Urteil des VG Berlin vom 03.07.2008

VG Berlin: besonders verwerflich, schweres verschulden, extensive auslegung, miete, wohnung, notlage, gestaltung, quelle, verbrauch, gesetzesänderung

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Gericht:
VG Berlin 21.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
21 A 192.07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 123 Abs 1 VwGO, § 18 Nr 6
WoGG
Wohngeldanspruch bei Verbrauch eigenen Vermögens
Tenor
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Bezirksamts Charlottenburg-
Wilmersdorf von Berlin vom 8. Dezember 2006 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2007 verpflichtet, dem Kläger Wohngeld ab
November 2006 in Höhe von 208,-- Euro/monatlich zu gewähren.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher
Höhe leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Wohngeld für die Zeit ab November
2006.
Der Kläger bewohnt seit dem 1. Januar 2000 die Wohnung W. in 1…B. aufgrund eines
Dauermietvertrages nach dem Tod der Vormieterin, in den er als Erbe eingetreten ist,
allein. Er lebt erklärtermaßen von dem Verzehr und den Erträgen seines Vermögens,
das aus dem Verkauf seines Betriebes, einer Abfindung und einem Grundstücksverkauf
zwischen 1997 und 2001 stammt, sowie geringfügig auch durch An- und Verkauf von
Wertpapieren. Er hat seit Januar 2000 in unterschiedlicher Höhe Wohngeld bezogen,
zuletzt in Höhe von 208,- Euro monatlich für die Zeit von November 2005 bis Oktober
2006. Der Beklagte lehnte den Wohngeldantrag für die Zeit ab November 2006 durch
Bescheid vom 8. Dezember 2006 gemäß § 18 Nr. 6 WoGG mit der Begründung ab, bei
Geld- und Wertpapieranlagen von ca. 82.314,- Euro sei die Inanspruchnahme von
Wohngeld missbräuchlich. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf VV Bl. 184 f.
verwiesen.
Den Widerspruch wies der Beklagte durch Bescheid vom 13. Juni 2007 zurück, auf
dessen Begründung verwiesen wird (VV Bl. 195 ff.). Hiergegen richtet sich die Klage, mit
der der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Sein Vorbringen hat er vertieft und dahin
ergänzt, sein liquides Barvermögen liege nach Abzug der bestehenden Schulden bzw.
Verbindlichkeiten weit unter der vom Beklagten angenommenen Wertgrenze. Auf GA 12
ff. wird verwiesen.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des BA Charlottenburg-
Wilmersdorf von Berlin vom 8. Dezember 2006 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2007 zu verpflichten, dem Kläger ab November
2006 Wohngeld zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der
Streitakte verwiesen. Der den Kläger betreffende Wohngeldvorgang hat ebenfalls zur
mündlichen Verhandlung vorgelegen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid, mit dem der Beklagte die
Gewährung von Wohngeld abgelehnt hat, ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in
seinen Rechten, so dass das Gericht ihn aufzuheben und die Verpflichtung des
Beklagten auszusprechen hat, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, da die
Sache spruchreif ist (§ 113 Abs. 1 bzw. Abs. 5 VwGO).
Gemäß § 18 Nr. 6 WoGG besteht ein Anspruch auf Wohngeld nicht, soweit die
Inanspruchnahme missbräuchlich wäre. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
Das Gericht teilt nicht die Auffassung des Beklagten, der sich auf die Rechtsprechung
des VG München (Urteile vom 3. Juli 2002 - M 22 K 01.2623 - und vom 12. Juli 2007 - M
22 K 07.792, zitiert nach juris) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschluss
vom 4. Mai 2005 - 9 ZB 05.1654 -) berufen kann, die Inanspruchnahme von Wohngeld
dürfte in Fällen eines entsprechend großen Vermögens im Sinne von § 18 Nr. 6 WoGG
regelmäßig missbräuchlich sein.
Das Gericht geht bei Auslegung und Anwendung des Missbrauchstatbestandes von
folgenden Grundsätzen aus, die es zuletzt in seinem den Beteiligten bekannten Urteil
vom 4. Oktober 2007 - VG 21 A 301.05 - (ZMR 2008, 671) dargestellt hat:
„Diese Vorschrift (früher § 18 Abs. 3 WoGG) hat ihre bis heute gültige Fassung durch das
5. Gesetz zur Änderung des WoGG vom 4. August 1980 (BGBI. 1 S. 1158/GVBI. S. 1599)
und das Haushaltsbegleitgesetz 1983 vom 20. Dezember 1982 (BGBI. 1 S. 1857/GVBI.
S. 2187) erhalten. Sie löste § 18 Satz 1 und 2 2. WoGG in der zuletzt geltenden Fassung
vom 29. August 1977 (BGBI. 1 S. 1685/GVBI. S. 1949) ab. Danach war Wohngeld (als
Mietzuschuss) versagt worden, soweit seine Gewährung zur Vermeidung sozialer Härten
nicht erforderlich ist (Satz 1); dies galt nach Satz 2 insbesondere, 1. soweit die
Familienmitglieder, die dieselbe Wohnung bewohnen, infolge eigenen schweren
Verschuldens außerstande sind, die Miete zu bezahlen, oder 2. soweit
Familienmitgliedern, die dieselbe Wohnung bewohnen, aufgrund besonderer Umstände
des Einzelfalles zugemutet werden kann, die Miete zu bezahlen.
Bei § 18 Abs. 3 WoGG a. F. hat sich der Gesetzgeber nach der Amtlichen Begründung
(vgl. BT-Drs. 9/3903, S. 83) von folgenden Erwägungen leiten lassen:
„Im Absatz 3 wird als allgemeiner Ablehnungsgrund eine rechtsmissbräuchliche
Inanspruchnahme des Wohngeldes aufgeführt. Die Vorschrift ersetzt den geltenden § 18
Satz 1. Dessen weite, extensive Auslegung zulassende Fassung („Wohngeld wird
versagt, soweit seine Gewährung zur Vermeidung sozialer Härten nicht erforderlich ist„)
hat zu unterschiedlicher Rechtsanwendung geführt und Anlass zu zahlreichen
Verwaltungsprozessen gegeben. Von der Sachverständigenkommission für das
Sozialgesetzbuch beim BMA sind gegen die geltende Regelung darüber hinaus
rechtsstaatliche Bedenken erhoben worden. Das BVerwG hat in einer Reihe von
Entscheidungen inzwischen zu einzelnen Fragen (z.B. Berücksichtigung von BAföG-
Darlehen und nicht ausgeschöpften Unterhaltsansprüchen) eine weitgehend gefestigte
Rechtsprechung entwickelt. Diese hatte jedoch wiederum nicht geringe Erschwernisse für
den Verwaltungsvollzug zur Folge. Die Änderung trägt somit zu größerer
Rechtssicherheit und Verwaltungsvereinfachung bei. Die Anregungen der
Sachverständigenkommission für das Sozialgesetzbuch sind in geeigneter Weise
berücksichtigt. Durch das Abstellen auf den Rechtsmissbrauch als Ablehnungsgrund
werden nur noch die wenigen Fälle die Anwendung von Absatz 3 erforderlich machen, in
denen beim Antragsteller besonders vorteilhafte, nach den Regeln über die
Einkommensermittlung noch nicht erfasste vermögensweite Rechtspositionen (z.B. ohne
Schwierigkeiten zu realisierende Unterhaltsansprüche) oder sonst zu missbilligende
Verhaltensweisen bestehen."
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 25. September 1992 - 8 C 68.
und 70.90 - BVerwGE 91, 82 grundsätzlich entschieden, dass die Inanspruchnahme von
Wohngeld im Sinne des § 18 Abs. 3 WoGG missbräuchlich ist, wenn sie auf einen
Sachverhalt gestützt wird, der in seiner ungewöhnlichen Beschaffenheit nur aus dem Ziel
des Wohngeldbezuges zu erklären, d.h. um dieses Zieles willen gleichsam konstruiert ist.
Das Gericht ist dieser Rechtsprechung gefolgt (vgl. VG Berlin, Urteil vom 23. Februar
1994 - VG 21 A 970.91 - ZMR 1994, 346). Soweit es zur Auslegung und Anwendung des
§ 18 Abs. 3 WoGG a. F. die Auffassung vertreten hat, zur Annahme einer
missbräuchlichen Inanspruchnahme reichten beim Antragsteller allgemein „zu
missbilligende Verhaltensweisen" aus, die ihrerseits nicht das besondere Gewicht eines
Missbrauchs haben müssten (vgl. Urteil vom 11. Dezember 1991 - VG 21 A 347.89;
Urteil vom 3. Juni 1992 - VG 21 A 833.89 - ZMR1993, 194; Urteil vom 23. Februar 1994 -
VG 21 A 970.91 - ZMR 1994, 346 und Urteil vom 20. April 1994 - VG 21 A 934.91 -), ist
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VG 21 A 970.91 - ZMR 1994, 346 und Urteil vom 20. April 1994 - VG 21 A 934.91 -), ist
es von dieser Auffassung abgerückt (vgl. Urteil vom 14. Dezember 2000 - VG 21 A 82.99
- S. 5 f. des Amtl. Abdr.). Hierfür war die Erkenntnis maßgebend, dass der Gesetzgeber
mit dem Änderungsgesetz von 1980 den Tatbestand einer durch eigenes schweres
Verschulden bedingten Notlage bewusst aufgegeben hat, und die Annahme
missbräuchlicher Inanspruchnahme nicht voraussetzt, dass dem Antragsteller ein
sittenwidriges, sonstwie verwerfliches oder sogar auf einen versuchten Betrug
hinauslaufendes Verhalten vorzuwerfen ist (BVerwG 91, 82 [87 f.]). Im Übrigen gelten für
die Anknüpfung an allgemein zu missbilligende Verhaltensweisen die gleichen Bedenken,
die auch gegen den Begriff des schweren Verschuldens erhoben worden sind. Die
Rechtsprechung des BVerwG hatte nämlich klargestellt, dass mit diesem Ausdruck nur
ein vorwerfbares Verhalten gemeint sein kann, das ursächlich für die Notlage der Familie
ist, sofern sich dieses Verhalten aus rechtlichen oder moralischen Gründen als
besonders verwerflich darstellt. Für den für erheblich erklärten Schuldvorwurf, der mit
dem Wort „schwer“ besonders qualifiziert wird, bedarf es jedoch fester und allgemein
anerkannter Maßstäbe, die gesetzlichen Regelungen oder dem Sittengesetz
entnommen werden können (BVerwGE 44, 278 [279 f]; 41, 220 [224]; 23, 331 [336]). Die
Annahme eines besonders verwerflichen Verhaltens beschränkte sich nach dieser
Rechtsprechung auf Fälle wie etwa der beispielhaft erwähnten Trunksucht und des
Lotterlebens (BVerwGE, 41, 224) und reduzierte damit die Anwendung der Vorschrift auf
praktisch - zumal mit den Erkenntnismöglichkeiten der Wohngeldämter - kaum
feststellbare besonders tadelnswerte Extremfälle menschlichen Verhaltens. Allgemein zu
missbilligende Verhaltensweisen sind als Voraussetzung des Missbrauchs auch oder erst
recht bedenklich unscharf. Feste und allgemein anerkannte Maßstäbe zur Beurteilung
dessen, was nach allgemeiner Anschauung und Rechtsüberzeugung zu missbilligen ist,
sind nicht ersichtlich.
Das Bundesverwaltungsgericht hat daher zu Recht in seiner neueren Rechtsprechung
auf den speziellen Zusammenhang zwischen der missbräuchlichen Inanspruchnahme
und dem WoGG abgestellt. Die Erfüllung des Tatbestandes hängt dann davon ab, ob die
Gesamtumstände des Einzelfalles den Schluss gebieten, die Gewährung von Wohngeld
widerspreche bei dieser Sachlage der Intention des Gesetzes. Das wiederum ist der Fall,
wenn sich der Antragsteller ... ungewöhnlich verhält und sich dieser Ungewöhnlichkeit
wegen die Annahme aufdrängt, die Grundlage des Wohngeldanspruchs sei (ggf. insoweit)
gleichsam „künstlich" oder „konstruiert" (BVerwGE 91, 82 [88]). Die Missbilligung muss
das besondere Gewicht eines Missbrauchs haben (vgl. OVG Berlin, Urteil vom 19. August
1993 - OVG 6 B 9.92 - S. 7 des Amtl. Abdr.). Damit wird dem Anliegen der Neuregelung
von § 18 Abs. 3 WoGG a.F. entsprochen, den Missbrauchstatbestand zu Gunsten einer
vereinfachten Umsetzung in der Verwaltungspraxis einzuschränken und im Wesentlichen
auf die vergleichsweise seltenen Fälle zu beschränken, in denen die Inanspruchnahme
von Wohngeld auf einen gekünstelten Sachverhalt gestützt wird, der vom Antragsteller
gleichsam zu diesem Zweck konstruiert worden ist (vgl. OVG Berlin, Urteil vom 23. April
1999 - OVG 3 B 3.94 - S. 19 des Amtl. Abdr.).“
Anhand dieser Vorgaben kann das Gericht nicht feststellen, die Inanspruchnahme von
Wohngeld durch den Kläger wäre missbräuchlich. Der Beklagte stellt entscheidend
darauf ab, der Kläger habe zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der Antragstellung
(BVerwGE 84, 278) über ein Vermögen von mehr als 81.000,- Euro verfügt und
überschreite daher eine angenommene Vermögensgrenze von 61.000,- Euro, die sich
an § 18 Abs. 1 Nr. 3 WoGG a.F. orientiere. Nach dieser Vorschrift wurde Wohngeld nicht
gewährt, wenn ein zum Haushalt rechnendes Familienmitglied im Jahr der Stellung des
Antrages auf Wohngeld Vermögensteuer zu entrichten hat. Das war bei natürlichen
Personen nach §§ 6, 9 VermStG bei einem steuerpflichtigen Vermögen von mehr
120.000,- DM der Fall. Im Hinblick auf BVerfGE 93, 121 zur Frage der Vereinbarkeit von
Vorschriften des Vermögensteuergesetzes mit Art. 3 GG wird seit dem 1. Januar 1997
Vermögensteuer nicht mehr erhoben. § 18 Abs. 1 Nr. 3 WoGG a.F. wies seitdem keinen
Regelungsgehalt mehr auf und wurde durch Nr. 11 des Gesetzes zur Änderung des
Wohngeldgesetzes und anderer Gesetze vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2671)
ersatzlos gestrichen. In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu wörtlich (vgl. BT-Drs.
14/1523, S. 186):
„Abs. 1 Nr. 3 a.F. soll gestrichen werden: Die bisherige Regelung zum Wegfall des
Wohngeldanspruchs bei Entrichtung von Vermögensteuer kann entfallen, da dieser
Steuertatbestand inzwischen gestrichen wurde. Eine materielle Änderung liegt insoweit
nicht vor, da die Inanspruchnahme von Wohngeld in Fällen eines entsprechend großen
Vermögens regelmäßig missbräuchlich im Sinne der neuen Nummer 6 (bisheriger § 18
Abs. 3) sein dürfte.“
Das Gericht teilt nicht die Auffassung, im Hinblick auf diese Begründung sei davon
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Das Gericht teilt nicht die Auffassung, im Hinblick auf diese Begründung sei davon
auszugehen, der Missbrauchstatbestand könne bei einem entsprechend großen
Vermögen des Antragstellers erfüllt sein. Der Beklagte misst der Gesetzesbegründung,
die obendrein über den Regelungsgehalt der in Rede stehenden Gesetzesänderung
hinausgreift, eine Bedeutung zu, die ihr nicht zukommt. Zwar kann man ihr entnehmen,
die Verfasser des Gesetzentwurfs hätten als Folge der Neuregelung eine Anwendung des
Missbrauchstatbestandes bei einem „entsprechend großen Vermögen“ nicht nur als
rechtlich möglich, sondern sogar regelmäßig für angezeigt gehalten. Allerdings erweckt
das konjunktivische „dürfte“ den Anschein einer gewissen Unsicherheit über die
rechtliche Belastbarkeit dieser Annahme. Ob dies zutrifft, kann jedoch dahingestellt
bleiben. Denn auch eine aus der Gesetzesbegründung belegbare Vorstellung, mit der
Neufassung des Gesetzes weiterreichende als die ausdrücklich geregelten Änderungen
herbeizuführen, sozusagen als Ersatz für den Wegfall des § 18 Abs. 1 Nr. 3 WoGG a.F.,
hätte im Gesetz selbst einen Anhalt finden müssen. Das ist hier nicht der Fall. Den
Gesetzesmaterialien kann neben den herkömmlichen Auslegungsmethoden nur eine
ergänzende oder klarstellende Bedeutung zukommen. Bloße Anhaltspunkte in Form von
Äußerungen in den Materialien reichen nicht aus, eine den Empfänger von
Sozialhilfeleistungen belastende Änderung der Gesetzeslage zu bewirken, wenn sie im
Gesetzestext selbst keinen Ausdruck findet. Nach § 31 SGB I dürfen Rechte und Pflichten
in den Sozialleistungsbereichen dieses Gesetzbuchs nur begründet, festgestellt,
geändert oder aufgehoben werden, soweit ein Gesetz es vorschreibt oder zulässt (vgl. zu
Vorstehendem BVerwGE 116, 161 [166 f.]). Eine den Anforderungen des
Gesetzesvorbehalts genügende gesetzliche Grundlage für die angefochtenen Bescheide
des Beklagten besteht nicht.
§ 18 Abs. 1 Nr. 3 WoGG a.F. bestätigte als Ausnahmevorschrift das wohngeldrechtliche
Grundprinzip, dass es allein auf das Einkommen und nicht auf das Vermögen ankommt
(§§ 2, 9 ff., Anlagen). Denn der Wohngeldanspruch errechnet sich aus der
Gegenüberstellung des monatlichen Gesamteinkommens zu der zu berücksichtigenden
monatlichen Miete oder Belastung. Der spätere Verbrauch eines Vermögens ist keine
Einnahme im wohngeldrechtlichen Sinne (vgl. BVerwGE 108, 296 zu § 76 BSHG:
Sozialhilferechtlich ist Einkommen alles das, was jemand im Bedarfszeitraum wertmäßig
dazuerhält und Vermögen das, was er in der Bedarfszeit bereits hat. Deshalb ist z.B. ein
in einem früheren Zeitraum angefallenes Einkommen nach allgemeinen
Sozialleistungsgrundsätzen im maßgebenden Einkommensermittlungszeitraum kein
Einkommen. Es bedarf daher z.B. einer klaren und eindeutigen gesetzlichen Regelung
zur Zurechnung eines früher angefallenen Einkommens zu einem späteren
Einkommensermittlungszeitraum (vgl. zu § 11 Abs. 4 WoGG VG Berlin, ZMR 2006, 571).
Dies würde erst recht für die Anrechnung von Vermögen auf den Wohngeldanspruch
gelten. Der Gesetzgeber hatte daher mit § 18 Abs. 1 Nr. 3 WoGG a.F. einen
eigenständigen Versagungsgrund bei Entrichtung von Vermögensteuer geschaffen.
Dessen hätte es nicht bedurft, wenn darin zugleich eine missbräuchliche
Inanspruchnahme von Wohngeld zu sehen gewesen wäre. Dieser Versagungsgrund
unterliegt vielmehr seinen eigenen Gesetzmäßigkeiten, die oben dargestellt sind.
Danach verbietet sich die Annahme, steuerpflichtiges Vermögen stelle als solches eine
missbräuchliche Inanspruchnahme von Wohngeld dar. Auszugehen ist davon, dass nicht
jede Handlung oder gewählte rechtliche Gestaltung, die in ihrer Konsequenz zum
Entstehen (oder zu einer Erhöhung) eines Wohngeldanspruchs führt, deshalb den
Tatbestand missbräuchlichen Verhaltens erfüllt (BVerwGE 91, 83 [87] unter
Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 29. November 1991 - 8 C 104.89 - Buchholz
454.71 § 41 WoGG Nr. 2). Sprechen objektiv einleuchtende außerwohngeldrechtliche
Gründe für die Vornahme einer Handlung oder Wahl einer Gestaltung, kann also das
Wohngeld als Zweck für eine Vorgehensweise hinweggedacht werden, ohne dass diese
als solche unverständlich wird, scheidet von vornherein die Annahme eines
missbräuchlichen Verhalten aus (vgl. BVerwGE, a.a.O.). So liegt es hier. Es kann nicht
zweifelhaft sein, dass auch ein „entsprechend großes Vermögen“ für sich genommen
keinen wohngeldrechtlichen Bezug hat, wie der vorliegende Sachverhalt nur bestätigen
kann. Damit fehlt es hier an der erforderlichen Rechtsgrundlage.
Auch das vom Beklagten angeführte öffentliche Interesse an der Verhinderung „sozialer
Schieflagen“ in Folge der Streichung des § 18 Abs. 1 Nr. 3 WoGG a.F. führt zu keiner
anderen Beurteilung. Die Regelungen des Wohngeldrechts über die
Einkommensanhängigkeit eines Wohngeldanspruchs haben nur insoweit den
wirtschaftlichen Bedarf des begünstigten Personenkreises im Blick. Wann ein Bedarf bzw.
eine Mangellage aus wohngeldrechtlicher Sicht im Hinblick auf Einkommen des
Antragstellers besteht, regeln (allein) die §§ 9 ff. WoGG (vgl. BVerwGE 116, 161 [168]).
Die Sache war auch spruchreif (vgl. zu diesem Erfordernis BVerwGE 69, 198) und
deshalb auf die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung von Wohngeld in der
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deshalb auf die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung von Wohngeld in der
bisherigen Höhe von 208,- Euro monatlich ab November 2006 für den
Regelbewilligungszeitraum von zwölf Monaten (§ 27 Abs. 1 WoGG) zu erkennen.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 154 Abs. 1, 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708
Nr. 11, 711 ZPO.
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