Urteil des VG Berlin vom 30.08.2004

VG Berlin: förderung der kultur, europäische kommission, förderung der filmproduktion, öffentlich, fernsehen, abgabepflicht, sonderabgabe, filmförderung, staatliche beihilfe, erlass

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Gericht:
VG Berlin 22.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
22 A 522.04
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils
zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung und die Sprungrevision werden zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin betreibt ein Filmtheater in G. und wendet sich gegen die Festsetzung einer
Filmabgabe nach dem Filmförderungsgesetz durch die Beklagte.
Mit Bescheiden vom 30. August 2004 setzte die Beklagte für das Filmtheater der
Klägerin (Leinwand-Nummern 2... bis 2...) Filmabgaben in dort jeweils genannter Höhe
für den Zeitraum Januar bzw. Februar bis Juni 2004 fest. Am 29. September 2004 erhob
die Klägerin dagegen jeweils Widersprüche, die die Beklagte mit Bescheid vom 4.
November 2004 zurückwies.
Dagegen hat die Klägerin rechtzeitig Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, die
Filmabgabe nach § 66 des Filmförderungsgesetzes sei nicht verfassungsgemäß. Das
Filmförderungsgesetz hätte nicht von dem Bund, sondern nur von den Ländern erlassen
werden dürfen, weil es durch seine seit dem Jahre 2004 geltende Neufassung Qualität
und kulturelle Werthaltigkeit des Films statt der Wirtschaftsförderung im Sinne von Art.
74 Nr. 11 GG in das Zentrum der Mittelvergabe gerückt habe. Jedenfalls sei eine
bundesgesetzliche Regelung im Sinne des Art. 72 Abs. 2 GG nicht erforderlich. Im
Übrigen lägen auch die Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Sonderabgabe nicht vor:
Die Gruppe der Abgabepflichtigen sei nicht homogen und es liege ein Verstoß gegen den
Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG vor, weil die öffentlich-rechtlichen und
die privaten Fernsehveranstalter ohne sachlichen Grund von der Abgabepflicht
ausgenommen seien und nur freiwillige Beiträge leisteten. Die Förderung des deutschen
Kinofilms liege nicht in der speziellen Verantwortung der Betreiber von Filmtheatern. Die
Abgabe werde nicht im Interesse der Gruppe der Abgabepflichtigen verwendet, weil sie
überwiegend von den Betreibern der Filmtheater erbracht werde, mit Ihr aber vorrangig
die Produktion und nicht das Abspielen von Spielfilmen gefördert werde. Der
Gesetzgeber habe bei der Neugestaltung des Filmförderungsgesetzes im Jahr 2003 nicht
geprüft, ob seine ursprüngliche Entscheidung für eine Sonderabgabe wegen veränderter
Umstände aufzuheben oder zu ändern sei. Die haushaltsrechtlichen
Informationspflichten seien verletzt, weil der Gesetzgeber die Einnahmen aus der
Filmabgabe nicht in den Haushaltsplan für 2004 eingestellt habe. Die Heranziehung zur
Filmabgabe verletze die Klägerin in ihren Grundrechten auf Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1
GG) und Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG). Ergänzend stützt sich die Klägerin auf
das im Auftrag des Hauptverbandes Deutscher Filmtheater e.V. von Prof. Dr. T. erstellte
Rechtsgutachten „Kulturökonomie und Filmförderungspolitik - Zur Verfassungsmäßigkeit
des neuen Filmförderungsgesetzes“.
Die Klägerin hat angeregt, das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen und
die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit von §
66 FFG einzuholen. Angesichts dessen, dass die Europäische Kommission die Hilfen
nach dem Filmförderungsgesetz als Beihilfen zur Förderung der Kultur und der Erhaltung
des kulturellen Erbes genehmigt hat, hat sie ferner angeregt, das Verfahren
auszusetzen und dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorzulegen, ob unter Beihilfen
der genannten Art auch solche fallen, die ihrem objektivierten Zweck nach ihren
Schwerpunkt in der Förderung des Films in seiner Eigenschaft als Wirtschaftsgut haben.
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Die Klägerin beantragt,
die Bescheide der Beklagten betreffend die Leinwandnummern 2... bis 2... vom
30. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. November 2004
aufzuheben
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Filmabgabe sei verfassungsgemäß. Der Schwerpunkt der Förderung nach dem
Filmförderungsgesetz liege auf dem Film als Wirtschaftsgut, so dass der Bund nach Art.
74 Nr. 11 GG zur Regelung der Filmabgabe berechtigt sei. Eine bundesgesetzliche
Regelung der Filmförderung im Sinne des Art. 74 Abs. 2 GG sei erforderlich. Die
Voraussetzungen für eine Sonderabgabe seien erfüllt: Filmtheater, Videoanbieter und
Fernsehveranstalter bildeten eine homogene Gruppe. Die Fernsehveranstalter seien
zwar von der Abgabepflicht ausgenommen worden, leisteten aber Beiträge auf
vertraglicher Basis. Dies habe nicht nur entstehungsgeschichtliche Gründe, sondern sei
auch sachlich gerechtfertigt, weil sie durch die eigene Produktion und Koproduktion von
Spielfilmen einen erheblichen Sachbeitrag zur Stärkung des deutschen Films leisteten.
Diese Regelung vermeide zudem verfassungsrechtliche Probleme der Zuständigkeit, die
Gefahr einer unzulässigen Programmeinwirkung sowie übermäßige Verwaltungskosten.
Das Aufkommen aus der Filmabgabe werde gruppennützig verwendet, weil die
Filmtheater mittelbar auch von der Förderung der Filmproduktion profitierten. Im Übrigen
werde ein Teil der Einnahmen aus der Filmabgabe zur unmittelbaren Förderung der
Filmtheater wie beispielsweise für Modernisierungsmaßnahmen eingesetzt. Der
Gesetzgeber habe seinen Überprüfungs- und Anpassungspflichten genügt. Eine
haushaltsrechtliche Dokumentationspflicht habe für das Jahr 2004 nicht bestanden. Die
Klägerin sei nicht in ihrer Berufsfreiheit oder Eigentumsfreiheit verletzt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Streitakte, den Verwaltungsvorgang der Beklagten sowie das Gutachten
„Kulturökonomie und Filmförderungspolitik“ verwiesen, die vorgelegen haben und
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Festsetzungsbescheide sind
rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1
VwGO), auch soweit die Beklagte den Bescheiden im Einzelfall einen niedrigeren als den
gesetzlich vorgesehenen Abgabesatz zu Grunde gelegt hat.
Rechtsgrundlage für die Festsetzung der Filmabgabe ist § 66 des Gesetzes über
Maßnahmen zur Förderung des deutschen Films (Filmförderungsgesetz – FFG) in der seit
1. Januar 2004 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes zur Änderung des
Filmförderungsgesetzes vom 22. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2771; vgl. auch
Bekanntmachung der Neufassung des Filmförderungsgesetzes v. 24. August 2004,
BGBl. I S. 2277). Danach hat eine Filmabgabe zu entrichten, wer entgeltliche
Vorführungen von Filmen mit einer Laufzeit von mehr als 58 Minuten veranstaltet. Die
Abgabe ist für jede Spielstelle zu entrichten. Sie richtet sich der Höhe nach nach dem
Umsatz aus dem Verkauf von Eintrittskarten und setzt einen Mindestumsatz je
Spielstelle (Leinwand) von über 75.000 EUR im Jahr voraus.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 66
FFG erfüllt sind. Die Vorschrift steht mit dem Grundgesetz in Einklang. Die von der
Klägerin angeregte Einholung einer Vorabentscheidung des Bundesverfassungsgerichts
gemäß Art. 100 Abs. 1 GG kommt nicht in Betracht.
1. Der Bund ist zur Regelung der Filmabgabe gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG i.V.m. Art.
72 Abs. 2 GG zuständig.
a. Die Gesetzgebungskompetenz für die Filmabgabe als öffentlich-rechtliche
Geldleistungspflicht richtet sich nicht nach Art. 105 GG, sondern nach den allgemeinen
Regeln der Art. 70 ff. GG. Die Filmabgabe ist keine Steuer (vgl. BVerwG, Urt. v. 8.2.1974 -
VII C 40.72 = BVerwGE 45, 1-8 zu § 15 FFG 1967, juris, Rz. 13 - 15.). Anders als eine
Steuer dient sie nicht der Mittelbeschaffung für den allgemeinen Finanzbedarf eines
öffentlichen Gemeinwesens, sondern wird zur Finanzierung einer besonderen Aufgabe
erhoben. Das Aufkommen aus der Abgabe der Filmtheaterbetreiber und der
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erhoben. Das Aufkommen aus der Abgabe der Filmtheaterbetreiber und der
Videowirtschaft ist allein zur Erfüllung der in § 2 Abs. 1 Ziff. 1 bis 7 FFG näher
umschriebenen Aufgaben, insbesondere zur Förderung der Produktion, des Absatzes
und des Abspiels des deutschen Films zu verwenden (§§ 67a, 68 FFG); die Einnahmen
der Filmförderungsanstalt werden getrennt vom öffentlichen Haushalt verwaltet (§ 11
FFG). Die Abgabe wird nicht von der Allgemeinheit, sondern von der speziellen Gruppe
der Filmtheaterbetreiber und der Programmanbieter der Videowirtschaft (§ 66a FFG)
erhoben.
b. Der Bundesgesetzgeber hat sich an die Vorgaben des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG
gehalten.
Nach dieser Vorschrift erstreckt sich die konkurrierende Gesetzgebung auf das „Recht
der Wirtschaft“. Soweit im Zuge der Föderalismusreform bestimmte Wirtschaftsbereiche
ausgenommen wurden, sind diese zum 1. September 2006 in Kraft getretenen
Änderungen für das vorliegende Verfahren ohne Bedeutung, weil maßgeblicher
Zeitpunkt für die Rechtmäßigkeit des Abgabenbescheides der Erlass des
Widerspruchsbescheides ist und zudem die vorgenommenen Änderungen die
Filmwirtschaft nicht betreffen. Der Begriff des „Rechts der Wirtschaft“ ist in einem weiten
Sinne aufzufassen und umfasst nicht nur die Vorschriften, die sich in irgendeiner Form
auf die Erzeugung, Herstellung und Verteilung von Gütern des wirtschaftlichen Bedarfs
beziehen, sondern auch alle anderen das wirtschaftliche Leben und die wirtschaftliche
Betätigung als solche regelnde Normen (BVerfG, Urt. v. 10.12.1980 – 2 BvF 3/77 =
BVerfGE 55, 274 - 348, juris, Rz. 79). Das Bundesverwaltungsgericht hat für das
Filmförderungsgesetz von 1967 die Gesetzgebungskompetenz des Bundes mit der
Begründung bejaht, dass der Schwerpunkt in der Wirtschaftsförderung liege. Auch eine
Wirtschaftsförderung könne aus kulturellen Motiven erfolgen, ohne damit den Charakter
als Wirtschaftsregelung zu verlieren. Die Verfolgung von Nebenzwecken, die materiell
Gebiete berührten, die der Gesetzgebung des Bundes entzogen seien, sei in einem
Bundesgesetz nicht ausgeschlossen, wenn dessen Hauptzweck durch die
Gesetzgebungskompetenz des Bundes gedeckt sei. Welchen Zweck das Gesetz
verfolge, sei aufgrund objektiver Auslegung seiner Normen zu ermitteln (BVerwG, Urt. v.
8.2.1974, a.a.O., Rz. 19, 26). Dem hat sich das Oberverwaltungsgericht Berlin für das
Filmförderungsgesetz von 1986 angeschlossen (OVG Berlin, Urt. v. 17.1.1995 - OVG 8 B
65.91, S. 7).
Auch das Filmförderungsgesetz von 2003 erfüllt die Voraussetzungen des Art. 74 Abs. 1
Nr. 11 GG. Denn es steht weiterhin die wirtschaftliche und nicht die kulturelle Förderung
des Films im Vordergrund. Das gilt nicht nur für die Förderung des Absatzes und des
Abspiels, sondern auch für die Filmproduktion.
Zwar weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass das Filmförderungsgesetz in mehreren
Vorschriften den Begriff der Qualität erwähnt. In § 1 Abs. 1 FFG heißt es seit der
Neufassung, dass die Anstalt die Aufgabe hat, die Struktur der deutschen Filmwirtschaft
und die „kreativ-künstlerische Qualität des deutschen Films als Voraussetzung für
seinen Erfolg im Inland und im Ausland“ zu fördern. Nach § 19 FFG darf ein Film
geringerer Qualität nicht gefördert werden. Die Projektfilmförderung nach § 32 FFG und
die Drehbuchförderung nach § 47 FFG setzen beide voraus, dass der Film geeignet ist,
die Qualität und die Wirtschaftlichkeit des deutschen Films zu verbessern. Die
Referenzfilmförderung in §§ 22 und 23 FFG berücksichtigt neben dem Zuschauererfolg -
gemessen an der Besucherzahl - den Erfolg bei Festivals und Preisen wie zum Beispiel
dem „Oskar“ oder den Filmfestspielen in Cannes, Berlin oder Venedig.
Dieses Ziel der Qualitätsförderung in kreativ-künstlerischer Hinsicht macht das
Filmförderungsgesetz nicht zu einem Kunst- und Kulturförderungsgesetz, das nicht mehr
als Wirtschaftsgesetz betrachtet werden könnte (so auch v. Have/Schwarz in: v.
Hartlieb/Schwarz (Hg.), Handbuch des Film-, Fernseh- und Videorechts, 4. Aufl. 2004,
106. Kapitel, Rz. 6 - 12). Das Filmförderungsgesetz knüpft an die Qualität als einen
Wirtschaftsfaktor an, so wie bei der Wirtschaftsförderung für industrielle oder
landwirtschaftliche Produkte eine handwerklich-technische bzw. gütemäßige Qualität
gefördert wird. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass der Erfolg des deutschen Films im
In- und Ausland ohne eine Stärkung qualitativer und damit auch kultureller Merkmale
dauerhaft nicht zu erreichen sei (BT-Ds. 15/1506, S. 20). Dies wird deutlich in § 1 Abs. 1
FFG, wonach die Filmförderungsanstalt nicht nur die Struktur der deutschen
Filmwirtschaft, sondern auch die „kreativ-künstlerische Qualität des deutschen Films“
fördert. Letztere wird nicht um ihrer selbst Willen, sondern „als Voraussetzung für seinen
Erfolg im Inland und im Ausland“ gefördert. Dass sich der Gesetzgeber entsprechend
dieser Zielsetzung auf eine Förderung des Films als Wirtschaftsfaktor beschränkt hat,
zeigt sich bei der Verwendung der Mittel und der Zusammensetzung der
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zeigt sich bei der Verwendung der Mittel und der Zusammensetzung der
Vergabekommission.
Die Vergabe von Fördermitteln allein aufgrund der künstlerischen Qualität ohne
Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung eines Films ist nach dem
Filmförderungsgesetz objektiv nicht möglich. Projektfilm- und Drehbuchförderung werden
nur gewährt, wenn ein Film- bzw. ein Drehbuchvorhaben einen Film erwarten lässt, der
geeignet erscheint, die Qualität die Wirtschaftlichkeit des deutschen Films zu
verbessern (§§ 32 Abs. 1, 47 Abs. 1 FFG). Qualität allein ist also nicht ausreichend.
Hinzukommen muss die „Wirtschaftlichkeit“ eines Films, die eine Prognose über die
Marktchancen und die zu erwartende Publikumsresonanz voraussetzt. Auch die
Referenzfilmförderung knüpft an wirtschaftliche Eingangsschwellen, indem sie in den §§
22 und 23 FFG bestimmte Mindestbesucherzahlen als Voraussetzung für die Förderung
verlangt. Dass sie neben dem Zuschauererfolg den Erfolg bei international
bedeutsamen Festivals und Preisen berücksichtigt, macht sie nicht zu einer
Kulturförderung. Denn diese Kriterien haben durchaus eine wirtschaftliche Zielsetzung:
der Gesetzgeber trägt damit der Tatsache Rechnung, dass solche – obwohl kulturell
begründeten – Auszeichnungen aufgrund der damit einhergehenden internationalen
Anerkennung der Qualität eines Films und der öffentlichen Berichterstattung darüber
insgesamt absatzsteigernd wirken (vgl. BT-Ds. 15/1506, S. 23). Darüber hinaus wird auf
die Mindestbesucherzahlen selbst dann nicht verzichtet, wenn ein Film einen Preis
gewonnen hat oder Erfolg bei internationalen Festivals erzielt hat. Somit können Filme,
die zwar künstlerisch wertvoll sind, aber gemessen an den Besucherzahlen keine
ausreichende wirtschaftliche Bedeutung haben, nicht gefördert werden.
Ebenso wenig lässt sich aus der Zusammensetzung der Vergabekommission der
Schluss ziehen, das Filmförderungsgesetz bezwecke eine überwiegend kulturelle
Förderung. Die Vergabekommission, die über Anträge auf Förderung entscheidet (§ 64
Abs. 1 FFG) und Unterkommissionen bilden kann (§ 8a FFG), besteht aus 11 Mitgliedern
(§ 7 Abs. 2 FFG). Die Kino-, Verleiher-, Video- und Produzentenverbände, die öffentlich-
rechtlichen Rundfunkanstalten gemeinsam und der Verband Privater Rundfunk- und
Telekommunikation benennen als so genannte Zahlergruppen je ein Mitglied. Darüber
hinaus benennen der Deutsche Bundestag, der Verband der Drehbuchautoren und der
Beauftragte für Kultur und Medien je ein Mitglied, der Verband der Fernseh- und
Filmregisseure zwei Mitglieder (§ 8 FFG). Das heißt, die Mehrzahl der Mitglieder wird nicht
aus dem „kreativ-künstlerischen Bereich“, sondern von wirtschaftlich orientierten
Verbänden entsandt, die Interessen und Kenntnisse ihrer Gruppe in die
Vergabekommission einbringen. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der
Klägerin auch nicht aus § 7 Abs. 2 FFG, wonach die Mitglieder der Vergabekommission
über Sachkunde auf dem Gebiet des Filmwesens verfügen müssen. Das bedeutet nicht,
dass sie dem „kreativ-künstlerischen Bereich“ angehören müssen, wie bereits der
Umkehrschluss aus § 8 Satz 1 Ziff. 2 FFG zeigt, wo ein solches Erfordernis für das vom
Bundesbeauftragten für Kultur und Medien benannte Mitglied der Vergabekommission
aufgestellt wird. Vielmehr soll die in § 7 Abs. 2 FFG geforderte Sachkunde gesetzmäßige
Entscheidungen der Vergabekommission sicherstellen, die neben der Qualität auch die
Wirtschaftlichkeit eines Films beurteilen muss. Dass nach § 7 Abs. 2 FFG nur ein Mitglied
der Vergabekommission in Finanzierungsfragen sachverständig sein muss, steht dem
ebenfalls nicht entgegen, weil Finanzierungsfragen nur ein Aspekt neben anderen im
Rahmen der Wirtschaftlichkeit eines Filmes sind.
Für die Frage der Bundeskompetenz ist nicht erheblich, ob die Filmförderung
haushaltsrechtlich dem Bundesbeauftragten für Kultur und Medien unterstellt wird, weil
es nach dem oben Gesagten nicht auf die Absichtserklärungen des Gesetzgebers,
sondern auf die objektive Auslegung des Filmförderungsgesetzes ankommt.
Das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG wird nicht dadurch in
Frage gestellt, dass die Europäische Kommission die Hilfen nach dem
Filmförderungsgesetz als Beihilfen nach Art. 87 Abs. 3 lit. d) des Vertrages über die
Europäische Gemeinschaft (im Folgenden: EG) genehmigt hat. Nach dieser Vorschrift
können Beihilfen zur Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes als mit
dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden, soweit sie die Handels- und
Wettbewerbsbedingungen in der Gemeinschaft nicht in einem Maß beeinträchtigen, das
dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. Die Frage, ob die Gesetzgebungsbefugnis für
eine staatliche Beihilfe dem Bund oder den Ländern zusteht, ist eine der innerstaatlichen
Organisation, die sich allein nach nationalem Recht beurteilt. Art. 87 EG enthält hierzu
keine Regelung, sondern bestimmt, ob und welche staatlichen Beihilfen mit dem
Gemeinsamen Markt und damit mit dem Vertrag zur Gründung der Europäischen
Gemeinschaft vereinbar sind. Daher ist es für die hier streitige Kompetenzfrage ohne
Belang, aus welchen Gründen die Europäische Kommission die Hilfen nach dem
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Belang, aus welchen Gründen die Europäische Kommission die Hilfen nach dem
Filmförderungsgesetz genehmigt hat, so dass dem entsprechenden Vorlagebegehren
der Klägerin schon deshalb nicht zu entsprechen war.
Die Kompetenz des Bundesgesetzgebers entfällt nicht dadurch, dass auch die
Bundesländer eine umfangreiche Filmproduktionsförderung teils aus Steuermitteln, teils
über privatrechtliche Träger betreiben. Fällt eine Materie in die konkurrierende
Gesetzgebungskompetenz des Bundes, so entfaltet dies teilweise oder ganz
Sperrwirkung für die Länder. Umgekehrt aber sind Gesetze oder gar
Verwaltungsvorschriften der Länder kein Maßstab für die Auslegung von Art. 74 Nr. 11
GG. Dies gilt umso mehr, als die Filmförderung durch die Länder erst nach Erlass des
ersten Filmförderungsgesetzes von 1967 eingeführt wurde.
Dass bis 1994 für die allgemeinen Rechtsverhältnisse des Films nur eine
Rahmenkompetenz des Bundes (Art. 75 Nr. 2 GG) und danach überhaupt keine
Bundeskompetenz mehr existierte, ist unschädlich. Denn dort war der Film als
Meinungsverbreitungsinstitut und Massenkommunikationsmittel angesprochen (BVerwG,
Urt. v. 8.2.1974, a.a.O., Rz. 17; OVG Berlin a.a.O., S. 7-8), nicht als Objekt
filmwirtschaftlicher Produktions- und Absatzförderung.
c. Die bundeseinheitlichen Regelungen des Filmförderungsgesetzes, insbesondere § 66
FFG, sind gemäß Art. 72 Abs. 2 GG zur Wahrung der Wirtschaftseinheit im
gesamtstaatlichen Interesse erforderlich.
aa. Nach dieser Vorschrift hat der Bund auf dem Gebiet des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG die
Gesetzgebungskompetenz nur, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger
Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder
Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung
erforderlich macht. Soweit Art. 72 Abs. 2 GG im Zuge der Föderalismusreform geändert
wurde, gilt das dazu unter 1.b. Gesagte entsprechend.
Die so genannte Erforderlichkeitsklausel unterscheidet alternativ drei mögliche Ziele als
Voraussetzung zulässiger Bundesgesetzgebung, von denen hier nur die Wahrung der
Wirtschaftseinheit in Betracht kommt. Die Wahrung der Wirtschaftseinheit liegt im
gesamtstaatlichen Interesse, wenn es um die Erhaltung der Funktionsfähigkeit des
Wirtschaftsraums der Bundesrepublik durch bundeseinheitliche Rechtssetzung geht.
Wirtschaftliche Lagen vermögen die Länder zwar grundsätzlich ebenso zu regulieren wie
der Bund. Unterschiedliche landesrechtliche Regelungen können jedoch Schranken oder
Hindernisse für den wirtschaftlichen Verkehr im Bundesgebiet errichten und
insbesondere die Verteilung des wirtschaftlichen (personellen und sachlichen) Potenzials
verzerren; auch tatsächliche Verschiedenheiten zwischen den Ländern können der
Gesamtwirtschaft in erheblichem Umfang abträglich sein. Der Erlass von
Bundesgesetzen zur Wahrung der Wirtschaftseinheit steht dann im gesamtstaatlichen,
also im gemeinsamen Interesse von Bund und Ländern, wenn Landesregelungen oder
das Untätigbleiben der Länder erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft mit sich
bringen (BVerfG, Urt. v. 24.10.2002 - 2 BvF 1/01, juris, Rz. 327, 328). Soweit sich das
Bundesverfassungsgericht auf die „Gesamtwirtschaft“ bezieht, ist dies nicht in einem
engen Sinn zu verstehen. Es genügt, dass Rechtsvielfalt zu Wettbewerbsnachteilen in
einem Wirtschaftssektor z. B. der Filmwirtschaft führt. Entgegen der Auffassung der
Klägerin ist nicht erforderlich, dass sich unterschiedliche sektorenspezifische Regelungen
in den Ländern zusätzlich negativ auf die Gesamtwirtschaft des Bundes auswirken. Eine
solche Auslegung ist weder nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch aus
anderen Gründen geboten.
Eine Bundeskompetenz besteht nicht, wenn landesrechtliche Regelungen zum Schutz
der in Art. 72 Abs. 2 GG genannten gesamtstaatlichen Rechtsgüter ausreichen; dabei
genügt allerdings nicht jede theoretische Handlungsmöglichkeit der Länder.
Insbesondere schließt die bloße Möglichkeit gleich lautender Ländergesetze eine
Bundeskompetenz nicht aus (BVerfG, Urt. v. 24.10.2002, a.a.O., Rz. 339).
Bei der Beurteilung, ob die Rechtfertigungsgründe nach Art. 72 Abs. 2 GG vorliegen,
steht dem Gesetzgeber eine Einschätzungsprärogative zu. Dieser Entscheidungsraum
des Gesetzgebers, der sachbereichsbezogen im Wege einer Gesamtbetrachtung zu
ermitteln ist, kann jedoch verfassungsgerichtlich auf seine methodischen Grundlagen
und seine Schlüssigkeit hin überprüft werden. Der Prognose müssen
Sachverhaltsannahmen zugrunde liegen, die sorgfältig ermittelt sind oder sich jedenfalls
im Rahmen der gerichtlichen Prüfung bestätigen lassen. Die Prognose muss sich
methodisch auf ein angemessenes Prognoseverfahren stützen lassen, und dieses muss
konsequent verfolgt worden sein. Das Prognoseergebnis ist daraufhin zu kontrollieren,
ob die die prognostische Einschätzung tragenden Gesichtspunkte mit hinreichender
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ob die die prognostische Einschätzung tragenden Gesichtspunkte mit hinreichender
Deutlichkeit offen gelegt worden sind oder ihre Offenlegung jedenfalls im gerichtlichen
Verfahren möglich ist und ob in die Prognose keine sachfremden Erwägungen
eingeflossen sind (BVerfG, Urt. v. 27.7.2004 – 2 BvF 2/02, juris, Rz. 102; BVerfG, Urt. v.
24.10.2002, a.a.O., Rz. 344, 346, 347).
bb. Die Regelungen des Filmförderungsgesetzes, insbesondere § 66 FFG, erfüllen die
Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG.
Die bundeseinheitlichen Regelungen zur Filmförderung verfolgen das Ziel, in der
Filmwirtschaft die Wirtschaftseinheit zu wahren. Sie bezwecken, die Filmwirtschaft in
Deutschland strukturell zu stärken, die kreativ-künstlerische Qualität des deutschen
Films zu fördern und dadurch den Anteil des deutschen Films am deutschen Kinomarkt
zu verbessern sowie für die Verbreitung des deutschen Films im Ausland wirken (s.o.
1.b.); vgl. auch BT-Ds. 15/1506, S. 18 f.). Dem dient eine standortunabhängige
Förderung, die alle am Markterfolg des deutschen Films interessierten Unternehmen und
Einrichtungen der Film- und Fernsehwirtschaft unterstützt (BT-Ds. 15/1506, S. 19). Darin
unterscheidet sich die Bundesfilmförderung von den Förderprogrammen der Länder.
Zwar ergänzen diese in bestimmten Bereichen die teilweise lückenhafte Förderung des
Bundes; überwiegend aber verfolgen die Länderprogramme wirtschaftliche
Standortinteressen. Die Attraktivität des jeweiligen Bundeslandes als Medienstandort
soll gestärkt, die Leistungsfähigkeit der jeweiligen Filmwirtschaft gesteigert und die
Arbeitsplätze im jeweiligen Bundesland sollen gesichert werden (Poeck, in: Hartlieb, 133.
Kapitel, Rz. 1, 2; vgl. auch BT-Ds. 15/1506, S. 18). In den Ländern stellt daher das
Erreichen eines möglichst hohen „Regional-Effekts“ einen wesentlichen Gesichtspunkt
dar. Bei Film- und Fernsehproduktionen muss dieser mindestens den Faktor 1,5
erreichen, d.h., bei einer Förderhilfe von 100.000 EUR müssen mindestens 150.000 EUR
in dem fördernden Bundesland ausgegeben werden (Poeck, a.a.O., Rz. 5). Indem die
Bundesförderung von derartigen Standorteffekten unabhängig ist, bezweckt sie neben
der Erhöhung des Markanteils des deutschen Films Wettbewerbsverzerrungen zu
vermeiden, die durch eine ausschließliche oder überwiegende regionale Förderung der
Filmwirtschaft entstehen könnten, und somit Wirtschaftseinheit herzustellen.
Zur Erreichung dieses Ziels sind die bundeseinheitlichen Regelungen im
Filmförderungsgesetz geeignet und erforderlich. Dem Vierten Gesetz zur Änderung des
Filmförderungsgesetzes von 2003 ist eine Untersuchung des damaligen Beauftragten
der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien zur der Situation
des Filmschaffens in Deutschland vorangegangen, deren Ergebnisse unter anderem mit
der Filmbranche intensiv erörtert wurden (BT-Ds. 15/1508, S. 18). Im Ergebnis waren sich
die Verbände der Filmwirtschaft, die Vertreter der Bundesländer und die Träger der
Länderfilmförderung über die Notwendigkeit einer von Standorteffekten unabhängigen
Filmförderung einig (BT-Ds. 15/1508, S. 19). Die Annahme des Bundesgesetzgebers
beruht somit auf der Einschätzung sachkundiger Personen und den seit 1967
gewonnenen Erfahrungen mit einer bundeseinheitlichen Wirtschaftsförderung des Films.
Daher besteht zu einer weitergehenden gerichtlichen Überprüfung im vorliegenden Fall
kein Anlass. Soweit der Bundesgesetzgeber zudem davon ausgeht, die Länder würden
bei Wegfall der bundeseinheitlichen Regelungen den deutschen Film nicht von
Standorteffekten unabhängig, jedenfalls nicht in demselben Umfang wie bisher der Bund
fördern, ist dies nicht zu beanstanden. Es ist nicht ersichtlich, dass er bei dieser
Einschätzung von falschen Tatsachen oder sachfremden Erwägungen ausgegangen ist.
d. Selbst wenn man das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG
verneinte, wäre der Bund nach Art. 125a Abs. 2 Satz 1 GG zu den mit dem Dritten und
dem Vierten Gesetz zur Änderung des Filmförderungsgesetzes erfolgten Veränderungen
befugt gewesen.
Nach Art. 125a Abs. 2 Satz 1 GG gilt Recht, das aufgrund des Art. 72 Abs. 2 GG in der
bis zum 15. November 1994 geltenden Fassung erlassen worden ist, aber wegen
Änderung des Art. 72 Abs. 2 GG nicht mehr als Bundesrecht erlassen werden könnte, als
Bundesrecht fort. Daraus folgt, dass der Bundesgesetzgeber auch für Änderungen
zuständig bleibt, solange er an die wesentlichen Elemente der in dem fortgeltenden
Bundesgesetz enthaltenden Regelung anknüpft. Zu einer grundlegenden Neukonzeption
sind dagegen nur die Länder befugt (BVerfGE 111, 10 – 54 = BVerfG, Urt. v. 9.6.2004 – 1
BvR 636/02, juris, Rz. 109).
Art. 125a Abs. 2 Satz 1 GG ist im vorliegenden Fall anwendbar, auch wenn einige
Regelungen wie etwa die Erhebung der Filmabgabe (§ 75 Abs. 1 FFG) im
Filmförderungsgesetz in der Fassung des Zweiten Änderungsgesetzes vom 21.
Dezember 1992 (BGBl. I S. 2135) zeitlich befristet waren. Die Änderungsbefugnis des
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Dezember 1992 (BGBl. I S. 2135) zeitlich befristet waren. Die Änderungsbefugnis des
Bundesgesetzgebers umfasst auch das Recht, die Geltungsdauer zeitlich befristeter
Regelungen zu verlängern.
Demnach war der Bundesgesetzgeber zuständig für die Änderungen im Dritten und im
Vierten Gesetz zur Änderung des Filmförderungsgesetzes vom 6. August 1998 (BGBl I S.
2046) bzw. vom 22. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2771). Denn diese enthalten keine
Neukonzeptionen, sondern knüpfen an die wesentlichen Elemente der bisherigen
Regelungen an, soweit sie die Erhebung der Abgabe der Filmtheater und der
Videowirtschaft beziehungsweise die Beiträge der Fernsehanstalten betreffen. In beiden
Gesetzen bleibt es bei dem Grundsatz, dass alle Gruppen, die den Film nutzen
(Filmwirtschaft, Videowirtschaft, öffentliches und privates Fernsehen) einen Beitrag zur
Förderung des deutschen Films zu leisten haben, nämlich die Filmtheater sowie die
Videoanbieter durch eine gesetzliche Abgabeverpflichtung, die öffentlich-rechtlichen
Rundfunkanstalten und die privaten Fernsehveranstalter durch den Abschluss eines
Abkommens mit der Filmförderungsanstalt über freiwillige Beiträge. Wenn im Vierten
Änderungsgesetz der Kreis der Abgabepflichtigen beziehungsweise der
Beitragsleistenden um die Video-on-Demand-Anbieter und die Pay-per-View-Anbieter
erweitert wurde, so handelt es sich um eine - im Interesse der Belastungsgleichheit
erfolgte - Anpassung an den technischen Fortschritt, nicht um eine Neukonzeption des
Kreises der Abgabepflichtigen. Auch die Art und Weise der Berechnung der Abgabe
wurde in den beiden Änderungsgesetzen beibehalten. Es wurden lediglich Freibeträge
und Umsatzschwellen angehoben sowie Abgabensätze verändert.
2. Die Erhebung und Bemessung der Filmabgabe ist mit den besonderen
Zulässigkeitsanforderungen vereinbar, die sich für hier vorliegende Sonderabgaben mit
Finanzierungszweck aus der bundesstaatlichen Finanzverfassung des Grundgesetzes
ergeben.
a. Die Filmabgabe ist eine Sonderabgabe mit Finanzierungszweck. Sie ist weder Beitrag
noch Gebühr, denn sie wird nicht für die tatsächliche oder potentielle Inanspruchnahme
einer staatlichen Leistung erhoben. Die Abgabepflichtigen, die Filmtheater und die
Videoanbieter, erhalten infolge der Abgabe keine individuell zurechenbaren Leistungen.
Es besteht insbesondere kein Zusammenhang zwischen der Abgabenerbringung und
den Förderhilfen für den Absatz beziehungsweise für das Abspielen von Filmen, die
Videovertriebsunternehmen (§ 53b FFG), Filmtheater (§ 56 FFG) oder Videotheken (§ 56a
FFG) erhalten können.
Für Sonderabgaben mit Finanzierungszweck gelten besondere Voraussetzungen. Denn
diese Sonderabgaben werden trotz einer gewissen Ähnlichkeit mit der Steuer außerhalb
der finanzverfassungsrechtlichen Verteilungsregeln des Grundgesetzes erhoben und
regelmäßig aus dem Haushalt ausgegliedert. Die besonderen
Erhebungsvoraussetzungen sollen gewährleisten, dass derartige Abgaben neben der
Steuer seltene Ausnahmen bleiben. Der Erhebung der Abgabe muss ein Sachzweck
zugrunde liegen, der über die bloße Mittelbeschaffung hinausgeht. Mit ihr darf nur eine
homogene Gruppe belegt werden, die in einer spezifischen Beziehung zu dem mit der
Abgabenerhebung verfolgten Zweck steht (Sachnähe). Das Abgabeaufkommen muss
zudem gruppennützig verwendet werden. In angemessenen Zeitabständen ist der
Gesetzgeber gehalten zu überprüfen, ob es der Sonderabgabe weiterhin bedarf oder ob
sie wegen veränderter Umstände zu ändern oder aufzuheben ist. Die Sonderabgabe ist
zudem in einer dem Haushaltsplan beigefügten Anlage zu dokumentieren (vgl. BVerfG,
Beschluss v. 17. 7. 2003 - 2 BvL 1/99 u.a., juris, Rz. 120 - 122; BverwG, Urt. v. 21.4.2004
- BVerwG 6 C 20.03, juris, Rz. 29).
b. Die für Sonderabgaben geltenden besonderen Voraussetzungen liegen vor.
aa. Die Filmabgabe dient einem Zweck, der über die bloße Mittelbeschaffung hinausgeht
(vgl. oben 1.c.bb.).
bb. Die Filmtheater (§ 66 FFG) bilden zusammen mit den Programmanbietern der
Videowirtschaft einschließlich Video-on-Demand-Anbietern (§ 66a FFG) sowie den
öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehveranstaltern (§ 67 FFG) eine homogene
Gruppe. Das hat das Oberverwaltungsgericht Berlin bereits für die Gruppe der
Filmtheater, der Fernsehveranstalter und der Videotheken entschieden (OVG Berlin,
a.a.O., S. 10). An der Gruppenhomogenität hat sich nichts dadurch geändert, dass seit
1. Januar 1993 die Filmabgabe der Videowirtschaft auf der Ebene der Programmanbieter
anstatt wie bis dahin auf der Ebene der Videotheken erhoben wird (VG Berlin Urt. v.
16.10.1997 - VG 22 A 315.93 -) und seit dem 1. Januar 2004 die Video-on-Demand-
Anbieter einbezogen worden sind. Voraussetzung für eine homogene Gruppe ist, dass
sie durch eine gemeinsame in der Rechtsordnung und in der gesellschaftlichen
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sie durch eine gemeinsame in der Rechtsordnung und in der gesellschaftlichen
Wirklichkeit vorgegebene Interessenlage von der Allgemeinheit und anderen Gruppen
absetzbar ist (BVerfG, Beschluss v. 31.5.1990 – 2 BvL 12/88 u.a., juris, Rz. 93; BVerwG,
Urt. 27.4.1995 - 3 C 9.95, juris, Rz. 31; BVerwG, Urt. v. 21.4.2004, a.a.O., Rz. 31). Das ist
hier der Fall. Die Homogenität folgt aus dem gemeinsamen wirtschaftlichen Interesse an
der Vermarktung deutscher Kinofilme und einer unabhängigen, sich auf dem
internationalen Markt bewährenden deutschen Filmproduktion. Der Gesetzgeber hat an
die drei Vertriebsformen für Filme (Filmvorführungen, Verkauf/Vermietung von
Bildträgern bzw. elektronische Angebote, Ausstrahlung im Fernsehen) angeknüpft. Die
Filmtheater, die Videoanbieter und das Fernsehen vertreiben fremdproduzierte
Spielfilme und erzielen auf diese Weise Einnahmen. Dabei wird ein relevanter Anteil der
Umsätze mit deutschen Spielfilmen erzielt. Das gilt entgegen der Auffassung der
Klägerin insbesondere für Filmtheater, wie die Marktdaten zeigen. Bei Erlass des Vierten
Änderungsgesetzes zum Filmförderungsgesetz im Jahre 2003 legte der Gesetzgeber
seinen Erwägungen zugrunde, dass sich der Anteil des deutschen Films am deutschen
Kinomarkt seit den 1970er Jahren zwischen 10 % und 17 % bewegt hat (BT-Ds. 15/1506,
S. 18). Tatsächlich lag der Marktanteil der Besucher deutscher Kinofilme in den
deutschen Kinos in den letzten fünf Jahren sogar höher und schwankte zwischen 11,9 %
im Jahr 2002 und 23,8 % im Jahr 2004 bzw. 25,8 % im Jahr 2006 (vgl. „Das Kinoergebnis
2006“ unter. Dieses deutliche Interesse an der Vermarktung und Produktion deutscher
Filme unterscheidet Filmtheater, Videoanbieter und Fernsehanstalten erheblich von der
Allgemeinheit und anderen Gruppen.
Die Homogenität dieser Gruppe wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die öffentlich-
rechtlichen Rundfunkanstalten und die privaten Fernsehveranstalter keine Filmabgabe zu
leisten haben, sondern aufgrund vertraglicher Vereinbarung Beiträge zur Förderung des
deutschen Films leisten (§ 67 FFG). Die Fernsehveranstalter stehen nicht außerhalb der
sonderabgabepflichtigen Gruppe, sondern sind ihr zugeordnet. Zur Begründung wird auf
das oben genannte Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin (S. 11 – 13) verwiesen.
Ergänzend ist auszuführen, dass entgegen der Auffassung der Klägerin das Merkmal der
Gruppenhomogenität nicht die Abgabepflicht, sondern die Abgabepflicht die
Gruppenhomogenität voraussetzt. Eine Gruppe kann dadurch inhomogen werden, dass
Personen in die Abgabepflicht einbezogen werden, die nicht durch eine gemeinsame
Interessenlage mit den anderen Personen aus der abgabepflichtigen Gruppe verbunden
sind (vgl. BVerfGE 82, 159, 189). Eine Gruppe wird nicht inhomogen dadurch, dass Teile
der Gruppe von der Abgabepflicht ausgenommen werden, jedenfalls wenn ein sachlicher
Grund hierfür besteht (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.4.2004 - BVerwG 6 C 20.03, juris, Rz. 33).
Ein sachlicher Grund für die Freistellung der Fernsehveranstalter von der Abgabepflicht
ist gegeben. Die Film- und Videoabgabe ohne Heranziehung der Fernsehveranstalter
verletzt daher nicht den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. dazu
OVG Berlin a.a.O., S. 13 – 15). Die Fernsehveranstalter sind von der
Finanzierungsverantwortung nicht befreit, sondern leisten ebenso wie die
Filmtheaterbetreiber und die Videoanbieter Beiträge zur Finanzierung der Aufgaben der
Filmförderungsanstalt und zur Förderung des deutschen Films. Ihre Beiträge
unterscheiden sich aber in der Art und Weise, wie sie berechnet und erhoben werden:
während die Filmabgabe der Höhe nach vom Umsatz abhängig und gesetzlich bestimmt
ist, durch Verwaltungsakt festgesetzt wird und von der Verwaltung zwangsweise
beigetrieben werden kann, werden die Beiträge der Fernsehveranstalter ausgehandelt
und durch öffentlich-rechtlichen Vertrag vereinbart, weshalb sie nur gerichtlich
durchsetzbar sind. Darüber hinaus bestehen die Beiträge der Fernsehveranstalter nicht
nur in Geld-, sondern maßgeblich auch in Sachleistungen.
Die Schaffung dieser zwei unterschiedlichen Finanzierungssysteme ist sachlich
gerechtfertigt. Zum einen erheben die Veranstalter von Fernsehen (mit Ausnahme
einiger weniger Pay-TV-Sender) anders als die Filmtheater und die Videoanbieter kein
Entgelt für die Überlassung von Filmen an den Endverbraucher. Eine Abgabepflicht der
Fernsehveranstalter kann daher nicht an Umsätze anknüpfen, die aus dem Verkauf von
Eintrittskarten, dem Verkauf/der Vermietung von Bildträgern oder aus dem
elektronischen Abruf von Filmen erzielt werden. Zum anderen fördern die
Fernsehveranstalter den deutschen Film in erheblichem Umfang durch Sachleistungen,
in dem sie Spielfilme allein oder gemeinsam mit unabhängigen Filmproduzenten
herstellen. Das unterscheidet sie von den Filmtheatern und Videoanbietern, die
ausschließlich fremdproduzierte Filme verwerten und anders als das Fernsehen auch
keine sonstigen Programme herstellen und ausstrahlen. Unter diesen Umständen ist es
nicht zu beanstanden, das sich der Gesetzgeber bei den Fernsehveranstaltern für ein
freiwilliges Beitragssystem entschieden hat, das zudem den Vorteil geringerer
Verwaltungskosten und hoher Flexibilität hat.
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Auch der Höhe nach sind die Beiträge der Fernsehveranstalter nicht zu beanstanden.
Ohne Berücksichtigung der Sachleistungen machten ihre Beiträge im Jahr 2004 rund ein
Viertel und in den Jahren 2005 und 2006 rund ein Drittel der Gesamteinnahmen der
Filmförderungsanstalt aus der Filmabgabe der Filmtheater und der Videowirtschaft sowie
der Zuführungen der Fernsehsender aus (vgl. Geschäftsbericht 2006 der
Filmförderungsanstalt v. Juli 2007, S. 12 f., unter ). Hinzu kommen die Sachleistungen
der Fernsehveranstalter: Nach dem 8. Abkommen zwischen der Filmförderungsanstalt
und den öffentlich-rechtlichen Fernsehveranstaltern von 2004 stellen ARD und ZDF für
Projektfilmfördermaßnahmen 11 Millionen EUR in Geld- und Sachleistungen für 2004 und
jeweils 11 Millionen EUR in Geldleistungen für die Jahre 2005 bis 2008 zur Verfügung.
Darüber hinaus beteiligen sie sich an der Durchführung von Gemeinschaftsproduktionen
zwischen Film und Fernsehen mit jährlich weiteren 4,6 Millionen EUR für den Zeitraum
2004 bis 2008. Die privaten Fernsehveranstalter schlossen im Jahr 2004 mit der
Filmförderungsanstalt ein Abkommen über fünf Jahre, wonach sie für die Jahre 2004 bis
2008 Barleistungen in Höhe von jährlich ca. 5 Millionen EUR und Medialeistungen in Höhe
von jährlich sieben Millionen EUR erbringen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die Sachleistungen der Fernsehanstalten hier
auch zu berücksichtigen. Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass es auch
Gemeinschaftsproduktionen von Fernsehen und Film gibt, die nach Fertigstellung nicht
im Kino verwertet werden. Das ist aber nicht die Regel, denn die Beiträge der öffentlich-
rechtlichen Rundfunkanstalten zu Gemeinschaftsproduktionen sollen Filme betreffen, die
die Fördervoraussetzungen nach dem Filmförderungsgesetz erfüllen und nicht vorrangig
Fernsehinteressen dienen. Ferner sind die Filme grundsätzlich vor der
Fernsehausstrahlung für 24 Monate im Filmtheater abzuspielen [§ 3 Nr. 1 a) und c), Nr. 2
und 3 des 8. Film-Fernseh-Abkommens]. Da die für Gemeinschaftsproduktionen von den
öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zur Verfügung gestellten Mittel grundsätzlich an
die Zwecke des Filmförderungsgesetzes gebunden und die Sperrfristen des § 30 Abs. 2
und 3 FFG 2003 einzuhalten sind, ist es unschädlich, dass die Fernsehveranstalter auch
ein Eigeninteresse an Koproduktionen haben.
Allerdings mussten entgegen der Auffassung der Klägerin die Berechnungsgrundlagen
für die Sachleistungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und die so
genannten Medialeistungen der privaten Fernsehveranstalter in die Film-Fernseh-
Abkommen von 2004 nicht aufgenommen werden, weil diese Beiträge ausgehandelt
wurden. Auch ist die Premiere Fernsehen GmbH & Co. KG nicht von der Verpflichtung zu
Sachleistungen ausgenommen. In § 2 Nr. 2. a. und b. des Abkommens der privaten
Fernsehveranstalter mit der Filmförderungsanstalt von 2004 ist vielmehr der Anteil von
Premiere an den Bar- und Medialeistungen der Höhe nach fest vereinbart. Lediglich die
Erhebungsmodalitäten werden in § 2 Nr. 4 des Abkommens einer gesonderten
Vereinbarung vorbehalten. Schließlich trifft die Annahme der Klägerin nicht zu, dass seit
1. Januar 2004 die Abgabe nach § 66a FFG nicht beigetrieben wird. Aus dem
Geschäftsbericht des Jahres 2006 der Filmförderungsanstalt (a.a.O., S. 12) ergeben sich
Einnahmen aus der Filmabgabe der Videowirtschaft zwischen rund 16 und 19 Millionen
EUR für die Jahre 2004 bis 2006.
Da der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt ist, kann offen bleiben, welche
Rechtsfolge sich aus einem etwaigen Verstoß ergeben würde. Insbesondere ist nicht zu
entscheiden, ob die Klägerin neben einer Befreiung von der Abgabe verlangen
könnte, überhaupt keine Beiträge zu zahlen, oder ob sie nur Anspruch auf den Abschluss
freiwilliger Beitragsvereinbarungen hätte.
Der Gruppenhomogenität von Filmtheatern, Videoanbietern und Fernsehveranstaltern
steht nicht entgegen, dass die verschiedenen Vertriebswege (Filmvorführung,
Verkauf/Vermietung von Bildträgern, Ausstrahlung im Fernsehen) konkurrieren.
Grundsätzlich erfasst jede Absatzförderung eines Wirtschaftsbereichs Betriebe, die
miteinander in Konkurrenz stehen. Eine bestehende Wettbewerbssituation allein spricht
nicht dagegen, konkurrierende Wirtschaftsteilnehmer als homogene Gruppe zu einer
Sonderabgabe heranzuziehen, solange gleiche Interessen gefördert werden (dazu
BVerfG Beschluss v. 31.5.1990 – 2 BvL 12/88 u.a., juris, Rz. 113).
Für die Frage der Gruppenhomogenität ist es entgegen der Auffassung der Klägerin
ohne Bedeutung, ob § 67 FFG eine wirksame Ermächtigungsgrundlage für die
„Beitragsvereinbarungen“ mit den Fernsehveranstaltern darstellt. Bei § 67 FFG handelt
es sich nicht um eine der Rechtsverordnungsermächtigung gleichzusetzende Delegation
durch den Bundesgesetzgeber an die Filmförderungsanstalt, auf die Art. 80 Abs. 1 GG
anwendbar ist. § 67 FFG ist auch keine Ermächtigung an die Filmförderungsanstalt, durch
Satzung Art und Höhe von Abgaben zu regeln. Die in den Abkommen mit den
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Satzung Art und Höhe von Abgaben zu regeln. Die in den Abkommen mit den
Fernsehveranstaltern vereinbarten Geld- und Sachleistungen erfolgen auf freiwilliger
Basis. Sie sind keine Abgabe im Sinne einer hoheitlich auferlegten Geldleistungspflicht
und bedürfen daher keiner Eingriffsermächtigung. Aus diesem Grund liegt auch nicht der
von der Klägerin gerügte Verstoß gegen das Verbot vor, Abgaben durch öffentlich-
rechtlichen Vertrag zu erheben.
Die Gruppenhomogenität entfällt nicht dadurch, dass Filmtheater von der Abgabepflicht
befreit sind, wenn deren Umsatz je Spielstelle nicht mehr als 75.000,- EUR beträgt.
Diese Ausnahme ist sachlich gerechtfertigt. Zur Begründung wird auf das Urteil des
Oberverwaltungsgerichts Berlin a.a.O., S. 13, verwiesen.
Schließlich kommt es nicht darauf an, ob in Einzelfällen Filmtheater überhaupt keine
deutschen Filme abspielen. Denn der Gesetzgeber muss auch im Zusammenhang mit
der Auferlegung von Sonderabgaben seine Tatbestände nach sozialtypischem Befund
bilden, den typischen Fall erfassen und dadurch das Konkrete unter Vernachlässigung
individueller Unterschiedlichkeiten verallgemeinern (BVerfG, Beschluss v. 17.7.2003,
a.a.O., Rz. 143).
cc. Das Kriterium der Sachnähe ist erfüllt. Der Gleichheitssatz gestattet die
Sonderbelastung einer Gruppe nur, wenn die Gruppe dem mit der Abgabenerhebung
verfolgten Zweck evident näher steht als jede andere Gruppe oder die Allgemeinheit der
Steuerzahler (vgl. BVerfG, Urt. v. 10.12.1980, a.a.O., juris, Rz. 73; Kirchhof, Handbuch
des Staatsrechts, Bd. IV, § 88 Rz. 234). Dies ist der Fall, denn die Gruppe der
Filmtheaterbetreiber, der Videoanbieter und der Fernsehveranstalter steht der
Förderung der deutschen Filmwirtschaft näher als die Gemeinschaft der Steuerzahler.
Die Filmabgabe wird überwiegend zur Produktion deutscher Kinofilme verwendet. An
dieser Produktion haben insbesondere die Filmtheaterbetreiber ein besonderes
erwerbswirtschaftliches Interesse, weil sie zusammen mit der Videowirtschaft und dem
Fernsehen die mit der Abgabe geförderten Filme verwerten. Dem steht der oben
dargestellte prozentuale Anteil deutscher Produktionen am Umsatz der
Filmtheaterbetreiber und der Videoanbieter nicht entgegen, weil auch die Umsätze der
Film- und der Videowirtschaft wachsen, wenn, wie zu beobachten ist, Verbreitung und
Nachfrage des deutschen Films infolge der Filmförderung steigen (OVG Berlin a.a.O., S.
16 f.). Die Sachnähe entfällt auch nicht dadurch, dass die Allgemeinheit ein kulturelles
Interesse an der Produktion und dem Abspiel deutscher Filme hat. Denn die
Filmförderung ist in erster Linie eine Wirtschaftsförderung; die Gemeinschaft der
Steuerzahler zieht anders als die Filmtheater, die Videoanbieter und die
Fernsehveranstalter keinen wirtschaftlichen Vorteil aus der Produktion und dem Absatz
deutscher Filme, sondern zahlt für deren Nutzung.
dd. Das Aufkommen aus der Filmabgabe wird gruppennützig verwendet (a.A. Kirchhof,
a.a.O., Rz. 250, Fn. 489, zum FFG 1979). Die Einnahmen aus der Filmabgabe der
Filmtheater und der Videowirtschaft sowie die freiwilligen Beiträge der
Fernsehveranstalter sind gemäß §§ 67 a, 67 b und 68 FFG überwiegend für die
Filmproduktion (§§ 22, 32, 41, 47 FFG) einzusetzen. Daneben werden im Wesentlichen
der Absatz von Filmen (§§ 53, 53a FFG) und von mit Filmen bespielten Bildträgern (§ 53b
FFG), das Abspielen von Filmen in Filmtheatern (§ 56 FFG) sowie Videotheken (§ 56a
FFG) gefördert. Soweit das Filmabspiel in Filmtheatern gefördert wird (§§ 68 Abs. 1 Nr. 5
FFG), profitieren die Betreiber der Filmtheater unmittelbar von der Abgabe. Aber auch
soweit die Mittel überwiegend zur Filmproduktion eingesetzt werden (§§ 67a Abs. 2, 67
Abs. 1, 68 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 FFG), ist entgegen der Auffassung der Klägerin die
Gruppennützigkeit für Filmtheaterbetreiber, Videoanbieter und Fernsehveranstalter
gegeben. Denn diese profitieren mittelbar von dem Aufkommen aus der Abgabe, weil sie
die damit produzierten Filme verwerten (vgl. OVG Berlin a.a.O., S. 18, zur
Videowirtschaft). Für die gruppennützige Verwendung einer Abgabe reicht es aus, dass
das Aufkommen mittelbar überwiegend im Interesse der Gesamtgruppe verwendet wird
(BVerfG, Beschluss v. 17.7.2003, a.a.O., Rz. 151). Ebenso kommen die Förderhilfen für
Verleih und Vertrieb von Filmen gemäß §§ 53, 53a FFG den Filmtheatern mittelbar
zugute.
Die Gruppennützigkeit entfällt nicht dadurch, dass ein Teil der Filmtheater durch das
Abspielen von US-amerikanischen Spielfilmen den überwiegenden Teil ihrer Umsätze
erzielen. Es kommt auch nicht darauf an, ob die von der Filmförderungsanstalt
geförderten Filme Umsätze der deutschen Filmtheater tatsächlich über einen
Substituierungseffekt erhöhen. Die Gruppennützigkeit ist nur dann ausgeschlossen,
wenn die Abgabepflichtigen von den durch die Abgabe Begünstigten weitgehend oder
völlig verschieden sind und die Sonderabgabe somit „fremdnützig“ ist. Das ist
vorliegend nicht der Fall, weil die Filmtheater - neben den ebenfalls abgabepflichtigen
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vorliegend nicht der Fall, weil die Filmtheater - neben den ebenfalls abgabepflichtigen
Videoanbietern und den freiwillige Beiträge leistenden Fernsehanstalten - Umsätze mit
deutschen Kinofilmen erzielen und somit wirtschaftlich profitieren.
Die Gruppennützigkeit wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass einzelne Filmtheater
überhaupt keine von der Filmförderungsanstalt geförderten Filme abspielen. Das
Kriterium "gruppennütziger" Verwendung der Abgabe verlangt nicht, dass das
Abgabeaufkommen im spezifischen Interesse jedes einzelnen Abgabepflichtigen zu
verwenden ist; es genügt, wenn es überwiegend im Interesse der Gesamtgruppe
verwendet wird. (BVerfG, Urt. v. 10.12.1980, a.a.O., Rz. 75).
ee. Der Gesetzgeber hat seinen Anpassungs- und Prüfungspflichten genügt. Die
Erhebung der Filmabgabe ist im Filmförderungsgesetz von 2003 ebenso wie in den
Vorgängerregelungen auf fünf Jahre befristet, derzeit bis zum 31. Dezember 2008. Aus
der allgemeinen Begründung des damaligen Gesetzesentwurfs (BT-Ds. 15/1506, S. 18 f.)
ergibt sich, dass der Gesetzgeber geprüft hatte, ob weiterhin ein Bedürfnis für eine von
Standorteffekten unabhängige Filmförderung besteht und wie das Fördersystem
auszugestalten ist.
ff. Der Gesetzgeber hat im Jahre 2004, worauf sich die hier streitige Abgabe bezieht,
keine haushaltsrechtliche Dokumentationspflicht verletzt. Für den Haushaltsplan 2004
bestand nämlich noch keine Pflicht, die Sonderabgabe in einer dem Haushaltsplan
beigefügten Anlage zu dokumentieren, da die haushaltsrechtlichen Informationspflichten
zwingend erst bei den nach dem 31. Dezember 2003 aufzustellenden Haushaltsplänen
zu erfüllen sind (BVerfG, Urt. v. 17.7.2003 – 1 BvL 1/99, juris, Rz. 160) und der
Haushaltsplan 2004 vorher zu erstellen war (§ 1 BHO).
3. Die Filmabgabe nach § 66 FFG ist mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12
Abs. 1 GG und der Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG, auf die sich die Klägerin
gemäß Art. 19 Abs. 3 GG berufen kann, vereinbar. Es kann dahinstehen, ob die Abgabe
eine objektiv berufsregelnde Tendenz hat und daher der Schutzbereich des Art. 12 Abs.
1 GG beeinträchtigt ist. Ein solcher Eingriff wäre jedenfalls gerechtfertigt. Die Erhebung
der Abgabe ist durch Gesetz geregelt, zu dessen Erlass der Bundesgesetzgeber befugt
war. Die Filmabgabe ist geeignet, erforderlich und angemessen zur Erreichung des mit
ihr angestrebten Ziels, nämlich der Einnahmenerzielung zur Förderung des deutschen
Films. Die Abgabe hat insbesondere keine erdrosselnde Wirkung. Daher scheidet auch
ein Eingriff in Art. 14 Abs. 1 GG aus. Dies gilt auch für den Fall, dass die Klägerin mit
ihrem Filmtheater in die Verlustzone geraten ist. Daraus kann nämlich nicht gefolgert
werden, dass der Kinobetrieb wegen der Filmabgabe insgesamt nicht mehr lohnenswert
ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 Satz 2 ZPO. Die Berufung und
die Sprungrevision sind gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 124 a Abs. 1 S. 1 VwGO
sowie § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 134 VwGO zuzulassen. Die Fragen, ob der Bund
zum Erlass des Filmförderungsgesetzes zuständig ist und ob die in diesem Gesetz
vorgesehene Film- und Videoabgabe ohne eine Heranziehung der Fernsehveranstalter
mit Art. 3 Abs. 1 GG in Einklang steht, sind von grundsätzlicher Bedeutung (vgl. BVerfG,
Beschluss v. 9.12.1999 - 2 BvR 2970/93 u.a. -, juris).
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