Urteil des VG Berlin vom 14.03.2017

VG Berlin: zugang, urheberrecht und verwandte schutzrechte, daten, auflage, behörde, teleologische auslegung, geistige schöpfung, tagebuch, form, republik

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Gericht:
VG Berlin
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 A 8.07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 2 IFG, § 6 IFG, § 32 StUG, § 37
StUG, § 39 StUG
Einsicht in Unterlagen der Forschungsgruppe Rosenholz
Tenor
1. Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit
übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
2. Die Klage wird abgewiesen hinsichtlich der im Vorgang mit der Tagebuchnummer
26385/03 z enthaltenen Seiten 824, 986 - 1003, 2710 - 2713, 2714 - 2722, 2916 b und
der auf den Seiten 1773, 1774, 1778, 1808 - 1811 enthaltenen Namen und
Gesundheitsdaten sowie der Schwärzungen im Original auf den Seiten 2728, 2736, 2739
und 2742.
3. Im Übrigen wird die Beklagte unter teilweiser Aufhebung ihres undatierten, im Juli 2006
abgesandten Bescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember
2006 verpflichtet,
a) dem Kläger über die bereits erteilte Auskunft hinaus Zugang zu allen weiteren
Seiten des Vorgangs mit der Tagebuchnummer 26385/03 z zu gewähren, jedoch ohne
die Namen und die dazugehörigen Sachverhalte über Personen, die nicht Mitarbeiter der
Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen
Deutschen Demokratischen Republik waren oder sind,
b) über den Antrag des Klägers vom 29. Juni 2006 hinsichtlich der in Nr. 3 a des
Tenors genannten Namen und Sachverhalte unter Beachtung der Rechtsauffassung des
Gerichts neu zu entscheiden.
4. Der Kläger trägt ¼, die Beklagte ¾ der Kosten des Verfahrens.
5. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in
Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn
nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von
110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
6. Die Berufung und die Sprungrevision werden zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger, ein Journalist, begehrt Einsicht in Unterlagen der Forschungsgruppe
Rosenholz.
Die Forschungsgruppe Rosenholz war eine bei der Bundesbeauftragten für die
Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen
Republik – BStU - angesiedelte Forschungsgruppe unter der Leitung des
Wissenschaftlers D.. Sie befasste sich in den Jahren 2003 bis Frühjahr 2005 mit der
Aufbereitung der sogenannten Rosenholz-Dateien. Dabei handelt es sich um
mikroverfilmte Karteien der Hauptverwaltung Aufklärung (HV A) des
Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR. Die Rosenholz-Dateien gelangten
1989/90 auf nicht bekanntem Weg in die USA; die amerikanische Administration übergab
der Bundesrepublik Deutschland ab Sommer 2000 auf CD-ROM gescannte Abbilder
eines Teils der Unterlagen sowie ein dazu entwickeltes Recherchesystem.
Der Kläger beantragte am 29. Juni 2006 bei der BStU unter Berufung auf das
Informationsfreiheitsgesetz Einsicht in die Aufzeichnungen der Behörde über Gründung,
Arbeit und Ergebnisse der ehemaligen Forschungsgruppe Rosenholz, insbesondere in
eventuelle Anweisungen zur Bildung und Auflösung der Forschungsgruppe und deren
Auftrag, in den Bericht der Forschungsgruppe von 2005, in Aufzeichnungen über dessen
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Auftrag, in den Bericht der Forschungsgruppe von 2005, in Aufzeichnungen über dessen
behördeninterne Abstimmung sowie in Schlussfolgerungen der Behördenleitung und die
veranlasste Überarbeitung. Darüber hinaus begehrte er Einsicht in die gegenwärtig
geltende Forschungskonzeption der Abteilung BF (Bildung und Forschung) und in
Aufzeichnungen über deren geplante Neugliederung.
Mit undatiertem, im Juli 2006 abgesandten Bescheid der BStU gewährte die Beklagte
teilweise Zugang zu den begehrten Informationen und lehnte den Antrag im Übrigen ab
mit der Begründung, der Zugang zu den Rosenholz-Dateien und zu den Informationen
über die Arbeit der Forschungsgruppe Rosenholz richte sich nicht nach dem
Informationsfreiheitsgesetz, sondern nach dem Stasi-Unterlagen-Gesetz. Über die
gegenwärtig geltende Forschungskonzeption der Abteilung BF sowie über ihre geplante
Neugliederung könne zum Schutze des behördlichen Entscheidungsprozesses derzeit
noch keine Auskunft erteilt werden.
Auf den Widerspruch des Klägers gewährte die Beklagte Zugang zu weiteren
Informationen und wies den Widerspruch im Übrigen mit Widerspruchsbescheid vom 15.
Dezember 2006 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 13. Januar 2007 Klage erhoben. Im Laufe des
Klageverfahrens hat die Beklagte mitgeteilt, der Leiter der ehemaligen
Forschungsgruppe Rosenholz habe zu der Tagebuch-Nr. 26385/03 z 7 Ordner mit
insgesamt 3160 Blatt (betreffend den Zeitraum September 2003 bis Juli 2006) und zu
der Tagebuch-Nr. 31034/94 z weitere Ordner mit insgesamt 3420 Blatt (betreffend den
Zeitraum August 2006 bis Juli 2008) angelegt. Der Kläger erhielt im Februar 2007
Einsicht in das Manuskript des Forschungsberichtes Rosenholz, Stand 2005, im März
2007 Kopien diverser Unterlagen (Organigramm, Organisationsverfügung,
Ergebnisprotokolle) zur aktuellen und geplanten (Neu-)Organisation der Abteilung BF, im
Januar 2009 insgesamt 1059 Kopien aus dem Vorgang mit der Tagebuch-Nr. 26385/03 z
und im Juni 2009 weitere 152 (teilweise geschwärzte) Kopien aus diesem Vorgang.
Insoweit haben die Beteiligten den Rechtstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.
Der Kläger ist der Auffassung, die bislang an ihn herausgegebenen Unterlagen seien
nicht vollständig. Die nicht vorgelegten Informationen und die geschwärzten Vorlagen in
ungeschwärztem Zustand müssten dem Gericht für ein „in-camera Verfahren“
vorgelegt werden, damit dieses die Berechtigung zur Nichtvorlage oder zur Schwärzung
überprüfen könne. Das Stasi-Unterlagen-Gesetz beziehe sich allein auf die Unterlagen
der Staatssicherheit. Aufzeichnungen über die Tätigkeit von Behördenmitarbeitern und
Forschungsergebnisse unterfielen nicht diesem Gesetz.
Der Kläger hat sein Begehren auf die Informationen im Vorgang mit der Tagebuch-Nr.
26385/03 z begrenzt und beantragt nunmehr,
die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des undatierten, im Juli 2006
abgesandten Bescheides der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des
Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 15. Dezember 2006 zu
verpflichten, dem Kläger über die bereits erteilte Auskunft hinaus Zugang zu den im
Schriftsatz vom 3. Juli 2009 noch begehrten Informationen (dem Protokoll beigefügt) zu
gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor: Die vom Leiter der ehemaligen Forschungsgruppe Rosenholz angelegten
Aktenkonvolute stellten keine Verwaltungsvorgänge dar. Es handele sich vielmehr um
bloße Materialsammlungen, die nicht nach verwaltungstechnischen Gesichtspunkten
gegliedert seien, sondern im Wesentlichen den Eindruck eines nach subjektiven Kriterien
zusammengestellten wissenschaftlichen Handapparats vermittelten. Im Übrigen sei das
Informationsfreiheitsgesetz nicht anwendbar, soweit in den Ordnern Stasi-Unterlagen
und die Ergebnisse der Eigenforschung der Beklagten enthalten seien. Diese Unterlagen
könne der Kläger nicht einsehen, da diese nach dem Stasi-Unterlagen-Gesetz geschützt
seien.
Das Gericht hat den Leiter der ehemaligen Forschungsgruppe Rosenholz D. in der
mündlichen Verhandlung als Zeugen zu Inhalt und Umfang der 7 Ordner mit der
Tagebuchnummer 26385/03 z angehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme
wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Im Übrigen wird auf den Inhalt der Streitakte
und der Verwaltungsvorgänge (4 Bände) Bezug genommen; diese waren Gegenstand
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und der Verwaltungsvorgänge (4 Bände) Bezug genommen; diese waren Gegenstand
der Verhandlung und Beratung
Entscheidungsgründe
I. Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist
das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO
– einzustellen.
II. Die Klage ist hinsichtlich der Seiten 824 und 2916 b des Vorgangs mit der
Tagebuchnummer 26385/03 z unzulässig (1.). Im Übrigen ist die Klage zulässig und
teilweise unbegründet (2.), teilweise begründet (3.).
1. Soweit der Kläger die Seite 824 begehrt, fehlt ihm das Rechtsschutzinteresse. Denn
diese Seite hat der Kläger bereits im Juni 2009 von der Beklagten (ungeschwärzt)
erhalten. Soweit der Kläger Zugang zu den geschwärzten Informationen auf der Seite
2916 b begehrt, ist sein Antrag zu unbestimmt und einer Auslegung nicht zugänglich.
Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung gibt es eine Seite 2916 b im Vorgang
mit der Tagebuchnummer 26385/03 z nicht. Schwärzungen auf der Seite 2916 a kann
der Kläger nicht meinen, da er diese Seite – ausweislich seines Klageantrages - noch
nicht hat. Auch Schwärzungen auf der Seite 2916 kommen nicht in Betracht, da der
Kläger die Seite 2916 nach seinem Vortrag bereits ungeschwärzt erhalten hat.
2. Hinsichtlich der Seiten 986 – 1003 (Manuskript von H.), der Seiten 2710 – 2713, 2714
– 2722 (Protokollentwürfe über Beiratssitzungen) und der auf den Seiten 1773, 1774,
1778, 1808 - 1811 enthaltenen Namen und Gesundheitsdaten sowie der Schwärzungen
im Original auf den Seiten 2728, 2736, 2739 und 2742 ist die Klage unbegründet. Der
ablehnende Bescheid der Beklagten ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger
daher nicht in seinen Rechten; er hat keinen Anspruch auf Zugang zu diesen
Informationen (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Das Begehren des Klägers richtet sich insoweit nach § 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur
Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz - IFG)
vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722). Danach hat jeder nach Maßgabe dieses
Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu
amtlichen Informationen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
a) Die BStU ist nach § 35 Abs. 1 des Gesetz über die Unterlagen des
Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (Stasi-
Unterlagen-Gesetz) – StUG - vom 20. Dezember 1991 in der Fassung der
Bekanntmachung vom 18. Februar 2007, zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Februar
2009 (BGBl. I S. 160), eine Behörde des Bundes. Die Aufzeichnungen im Vorgang mit
der Tagebuch-Nr. 26385/03 z sind amtliche Informationen. Amtliche Information im
Sinne des Gesetzes ist jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig
von der Art ihrer Speicherung (§ 2 Nr. 1 Satz 1 IFG). Amtlich sind solche Informationen,
die in Erfüllung amtlicher Tätigkeit angefallen sind. Dabei kommt es weder auf die Art der
Verwaltungsaufgabe, noch auf die Handlungsform der Verwaltung an. Unerheblich ist
deshalb, ob die begehrten Informationen hoheitliches, schlicht-hoheitliches oder
fiskalisches Behördenhandeln betreffen. Auch ein Bezug zu einem konkreten
Verwaltungsvorgang ist nicht erforderlich. Nicht amtlich sind dagegen private
Informationen sowie Informationen, die nicht mit amtlicher Tätigkeit zusammenhängen
(Rossi, IFG, 2006, § 2 Rn 10). Entwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorgangs
werden sollen, gehören nicht dazu (§ 2 Nr. 1 Satz 2 IFG).
Die Aufzeichnungen in dem Vorgang mit der Tagebuch-Nr. 26385/03 z dienen amtlichen
Zwecken, da sie in Folge der wissenschaftlichen Tätigkeit der von der BStU eingesetzten
Forschungsgruppe Rosenholz entstanden sind und deren Arbeit dokumentieren. Alle
Unterlagen, die sich im Vorgang befinden, sind in Erfüllung dieser amtlichen Tätigkeit
angefallen und vom Leiter der ehemaligen Forschungsgruppe Rosenholz zu einem
Vorgang zusammengeführt worden.
b) § 1 Abs. 1 IFG ist Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers jedoch nur insoweit,
als es sich um Informationen handelt, die nicht dem (spezielleren) Stasi-Unterlagen-
Gesetz unterfallen. Dies folgt aus § 1 Abs. 3 IFG.
Diese Vorschrift bestimmt, dass Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den
Zugang zu amtlichen Informationen mit Ausnahme des § 29
Verwaltungsverfahrensgesetzes und des § 25 des Zehnten Buch Sozialgesetzbuch
vorgehen. Das hier allein in Betracht kommende Stasi-Unterlagen-Gesetz enthält für
Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes i.S.d § 6 StUG und für personenbezogene
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Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes i.S.d § 6 StUG und für personenbezogene
Informationen nach § 37 Nr. 5 StUG speziellere, das Informationsfreiheitsgesetz
verdrängende Regelungen über den Zugang zu amtlichen Informationen.
Eine speziellere Norm liegt dann vor, wenn zwei Normen denselben Sachverhalt regeln
und eine Norm alle Tatbestandsmerkmale einer anderen sowie mindestens ein weiteres
Tatbestandsmerkmal enthält, so dass alle Anwendungsfälle der spezielleren Norm
zugleich unter den Tatbestand der allgemeineren Norm fallen, nicht aber umgekehrt
(Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Auflage 1991, S. 266 ff.). Die
speziellere Norm verdrängt die allgemeine, wenn sich die Rechtsfolgen der Normen
gegenseitig „logisch“ ausschließen. Können die Rechtsfolgen nebeneinander bestehen,
so ist durch systematische und teleologische Auslegung zu bestimmen, ob die
Rechtsfolge der spezielleren Norm die allgemeine ergänzt oder modifiziert oder aber an
ihre Stelle treten soll (Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Auflage 1991,
S. 267 f.).
Nach Tatbestand, Rechtsfolge und Zweck der Regelungen in den beiden Gesetzen ist
das Stasi-Unterlagen-Gesetzes ein das Informationsfreiheitsgesetz verdrängendes
Spezialgesetz (vgl. Rossi, IFG 2006, § 1 Rn 109; Scheel, in: Berger/Roth/Scheel, IFG,
2006, § 1 Rn 135; Schoch, IFG, 2009, § 1 Rn 177 f.; Geiger-Budsinowski, StUG, 2. Auflage
2006, § 4 Rn 1), soweit Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes im Sinne des § 6 StUG
oder personenbezogene Informationen nach § 37 Abs. 1 Nr. 5 StUG betroffen sind. Das
Stasi-Unterlagen-Gesetz gewährt dem Einzelnen (§ 3 StUG), Forschern (§ 32 StUG) und
Vertretern der Presse, des Rundfunks und Films (§§ 34, 32 StUG) nach Maßgabe des
Stasi-Unterlagen-Gesetzes Zugang zu bestimmten und damit zu einer Teilmenge der
auch vom Informationsfreiheitsgesetz erfassten amtlichen Informationen. Es sieht
spezifische Schutzmechanismen für die Verwendung der von ihm erfassten amtlichen
Informationen vor, die das Informationsfreiheitsgesetz nicht kennt. Darüber hinaus hatte
der Gesetzgeber beim Erlass des Informationsfreiheitsgesetzes unter anderem genau
die Spezialregelungen des Stasi-Unterlagen-Gesetzes im Blick und wollte, dass sie
„unverändert bleiben“ (Gesetzesbegründung, BT-Drs 15/4493, S. 8); der spezifische
Schutzmechanismus des Stasi-Unterlagen-Gesetzes sollte gegenüber dem
Informationsfreiheitsgesetz abschließend sein.
Dem Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes entzogen ist damit die
Teilmenge derjenigen amtlichen Informationen, die Unterlagen des
Staatssicherheitsdienstes sind (§ 1 Abs. 2 StUG). Nach § 6 Abs. 1 StUG sind Unterlagen
des Staatssicherheitsdienstes sämtliche Informationsträger unabhängig von der Form
der Speicherung, soweit sie beim Staatssicherheitsdienst oder beim Arbeitsgebiet 1 der
Kriminalpolizei der Volkspolizei entstanden sind, in deren Besitz gelangt oder ihnen zur
Verwendung überlassen worden sind sowie dem Staatssicherheitsdienst von Gerichten
und Staatsanwaltschaften überlassene Akten. Erfasst werden nach dem Schutzzweck
des Gesetzes auch Kopien, Abschriften oder sonstige Duplikate von Unterlagen des
Staatssicherheitsdienstes, die ein Dritter erstellt (vgl. Geiger-Budsinowski, StUG, 2.
Auflage 2006, § 6 Rn 7 f.). Durch die Vervielfältigung wird kein neuer Informationsträger
geschaffen, sondern es bleibt der (originale) Informationsträger wahrnehmbar.
Unterfielen solche Duplikate nicht dem Stasi-Unterlagen-Gesetz, würde der Schutz des
Einzelnen davor, dass er durch den Umgang mit den vom Staatsicherheitsdienst zu
seiner Person gespeicherten Informationen in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt
wird, weitgehend verfehlt.
Darüber hinaus fallen auch personenbezogene Informationen, die im Rahmen der
Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes durch die BStU aus Stasi-
Unterlagen exzerpiert und aufgezeichnet werden (sog. „Meta-Daten“ in Tabellen, Listen,
Aufsatzentwürfen, Übersichten, Zusammenstellungen etc.), nicht in den
Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes. Zwar handelt es sich hier nicht
um Unterlagen des Staatssicherheitdienstes i.S.d. § 6 Abs. 1 StUG. Denn diese
Aufzeichnungen sind neue, nicht von der Staatssicherheit, sondern von den Forschern
der BStU erstellte Informationsträger, in die aus Stasi-Unterlagen stammende Daten
eingehen (vgl. zum Unterlagenbegriff des § 6 Abs. 1 StUG: VG Berlin, Urteil vom 21.
März 2007 – VG 1 A 216.05 –; Geiger-Budsinowski, StUG, 2. Auflage 2006, § 6 Rn 7 ff.).
Dennoch richtet sich der Zugang zu diesen personenbezogenen Informationen
ausschließlich nach dem Stasi-Unterlagen-Gesetz, da der Gesetzgeber dies in § 37 Abs.
1 Nr. 5 StUG ausdrücklich angeordnet hat. Im zweiten Halbsatz dieser Vorschrift ist
geregelt, dass für die Veröffentlichung personenbezogener Informationen § 32 Abs. 3
StUG gilt. Dort ist wiederum im Einzelnen festgelegt, nach welchen Grundsätzen
Unterlagen der Staatssicherheit zur Verfügung gestellt werden dürfen. Durch die
Verweisung in § 37 Abs. 1 Nr. 5 StUG auf die Vorschrift des § 32 Abs. 3 StUG unterwirft
der Gesetzgeber die Veröffentlichung personenbezogener Informationen, die im Rahmen
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der Gesetzgeber die Veröffentlichung personenbezogener Informationen, die im Rahmen
der Eigenforschung der BStU verwertet und aufgezeichnet werden, ebenfalls dem
spezifischen Schutzmechanismus des Stasi-Unterlagen-Gesetzes.
Gemessen hieran fallen die nachfolgend unter c) aufgeführten Unterlagen in den
Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes, da es sich insoweit nicht um
Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes, Duplikate hiervon oder um sogenannte
„Meta-Daten“ handelt.
c) Dem Anspruch des Klägers nach § 1 Abs. 1 IFG stehen jedoch Ausschlussgründe
hinsichtlich der Seiten 986 – 1003 (Manuskript von H.), der Seiten 2710 – 2713, 2714 –
2722 (Protokollentwürfe über Beiratssitzungen), und der auf den Seiten 1773, 1774,
1778, 1808 - 1811 enthaltenen Namen und Gesundheitsdaten entgegen.
Maßstab für die Prüfung von Ausschlussgründen ist, ob deren Vorliegen von der Behörde
plausibel dargelegt worden ist; dabei müssen die Angaben nicht so detailliert sein, dass
Rückschlüsse auf die geschützte Information möglich sind, sie müssen aber so
einleuchtend und nachvollziehbar sein, dass das Vorliegen von Ausschlussgründen
geprüft werden kann (VG Berlin, Urteil vom 10. September 2008 – VG 2 A 167.06 -; s.
auch BVerwG, Urteil vom 21. März 1986 – BVerwG 7 C 71/83 – Rn. 15, juris; BVerwG,
Beschluss vom 1. Februar 1996 – BVerwG 1 B 37/95 – Rn. 15, juris). Einer gerichtlichen
Anforderung der Vorgänge mit der Tagebuchnummer 26385/03 z bedarf es - entgegen
der Auffassung des Klägers - nicht (vgl. Urteile der Kammer vom 31. Mai 2007 – VG 2 A
93.06 – juris, Rn. 21, und vom 10. September 2008 – VG 2 A 167.06 –).
aa) Soweit der Kläger Zugang zu dem Manuskript von H. mit dem Titel „Die
Rosenholzdatei Copyright“ auf den Seiten 986 - 1003 des Vorgangs begehrt, ist der
Anspruch gemäß § 6 Satz 1 IFG ausgeschlossen.Nach dieser Vorschrift besteht der
Anspruch auf Informationszugang nicht, soweit der Schutz geistigen Eigentums
entgegensteht. Dies ist hier der Fall.
Der Begriff des „geistigen Eigentums“ erfasst den gewerblichen Rechtsschutz
(Markenrecht, Patentrecht, Gebrauchs- und Geschmacksmusterrecht) und das
Urheberrecht (vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 14). Das Urheberrecht schützt nach §§ 1 und 2
des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz –
UrhG) jedes Werk der Literatur, Wissenschaft und Kunst. Zu den geschützten Werken
gehören insbesondere Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme
(§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG). Ein Schriftwerk ist ein durch Zeichen äußerlich erkennbar
gemachter sprachlicher Gedankenausdruck (vgl. Ahlberg, in: Möhring/Nicolini, UrhG, 2.
Auflage 2000, § 2 Rn. 6 m.w.N.).Es genießt urheberrechtlichen Schutz, wenn es eine
persönliche geistige Schöpfung darstellt (§ 2 Abs. 2 UrhG). Der geistige Gedankeninhalt
findet seinen Niederschlag und Ausdruck in der Gedankenformung und -führung des
dargestellten Inhalts und/oder der besonders geistvollen Form und Art der Sammlung,
Einteilung und Anordnung des dargebotenen Stoffs (BGH, Urteil vom 9. Mai 1985 – I ZR
52/83 -, juris Rn. 78 m.w.N.).
Bei dem hier in Streit stehenden Manuskript für eine Hörfunksendung handelt es sich um
ein solches geschütztes Schriftwerk. Dem Urheber dieses Werkes steht damit das Recht
zu, darüber zu entscheiden, ob und wie sein Werk veröffentlicht wird, § 12 Abs. 1 UrhG.
Dieses Erstveröffentlichungsrecht steht der Herausgabe des Manuskriptes im Rahmen
des Informationsfreiheitsgesetzes entgegen. Dies gilt unabhängig davon, ob das
Manuskript bereits in einer Art oder Form – nämlich als Hörfunkbeitrag im RBB-Radio –
veröffentlich worden ist. Selbst wenn die Hörfunksendung im Jahre 2003 ausgestrahlt
worden sein sollte, was die Beklagte nicht mit Bestimmtheit sagen konnte, wäre nur für
diese Art oder Form der Veröffentlichung das Veröffentlichungsrecht verbraucht, nicht
aber für andere Arten oder Formen (vgl. Kroitzsch, in: Möhring/Nicolini, UrhG, 2. Auflage
2000, § 12 Rn. 2 m.w.N.).
bb) Für die Protokollentwürfe über die Beiratssitzungen (Seiten 2710 – 2713 und 2714 –
2722) kann sich die Beklagte auf den Ausschlussgrund des § 3 Nr. 4 IFG berufen. Nach
dieser Vorschrift besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn die
Information einer durch Rechtsvorschrift oder durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift
zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen geregelten
Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht oder einem Berufs- oder besonderen
Amtsgeheimnis unterliegt. Dies ist hier der Fall.
Die Informationen in den Protokollentwürfen über die Beiratssitzungen unterliegen der
Geheimhaltungspflicht des § 39 Abs. 4 Satz 1 StUG. Nach dieser Vorschrift sind die
Mitglieder des Beirats zur Verschwiegenheit über die ihnen bei ihrer Tätigkeit bekannt
gewordenen Tatsachen, soweit sie nicht offenkundig sind, verpflichtet. Daraus folgt
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gewordenen Tatsachen, soweit sie nicht offenkundig sind, verpflichtet. Daraus folgt
zugleich, dass sowohl Verlauf als auch Inhalt einer Beiratssitzung als Tatsachen der
Geheimhaltung unterliegen. Da die Beiratssitzungen selbst nichtöffentlich sind (vgl. § 4
Abs. 4 Satz 1 der Geschäftsordnung des Beirats), handelt es sich auch nicht um
offenkundige Tatsachen. Ob daneben der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 3 b IFG – Schutz
des Beratungsprozesses von Behörden – vorliegt, bedarf hier keiner Entscheidung.
cc) Für die Namen von nicht der BStU angehörenden Wissenschaftlern auf den Seiten
1773, 1774 und 1778 ist der Ausschlussgrund des § 5 Abs. 1 IFG gegeben. Nach § 5 Abs.
1 Satz 1 IFG darf Zugang zu personenbezogenen Daten nur gewährt werden, soweit das
Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am
Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der Dritte eingewilligt hat. Bei der
nach § 5 Abs. 1 IFG vorzunehmenden Interessenabwägung ist das abstrakte und das
vom Antragsteller konkret geltend gemachte Informationsinteresse (vgl. § 7 Abs. 1 Satz
3 IFG) einerseits mit dem Interesse des Dritten am Schutz seiner persönlichen Daten
und an der Wahrung seines Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung
andererseits abzuwägen. Die Abwägung fällt hier zu Lasten des Klägers aus.
Zwar ist das abstrakte Informationsinteresse des Klägers im Hinblick auf die Zielsetzung
des Informationsfreiheitsgesetzes (Transparenz behördlicher Entscheidungen; Kontrolle
staatlichen Handelns) hoch zu bewerten. Ein konkretes Interesse an Namen der nicht
der BStU angehörenden Wissenschaftlern hat der Kläger jedoch nicht dargetan, so dass
deren Interesse am Schutz ihrer personenbezogene Daten (vgl. § 3 Abs. 1 BDSG) höher
einzustufen ist als das Informationsinteresse des Klägers, zumal da in den
Aufzeichnungen der Beklagten Werturteile über sie und ihre Arbeit abgegeben werden.
dd) Für die auf den Seiten 1808 – 1811 enthaltenen Namen und Gesundheitsdaten von
Mitarbeitern der BStU liegt der Ausschlussgrund § 5 Abs. 1 Satz 2 IFG vor. Danach
dürfen besondere Arten personenbezogener Daten im Sinne des § 3 Abs. 9 BDSG nur
übermittelt werden, wenn der Dritte ausdrücklich eingewilligt hat. Bei Angaben zum
Gesundheitszustand einer Person handelt es sich um eine besondere Art
personenbezogener Daten im Sinne des § 3 Abs. 9 BDSG; eine ausdrückliche
Einwilligung des Dritten liegt nicht vor.
d) Soweit auf den Seiten 2728, 2736, 2739 und 2742 Schwärzungen im Original
vorliegen, die der Zeuge D. nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme bereits unmittelbar
beim Erstellen der Schreiben am PC vorgenommen hat, steht dem Kläger kein Anspruch
auf Zugang zu ungeschwärzten Informationen zu. Der Anspruch nach § 1 Abs. 1 Satz 1
IFG erstreckt sich nur auf solche Informationen, die tatsächlich bei der Behörde
vorhanden sind (VG Berlin, Urteil vom 20. November 2008 - VG 2 A 57.06 -). Liegen die
Informationen bei der Behörde – wie hier - nur geschwärzt vor, kann der Kläger Zugang
auch nur zu der geschwärzten Information erhalten. Soweit die im PC des Zeugen
gespeicherten Informationen dort lesbar sein sollten, handelt es sich lediglich um
Entwürfe dieser Seiten, die nicht Teil des Vorgangs geworden sind.
3. Die Klage ist im Übrigen begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Zugang zu allen
weiteren Informationen des Vorgangs mit der Tagebuchnummer 26385/03 z, jedoch
ohne die Namen und die dazugehörigen Sachverhalte über Personen, die nicht
Mitarbeiter der BStU waren oder sind (a); soweit es um Zugang zu diesen
personenbezogenen Informationen geht, hat der Kläger lediglich einen Anspruch auf
Neubescheidung seines Antrags gemäß § 113 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO (b).
a) Der Anspruch ergibt sich aus § 1 Abs. 1 IFG. Ausschlussgründe nach §§ 3 ff. IFG sind
für die weiteren Informationen des Vorgangs mit der Tagebuchnummer 26385/03 z (z.B.
Mitteilungen des Innenministeriums von Rheinland-Pfalz, Aufsatzentwürfe, Schreiben der
BStU an den Deutschen Bundestag) - jedoch ohne die Namen und die dazugehörigen
Sachverhalte über Personen, die nicht Mitarbeiter der BStU waren oder sind - nicht
gegeben.
aa) Für den Inhalt des Bandes I des Vorgangs mit der Tagebuchnummer 26385/03 z hat
die Beklagte keine Ausschlussgründe dargelegt; sie hat darüber hinaus den Zugang zu
etlichen Seiten des Vorgangs mit dem Hinweis abgelehnt, der Kläger habe im
Erörterungstermin vor dem Berichterstatter im August 2008 eine zeitliche und
thematische Begrenzung seines Informationsinteresses vorgenommen. Damit kann die
Beklagte jedoch nicht durchdringen. Die Äußerungen des Klägers im Erörterungstermin
beinhalten keine prozessual erhebliche Erklärung in dem Sinne, dass er sein
Klagebegehren beschränken und die Klage teilweise zurücknehmen wollte.
bb) Die Beklage hat auch nicht darzulegen vermocht, dass für die Seiten 1157 – 1158,
1646, 1670- 1671 und 1708 (Informationen zu einer Konferenz des Arbeitskreises 4 des
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rheinland-pfälzischen Innenministeriums, an der das Bundeskriminalamt und das
Bundesamt für Verfassungsschutz teilgenommen haben) der Ausschlussgrund des § 3
Nr. 8 IFG gegeben ist. Nach dieser Vorschrift besteht der Anspruch auf
Informationszugang nicht gegenüber Nachrichtendiensten sowie den Behörden und
sonstigen öffentlichen Stellen des Bundes, soweit sie Aufgaben im Sinne des § 10 Nr. 3
des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes (SÜG) wahrnehmen. Hieran fehlt es. Die BStU ist
kein Nachrichtendienst und auch keine sonstige öffentliche Stelle des Bundes, die
Aufgaben im Sinne des § 10 Nr. 3 SÜG wahrnimmt. § 10 Nr. 3 SÜG verweist auf Stellen,
die nach der Feststellung der Bundesregierung gemäß § 34 SÜG Aufgaben von
vergleichbarer Sicherheitsempfindlichkeit wahrnehmen. Die aufgrund § 34 SÜG
erlassene Sicherheitsüberprüfungsfeststellungsverordnung – SÜFV – vom 30. Juli 2003
(BGBl. I S. 1553) nennt als solche Stellen in § 1 nur den Bundesgrenzschutz, das
Bundeskriminalamt, die Bundeswehr sowie das Zollkriminalamt als Behörden des
Bundes, die Aufgaben von vergleichbarer Sicherheitsempfindlichkeit wie die
Nachrichtendienste des Bundes wahrnehmen.
cc) Die Beklagte hat nicht plausibel dargelegt, dass für die im Vorgang enthaltenen
Aufsatzentwürfe der Ausschlussgrund des § 6 Satz 1 IFG – Schutz des geistigen
Eigentums - gegeben ist. Zu der Frage, ob die Aufsatzentwürfe bereits ein Werk im Sinne
des § 2 Abs. 2 UrhG darstellen und damit auch eine gewisse geistige Höhe erreicht
haben, hat die Beklagte nichts vorgetragen. Für die Seiten 817- 820 (Zitatensammlung
als Aufsatzvorbereitung) ist dies ebenfalls auszuschließen, da es sich nach den eigenen
Angaben der Beklagten um eine bloße Sammlung handelt.
dd) Für die Seiten 2769 – 2778 (Schreiben der BStU an den Deutschen Bundestag) und
die Seiten 2840 – 2847 (Entwurf zu diesem Schreiben) sind die von der Beklagten
genannten Ausschlussgründe des § 3 Nr. 3 und 7 IFG und des § 4 IFG nicht gegeben. Die
Beklagte hat nicht dargelegt, dass und gegebenenfalls aus welchen Gründen die
Beratung der Behörde gegenwärtig noch (§ 3 Nr. 3 b IFG) oder gar der behördliche
Entscheidungsprozess (§ 4 IFG) beeinträchtigt wird. Ebenso fehlen Darlegungen zu § 3
Nr. 7 IFG dahin, welche vertrauliche Information erhoben oder übermittelt worden sein
soll und ob die vertrauliche Behandlung im Zeitpunkt des Antrags auf
Informationszugang noch fortbesteht.
b) Soweit der Kläger Zugang auch zu den in den Aufzeichnungen des Vorgangs
enthaltenen sogenannten „Meta-Daten“, mithin den personenbezogenen Informationen,
begehrt, richtet sich sein Anspruch nach den §§ 34, 37 Abs. 1 Nr. 5, 32 Abs. 3 StUG,
soweit er Zugang zu den im Vorgang ebenfalls enthaltenen Duplikaten von Unterlagen
der Staatssicherheit haben möchte, nach den §§ 34, 32 StUG. Insoweit hat der Kläger
jedoch lediglich einen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrages vom 29. Juni 2006.
aa) Der Antrag des Klägers vom 29. Juni 2006 bei der BStU umfasst bei objektivierter
Betrachtung (vgl. §§ 133, 157 BGB) den Zugang zu allen Informationen über die
„Gründung, Arbeit und Ergebnisse der Forschungsgruppe Rosenholz“ unabhängig davon,
nach welchem Gesetz die jeweilige Information zu beurteilen ist. Zwar beruft sich der
Kläger in seinem Antrag vom 29. Juni 2006 ausdrücklich (nur) auf das
Informationsfreiheitsgesetz und benennt – anders als es das Stasi-Unterlagen-Gesetz in
§§ 34 Abs. 1, 32 vorsieht – kein Thema, zu dem er recherchiert und für das er die
Informationen benötigt. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Kläger zu diesem
Zeitpunkt nicht wissen konnte, über welche Unterlagen die Beklagte im Einzelnen verfügt
und ob ein Teil der Informationen ggf. nach dem Stasi-Unterlagen-Gesetz zu beurteilen
ist. Er hat in seinem Antrag jedenfalls hinreichend deutlich gemacht, dass es ihm auf
sämtliche Informationen ankommt, die die Gründung, Arbeit und Ergebnisse der
ehemaligen Forschungsgruppe betreffen und war darüber hinaus bei der Beklagten als
Journalist, der zum Thema „Staatssicherheit in der DDR“ veröffentlicht, bekannt.
bb) Nach den §§ 34, 32 Abs. 1 StUG stellt die BStU für die Forschung bzw. für die
Verwendung durch die Presse zum Zwecke der politischen und historischen Aufarbeitung
der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes oder der Herrschaftsmechanismen der
ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik oder der ehemaligen sowjetischen
Besatzungszone sowie für Zwecke der politischen Bildung die dort näher bezeichneten
Unterlagen unter bestimmten Voraussetzungen zur Verfügung; § 32 Abs. 3 StUG regelt,
wann personenbezogene Informationen veröffentlicht werden dürfen.
Welche Unterlagen im Einzelnen welche personenbezogenen Informationen enthalten
und welche schutzwürdigen Interessen gegebenenfalls in die Abwägung nach § 32 Abs. 1
und 3 StUG einzustellen sind, lässt sich dem Vortrag des Beklagten nicht entnehmen.
Eine über die Bescheidung hinausgehende Verpflichtung kann das Gericht indes nicht
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Eine über die Bescheidung hinausgehende Verpflichtung kann das Gericht indes nicht
aussprechen; es sieht sich vielmehr aus folgenden Gründen daran gehindert,
Spruchreife der Sache herbeizuführen:
Das Verwaltungsgericht ist nach § 86 Abs. 1 VwGO zwar grundsätzlich verpflichtet, im
Rahmen des Klagebegehrens und des dadurch bedingten Streitgegenstandes alle für die
Entscheidung über das Klagebegehren maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen
Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs in eigener Verantwortung
festzustellen und die Streitsache in diesem Sinne spruchreif zu machen. Die Spruchreife
kann indes nicht hergestellt werden, wenn die Entscheidung von Fragen abhängt,
hinsichtlich derer der Behörde ein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum zusteht. Sie
kann aber auch dann nicht hergestellt werden, wenn die Behörde noch weitere
erhebliche Ermittlungen sowie umfangreiche tatsächliche und rechtliche Überlegungen -
ggf. unter gesetzlich vorgeschriebener Beteiligung Dritter, deren Namen dem Gericht
nicht bekannt sind und von diesem auch nicht ermittelt werden können - anstellen muss,
dies bisher aber noch nicht getan hat (vgl. zum sog. unechten Bescheidungsurteil:
BVerwG, Beschlüsse vom 4. Dezember 1974 – I WB 57.74 – BVerwGE 46, 356 [S. 359]
und 17. Juni 2003 – 4 B 14.03 –, BayVBl. 2004, 185 [S. 186]; VG München, Urteil vom 26.
September 1995 – M 16 K 93.4444 – NVwZ 1996, 410 [S. 412]; Wolff, in: Sodan/Ziekow,
VwGO, 2. Auflage 2006, § 113 Rn. 430 f.; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Auflage 2007, § 113
Rn. 197 ff.; vgl. auch Schmidt, in: Eyermann/Fröhler, VwGO, 12. Auflage 2006, § 113 Rn.
39; ablehnend Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Oktober
2008, § 113 Rn. 68 f.).
Diese umfangreichen weiteren Ermittlungen und Überlegungen insbesondere hinsichtlich
der Interessen zahlreicher ggf. gemäß § 32a StUG noch zu beteiligender Dritter, um
deren personenbezogene Informationen es hier geht, hat die Beklagte noch nicht
vorgenommen. Daher hat sie bisher auch nicht substanziiert hierzu dargelegt. Dies darf
nicht zu Lasten des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung der Dritten
gehen. Eine Verpflichtung der Beklagten zur Herausgabe der Informationen scheidet
deshalb aus. Vielmehr hat die Beklagte die bislang unterbliebene Aufklärung
nachzuholen. Sie hat bei ihrer Entscheidung, ob, in welcher Form und mit welchen
Maßgaben sie dem Kläger Duplikate von Stasi-Unterlagen oder sogenannte „Meta-
Daten“ zugänglich macht, die Anforderungen des Stasi-Unterlagen-Gesetzes sowie die
hierzu ergangene Rechtssprechung (vgl. insbesondere BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2004
– 3 C 41/03 – juris Rn. 50 ff., „Kohl II“) zu berücksichtigen. Soweit sie eine Abwägung zu
treffen hat, muss sie beachten, dass keine überwiegenden schutzwürdigen Interessen
der in den Unterlagen genannten Personen beeinträchtigt werden dürfen; es ist
insbesondere zu berücksichtigen, ob die Informationserhebung überwiegend auf einer
Menschenrechtsverletzung beruht (vgl. § 32 StUG).
Sollten sich im Vorgang weitere, dem Gericht bislang nicht vorgetragene
personenbezogene Daten befinden, die nicht dem StUG unterfallen, so hat die Beklagte
unter Beachtung der §§ 5 und 8 IFG Zugang zu personenbezogenen Informationen zu
gewähren, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige
Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der Dritte
einwilligt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1; 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis folgt
aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr.11, 711, 709 Satz 2 ZPO.
Die Berufung und die Sprungsrevision sind gemäß §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 132 Abs. 2 Nr.
1, 134 VwGO zuzulassen, weil der Zulassungsgrund der §§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 132 Abs. 2
Nr. 1 VwGO vorliegt. Die Frage, in welchem Verhältnis das Informationsfreiheitsgesetz
zum Stasi-Unterlagen-Gesetz steht, hat ebenso grundsätzliche Bedeutung wie die
Frage, ob ein Bescheidungsurteil ergehen kann, wenn das Gericht Spruchreife herstellen
müsste, dies aber nicht kann, weil hierzu umfangreiche tatsächliche Ermittlungen der
Behörde unter Beteiligung Dritter, deren Namen das Gericht nicht kennt und nicht
ermitteln kann, erforderlich sind.
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