Urteil des VG Berlin vom 14.03.2017

VG Berlin: munition, besitz, erwerb, jäger, einstellung des verfahrens, herausgabe, waffengesetz, pistole, sicherstellung, sprengstoffgesetz

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Gericht:
VG Berlin 1. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 A 388.08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 41 Abs 1 ASOG BE 2006, § 38
ASOG BE 2006, § 52 WaffG, § 2
WaffG, § 13 WaffG
Klage auf Herausgabe beschlagnahmter Munition
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger verlangt die Herausgabe von 20 Schuss Munition „Black Talon“ 9 mm Luger.
Die Munition, die der Kläger im Internet über die Marktplattform „eGun“ erworben hatte,
wurde im Zuge eines Strafermittlungsverfahrens von der Staatsanwaltschaft Berlin
beschlagnahmt (Az.: 91 Js 3245/07). Nach Einstellung des Verfahrens gemäß § 170 Abs.
2 StPO forderte die Staatsanwaltschaft den Kläger mit Schreiben vom 10. März 2008
auf, die Munition bis zum 15. Mai 2008 in der Asservatenkammer des
Landeskriminalamts abzuholen. Als der Kläger dem am 24. April 2008 nachkommen
wollte, wurde ihm die Herausgabe mit der Begründung verweigert, es liege keine
Munitionserwerbsberechtigung vor. Der Kläger legte seinen Jagdschein und die
Waffenbesitzkarte vor, auf der unter anderem eine Selbstladebüchse 9 mm – eine
Langwaffe – sowie eine Pistole 9mm Para eingetragen sind. Der Kläger war der
Auffassung, dass es sich bei der beschlagnahmten Munition um solche für eine
Langwaffe handle, die für jagdliche Nachsuche geeignet sei und als Nachsuchwaffe
jagdlich genutzt werde. Er dürfe die Munition für diese Waffe ohne Erlaubnis besitzen, weil
Jäger gemäß § 13 Abs. 5 WaffG für den Erwerb und Besitz von Munition für Langwaffen
keiner Erlaubnis bedürften. Mit Schreiben vom 29. April 2008 teilte die
Staatsanwaltschaft Berlin der Aservatenstelle mit, dass eine Sicherstellung der Munition
für das Strafermittlungsverfahren nicht mehr in Betracht komme. Sollte eine
Herausgabe aus ordnungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht in Betracht kommen, so sei
diese Entscheidung unter Angabe der entsprechenden Rechtsgrundlage dem
Berechtigten eigenverantwortlich in dortiger Zuständigkeit mitzuteilen.
Mit Schreiben vom 29. Mai 2008 teilte der Polizeipräsident in Berlin – Landeskriminalamt
– dem Verfahrensbevollmächtigten des Klägers mit, dass man dessen Rechtsauffassung
nicht teile. Für die Definition der Munition für Langwaffen im Sinne von § 13 Abs. 5 WaffG
sei auf die Maßtafeln für Handfeuerwaffen und Munition abzustellen, die als Anlage 3 zur
3. WaffV am 10. Januar 2000 im Bundesanzeiger veröffentlicht worden seien und
mangels einer neuen Regelung bis heute Gültigkeit hätten. Die fragliche Munition Kaliber
9 mm Luger finde sich ausschließlich in Tabelle 3 der Maßtafeln unter der Überschrift
„Zentralfeuerpatronenmunition für Kurzwaffen/Kurzwaffen (Pistolen und Revolver)“. Es
handle sich deshalb um Kurzwaffenmunition, für deren Erwerb und Besitz auch Jäger
gemäß § 10 Abs. 3 WaffG einer gesonderten Erlaubnis in Form einer
Munitionserwerbsberechtigung oder eines Munitionserwerbsscheins bedürften. Eine
Aushändigung der Munition sei zum derzeitigen Stand ausgeschlossen.
Den am 5. Juni 2008 vorsorglich eingelegten Widerspruch des Klägers wies der
Polizeipräsident in Berlin mit Bescheid vom 28. Oktober 2008 zurück. Die Herausgabe
der Munition sei abgelehnt worden, weil der Kläger für den Erwerb der Munition keine
waffenrechtliche Erlaubnis habe. In § 13 Abs. 5 WaffG werde allein der Besitz von
Munition privilegiert, die für Langwaffen als „Jagdwaffen“ bestimmt sei. Bei der fraglichen
9 mm-Munition handle es sich originär um Kurzwaffenmunition, die lediglich für die
Verwendung in Langwaffen geeignet sei. Die Unterscheidung zwischen Munition für Lang-
und Kurzwaffen ergebe sich aus der Rechtsverordnungsermächtigung in § 14 Abs. 3 des
Beschussgesetzes und § 26 der Beschussverordnung vom 13. Juli 2006, der auf die
Maßtafeln in der Fassung vom 10. Januar 2000 verweise.
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Hiergegen hat der Kläger am 17. November 2008 Klage erhoben. Er ist der Auffassung,
dass er als Jäger, der eine entsprechend kalibrige Langwaffe führe, gemäß § 13 Abs. 5
WaffG keiner gesonderten Munitionserwerbserlaubnis bedürfe. Diese Regelung sei
abschließend. Anlage 1 zum Waffengesetz regle gemäß § 1 Abs. 4 WaffG alle
waffenrechtlichen Begriffsbestimmungen. Eine Unterteilung in Kurz- und
Langwaffenmunition sehe diese Anlage nicht vor und verweise auch nicht auf das
Beschussgesetz und die Maßtafeln. Die Definition der 3. Verordnung zum Waffengesetz
könne nicht zur Auslegung des § 13 Abs. 5 WaffG herangezogen werden. Dort gehe es
allein um Beschussprüfungen und Bauartzulassungen; die Regelung habe aber für die
Frage des Erwerbs der Munition keine Bedeutung. Auch das Beschussgesetz regle allein
die Munitionszulassung und nicht den Munitionserwerb. Unter Punkt 13.5 des Entwurfs
der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz sei aufgeführt, dass jeder
Jäger für Langwaffen geeignete Munition allein aufgrund eines gültigen Jahres- oder
Tagesjagdscheins erwerben könne. Die Auffassung des Beklagten würde zu unsinnigen
Ergebnissen führen: Nach den Maßtafeln seien die Kaliber 450 Marlin, 444 Marlin und
45/70 Govt. reine Langwaffenmunition und dürften damit von Jägern ohne
Munitionserwerbsberechtigung erworben werden, obwohl sie typischerweise von
Revolvern der Firmen Magnum Research verschossen und für Langwaffen nicht verwandt
würden. Umgekehrt existierten Langwaffen, die nur mit Kurzwaffenkaliber beschossen
werden könnten, wie z.B. 454 Casull, 44 und 357 Magnum. Es sei unerheblich, dass der
Kläger gleichzeitig im Besitz einer Pistole sei, mit der die streitbefangene Munition
verschossen werden könne, da er diese Munition allein für die Langwaffe gekauft habe.
Er sei Inhaber einer Wiederladeerlaubnis nach § 27 Sprengstoffgesetz und könne
Munition 9mm Luger ohnehin jederzeit selbst herstellen. Es sei deshalb unsinnig,
daneben für den Erwerb derartiger Munition eine Munitionserwerbsberechtigung zu
verlangen. § 10 Abs. 3 WaffG nehme nach seiner letzten Änderung Bezug auf die
Wiederladeerlaubnis nach dem Sprengstoffgesetz und sehe insoweit vom Erfordernis
einer gesonderten Munitionserwerbsberechtigung ab.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, die asservierten 20 Schuss Munition „Black Talon“
unter Aufhebung des Bescheids des Polizeipräsidenten in Berlin vom 29. Mai 2008 in
Form des Widerspruchsbescheids derselben Behörde vom 28. Oktober 2008 an ihn
herauszugeben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hält an seiner Rechtsauffassung fest. Die Erlaubnispflicht für
Kurzwaffenmunition, die auch eine Bedürfnisprüfung umfasse, würde leerlaufen, wenn ein
gültiger Jagdschein zum Erwerb von Kurzwaffenmunition ausreichen würde.
Waffenhändler dürften Kurzwaffenmunition nicht frei an Jäger verkaufen. Soweit der Jäger
– wie hier der Kläger – neben einer kleinkalibrigen Langwaffe auch eine Pistole besitze,
mit der dieselbe Munition verschossen werden könne, sei die Verwendung der Munition
für eine Langwaffe zu Jagdzwecken nicht mehr sichergestellt. Die Wiederladeerlaubnis
stelle allein die selbst hergestellte Munition vom Erfordernis einer
Munitionserwerbsberechtigung frei, nicht jedoch die streitbefangene, von einem Dritten
erworbene Munition.
Die Verwaltungspraxis zur Erfordernis einer Munitionserwerbsberechtigung für den
Erwerb von kleinkalibriger Munition für jagdliche Langwaffen ist nach Aktenlage im
Bundesgebiet uneinheitlich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten
wird ergänzend auf die Streitakte und den von der Beklagten eingereichten
Verwaltungsvorgang verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten
ist gemäß § 40 Abs. 1 VwGO eröffnet. Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche
Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art. Nachdem die Beschlagnahme der Munition
im Strafermittlungsverfahren aufgehoben war, erfolgte die Verweigerung der
Herausgabe auf ordnungsrechtlicher Grundlage. Richtige Klageart ist die
Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung des Beklagten über die
Herausgabe der Munition stellt einen Verwaltungsakt im Sinne von § 35 VwVfG dar. Die
einmonatige Klagefrist des § 74 Abs. 1 VwGO ist gewahrt.
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Die Klage ist aber unbegründet. Die Entscheidung des Polizeipräsidenten vom 29. Mai
2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 28. Oktober 2008
ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1
VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Herausgabe der Munition ohne Nachweis
einer Munitionserwerbsberechtigung.
Der Herausgabeanspruch des Klägers richtet sich nach § 41 Abs. 1 ASOG. Dessen
Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor.
Nach Beendigung der strafprozessualen Beschlagnahme der streitbefangenen Munition
kann der Beklagte deren Herausgabe nur verweigern, wenn man davon ausgeht, dass
die Munition konkludent auf ordnungsrechtlicher Grundlage sichergestellt worden ist.
Gemäß § 38 Nr. 1 ASOG kann die Polizei eine Sache sicherstellen, um eine gegenwärtige
Gefahr abzuwehren. Der Besitz von Munition ohne die erforderliche Erlaubnis ist strafbar
(§ 52 Abs. 3 Nr. 2 b) WaffG). Mit der Herausgabe der Munition an einen nicht zum Besitz
Berechtigten würde deshalb eine waffenrechtliche Gefahr verwirklicht. Sichergestellte
Sachen sind gemäß § 41 Abs. 1 ASOG an den Berechtigten herauszugeben, sobald die
Voraussetzungen für die Sicherstellung weggefallen sind. Die Herausgabe ist dagegen
ausgeschlossen, wenn dadurch erneut die Voraussetzungen für eine Sicherstellung
eintreten würden.
Die – implizit angenommene – Sicherstellung war rechtmäßig und der
Herausgabeanspruch ist ausgeschlossen, weil der Kläger für den Besitz der
streitbefangenen Munition einer Erlaubnis nach §§ 2 Abs. 2 WaffG, 10 Abs. 3 WaffG
bedürfte. Gemäß § 2 Abs. 2 WaffG ist der Umgang mit vom Gesetz erfasster Munition,
zu der die streitbefangene Munition gehört, erlaubnispflichtig. Zum Umgang zählt auch
der Erwerb und der Besitz (§ 1 Abs. 3 WaffG). Gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 WaffG wird die
Erlaubnis zum Erwerb und Besitz von Munition durch Eintragung in eine
Waffenbesitzkarte für die darin eingetragenen Schusswaffen erteilt. In den übrigen Fällen
wird die Erlaubnis durch einen Munitionserwerbsschein für eine bestimmte Munitionsart
erteilt (§ 10 Abs. 3 Satz 2 WaffG). Der Kläger verfügt für die streitbefangene Munition
über keine derartige Munitionserwerbsberechtigung.
Die in § 13 Abs. 5 WaffG geregelte Ausnahme von der Erlaubnispflicht für den Erwerb und
Besitz von Munition greift im vorliegenden Fall nicht ein.
Gemäß § 13 Abs. 5 WaffG bedürfen Jäger für den Erwerb und Besitz von Munition für
Langwaffen nach Absatz 1 Nr. 2 keiner Erlaubnis, sofern sie nicht nach dem
Bundesjagdgesetz verboten ist. Der Verweis auf § 15 Abs. 1 Nr. 2 WaffG in § 15 Abs. 5
WaffG nimmt Bezug auf die Klammerdefinition der „Jagdwaffen und –munition“.
Entscheidend für die Einordnung als Jagdwaffe und –munition ist neben dem Umstand,
dass sie nicht nach dem Bundesjagdgesetz verboten ist, ihre Zweckbestimmung zur
Ausübung der Jagd (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 1 WaffG). Bei der Langwaffe muss es sich um
eine Jagdwaffe und bei der zu erwerbenden Munition um Jagdmunition handeln; die
Munition muss für eine Langwaffe als Jagdwaffe bestimmt sein (Steindorf, Waffenrecht, 8.
Aufl. 2007, § 13 Rn. 10; Lehmann/Frieß/Lehle, Aktuelles Waffenrecht, 2002 ff., §13 WaffG
Rn. 29). Nur insoweit sollen Jäger beim Erwerb und Besitz von Munition privilegiert
werden, und nur insoweit benötigen sie keine Erwerbsberechtigung, weil sie bereits auf
ihre persönliche Zuverlässigkeit hin überprüft sind (Steindorf, a.a.O.), eine schwierige
Prüfung unter staatlicher Aufsicht abgelegt haben und sich der Bedarf an Schusswaffen
bei Jägern grundsätzlich auf die aus Gründen der öffentlichen Sicherheit weniger
gefährlichen Langwaffen (Flinten, Büchsen) beschränkt (so die Begründung des
Regierungsentwurfs, BT-Drs. 14/7758, S. 61 f.). Zum Erwerb und Besitz von Munition für
Kurzwaffen brauchen jedoch auch Jäger eine Erlaubnis, selbst wenn die Kurzwaffe zur
Jagd eingesetzt wird.
Das Waffengesetz definiert Langwaffen in Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 2.6
als Schusswaffen, deren Lauf und Verschluss in geschlossener Stellung insgesamt
länger als 30 cm sind und deren kürzeste bestimmungsmäßig verwendbare
Gesamtlänge 60 cm überschreitet. Eine Definition der Langwaffenmunition findet sich
demgegenüber weder im Waffengesetz noch in dessen Anhang noch in dazu erlassenen
Verordnungen. Die Maßtafeln, auf die sich der Beklagte bezieht, gelten allein im Rahmen
des Beschussgesetzes, das die Prüfung von Munition und die Bauartzulassung regelt.
Inwieweit die Kategorisierungen in Maßtafeln – also die Einordnung in bestimmte Tabellen
mit bestimmten Überschriften – im Beschussrecht normative Geltung erlangen, kann
dahin gestellt bleiben. Jedenfalls sind sie nicht maßgeblich für die Auslegung des § 13
Abs. 5 WaffG, also für die Frage, für welche Munition bei Jägern auf eine Erlaubnis zum
Erwerb und Besitz verzichtet wird. Es gibt keine abstrakt-generelle Klassifizierung der
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Erwerb und Besitz verzichtet wird. Es gibt keine abstrakt-generelle Klassifizierung der
Munition für Langwaffen zur Jagd. Eine ausnahmslos gültige Einteilung wäre auch nicht
möglich. Zwar ist Langwaffenmunition üblicherweise großkalibriger als
Kurzwaffenmunition. Es gibt aber – wie bei der Selbstladebüchse Kaliber 9 mm des
Klägers – Langwaffen, die typische Kurzwaffenmunition verschießen, und umgekehrt
Kurzwaffen mit einem für Langwaffen typischen großen Kaliber. Abzustellen ist mangels
einer abstrakt-generellen Klassifizierung auf die im Einzelfall im Besitz des Jägers
befindlichen, zur Jagd vorgesehenen Langwaffen. Die dafür bestimmte Munition (vgl. den
Wortlaut des § 15 Abs. 1 WaffG) soll von der Erlaubnispflicht freigestellt werden. Deshalb
kann beim Munitionserwerb durch Jäger die Vorlage des Jagdscheins nicht in jedem Fall
ausreichen; vielmehr hat der Jäger in Zweifelsfällen nachzuweisen, dass er eine
Langwaffe für Jagdzwecke besitzt, für die die zu erwerbende Munition geeignet ist.
Daraus, dass auf die im Einzelfall im Besitz des Jägers befindlichen Waffen abzustellen
ist, folgt gleichzeitig, dass „Munition für Langwaffen“ im Sinne von § 13 Abs. 5 WaffG
nicht abstrakt-generell ausschließlich für Langwaffen geeignet sein muss. Unter die
Bestimmung fällt auch solche Munition, die sowohl für Kurz- als auch für Langwaffen
verwendbar ist (doppelfunktionale Munition), solange im Einzelfall feststeht, dass die
Munition ausschließlich zur Verwendung in einer Langwaffe zu Jagdzwecken bestimmt ist.
Das ist der Fall, wenn der Jäger im Einzelfall nachweist, dass er im Besitz einer Langwaffe
ist, die diese doppelfunktionale Munition benötigt, und soweit sichergestellt ist, dass die
Munition vom Jäger nur mit dieser Waffe für Jagdzwecke verschossen wird. Die
ausschließliche Verwendung der doppelfunktionalen Munition in einer Langwaffe zu
Jagdzwecken ist nicht mehr gewährleistet, wenn der Jäger gleichzeitig im Besitz einer
Pistole ist, mit der dieselbe Munition verschossen werden kann. In einem solchen Fall
benötigt der Jäger zum Erwerb der Munition eine Erwerbsberechtigung. Allein diese
Auslegung wird Sinn und Zweck des § 15 Abs. 5 WaffG gerecht, da ein Jäger anderenfalls
erlaubnisfrei Munition für eine Kurzwaffe erwerben könnte. Im vorliegenden Fall greift
damit im Ergebnis die Ausnahme des § 13 Abs. 5 WaffG nicht ein, weil der Kläger zwar im
Besitz einer Langwaffe ist, für die sich die Munition 9 mm Luger eignet, gleichzeitig aber
auch im Besitz einer Pistole ist, mit der dieselbe Munition verschossen werden kann.
Damit ist die ausschließliche Verwendung der Munition in der Langwaffe zu Jagdzwecken
nicht sichergestellt.
Eine Ausnahme vom Erfordernis einer Munitionserwerbsberechtigung ergibt sich auch
nicht aus dem Umstand, dass der Kläger nach seinen Angaben über eine
Wiederladeerlaubnis nach § 27 Sprengstoffgesetz verfügt. Zwar bestimmt der durch
Gesetz vom 26. März 2008 eingeführte § 10 Abs. 3 Satz 3 WaffG, dass die Erlaubnis zum
nicht gewerblichen Laden von Munition im Sinne des Sprengstoffgesetzes auch als
Erlaubnis zum Erwerb und Besitz dieser Munition gilt. Unter „dieser Munition“ ist aber
nur solche zu verstehen, die der Wiederlader selbst hergestellt hat und nicht solche, die
er in fertigem Zustand von Dritten erwirbt. Insoweit geht § 10 Abs. 3 Satz 3 WaffG nicht
über die durch Gesetz vom 15. Juni 2005 eingeführte Regelung des § 27 Abs. 1a
SprengstoffG hinaus. Danach gilt eine Erlaubnis zum Laden und Wiederladen von
Patronenhülsen auch als Erlaubnis zum Erwerb und Besitz der dabei hergestellten
Munition nach § 10 Abs. 3 WaffG. Für diese Auslegung spricht auch die
Gesetzesbegründung zu § 10 Abs. 3 Satz 3 WaffG. Danach wird für nicht gewerbliche
Wiederlader der Munitionserwerbsschein durch die entsprechende sprengstoffrechtliche
Genehmigung zum Laden von Munition substituiert (BT-Drs. 16/7717, S. 19). Die
sprengstoffrechtliche Genehmigung kann aber den Munitionserwerbsschein nur so weit
ersetzen, wie sie reicht. Wenn der Gesetzgeber die Absicht gehabt hätte, nicht
gewerbliche Wiederlader vollständig vom Erfordernis einer Erlaubnis zum Erwerb und
Besitz von Munition freizustellen, hätte er dies klar und eindeutig so regeln können und
müssen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Berufung wurde zugelassen,
weil die entscheidungserhebliche Frage der Anwendung des § 13 Abs. 5 WaffG auf
doppelfunktionale Munition grundsätzliche Bedeutung hat.
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