
Rahmenvereinbarung der Ausbildungsrichtung Wirtschaft zugeordneten
(wirtschaftswissenschaftlichen) Studiengänge entnommen werden. Aus der Formulierung
„insbesondere“ in Anlage 2 der Rahmenvereinbarung kann die Antragstellerin nicht
herleiten, dass ihr auch die Studienberechtigung für ein Studium der Englischen
Philologie erteilt worden sei. Zwar kann der Formulierung „insbesondere“ entnommen
werden, dass die Aufzählung der einschlägigen Studiengänge nicht in jeder Hinsicht
abschließend ist. Als einschlägige weitere Studiengänge kommen jedoch allenfalls solche
in Betracht, die ebenfalls einen fachlichen Bezug zu der Ausbildungsrichtung haben, in
der der Berufsoberschulabschluss erworben wurde. Jede andere Auslegung würde das in
der Anlage 2 der Rahmenvereinbarung erkennbare differenzierte Konzept
konterkarieren, das darin besteht, den Absolventen der verschiedenen
Ausbildungsrichtungen jeweils nur fachbezogene Studiengänge als einschlägig zu
eröffnen.
Die Antragstellerin kann im vorliegenden Zusammenhang den Nachweis ihrer
Hochschulzugangsberechtigung für das Studium, für das sie immatrikuliert werden will,
nur durch ein entsprechendes Zeugnis belegen. Ihr Hinweis darauf, dass sie als
Absolventin einer Berufsoberschule des Landes Berlin mit der Ausbildungsrichtung
Wirtschaft gemäß Anlage 7 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die
Berufsoberschule (APO-BOS) vom 6. März 2005 (GVBl. S. 141) in der Fassung vom 11.
Dezember 2007 (GVBl. S. 677) auch berechtigt sei, ein „Studium für das Lehramt mit
Kernfach und Zweitfach“ ohne fachliche Beziehung zu der an der Berufsoberschule
absolvierten Ausbildungsrichtung aufzunehmen, verpflichtet die Antragsgegnerin nicht
dazu, die Antragstellerin für das von ihr erstrebte Lehramtsstudium mit der
Fächerkombination Englisch/Ethik zu immatrikulieren. Zum einen ist fraglich, ob die
Auffassung der Antragstellerin zutrifft, dass die Regelung in § 46 Abs. 1 i.V.m. Anlage 7
APO-BOS „eine pauschale Zulassung für das Studium für das Lehramt mit Kernfach und
Zweitfach“ ohne eine Beschränkung der Fächerwahl eröffnet. Nach der Interpretation
des Verordnungsgebers (Stellungnahme der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft
und Forschung vom 3. Dezember 2010) sei zwar beabsichtigt gewesen, mit dieser
Regelung weitere Studiermöglichkeiten zu eröffnen, als dies nach der einschlägigen
Rahmenvereinbarung der Kultusministerkonferenz vorgesehen war, jedoch sollte
lediglich die Aufnahme eines Studiums in den Fachrichtungen ermöglicht werden, die
bezogen auf die Ausbildungsrichtung an der Berufsoberschule einschlägig sind. Dafür,
dass eine weitergehende Regelung nicht beabsichtigt war, spricht auch, dass das
„Studium für das Lehramt“ nicht (sozusagen vor der Klammer) als einschlägiger
Studiengang für sämtliche Ausbildungsrichtungen der Berufsoberschule bezeichnet,
sondern bei jeder der Ausbildungsrichtungen neben anderen Studiengängen aufgeführt
wurde, die zu der Ausbildungsrichtung einen fachlichen Bezug aufweisen.
Zum anderen ist es nicht Aufgabe der Hochschule, im Rahmen der Immatrikulation zu
entscheiden, nach welcher Auslegung der schulrechtlichen Regelungen über den Erwerb
einer (fachgebundenen) Hochschulzugangsberechtigung ein Studienbewerber die
Zuerkennung der von ihm für das beabsichtigte Studium benötigten
Studienberechtigung beanspruchen kann. Vielmehr ist die Hochschule berechtigt, von
dem Studienbewerber einen zweifelsfreien Nachweis dafür zu fordern, dass ihm diese
Studienberechtigung erteilt wurde.
Den Standpunkt, ihr stehe entgegen der (feststellenden) Regelung in dem ihr erteilten
Zeugnis vom 26. Juni 2008 auch eine weitergehende Studienberechtigung zu, kann die
Antragstellerin nicht in dem vorliegenden, auf eine Immatrikulation gerichteten
Streitverfahren durchsetzen. Hierzu müsste sie sich vielmehr um die Erteilung eines
Zeugnisses bemühen, das ihr eine Studienberechtigung in dem Umfang bestätigt, wie
sie sich nach Auffassung der Antragstellerin aus § 46 i.V.m. Anlage 7 APO-BOS ergibt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Wertfestsetzung beruht auf
den §§ 39 ff., 52 f. GKG.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen, weil die
Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bot (§§ 166 VwGO, 114 ZPO).
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