Urteil des VG Berlin vom 14.03.2017

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Gericht:
VG Berlin 10.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 A 229.05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 49 VwVfG
Voraussetzungen für die Gewährung von Verzugszinsen im
Verwaltungsrecht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren
Betrages abwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe
des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Kläger begehren die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung von Verzugszinsen.
Sie sind Eigentümer des Grundstücks G., 10405 Berlin. Für drei der auf dem Grundstück
errichteten Mietwohnungen hatte der Beklagte in den Jahren 1991, 1992 und 1996 –
jeweils geändert durch Bescheide vom 25. März 1998 – die zweckfremde Nutzung
gestattet und hierfür eine Ausgleichsabgabe festgesetzt.
Nachdem das Oberverwaltungsgericht Berlin im Juni 2002 erkannt hatte, dass die zweite
Zweckentfremdungsverbotsverordnung mit Wirkung vom 1. September 2000 unwirksam
geworden sei, forderten die Kläger die für den Zeitraum ab September 2000 geleisteten
Ausgleichsabgaben vom Beklagten zurück. Dieser erteilte den Klägern unter dem 26. Juli
2002 eine Zwischennachricht, in der er ihnen freistellte, die laufenden Zahlungen
einstweilen einzustellen, bis eine höchstrichterliche Klärung der Rechtslage herbeigeführt
sei. Die Kläger mahnten mit weiteren Schreiben die Rückzahlung der Ausgleichsabgaben
ab September 2000 an. Mit Bescheiden vom 23. und 29. Dezember 2004 hob der
Beklagte die Festsetzungen von Ausgleichsabgaben mit Wirkung vom 1. September
2000 rückwirkend auf und erkannte den Klägern einen Rückzahlungsanspruch in Höhe
von 1.587,46 Euro für die Wohnung Nr. 8321, in Höhe von 7.220,39 Euro für die Wohnung
Nr. 102 und in Höhe von 1.589,00 Euro für die Wohnung Nr. 8322 zu.
Die Kläger erhoben dagegen unter dem 20. Januar 2005 Widerspruch, soweit der
Beklagte die Gewährung von Verzugszinsen abgelehnt hat. Mit Widerspruchsbescheid
vom 15. August 2005 wies der Beklagte diesen Widerspruch zurück, weil eine
Rechtsgrundlage für die Gewährung von Verzugszinsen nicht bestehe.
Mit ihrer am 31. August 2005 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihren Anspruch auf
Gewährung von Verzugszinsen weiter.
Sie meinen, der Beklagte habe sich spätestens sei den 26. Juli 2002 mit der Rückzahlung
der Ausgleichsabgabe in Verzug befunden und schulde daher auch die Gewährung von
Verzugszinsen. Hinsichtlich der Berechnung der Höhe der geltend gemachten Zinsen
nimmt die Kammer Bezug auf Seite 6 der Klageschrift.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
1. die Bescheide des Beklagten vom 23. und 29. Dezember 2004 in der Gestalt
der Widerspruchsbescheide vom 11. und 15. August 2005 zu verpflichten, den Klägern
Verzugszinsen in Höhe von 1.663,57 Euro zu gewähren und diesen Betrag an die Kläger
als Gesamtgläubiger auszuzahlen;
2. die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren für
notwendig zu erklären.
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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er meint, eine Rechtsgrundlage für das Verlangen der Kläger auf Zahlung von
Verzugszinsen existiere nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte
sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Die Kläger haben keinen Anspruch gegen den Beklagten auf
die Bewilligung und Zahlung von Verzugszinsen, so dass deren Ablehnung rechtmäßig
ist und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 5 VwGO.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Kammer
anschließt, gibt es keinen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsrechts, der zur
Zahlung von Verzugszinsen verpflichtet; vielmehr gilt für die Nichterfüllung öffentlich-
rechtlicher Geldforderungen der abgabenrechtliche Grundsatz, dass Zinsen nur aufgrund
ausdrücklicher gesetzlicher Grundlage verlangt werden können (vgl. etwa Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 3. November 1988 – 5 C 38/84 -, BVerwGE 80, 334
Urteil vom 22. März 1990 – 2 C 33/87 -, NVwZ 1991, 168, 169). Auf dem Gebiet des
öffentlichen Rechts können daher Verzugszinsen nur gefordert werden, wenn dies im
Gesetz besonders vorgesehen ist (BVerwG, Urteil vom 19. März 1976 – VII C 67.72 –
Buchholz 442.20 § 32 BSchVG Nr. 1).
Eine derartige Regelung für die Gewährung von Verzugszinsen in analoger Anwendung
des § 288 BGB findet sich für den vorliegenden Regelungsbereich weder in der zweiten
Zweckentfremdungsverbotsverordnung (vom 15. März 1994, GVBl. S. 91, geändert
durch VO vom 24. März 1998, GVBl. S. 79) noch in dem zu dieser Rechtsverordnung
ermächtigenden Art. 6 des Gesetzes zur Verbesserung des Mietrechts und zur
Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieur- und
Architektenleistungen (MRVerbG; BGB I 1971, S. 1745/GVBl. S. 2042, zuletzt geändert
durch Art. 209 Abs. 5 des Gesetzes vom 19. April 2006, BGBl. I S. 866).
Die Regelung des § 49 a Abs. 3 VwVfG findet auf den Erstattungsanspruch des Bürgers
gegenüber dem Staat keine – auch keine analoge - Anwendung (vgl. BT-Durcksache
13/1534 S. 6; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., § 49 a Rn. 4 m.w.N.), würde davon
abgesehen aber auch tatbestandlich nicht eingreifen, weil sie den Beginn der Verzinsung
vom Eintritt der Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes abhängig macht. Die Klägerin
verlangt vorliegend jedoch nicht die Verzinsung ihrer Forderung für den Zeitraum nach
dem Erlass der Rücknahmebescheide, sondern gerade die Verzinsung für den Zeitraum
vom 1. September 2000 bis zum Erlass derselben und bis zur Auszahlung der
zurückerstatteten Ausgleichsabgabe.
Da die Klage keinen Erfolg hat, die Kläger folglich auch die Kosten des Vorverfahrens
selbst tragen müssen, bedarf es keiner Entscheidung zum Klageantrag zu 2.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung war gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht zuzulassen, weil keiner der
Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO vorliegt.
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