Urteil des VG Berlin vom 01.12.2007

VG Berlin: körperschaft, wahlrecht, konzil, vizepräsident, haushalt, ausschreibung, beratung, universität, kandidatur, rechtsgutachten

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Gericht:
VG Berlin 12.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 A 244.08, VG 12 A
244.08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 61 Nr 2 VwGO, § 42 Abs 2
VwGO, § 51 Abs 1 HSchulG BE, §
63 Abs 1 HSchulG BE, § 57 Abs
3 HSchulG BE
Kostenübernahmepflicht einer Hochschulkörperschaft für
Rechtsgutachten eines Organs
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger in Höhe von 1.096,54 Euro nebst 4
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 1. Dezember 2007 von der
Kostenforderung RE-Nr. 261/2007 vom 18. Oktober 2007 der Rechtsanwaltskanzlei M. T.
freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten tragen von den Kosten des Verfahrens jeweils die Hälfte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die
Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aus
dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige
Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils
zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung für ein von ihm in Auftrag gegebenes
anwaltliches Rechtsgutachten.
Der Kläger war im streiterheblichen Zeitpunkt als Student Mitglied des Akademischen
Senats sowie des Konzils der Beklagten für die Statusgruppe der Studierenden, deren
Statusgruppensprecher er zugleich war.
Im Jahre 2007 wurden an der Beklagten zwei Stellen für Vizepräsidentinnen bzw.
Vizepräsidenten vor Ende der Amtszeit vakant. Mitte 2007 hatte sich herausgestellt,
dass der im Februar 2007 zum Vizepräsidenten für Studium und Internationales
gewählte Prof. Dr. M. sein Amt aus gesundheitlichen Gründen nicht antreten konnte und
dass der Vizepräsident für Forschung Prof. Dr. P. aufgrund seiner Wahl zum Präsidenten
der Technischen Universität Darmstadt die Beklagte zum Ende des Sommersemesters
2007 verlassen werde. Der Vorsitzende des Kuratoriums beauftragte mit Schreiben vom
15. Juni 2007 Prof. Dr. N. mit der kommissarischen Wahrnehmung der Aufgaben des
Vizepräsidenten für Studium und Internationales sowie mit Schreiben vom 28.
September 2007 Prof. Dr. L. mit der kommissarischen Wahrnehmung der Aufgaben des
Vizepräsidenten für Forschung. In der Sitzung vom 14. September 2007 verständigte
sich das Kuratorium darauf, in den wegen der erforderlichen Neuwahlen
vorzunehmenden Ausschreibungen für die Vizepräsidentenstellen einen Hinweis „auf die
Kandidatur des kommissarisch tätigen Vizepräsidenten“ aufzunehmen.
Mit Schreiben vom 2. Oktober 2007 an den Vizepräsidenten für Haushalt, Technik und
Personal machte der Kläger in seiner Eigenschaft als Statusgruppensprecher rechtliche
Bedenken gegen den Ausschreibungstext sowie gegen die Interimspraxis der sog.
kommissarischen Vizepräsidenten geltend. Da die Beteiligungsrechte der
wahlberechtigten Konzilsmitglieder beschnitten seien, habe die Konzilsgruppe der
Studierenden beschlossen, eine rechtliche Prüfung anzustrengen. Daher werde eine
Kostendeckungszusage in Höhe von ca. 3.900,00 Euro für eine Organstreitigkeit vor dem
Verwaltungsgericht einschließlich der rechtsanwaltlichen Beratung und Vertretung
erbeten.
Noch in der ersten Oktoberwoche fand eine Besprechung zwischen dem Kläger und dem
Vizepräsidenten für Haushalt, Technik und Personal statt, bei dem über die rechtlichen
Probleme, nicht aber über den Antrag auf Kostenübernahme gesprochen wurde.
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Der Vizepräsident für Haushalt, Technik und Personal lehnte unter dem 8. Oktober 2007
eine Kostenübernahme u.a. mit der Begründung ab, dass eine Klagebefugnis der
Studierendengruppe nicht gegeben sei und diese sich an die Rechtsaufsichtsbehörde
wenden könne.
Der Kläger beauftragte in seiner Eigenschaft als Statusgruppensprecher der
Statusgruppe der Studierenden mit Schreiben vom 10. Oktober 2007 Rechtsanwalt T.
mit der Erstellung einer kurzgutachterlichen Stellungnahme zu den Erfolgsaussichten
einer Organklage gegen das Präsidium der Beklagten.
Der beauftragte Rechtsanwalt legte unter dem 16. Oktober 2007 dem Kläger die
Stellungnahme vor. Darin bejahte er die Klagebefugnis der Mitglieder des Konzils, legte
dar, dass eine Rechtsgrundlage für die Übertragung vakant gewordener
Aufgabenbereiche an Mitglieder der Hochschule, die nicht selbst Mitglied des Präsidiums
sind, nicht ersichtlich sei, und dass der Hinweis in dem Ausschreibungstext auf einen
„amtierenden“ Vizepräsidenten irreführend sei, wodurch geeignete Bewerber und
Bewerberinnen von der Beteiligung am Wahlverfahren abgeschreckt werden könnten, so
dass die Verletzung der Rechte der Konzilsmitglieder möglich sei.
Nach Vorlage des Gutachtens führte der Kläger ein Gespräch mit dem
Kuratoriumsvorsitzenden über die im Gutachten angesprochenen rechtlichen Probleme.
In dessen Folge wurde der Ausschreibungstext dahingehend geändert, dass sich die
Professoren bewerben, „die zurzeit die Amtsgeschäfte führen“.
Der beauftragte Rechtsanwalt stellte dem Kläger unter dem 18. Oktober 2007 eine
Kostennote für die Erstellung des Gutachtens in Höhe von 2.193,07 Euro aus. Der Kläger
übermittelte diese Kostennote dem Vizepräsidenten für Haushalt, Technik und Personal
mit der Bitte um Kostenübernahme. Diese lehnte der Vizepräsident mit Schreiben vom
21. November 2007 ab. Auch eine erneute Prüfung aufgrund des rechtsanwaltlichen
Schreibens vom 23. Januar 2008 führte zu keiner anderen Entscheidung.
Mit der am 1. April 2008 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein
Begehren weiter.
Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus: Er habe als Teil des Organs „Konzil“ einen
Anspruch auf Erstattung der Kosten, die im Zusammenhang mit der Geltendmachung
von Rechten stehen, die ihm aus der Mitgliedschaft dieses Organs erwachsen. Das
Gutachten kläre im Interesse der Körperschaft liegende Rechtspositionen. Das von ihm
in Gang gesetzte Verfahren sei weder mutwillig noch sachwidrig gewesen. Die
Rechtsverletzung des Klägers als Teil des Konzils liege in der Beeinträchtigung von
Wahlrechten. Denn die streitgegenständlichen Entscheidungen der Hochschulleitung
sowie des Kuratoriums hätten die Wahlentscheidung bzw. das Wahlrecht des Klägers
faktisch unterminiert, indem Wahlämter durch dafür nicht gewählte Personen ausgeübt
und auf Beschluss des Kuratoriums abschreckende Ausschreibungen für Wahlämter
veröffentlicht worden seien. Dem Kläger sei es nicht zuzumuten gewesen, vor
Einschaltung des Rechtsanwalts bei der Rechtsaufsichtsbehörde eine Stellungnahme zu
erwirken. Es komme für die Erstattungspflicht der Beklagten auch nicht darauf an, ob ein
gerichtliches Verfahren tatsächlich anhängig gemacht worden sei.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, die Kostennote der Rechtsanwaltskanzlei M. vom 18.
Oktober 2007 für die rechtsanwaltliche Beratung des Klägers als Statusgruppensprecher
in Höhe von 2.193,07 Euro nebst Zinsen in Höhe von 4 % über dem Basiszinssatz seit
dem 1. Dezember 2007 zu zahlen,
hilfsweise festzustellen,
dass dem Kläger in seiner Funktion als Statusgruppensprecher der Statusgruppe
der Studierenden sowie als Mitglied des Akademischen Senats und des Konzils der
Beklagten ein Ausgleichsanspruch für die Inanspruchnahme rechtsanwaltlicher Beratung
über den Umfang und die Reichweite seiner mitgliedschaftrechtlichen Rechte zusteht.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus: Bei der Klage handele es sich um einen
unzulässigen In-sich-Prozess. Im Übrigen sei die Klage unbegründet, weil eine
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unzulässigen In-sich-Prozess. Im Übrigen sei die Klage unbegründet, weil eine
Kostentragungspflicht der Beklagten erst dann bestehe, wenn eine konkrete
Rechtsverletzung erkennbar sei. Dies sei im Hinblick auf die Wahlrechte des Konzils hier
nicht ersichtlich. Die beiden vakanten Positionen im Bereich des Präsidiums hätten
verwaltet werden müssen. Eine vorübergehende Übertragung bestimmter Aufgaben sei
zulässig. Die diesbezügliche Vollmachtserteilung durch den Präsidenten berühre nicht
die Rechte des Konzils. Es sei auch nicht erkennbar, dass der Ausschreibungstext die
Rechte des Konzils verletze, denn das Konzil sei lediglich für die Wahl der
Präsidiumsmitglieder auf Vorschlag des Kuratoriums zuständig. Die Ausschreibung liege
im Verantwortungsbereich des Kuratoriums, nicht des Konzils. Ein etwaiger Verstoß
gegen das Bewerberverfahren könne die Rechte der Bewerber, nicht aber die Rechte des
Klägers als Konzilsmitglied verletzen. Im Übrigen habe das Konzil in seiner Gesamtheit
keinen Beschluss gefasst, die vom Kläger aufgeworfenen Fragen rechtsanwaltlich prüfen
zu lassen.
Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung persönlich gehört worden. Hinsichtlich
seiner Ausführungen wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Entscheidungsgründe
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Streitakte sowie des Verwaltungsvorgangs verwiesen, die vorgelegen haben und
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Die Klage ist zulässig (1.) und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet
(2.).
Im Übrigen ist sie unbegründet (3.).
1. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft, da die Beklagte über die
Auszahlung des in Rechnung gestellten Betrages keine Regelung im Sinne eines
Verwaltungsaktes treffen muss.
Der Kläger ist entsprechend § 61 Nr. 2 VwGO beteiligtenfähig. Als Teil des Konzils, eines
Organs der beklagten Körperschaft (vgl. § 51 Abs. 1 BerlHG) kann er ihm zustehende
Mitgliedschaftsrechte geltend machen (vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 5.
Oktober 1981 - 3 R 87.80 -, NVwZ 1982, 140; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29.
August 1984 - 7 A 19.84 -, NVwZ 1985, 283;). Die Herleitung der Beteiligtenfähigkeit für
Organe einer Körperschaft gilt auch für Streitigkeiten über die materielle
Kostentragungspflicht für körperschaftsinterne Organstreitigkeiten (vgl. VGH Baden-
Württemberg, Beschluss vom 17. September 1984 - 9 S 1076.84 -, NVwZ 1985, 284).
Der Kläger ist auch entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt, denn es ist nicht
auszuschließen, dass er aus seinen Mitgliedschaftsrechten, insbesondere aus dem
Wahlrecht (vgl. § 63 Abs. 1 BerlHG, § 8 der Verfassung der Humboldt-Universität Berlin
vom 22. November 2005, Amtliches Mitteilungsblatt der Beklagten Nr. 28/2006 vom 19.
Juni 2006) einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für das Rechtsgutachten herleiten
kann.
2. Die Klage ist lediglich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Der grundsätzlich bestehende Anspruch des Klägers als Teil des Organs „Konzil“
gegenüber der beklagten öffentlich-rechtlichen Körperschaft folgt daraus, dass Kosten
aus Streitigkeiten, die von Organen allein im Rahmen ihrer im öffentlichen Interesse
liegenden Aufgaben geführt werden, von der öffentlich-rechtlichen Körperschaft zu
decken sind (vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 5. Oktober 1981 - 3 R 87.80 -,
NVwZ 1982, 140). Denn die beteiligten Funktionsträger verfolgen oder verteidigen
Rechtspositionen, die ihnen zwar zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung zugewiesen
sind, dennoch aber im ausschließlichen Interesse der juristischen Person begründet
worden sind und ausgeübt werden dürfen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.
November 1991 - 15 A 1046.90 -, NVwZ-RR 1993, 263, 264 f.).
Ein Kostenübernahmeanspruch setzt nicht voraus, dass die Kosten im Zusammenhang
mit einem gerichtlichen Organstreitverfahren entstanden sind. Vielmehr gelten die
dargestellten Grundsätze des Kostenausgleichs auch bei außergerichtlichen
Auseinandersetzungen, wenn es um die Verteidigung der im Körperschaftsinteresse
zugewiesenen Kompetenzen geht. Ist in einem solchen Fall eine anwaltliche Beratung
notwendig, so fällt der dadurch im Innenverhältnis zu dem beauftragten Rechtsanwalt
verursachte finanzielle Aufwand zunächst dem Organ bzw. dem Organwalter zur Last.
Dieser handelt aber nicht im eigenen, sondern im fremden Interesse der Körperschaft,
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Dieser handelt aber nicht im eigenen, sondern im fremden Interesse der Körperschaft,
weil er eine letztlich ihr zuzurechnende Aufgabe wahrnimmt. In gleicher Weise wie bei
einer gerichtlichen Austragung des Streits entspricht es deshalb der materiellen
Rechtslage, dass die Körperschaft die Kosten ihres Organwalters grundsätzlich
auszugleichen hat (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12. November 1991 - 15 A
1187.89 -, NVwZ-RR 1993, 266).
Das Organ bzw. der Organwalter kann allerdings nicht voraussetzungslos Kosten für
einen Rechtsstreit bzw. für eine außergerichtliche Auseinandersetzung von der
Körperschaft, der er angehört, ersetzt verlangen. Zunächst ist erforderlich, dass der
Kläger Rechte geltend machen kann, die ihm in seiner Funktion als Teil eines Organs der
Beklagten zustehen. Es muss somit bei der Auseinandersetzung um die Verteidigung
innerorganischer Kompetenzen bzw. um die Verfolgung und Geltendmachung
körperschaftsinterner Mitwirkungsbefugnisse gehen. Die Verfolgung subjektiver Rechte,
die dem Kläger als Person zustehen, genügt ebenso wenig wie die Geltendmachung
einer bloß objektiven Rechtswidrigkeit der im Einzelfall angegriffenen Handlung. Der
Kläger darf mit seinem der Beauftragung des Rechtsanwalts zugrunde liegenden
Begehren nicht über die „Verfolgung seiner Mitgliedschaftsrechte im Wege
körperschaftsinternen Organstreits hinausgegriffen“ haben (VGH Baden-Württemberg,
Beschluss vom 17. September 1984, a.a.O.). Der Kostenerstattungsanspruch darf
allerdings nicht davon abhängig gemacht werden, dass die im Einzelfall geltend
gemachten körperschaftsinternen Rechte tatsächlich bestanden haben bzw. tatsächlich
verletzt worden sind. Es genügt vielmehr, dass der Kläger dies schlüssig geltend
gemacht hat (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12. November 1991, a.a.O.).
Des Weiteren darf das Führen eines Organstreits bzw. die Hinzuziehung eines
Rechtsanwalts, um die Organrechte innerhalb der Körperschaft wirkungsvoller geltend
machen zu können, nicht mutwillig sein. Mutwilligkeit liegt dann vor, wenn ein
verständiger Beteiligter, der die Kosten des Rechtsstreits selbst tragen müsste, von dem
Führen eines Streitverfahrens bzw. von der Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes
absehen würde, wenn auf das Klären der Streitfrage im Binnenbereich ohne sachlichen
Grund verzichtet worden ist oder wenn die Klärung der Frage im aktuellen Kontext des
Streits bedeutungslos ist (vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 5. Oktober 1981,
a.a.O.; VG Gießen, Urteil vom 14. Dezember 2005 - 8 E 1066.05 -, Juris).
Gemessen an den dargelegten Grundsätzen stellt sich der vom Kläger geltend
gemachte Kostenübernahmeanspruch als zum Teil gerechtfertigt dar:
Der Kläger hat einen Anspruch auf Übernahme der Kosten durch die Beklagte, soweit er
den Rechtsanwalt beauftragt hat, zu prüfen, ob der Ausschreibungstext des Kuratoriums
für die Vizepräsidentenwahlen im Hinblick auf den Zusatz, wonach der amtierende
Vizepräsident seine Bereitschaft zur Kandidatur erklärt habe, gegen geltendes Recht
verstoße. Denn der Kläger hat schlüssig dargelegt, dass er sich in seinem Wahlrecht aus
§ 57 Abs. 3 des Berliner Hochschulgesetzes - BerlHG - in der Neufassung vom 13.
Februar 2003 (GVBl. S. 82), in der hier maßgeblichen Fassung vom 12. Juli 2007 (GVBl.
S. 278) sowie aus § 13 Abs. 1 der Verfassung der Humboldt-Universität zu Berlin vom
22. November 2005 - im Folgenden: VerfHU - (Amtliches Mitteilungsblatt der Beklagten
Nr. 28/2006 vom 19. Juni 2006) beeinträchtigt sieht. Die genannten Vorschriften sehen
vor, dass die Vizepräsidenten vom Konzil gewählt werden. Es ist nicht auszuschließen,
dass das genannte Wahlrecht des Klägers durch den fehlerhaften Zusatz in der
Ausschreibung verletzt ist. Dieser Zusatz, wonach der „amtierende“ Vizepräsident seine
Bereitschaft zur Kandidatur erklärt habe, entsprach nicht den Tatsachen, denn die
Aufgaben des Vizepräsidenten wurden lediglich von einem – nicht gewählten - Dritten
kommissarisch wahrgenommen. Es ist denkbar, dass potentielle Bewerber durch diesen
fehlerhaften Hinweis – dass nämlich der amtierende, und damit vom Konzil bereits
gewählte, Vizepräsident kandidiere - von einer Bewerbung abgeschreckt werden. Der
Kläger hat insoweit schlüssig dargetan, dass er sich in seinem Wahlrecht verletzt sieht,
weil die durch die irreführende Ausschreibung abgeschreckten Interessenten sich nicht
bewerben und somit nicht zur Wahl stehen.
Die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts war auch nicht mutwillig. Der Kläger hat
gegenüber dem Präsidium seine Bedenken geäußert. Spätestens mit der Bitte um
Kostenübernahme in seinem Schreiben vom 2. Oktober 2007 war für die
Hochschulleitung erkennbar, dass die studentischen Mitglieder des Konzils den
Ausschreibungstext monieren. Noch vor Beauftragung des Rechtsanwaltes hatte der
Kläger ein Gespräch mit dem Vizepräsidenten für Haushalt zur Problematik der
Ausschreibungen und der kommissarischen Aufgabenwahrnehmung. Es war entgegen
der Ansicht der Beklagten vom Kläger auch nicht zu verlangen, vorher Rechtsrat bei der
Aufsichtsbehörde einzuholen. Denn zum einen bedurfte es aus Sicht des Klägers einer
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Aufsichtsbehörde einzuholen. Denn zum einen bedurfte es aus Sicht des Klägers einer
raschen rechtlich fundierten Stellungnahme, um auf das bereits in Gang gesetzte
Ausschreibungsverfahren Einfluss nehmen zu können, zum anderen ist es Aufgabe der
Aufsichtsbehörde, eine objektive Rechtmäßigkeitskontrolle auszuüben und sich im
Einzelfall an die Körperschaft bzw. an das Organ zu wenden, nicht aber gutachterliche
Stellungnahmen für einen einzelnen Funktionsträger abzufassen. Die Möglichkeit,
Missstände der Aufsichtsbehörde anzuzeigen, hindert das Organ nicht an der
selbständigen Geltendmachung eigener Rechte. Der Kläger kann auch nicht auf eine
mögliche (nachträgliche) Wahlanfechtung gemäß § 26 der Wahlordnung der Humboldt-
Universität zu Berlin (HUWO) vom 23. Oktober 2007 (Amtliches Mitteilungsblatt der
Beklagten Nr. 1/2008 vom 21. Januar 2008) verwiesen werden. Es ist bereits fraglich, ob
eine fehlerhafte - in der Kompetenz des Kuratoriums liegende (vgl. § 34 Abs. 2 HUWO) -
Ausschreibung mit einem Einspruch gemäß § 26 Abs. 3 HUWO erfolgreich angegriffen
werden könnte. Unabhängig davon, nimmt die Möglichkeit der späteren Wahlanfechtung
dem Organ bzw. Organwalter nicht das Recht, seine aus der Organstellung fließenden
Rechte gegenüber anderen Organen bzw. gegenüber der Körperschaft im Vorfeld der
Wahl unmittelbar geltend zu machen.
3. Die Klage ist allerdings insoweit unbegründet, als der Kläger die Wahrnehmung von
Wahlämtern durch nicht gewählte Personen rügt sowie seine Rechte als Mitglied des
Akademischen Senats verletzt sieht.
a) Denn die vom Kläger kritisierte Praxis der kommissarischen Wahrnehmung der
Aufgaben der Vizepräsidenten durch nicht dem Präsidium angehörende Hochschullehrer
berührt nicht das Wahlrecht des Klägers. Auch wenn diese Praxis der Beklagten
Rechtsfragen aufwirft, ist es entgegen der Ansicht des Klägers nicht erkennbar, dass sie
die Wahlentscheidung des Klägers unterminiert. Denn der Kläger hatte bei den
vormaligen Wahlen der Vizepräsidenten sein Wahlrecht ausgeübt. Dieses Wahlrecht
verleiht indes keinen Anspruch auf Einflussnahme auf die Art und Güte der Amtsführung
oder auf die tatsächliche Dauer derselben. Nachdem wegen schwerwiegender
Erkrankung bzw. wegen Hochschulwechsels zwei Stellen für Vizepräsidenten bzw.
Vizepräsidentinnen vakant geworden sind, bestand lediglich ein Anspruch auf Neuwahl.
Der Kläger könnte allenfalls die Verletzung dieses Anspruchs, beispielsweise wegen
Verzögerung oder Nichtansetzen einer Neuwahl, rügen. Darum geht es hier aber nicht.
Denn die Mitglieder des Kuratoriums hatten im September 2007, nachdem endgültig
fest stand, dass die beiden gewählten Vizepräsidenten ihr Amt nicht mehr ausüben
können, die Neuwahl beschlossen. Durch die Einleitung des Wahlverfahrens und die
anschließenden Wahlen der Vizepräsidenten im Konzil im Februar 2008 wurden die
Rechte des Klägers als Mitglied des wahlberechtigten Konzils gewahrt. Ein darüber
hinausgehendes Kontrollrecht des Klägers gegenüber der Amtsführung des Präsidenten
bzw. des Kuratoriumsvorsitzenden, der die Professoren L. und N. mit der
kommissarischen Wahrnehmung der Vizepräsidentenaufgaben beauftragt hat, besteht
nicht.
b) Es ist auch nicht erkennbar, dass die aus der Mitgliedschaft des Klägers im
Akademischen Senat resultierenden Rechte verletzt sind. Die vom Kläger geltend
gemachten einzelnen Informations- und Stellungnahmerechte, die sich aus der
Verfassung der Beklagten ergeben (vgl. §§ 5, 6, 12, 39 VerfHU), sind durch die Praxis der
kommissarischen Wahrnehmung der Vizepräsidentenaufgaben nicht tangiert.
4. Da der Umfang des Anspruchs des Klägers umfassend im Rahmen des Hauptantrags
geprüft wurde, ist auf den im Hinblick auf § 43 Abs. 2 VwGO unzulässigen Hilfsantrag
nicht einzugehen.
5. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 3, 288 Abs. 1 BGB. Die im
Auftragsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Rechtsanwalt entstandenen
Verzugszinsen sind Bestandteil des Kostenübernahmeanspruchs des Klägers.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Hiernach waren die Kosten
zu teilen, weil sich das in Auftrag gegebene und die streitigen Kosten verursachende
Gutachten ungefähr zur Hälfte mit der vom Kläger kritisierten Ausschreibung und zur
anderen Hälfte mit der Frage der kommissarischen Wahrnehmung von
Vizepräsidentenaufgaben auseinandersetzt. Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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