Urteil des VG Berlin vom 01.01.1999

VG Berlin: wichtiger grund, beurlaubung, tochtergesellschaft, hauptsache, vergütung, betriebsübergang, erlass, besoldung, zwischenverfügung, aktiven

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Gericht:
VG Berlin 28.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
28 A 246.07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 2.500,-- Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antragsteller steht als Technischer Fernmeldehauptsekretär (BesGr. A 8) im
Beamtenverhältnis auf Lebenszeit im Dienst der Antragsgegnerin. Vom 1. Januar 1999
bis zum 31. Dezember 2003 sowie anschließend vom 1. Januar 2004 bis zum 31.
Dezember 2007 war er unter Wegfall der Besoldung beurlaubt für eine Tätigkeit bei einer
Tochtergesellschaft der Antragsgegnerin auf der Grundlage eines privatrechtlichen
unbefristeten Arbeitsvertrages. Die Tochtergesellschaft wechselte aufgrund von
Umbenennungen und Umstrukturierungsmaßnahmen mehrfach die Bezeichnung,
zuletzt hieß sie T-Systems Enterprise Services GmbH (T-Systems ES GmbH). Der
Antragsteller war dort als Sachbearbeiter im IT-Service-Bereich am Standort Bonn tätig.
Er gehörte dem Betrieb Shared Services der Service Unit IT-Operation an, der mit
Wirkung vom 1. Juli 2007 auf eine weitere Tochtergesellschaft, die T-Systems IT Alpha
GmbH (künftig T-Systems Regional Services and Solutions GmbH) überging. Nachdem
der Antragsteller dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die T-Systems IT Alpha
GmbH widersprochen hatte, stellte ihn die T-Systems ES GmbH mit Schreiben vom 17.
Juli 2007 von der Erbringung der Arbeitsleistung frei, weil eine Weiterbeschäftigung auf
dem bisherigen Arbeitsplatz nicht möglich sei, und kündigte die Prüfung einer
anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit an.
Den Antrag des Antragstellers auf weitere Beurlaubung vom 1. Januar 2008 bis 31.
Dezember 2012 für eine Tätigkeit bei der T-Systems ES GmbH lehnte die
Antragsgegnerin mit Schreiben vom 27. November 2007 mit der Begründung ab, bei der
T-Systems ES GmbH gebe es für den Antragsteller keine
Weiterbeschäftigungsmöglichkeit mehr. Die hiergegen erhobene Klage ist nach
Verweisung durch das Verwaltungsgericht Köln beim Verwaltungsgericht Berlin anhängig
(VG 28 A 247.07).
Im Rahmen des am 6. Dezember 2007beim Verwaltungsgericht Köln anhängig
gemachten und ebenfalls verwiesenen einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ist der
Antragsgegnerin im Wege der Zwischenverfügung aufgegeben worden, dem
Antragsteller bis zu einer Entscheidung des Gerichts in diesem Verfahren, längstens bis
zum 31. März 2008, weiteren Sonderurlaub ohne Dienstbezüge zu gewähren. Der
Antrag,
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, den
Antragsteller bis zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses bei T-Systems Enterprise
Services GmbH, hilfsweise bis zur Entscheidung in der Hauptsache gemäß § 13 Abs. 1
SUrlV weiter zu beurlauben,
hat jedoch keinen Erfolg. Mit diesem Antrag, der auf den Erlass einer
Regelungsanordnung im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO gerichtet ist, begehrt der
Antragsteller der Sache nach - wenn auch vorläufig und unter dem Vorbehalt der
Entscheidung in der Hauptsache - gerade das, was er im Klageverfahren erreichen
möchte. Eine solche Vorwegnahme der Hauptsache widerspricht dem Wesen und Zweck
des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens und kommt daher nur ausnahmsweise dann in
Betracht, wenn dies zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes im Sinne des Art.
19 Abs. 4 GG schlechterdings notwendig ist. Dies ist der Fall, wenn die sonst zu
erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar und im Hauptsacheverfahren
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erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar und im Hauptsacheverfahren
nicht mehr zu beseitigen wären und zudem ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für
einen Erfolg in der Hauptsache spricht. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der
Antragsteller nicht glaubhaft gemacht (§§ 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2 ZPO).
Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen
Prüfung lässt sich nicht feststellen, dass der Antragsteller einen Anspruch auf
Gewährung des begehrten Urlaubs hat. Nach § 13 Abs. 1 der Verordnung über den
Sonderurlaub für Bundesbeamtinnen, Bundesbeamte, Richterinnen und Richter des
Bundes (Sonderurlaubsverordnung - SUrlV -) kann Urlaub unter Wegfall der Besoldung
gewährt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und dienstliche Gründe nicht
entgegenstehen. Vorliegend ist bereits nicht mit der erforderlichen Sicherheit
feststellbar, dass ein wichtiger Grund für die Gewährung von Sonderurlaub vorliegt.
Anlass und Zweck der bisherigen Gewährung von Sonderurlaub für den Antragsteller war
dessen Tätigkeit bei einer Tochtergesellschaft der Antragsgegnerin, wobei nicht das
Vorliegen eines privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses, sondern die tatsächliche
Beschäftigungsmöglichkeit als maßgebend und damit als wichtiger Grund im Sinne von §
13 SUrlV anzusehen ist (vgl. VG München, Beschluss vom 20. Dezember 2007 - M 5 E
07.5661 -; VG Mainz, Beschluss vom 16. Januar 2008 – 6 L 901/07 -; vgl. auch OVG
Nordrhein Westfalen, Beschluss vom 24. August 2005 – 1 B 444/05 -, ZBR 2006, S. 58 ff.;
zitiert nach juris, Rn. 20 ff.). Es spricht viel dafür, dass diese Beschäftigungsmöglichkeit –
und damit der wichtige Grund für eine Beurlaubung - bei der T-Systems ES GmbH
fortgefallen ist, nachdem der Arbeitsbereich, in dem der Antragsteller tätig war, auf eine
andere Tochtergesellschaft übergegangen ist (vgl. zu parallelen Fallkonstellationen VG
Berlin, Beschlüsse vom 28. Dezember 2007 – VG 7 A 285.07 – und vom 10. Januar 2007
- VG 36 A 199.07 -). So hat die T-Systems ES GmbH dem Antragsteller bereits in ihrem
Informationsschreiben vom 15. Juni 2007 angekündigt, dass er auf seinem bisherigen
Arbeitsplatz nicht mehr beschäftigt werden könne, und ihn mit Schreiben vom 17. Juli
2007 von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt. Sie hat dem Antragsteller
seither weder eine neue Beschäftigung angeboten, noch hat sie ihn nach Auslaufen
seiner befristeten Beurlaubung erneut bei der Antragsgegnerin angefordert. Ob dennoch
- wie der Antragsteller meint - allein aus dem Umstand, dass (bisher) eine
betriebsbedingte Kündigung des Antragstellers unterblieben und ihm auch nicht offiziell
das Fehlen von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten mitgeteilt worden ist, auf das
Fortbestehen einer Beschäftigungsmöglichkeit geschlossen werden kann, bedarf ebenso
wenig einer weiteren Prüfung wie seine Behauptung, dass es konkrete
Einsatzmöglichkeiten für ihn gebe, wie etwa der Abschluss von Werkverträgen belege.
Denn selbst wenn bei der T-Systems ES GmbH tatsächlich eine
Beschäftigungsmöglichkeit für den Antragsteller bestehen sollte und diese als wichtiger
Grund für eine Beurlaubung anzusehen wäre, ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass das
Ermessen der Antragsgegnerin in der Weise reduziert wäre, dass allein die Gewährung
des beantragten Urlaubs rechtmäßig wäre. Im Hinblick auf die Stellung des
Antragstellers als Beamter im Dienst der Antragsgegnerin stellt die Gewährung von
Sonderurlaub zur Ermöglichung einer privatrechtlichen Tätigkeit außerhalb der
Antragsgegnerin einen Ausnahmefall dar, zu dem der Dienstherr in aller Regel nicht
verpflichtet ist. Etwas anderes könnte hier allenfalls dann gelten, wenn die
Antragsgegnerin dem Antragsteller durch die Ablehnung einer weiteren Beurlaubung die
einzige realistische Chance auf amtsangemessene Beschäftigung nehmen würde. Eine
solche – zum Zeitpunkt der gerichtlichen Zwischenverfügung vom 19. Dezember 2007 in
Betracht gezogene - Fallkonstellation hat der Antragsteller jedoch nicht glaubhaft
gemacht.
Hintergrund für den Wegfall des konkreten Arbeitsplatzes des Antragstellers bei der T-
Systems ES GmbH ist der Betriebsübergang auf die Tochtergesellschaft T-Systems IT
Alpha GmbH. Diese Entscheidung liegt im weiten Organisationsermessen der Deutschen
Telekom AG und ist auch im Hinblick auf davon ggf. betroffene beurlaubte Beamte nicht
als rechtsmissbräuchlich zu bewerten (vgl. auch hierzu VG München, a.a.O.; OVG
Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 14). Dieser Betriebsübergang war für den Antragsteller
verbunden mit dem Angebot, seine bisherige Beurlaubung zu widerrufen und ihm ab
dem 1. Juli 2007 nunmehr für eine Tätigkeit bei der T-Systems IT Alpha GmbH
Sonderurlaub zu gewähren. Dass der Antragsteller von dieser Möglichkeit keinen
Gebrauch gemacht, sondern sein Widerspruchsrecht wahrgenommen und dem
Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprochen hat, beruht auf seiner
eigenverantwortlichen Entscheidung. Das Angebot der Antragsgegnerin war dabei aus
beamtenrechtlicher Sicht für den Antragsteller nicht unzumutbar, weil ihm ein
amtsangemessener Tätigkeitsbereich - sein bisheriger Arbeitsplatz - angeboten wurde
und auch nicht ersichtlich ist, dass die Folgen des Betriebsübergangs für den
Antragsteller im Hinblick auf seine Beamtenstellung wirtschaftlich unzumutbar gewesen
wären. Dass der Antragsteller bei dem neuen Arbeitgeber voraussichtlich weniger
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wären. Dass der Antragsteller bei dem neuen Arbeitgeber voraussichtlich weniger
verdient hätte, als für einen Beamten seiner Besoldungsgruppe und Dienstaltersstufe
angemessen, hat der Antragsteller nicht vorgetragen. Dies ist angesichts des
Umstandes, dass der Antragsteller nach eigenen Angaben bei der T-Systems ES GmbH
eine Vergütung erhält, die monatlich fast 1.000,-- Euro über der ihm zustehenden
Beamtenbesoldung liegt, auch nicht ohne weiteres naheliegend. Das nachvollziehbare
Interesse des Antragsstellers, weiterhin in den Genuss dieser außerhalb des
Beamtenrechts liegenden Vergütung zu kommen, begründet jedoch keine besondere
fürsorgerische Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihm dies auch zu ermöglichen.
Da der Antragsteller mit Ende der Beurlaubung wieder im aktiven Dienstverhältnis zur
Antragsgegnerin steht, ist auch nicht glaubhaft gemacht, dass die begehrte einstweilige
Anordnung zur Abwendung unzumutbarer und irreparabler Nachteile erforderlich wäre.
Allein der Umstand, dass dem Antragsteller durch die Nichtverlängerung der
Beurlaubung möglicherweise die Grundlage für etwaige zukünftige arbeitsrechtliche
Maßnahmen gegen die T-Systems ES GmbH zur Verteidigung der – wie dargelegt -
beamtenrechtlichen nicht geschützten wirtschaftlichen Interessen entzogen wird, stellt
keinen beamtenrechtlich unzumutbaren Nachteil dar (vgl. auch hierzu VG München,
a.a.O.; VG Mainz, a.a.O.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht
auf §§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 1, GKG.
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