Urteil des VG Berlin vom 14.03.2017

VG Berlin: aufschiebende wirkung, wesentlicher nachteil, innere medizin, versorgung, kinderheilkunde, anfechtungsklage, behörde, widerruf, rechtsnatur, vergleich

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Gericht:
VG Berlin 24.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
24 A 434.07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 123 Abs 3 VwGO, § 6 Abs 1
KHG, § 8 Abs 1 S 3 KHG, § 4 Abs
7 KHG
Rechtswirkung eines Krankenhausplans für den
Krankenhausträger und die Landesbehörde
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 376.059,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I) Die Antragstellerin ist Trägerin eines Krankenhauses in Berlin, welches seit Jahrzehnten
mit Fachabteilungen für Chirurgie, Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Innere Medizin,
Kinderheilkunde und Orthopädie in die Krankenhauspläne des Landes Berlin
aufgenommen worden ist. Sie wendet sich gegen Feststellungen im Zusammenhang mit
der Krankenhausplanung, die die Subdisziplin „Neonatologie“ der Fachabteilung
„Kinderheilkunde“ des von ihr geführten Krankenhauses betreffen. Dem Rechtsstreit
liegt die planerische Entwicklung eines dreistufigen Konzepts der Versorgung von
Schwangeren und Neugeborenen zugrunde, wobei die Einstufung des Krankenhauses
der Klägerin unter den Parteien streitig ist. Nach diesem Konzept soll die Entbindung von
Hochrisikoschwangeren und die Versorgung lebensbedrohlich erkrankter und/oder
extrem untergewichtiger Neugeborener in wenigen darauf spezialisierten
Perinatalzentren konzentriert werden, die Versorgung von nicht-lebensbedrohlich
erkrankten Neugeborenen in Krankenhäusern mit Neonatologie und Geburtshilfe,
sogenannten perinatalen Schwerpunkten, vorgenommen werden und die Entbindung
gesunder Schwangerer ohne vorhersehbare Komplikationen für Mutter und Kind in reinen
Geburtskliniken erfolgen.
Zur Umsetzung der vom Senat von Berlin im Mai 2003 beschlossenen Fortschreibung
des Krankenhausplanes 1999 erteilte der Antragsgegner der Antragstellerin einen
bestandskräftig gewordenen Feststellungsbescheid vom 25. Februar 2004, mit dem er
unter Widerruf eines vorangegangenen Feststellungsbescheides vom 10. September
2002 - mit Wirkung für die Zukunft - die Aufnahme dieses Krankenhauses in den
Krankenhausplan mit 542 Betten vorsah. Zugleich verwies er im Regelungsteil auf ein als
Anlage beigefügtes Datenblatt; dieses beinhalte die Einzelheiten über den geänderten
Umfang der Aufnahme und sei Bestandteil dieses Bescheides. In dem Datenblatt wurde
beispielsweise die Fachabteilung Kinderheilkunde mit einer „Ist“-Zahl von 55
ordnungsbehördlich genehmigten Betten ausgewiesen, das „Soll Alt“ für den
Krankenhausplan 1999 ebenfalls mit 55, das „Soll Neu“ für die Fortschreibung nur noch
mit 50 Betten. Als Subdisziplin wurde die Neonatologie mit 15 ordnungsbehördlich
genehmigten Betten ausgewiesen, die - ohne Angabe einer Bettenzahl, nur durch
Ankreuzen - auch als „Soll Alt“ und „Soll Neu“ bestätigt wurden. In den Gründen führte
der Beklagte u. a. aus, in den dem Bescheid vorausgegangenen Anhörungen sei
Einvernehmen zu den das Haus betreffenden Veränderungen erzielt worden; insofern
verweise er zur Begründung der Entscheidung auf die Inhalte der Fortschreibung des
Krankenhausplanes 1999.
Zur Umsetzung der nachfolgenden Fortschreibung 2006 des Berliner
Krankenhausplanes erteilte der Antragsgegner der Antragstellerin unter dem Datum des
27. Juli 2007 erneut einen Bescheid, dem zufolge das Krankenhaus mit 500 Betten in
den Krankenhausplan aufgenommen sei. In dem als Anlage beigefügten Datenblatt,
welches als Bestandteil des Bescheides bezeichnet wurde, ist die Fachabteilung
Kinderheilkunde als „Soll Neu“ nur noch mit 45 Betten ausgewiesen, in der Subdisziplin
Neonatologie wurde das „Soll Neu“ mittels einer Fußnote als „perinataler Schwerpunkt“
bezeichnet. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, mit dem Bescheid habe
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bezeichnet. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, mit dem Bescheid habe
einem Antrag der Antragstellerin, das Krankenhaus als Perinatalzentrum auszuweisen,
nicht gefolgt werden können. Es werde weiterhin als perinataler Schwerpunkt im Rahmen
des Berliner Versorgungskonzepts ausgewiesen. Die bestehenden Perinatalzentren
seien in der Lage, den vorhandenen Bedarf - insbesondere die medizinische Versorgung
der Früh- und Neugeborenen mit Indikationen zur Behandlung in einem
Perinatalzentrum - zu decken. Sie seien auch die einzigen, die die für solche Zentren
geltenden Mindestfallzahlen erreichen. Die Fortschreibung 2006 des Berliner
Krankenhausplanes fordere als strukturellen Bestandteil von Krankenhäusern mit
Perinatal-zentrum das Vorhandensein einer eigenen Abteilung für Kinderchirurgie;
darüber verfüge das Krankenhaus der Antragstellerin nicht. Mit diesem Bescheid
widerrief der Antragsgegner zugleich den Feststellungsbescheid vom 25. Februar 2004
mit Wirkung für die Zukunft.
Mit ihrer am 30. August 2007 bei Gericht eingegangenen Klage, die noch bei der
Kammer anhängig ist (VG 24 A 372.07), wendet sich die Antragstellerin gegen den
Feststellungsbescheid vom 27. Juli 2007 und begehrt dessen Aufhebung unter anderem,
soweit der Versorgungsauftrag der Neonatologie als „perinataler Schwerpunkt“
beschrieben wird und soweit der Bescheid vom 25. Februar 2004 widerrufen und zugleich
durch die mit der Klage angefochtenen Feststellungen des Bescheides vom 27. Juli 2007
ersetzt oder ergänzt werden sollen. Ferner begehrt sie mit der Klage die Feststellung,
dass ihr Versorgungsauftrag auf der Grundlage des Feststellungsbescheides vom 25.
Februar 2004 uneingeschränkt neonatologische Leistungen umfasse. Hilfsweise zu den
vorangegangenen Anträgen solle der Antragsgegner (in jenem Verfahren als Beklagter)
verpflichtet werden, den Feststellungsbescheid vom 27. Juli 2007 dahingehend zu
ändern, dass der Versorgungsauftrag der Antragstellerin im neonatologischen Bereich
ein Perinatalzentrum zum Gegenstand habe. Hilfsweise hierzu solle der Antragsgegner
verpflichtet werden, den Antrag der Antragstellerin, dass ihr Versorgungsauftrag im
neonatologischen Bereich ein Perinatalzentrum zum Gegenstand haben solle, unter
Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Zur Begründung ihrer Klage hat die Antragstellerin im Wesentlichen ausgeführt, der
Feststellungsbescheid vom 27. Juli 2007 enthalte mit dem Hinweis, dass die 15
neonatologischen Betten zu einem perinatalen Schwerpunkt rechneten, eine
Einschränkung gegenüber dem früheren Bescheid vom 25. Februar 2004. In diesem
Bescheid sei weder im Textteil noch im zugehörigen Datenblatt eine eingeschränkte
Versorgung im Bereich der Neonatologie ausgewiesen worden. Lediglich im Textteil der
Fortschreibung 2003 des Krankenhausplanes sei das Krankenhaus der mittleren der drei
Versorgungsstufen zugewiesen worden. Krankenhausplanerisch sei indessen nur der
Bescheid maßgeblich; der Plan selber entfalte keine Außenwirkung. Mit dem
Feststellungsantrag solle das Gericht gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 256 Abs. 2 ZPO die
Reichweite des 2004 erteilten Versorgungsauftrages feststellen. Ein Vergleich zwischen
altem und neuem Feststellungsbescheid sei auch für die Prüfung erforderlich, ob der
neue Bescheid belastender Natur sei oder lediglich eine Begünstigung versage. Die
Hilfsanträge würden für den Fall gestellt, dass das Gericht der Meinung sei, der
Versorgungsauftrag der Antragstellerin sei bereits durch den Feststellungsbescheid vom
25. Februar 2004 eingeschränkt worden.
Mit einem am 15. Oktober 2007 bei Gericht eingegangenen Schreiben ist der
vorliegende Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt worden. Die Antragstellerin
macht geltend, sie unterhalte im Rahmen der pädiatrischen Abteilung ihres
Krankenhauses einen neonatologischen Bereich, der den Anforderungen an ein
Perinatalzentrum im Sinne der Vereinbarung des Gemeinsamen Bundesausschusses
über die Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Versorgung von Früh- und
Neugeborenen (G-BA) entspreche, und habe dort in den vergangenen Jahren immer
wieder entsprechende Leistungen erbracht. Durch die Krankenhausplanung drohe ihr ein
erheblicher Einnahmeverlust auch dadurch, dass neben den neonatologischen
Leistungen die Geburtshilfe nicht mehr im bisherigen Umfang geleistet werden könne.
Die Antragstellerin sei erstmals im Rahmen der Budgetverhandlungen mit den
gesetzlichen Krankenkassen für das Jahr 2005 darauf aufmerksam geworden, dass diese
von einem deutlich eingeschränkten neonatologischen Versorgungsauftrag der
Antragstellerin ausgegangen seien. Ein Schiedsstellenspruch zugunsten der
Krankenkassen sei nicht wirksam geworden, weil keine Partei dessen behördliche
Genehmigung beantragt habe. Die Antragstellerin verfolge eine Reihe von
Entgeltansprüchen für neonatologische Behandlungen aus dem Jahre 2006 gegen
gesetzliche Krankenkassen vor dem Sozialgericht Berlin. Es deute sich an, dass über
diese bei mehreren Kammern des Gerichts anhängigen Klagen unterschiedlich
entschieden werde. Im Interesse der Planungssicherheit solle deshalb das der
Krankenhausplanung fachnähere Verwaltungsgericht eine Entscheidung treffen. Die
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Krankenhausplanung fachnähere Verwaltungsgericht eine Entscheidung treffen. Die
Antragstellerin macht geltend, die Krankenkassen wären verpflichtet, die
neonatologischen Leistungen ihres Krankenhauses zu vergüten, sofern sie mit ihrem
vorläufigen Rechtsschutzantrag beim Verwaltungsgericht Erfolg hätte. Die beantragte
Sicherungsanordnung sei auch deshalb notwendig, weil sie das Leistungsangebot nur
dann in einem personell und sachlich unveränderten Umfang vorhalten könne, wenn es
auch genutzt werde und wenn entsprechende Einnahmen verzeichnet werden könnten.
Im Übrigen sei auch im Verfahren nach § 123 VwGO eine vorläufige Feststellung, auch
hinsichtlich eines bestandskräftigen Bescheides, möglich. Denn erst geraume Zeit nach
Erlass des Verwaltungsaktes vom 25. Februar 2004 sei deutlich geworden, dass die
verfügende Behörde und die Adressatin den Bescheid unterschiedlich interpretieren. Die
Rechtsunsicherheit hinsichtlich des Umfanges des Versorgungsauftrages im Bescheid
vom 25. Februar 2004 könne durch Feststellungsklage und folglich auch durch ein im
parallelen einstweiligen Rechtsschutzverfahren verfolgtes Feststellungsbegehren geklärt
werden.
Nachdem sie einen Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung der
Anfechtungsklage mit Schriftsatz vom 20. November 2007 wieder zurückgenommen
hat, stellt die Antragstellerin nunmehr den Antrag,
im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass der Versorgungsauftrag
des Krankenhauses der Antragstellerin aufgrund des Feststellungsbescheides des
Antragsgegners vom 25. Februar 2004 uneingeschränkt neonatologische Leistungen
umfasst.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er hält den Antrag für unzulässig. Der Antragstellerin sei schon im Jahre 2004 bekannt
gewesen, dass ihr Versorgungsauftrag nicht alle neonatologischen Leistungen umfasse;
ihr habe deshalb gegen den Bescheid vom 25. Februar 2004 eine Anfechtungsklage
offen gestanden. In der Sache habe die Behörde bisher im Sinne einer pragmatischen
Verkürzung der Bescheide jeweils auf die Inhalte des umgesetzten Krankenhausplanes
verwiesen. Der Nichtausweis eines Perinatalzentrums im Feststellungsbescheid habe
klar erkennen lassen, dass das Krankenhaus der Antragstellerin nicht als ein solches
Zentrum ausgewiesen worden sei. Seit der erstmaligen Aufnahme des mehrstufigen
neonatologischen Versorgungskonzeptes in den Krankenhausplan des Landes Berlin im
Jahre 1993 habe der Antragstellerin unmissverständlich klar sein müssen, dass sie nur
über einen eingeschränkten neonatologischen Versorgungsauftrag verfüge.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
II) Der vorläufige Rechtsschutzantrag hat keinen Erfolg. Gemäß § 123 Abs. 1 VwGO kann
das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen,
wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die
Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert
werden könnte. Die Antragstellerin strebt eine feststellende vorläufige Regelung in
diesem Sinne an, um sich bis zu einer Entscheidung des Gerichts im Klageverfahren, in
dem sie mit dem Hauptantrag die Aufhebung des Feststellungsbescheides vom 27. Juli
2007 begehrt, in dem Ausmaß, wie diese Klage aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 1
VwGO entfaltet, die von ihr geltend gemachten Rechte aus dem Feststellungsbescheid
vom 25. Februar 2004 zu sichern, ohne diesen im Sinne von § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO
gestalten zu wollen. Dabei geht sie davon aus, dass ihr mit dem Bescheid vom 25.
Februar 2004 eine günstigere Rechtsposition eingeräumt worden sei als mit dem
Feststellungsbescheid vom 27. Juli 2007, nämlich, dass ihr seinerzeit für die Subdisziplin
„Neonatologie“ in ihrer Fachabteilung „Kinderheilkunde“ ein uneingeschränkter
Versorgungsauftrag erteilt worden sei mit der Folge, dass sie nicht nur - wie im
Feststellungsbescheid vom 27. Juli 2007 mit der Fußnote „perinataler Schwerpunkt“
festgestellt - für den Bereich dieser zweiten Versorgungsstufe in den Krankenhausplan
aufgenommen worden ist, sondern auch für die erste Versorgungsstufe, d. h. mit einem
Versorgungsauftrag als Perinatalzentrum.
Einem solchen Antrag nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO steht nicht entgegen, dass die
Anfechtungsklage bereits aufschiebende Wirkung entfaltet, wenngleich § 123 Abs. 1
VwGO gemäß Abs. 5 der Vorschrift nicht für die Fälle des § 80 VwGO gilt. Denn die
Antragstellerin ist nicht darum besorgt, der Antragsgegner wolle die aufschiebende
Wirkung ihrer Anfechtungsklage nicht beachten. Vielmehr geht es um eine Feststellung,
die allein mit der Auslegung des Bescheides vom 25. Februar 2004 im Zusammenhang
steht, der wegen der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen dessen Widerruf durch
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steht, der wegen der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen dessen Widerruf durch
den Bescheid vom 27. Juli 2007 zumindest teilweise noch wirksam sein dürfte.
Die Antragstellerin hat indessen einen die Vorwegnahme der Hauptsache
rechtfertigenden Anordnungsgrund und -anspruch im Sinne von § 123 Abs. 1 VwGO nicht
glaubhaft gemacht.
Es ist zwar nicht von vornherein ausgeschlossen, mit einer einstweiligen Anordnung
Regelungen mit lediglich feststellendem Inhalt zu treffen (vgl. dazu BVerfG NVwZ 2003,
856). Dem Antrag auf eine irgendwie geartete Feststellung (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §
938 Abs. 1 ZPO) in Bezug auf den Inhalt des Feststellungsbescheides vom 25. Februar
2004 kann aber deshalb nicht entsprochen werden, weil es in Bezug auf das hier allein
streitbefangene Rechtsverhältnis zwischen der Antragstellerin als Trägerin eines in den
Krankenhausplan aufgenommenen Krankenhauses und dem Antragsgegner als
planender und planfeststellender sowie auch für die Krankenhausförderung zuständiger
Behörde einer vorläufig sichernden Regelung des Gegenstandes des
Versorgungsauftrags, wie er aus dem Bescheid vom 25. Februar 2004 hervorgeht, durch
das Verwaltungsgericht nicht bedarf bzw. weil er nicht beansprucht werden kann.
Bezogen auf das für diesen Rechtsstreit maßgebliche Rechtsverhältnis zwischen den
beiden Parteien ist nach Überzeugung des Gerichts nicht zu erwarten, dass ohne eine
vorläufige verwaltungsgerichtliche Regelung die Verwirklichung eines Rechts der
Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte oder ein sonstiger
wesentlicher Nachteil zu befürchten wäre.
Gemäß § 6 Abs. 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes - KHG - stellen die Länder zur
Verwirklichung der in § 1 des Gesetzes genannten Ziele Krankenhauspläne und
Investitionspläne auf. § 4 des Landeskrankenhausgesetzes - LKG - regelt nähere
Einzelheiten über das Planungsverfahren und die Ausgestaltung des Planes. Gemäß § 4
Abs. 2 Satz 1 LKG weist der Krankenhausplan den Stand und die vorgesehene
Entwicklung der für eine bedarfsgerechte, humane, leistungsfähige und wirtschaftliche
Versorgung der Bevölkerung erforderlichen Krankenhäuser insbesondere nach
Standorten, Fachrichtungen einschließlich Schwerpunktbildung und Bettenzahl aus. Die
Aufnahme oder Nichtaufnahme in den Krankenhausplan wird schließlich gemäß § 8 Abs.
1 Satz 3 KHG bzw. § 4 Abs. 7 Satz 1 LKG durch Bescheid festgestellt. Nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich die Kammer anschließt, ist der
Krankenhausplan seiner Rechtsnatur nach eine verwaltungsinterne Weisung ohne
Bindungswirkung nach außen. Seine Rechtswirkung erschöpft sich in der Anweisung an
die zuständige Landesbehörde, die Aufnahme oder Nichtaufnahme der Krankenhäuser
in den Plan festzustellen (vgl. BVerwG Urteil vom 16. Juni 1994 - 3 C 12/93 - zitiert nach
juris). Der Krankenhausplan selbst ist folglich nicht justitiabel. Für die Parteien des
Rechtsschutzverfahrens - Krankenhausträger und Landesbehörde - ergeben sich Rechte
und Pflichten auf der Grundlage des Feststellungsbescheides nur noch insoweit, als das
Krankenhausfinanzierungsrecht der Aufnahme in den Krankenhausplan Ansprüche auf
Förderung folgen lässt (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 1 KHG), die im Landeskrankenhausgesetz
näher ausgestaltet werden. Ansprüche auf Förderung sind nach ausdrücklicher Erklärung
der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung zwischen den Parteien jedoch nicht
im Streit, so dass in Bezug auf die förderungsrechtlichen Folgen der Aufnahme des
Krankenhauses in den Krankenhausplan vorläufige Regelungen nicht nötig erscheinen.
Die weiteren Rechtsfolgen, die sich aus der Aufnahme der Antragstellerin in den
Krankenhausplan ergeben, betreffen allein ihre Rechtsbeziehungen zu den
Krankenkassen, nicht aber ein der Feststellung zugängliches Rechtsverhältnis zwischen
den Parteien des vorliegenden Verfahrens. Gemäß § 108 Sozialgesetzbuch Fünftes
Buch/Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V - dürfen Krankenkassen
Krankenhausbehandlung nur durch zugelassene Krankenhäuser erbringen lassen, zu
denen u.a. Krankenhäuser gehören, die in den Krankenhausplan eines Landes
aufgenommen sind (Plankrankenhäuser). Für sie gilt gemäß § 109 Abs. 1 SGB V die
Aufnahme in den Krankenhausplan als Abschluss eines Versorgungsvertrages nach §
108 Nr. 3 SGB V, der für alle Krankenkassen im Inland unmittelbar verbindlich ist. Das
zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versorgungsauftrages zur
Krankenhausbehandlung der Versicherten verpflichtet; die Krankenkassen sind
verpflichtet, mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen zu führen (§ 109 Abs.
4 SGB V). Nur im Zusammenhang mit Regelungen über Pflegesatzvereinbarungen
nimmt auch § 17 KHG auf den Inhalt des Versorgungsauftrages eines Krankenhauses
Bezug. Gemäß § 4 der Bundespflegesatzverordnung - BPflV - und gemäß § 8 Abs. 1 Satz
3 des Krankenhausentgeltgesetzes - KHEntgG - ergibt sich dieser Versorgungsauftrag,
der hiernach nur für die Bemessung der Pflegesätze bzw. für die Berechnung der
Entgelte für Krankenhausleistungen Bedeutung hat, aus den Festlegungen des in
krankenhausplanungsrechtlicher Hinsicht nur intern wirkenden Krankenhausplans in
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krankenhausplanungsrechtlicher Hinsicht nur intern wirkenden Krankenhausplans in
Verbindung mit den Bescheiden zu seiner Durchführung sowie etwaigen ergänzenden
Vereinbarungen nach § 109 Abs. 1 Satz 4 SGB V.
Die vorgenannten Rechtsbeziehungen über Pflegesätze bzw. Entgelte für einzelne
Leistungen des Krankenhauses bestehen nicht zwischen den Parteien, sondern zwischen
der Antragstellerin und den Krankenkassen bzw. deren beigeladenen Verbänden. Sie
unterliegen nicht der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts. Gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2
SGG sind die Streitigkeiten aus dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung den
Sozialgerichten zugewiesen. Hiervon sind lediglich Streitigkeiten in Angelegenheiten
nach § 110 SGB V ausgenommen, die eine Kündigung von nach § 108 Nr. 1 und 2 SGB V
fingierten Versorgungsverträgen u. a. für Plankrankenhäuser zum Gegenstand haben.
Mit dieser Ausnahmeregelung sollen divergierende Entscheidungen zwischen Sozial- und
Verwaltungsgerichtsbarkeit vermieden werden (vgl. dazu Quaas, Der
Versorgungsauftrag nach dem SGB V mit Krankenhäusern und
Rehabilitationseinrichtungen, 1. Auflage, März 2000, Rn. 228), weil die
Verwaltungsgerichte für die mit einer Kündigung des Versorgungsvertrages
einhergehende Aufhebung oder Änderung des Feststellungsbescheides (vgl. § 110 Abs.
1 Satz 3 SGB V) zuständig sind. Nach alledem ist für eine verwaltungsgerichtliche
Intervention im Rechtsverhältnis zwischen Krankenhaus und Behörde, mit der im
Ergebnis eine Regelung für die Rechtsbeziehung zwischen Krankenhaus und
Krankenkassen angestrebt wird, kein Raum. Die Sozialgerichte wären an diese
Entscheidung nicht gebunden. Eine Bindungswirkung einer verwaltungsgerichtlichen
Entscheidung für die nach Angaben der Antragstellerin bereits vor mehreren Kammern
des Sozialgerichts anhängigen Klageverfahren ist gesetzlich auch für den Fall nicht
vorgesehen, dass die Krankenkassen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren beigeladen
werden. Hierdurch wird die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts für den
verwaltungsrechtlichen Streit zwischen den beiden Parteien und die Bindungswirkung
seiner Entscheidungen nicht auf Rechtsbeziehungen der klagenden Partei zu Dritten
erweitert, die nicht auch originär Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen
sein könnten. Entsprechendes gilt für die von der Antragstellerin aufgeworfene Frage, ob
sie ihre neonatologische Abteilung in dem bisherigen Umfang und der gleichen
personellen und sachlichen Ausstattung beibehalten, insbesondere finanzieren kann;
auch dies ist eine Frage, die sich letztlich wegen der Entgeltstreitigkeiten der
Antragstellerin mit den Krankenkassen stellt, für deren Beilegung das Sozialgericht
zuständig ist.
Auch für eine vorläufige feststellende Regelung als Zwischenfeststellung nach § 173
VwGO i.V.m. § 256 Abs. 2 ZPO ist kein Raum. Die Antragstellerin macht zur Begründung
ihres diesbezüglichen Begehrens geltend, dass Gericht werde im Hauptsacheverfahren
zu klären haben, ob der Feststellungsbescheid vom 25. Februar 2004 im Vergleich zu
dem Widerrufs- und Feststellungsbescheid vom 27. Juli 2007 eine begünstigende
Regelung enthalten habe insofern, als er seinerzeit einen Versorgungsauftrag als
Perinatalzentrum beinhaltet bzw. zur Folge gehabt habe.
Gemäß § 256 Abs. 2 ZPO kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrages
beantragen, dass ein im Laufe eines Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis,
von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder
zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde. Entgegen dem
Wortlaut dieser Regelung ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass hierdurch auch
solche Rechtsverhältnisse einer Zwischenfeststellung zugänglich sind, die bereits vor
Klageerhebung streitig geworden sind (vgl. Baumbach u.a., Zivilprozessordnung, 65.
Aufl. 2007, § 256 Rn. 113). Da es sich aber in jedem Fall um eine Erweiterung eines
Klageantrags handeln muss, die das Ziel hat, die Rechtskraftwirkung der
Hauptsacheentscheidung auf die Zwischenklage auszudehnen (Baumbach, a.a.O., Rn.
108 f.), erscheint es schon fraglich, ob ein Zwischenfeststellungsantrag als alleiniger
Inhalt eines vorläufigen Rechtsschutzgesuches statthaft sein kann.
Jedenfalls ist hinsichtlich der von der Antragstellerin aufgeworfenen Frage, ob in dem
bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 25. Februar 2004 im Vergleich zum Bescheid
vom 27. Juli 2007 eine günstigere Regelung der neonatologischen Versorgungsstufe
enthalten gewesen ist, auch mit Blick auf das Hauptsacheverfahren kein Grund für eine
vorläufige Regelung nach § 123 Abs. 1 VwGO anzuerkennen. Die Klärung dieser Frage
hat für die Antragstellerin keine eine vorläufige (Zwischen-)Feststellung rechtfertigende
Bedeutung. Die begünstigende oder belastende Wirkung des Bescheides vom 25.
Februar 2004 ist selbst kein Rechtsverhältnis, das nach § 256 ZPO festgestellt werden
könnte. Die Frage der Rechtsnatur des Bescheides kann sich im Hauptsacheverfahren
stellen, wenn geklärt werden muss, ob mit dem im Bescheid vom 27. Juli 2007
enthaltenen, für die Zukunft ausgesprochenen Widerruf des Bescheides vom 25. Februar
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enthaltenen, für die Zukunft ausgesprochenen Widerruf des Bescheides vom 25. Februar
2004 ein zumindest teilweise begünstigender oder ein belastender Bescheid aufgehoben
worden ist. Der Widerruf eines Verwaltungsakts ist im Falle einer begünstigenden
Regelung nur unter zusätzlichen Voraussetzungen möglich (§ 49 Abs. 2 VwVfG). Die
Frage mag ferner, je nach dem Ergebnis dieser Prüfung, bei der Ermittlung der für das
Begehren der Antragstellerin zulässigen Klageart eine Rolle spielen. Die Rechtsnatur des
Verwaltungsakts ist im Klageverfahren in beiden Fällen gesetzlich definierte
Voraussetzung für unterschiedliche Rechtsfolgen, sie ist also allenfalls
als prozessuale Vorfrage für die Beurteilung der vorgenannten Rechtsfolgen zu prüfen.
Ein darauf bezogener Zwischenfeststellungsantrag ist nicht zulässig (vgl. BGH, Urteil
vom 31. Mai 2000, XII ZR 41/98 - zitiert nach juris - und Baumbach, a.a.O., Rn. 110 und
113 m.w.N).
Weitere Gesichtspunkte, die die begehrte vorläufige Regelung erforderlich erscheinen
lassen könnten, hat die Antragstellerin nicht dargetan. Sie sind im Rahmen ihres
Antrages, über den das Gericht auch bei seiner Ermessensentscheidung nach § 938
Abs. 1 ZPO i.V.m. § 173 VwGO nicht hinausgehen darf (vgl. § 88 VwGO sowie Baumbach,
a.a.O., § 938 Rn. 4 m.w.N.), auch sonst nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 i.V.m. § 155 Abs. 2 VwGO, die
Entscheidung über den Wert des Verfahrensgegenstandes folgt aus §§ 39 ff., 52 f. GKG.
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