Urteil des VG Berlin vom 13.03.2017

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Gericht:
VG Berlin 26.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
26 A 59.07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 5 Abs 3 ErzUrlV, § 5 Abs 2
ErzUrlV, § 6 Abs 2 ErzUrlV
Anspruch einer Beamtin auf Erstattung privater Kranken- und
Pflegeversicherungsbeiträge während der Elternzeit
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des
auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor
der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden
Betrages leistet.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Erstattung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung,
die sie während der Elternzeit leistete.
Die Klägerin, die - seit dem 7. September 2006 als Studiendirektorin (Bes.Gr. A 15) - im
Schuldienst des Beklagten steht und beihilfekonform privat kranken- und
pflegeversichert ist, nahm nach der Geburt ihres Sohnes M. am 29. Mai 2006 in der Zeit
vom 16. Oktober 2006 bis 1. Juni 2007 Elternzeit in Anspruch. Ihr wurde Erziehungsgeld
nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz gewährt, das ab dem siebten Lebensmonat
ihres Sohnes in voller Höhe gezahlt wurde.
Unter dem 6. Dezember 2006 beantragte die Klägerin unter Bezugnahme auf § 5 Abs. 3
der Elternzeitverordnung (EltZV) in der bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Fassung
(EltZV 2006) die Erstattung der Beiträge zu ihrer Kranken- und Pflegeversicherung für
die Dauer der Elternzeit. Diesen Antrag lehnte die Senatsverwaltung für Bildung,
Wissenschaft und Forschung mit Bescheid vom 29. Januar 2007 ab und führte zur
Begründung aus: Ein Anspruch nach § 5 Abs. 3 EltZV 2006 setze - wie der Formulierung
„über die Erstattung nach Abs. 2 hinaus“ zu entnehmen sei - voraus, dass auch die
tatbestandlichen Voraussetzungen des Absatzes 2 dieser Vorschrift erfüllt seien. Dies
sei jedoch bei der Klägerin nicht der Fall, da sie im Monat vor Beginn der Elternzeit die
Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung überschritten habe.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und machte geltend, ihr stehe der geltend
gemachte Anspruch zu, da dieser allein an den Bezug von Erziehungsgeld geknüpft sei.
Diesen Widerspruch wies die Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung
mit Widerspruchsbescheid vom 12. März 2007 unter Vertiefung des Vorbringens im
Ausgangsbescheid zurück.
Mit ihrer am 10. April 2007 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr
Begehren fort, zu dessen Begründung sei anführt: § 5 Abs. 3 EltZV 2006 stelle
ausweislich seines Wortlauts eine gegenüber § 5 Abs. 2 EltZV 2006 eigenständige
Regelung mit eigenen, abschließend und ausdrücklich aufgeführten
Anspruchsvoraussetzungen dar. Die in § 5 Abs. 3 EltZV 2006 enthaltene Erwähnung des
vorangehenden Absatzes beziehe sich allein auf die Höhe der gewährten Leistung und
habe klarstellenden Charakter. Hätte der Verordnungsgeber die Erstattung in voller
Höhe an die Anspruchsvoraussetzungen des Absatzes 2 knüpfen wollen, hätte er dies
ausdrücklich geregelt; in diesem Fall sei es zudem regelungstechnisch und
terminologisch einfacher gewesen, eine entsprechende Regelung einheitlich in Absatz 2
der Vorschrift zu treffen.
Die Klägerin beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der Senatsverwaltung für Bildung,
Wissenschaft und Forschung vom 29. Januar 2007 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 12. März 2007 zu verpflichten, ihr auf
ihren Antrag vom 6. Dezember 2006 für die Dauer der Elternzeit die Beiträge zur
Kranken- und Pflegeversicherung zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezog er sich auf die Gründe der angefochtenen Bescheide.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten
wird auf den Inhalt der Streitakte sowie der Verwaltungsvorgänge des Beklagten (2 Bd.
Personalakten, 1 Widerspruchsvorgang) verwiesen, die vorgelegen haben und – soweit
erheblich – Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Das Gericht hat durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin entschieden, weil die
Kammer ihr den Rechtsstreit gemäß § 6 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) durch
Beschluss übertragen hat.
Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist als Verpflichtungsklage zulässig, aber unbegründet.
Der angefochtene Bescheid, mit dem die begehrte Beitragserstattung abgelehnt wurde,
ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten; dieser steht ein
entsprechender Anspruch nicht zu (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO).
Die begehrte Beitragserstattung richtet sich nach § 5 Abs. 3 der Verordnung über die
Elternzeit für Bundesbeamtinnen, Bundesbeamte, Richterinnen und Richter des Bundes
(Elternzeitverordnung, EltZV), der gemäß § 42 Abs. 5 des Landesbeamtengesetzes
Berlin in Verbindung mit § 6 Abs. 2 EltZV auf die – wie der Sohn der Klägerin – vor dem 1.
Januar 2007 geborenen Kinder in der bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Fassung
(EltZV 2006) weiter anzuwenden ist. Nach dieser Vorschrift werden auf Antrag die
Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherungen der Beamtinnen oder des Beamten,
soweit sie auf einen auf den Beihilfebemessungssatz abgestimmten Prozentsatz
entfallen, einschließlich etwaiger darin enthaltener Altersrückstellungen, über die
Erstattung nach Absatz 3 der Vorschrift hinaus in voller Höhe erstattet, wenn
nachgewiesen wird, dass ab dem 7. Lebensmonat des Kindes volles Erziehungsgeld
zusteht (1. Halbsatz). Nach Absatz 2 dieser Vorschrift werden Beamtinnen und Beamte
für die Dauer der Elternzeit die Beiträge für ihre Kranken- und Pflegeversicherung bis zu
monatlich 31,00 € erstattet, wenn ihre Dienstbezüge vor Beginn der Elternzeit die
Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht überschritten
haben oder überschritten hätten.
Vorliegend ist die Klägerin zwar beihilfekonform privat- und pflegeversichert und hat
nachgewiesen, vom 7. Lebensmonat ihres Sohnes an volles Erziehungsgeld erhalten zu
haben. Ihr Antrag auf Beitragserstattung scheitert jedoch daran, dass ihre nach der
Besoldungsgruppe A 15 bemessenen Dienstbezüge – was zwischen den Beteiligten zu
Recht unstreitig ist – im Monat vor Beginn des Erziehungsurlaubs die
Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung überschritten. Denn
§ 5 Abs. 3 EltZV 2006 ist im Kontext mit Absatz 2 dieser Vorschrift im Wege der
Auslegung zu entnehmen, dass die Beitragserstattung in voller Höhe neben den in
Absatz 3 aufgeführten zusätzlichen Voraussetzungen die Erfüllung der
Tatbestandsmerkmale des Absatzes 2 voraussetzt.
Dies regelt zwar § 5 Abs. 3 Satz 1 1. HS EltZV 2006 nicht ausdrücklich. Jedoch ist der
Wendung „über die Erstattung nach Abs. 2 hinaus“ bei sachgerechter Auslegung zu
entnehmen, dass eine volle Beitragserstattung nur erfolgen soll, wenn von Amts wegen
eine Erstattung nach § 5 Abs. 2 EltZV 2006 – unter den dort geregelten
Voraussetzungen – gewährt wurde (so auch VG Magdeburg, Urteil vom 11. November
2002 – 8 A 42/09 -, juris, dort Rdnr. 16 in einem obiter dictum sowie Weber/Banse: Das
Urlaubsrecht des öffentlichen Dienstes, I/5, § 5 EltZV Rdnr. 11 Nr. 2 sowie Rdnr. 13). Eine
über die eindeutige Formulierung „in voller Höhe“ hinausgehenden Erläuterung des
Umfangs des Erstattungsbetrages im Verhältnis zu § 5 Abs. 2 EltZV 2006 bedurfte es -
auch zu Klarstellungszwecken - nicht. Soweit die Klägerin auf der Ebene systematischer
Auslegung für ihr Verständnis des § 5 Abs. 3 EltZV 2006 als eigene Anspruchsgrundlage
darauf verweist, der geltend gemachte Erstattungsanspruch sei in einem eigenen
Absatz geregelt, ist diese Argumentation keineswegs zwingend. Denn die Regelung in
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Absatz geregelt, ist diese Argumentation keineswegs zwingend. Denn die Regelung in
zwei unterschiedlichen Absätzen lässt sich ebenso gut damit begründen, dass der
Anspruch nach § 5 Abs. 2 EltZV 2006 von Amts wegen, der nach Absatz 3 dieser
Vorschrift jedoch nur auf Antrag gewährt wird. Dieses Auslegungsergebnis wird
maßgeblich durch die Zielrichtung bestätigt, die mit den in Rede stehenden Regelungen
zur Beitragserstattung während der Elternzeit verfolgt wird. Denn Sinn und Zweck von §
5 Abs. 2 und Abs. 3 EltZV 2006 ist erkennbar eine annähernde Gleichstellung der
Beamtinnen und Beamten mit gesetzlich Krankenversicherten, die während der
Elternzeit in den Genuss einer kostenfreien Krankenversicherung kommen, sofern sie die
Grenzen zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung
unterschreiten (vgl. das von der Klägerin angeführte Urteil des VG Berlin vom 24. August
2006 – VG 28 A 225.04 -, S. 6 des Entscheidungsabdruckes, VG Magdeburg, a.a.O.
Rdnrn. 14 f. sowie Weber/Banse, a.a.O. Rdnr. 13). Ergänzend sei darauf hingewiesen,
dass diese Zielrichtung auch in der derzeit gültigen Fassung des § 5 Abs. 3 EltZV
erkennbar ist, wobei der Verordnungsgeber die erhöhten, an den Bezug von Elterngeld in
einer bestimmten Höhe anknüpfenden Voraussetzungen gegenüber der bis zum 31.
Dezember 2006 geltenden Fassung insoweit verschärft hat, als über das Unterschreiten
der Versicherungspflichtgrenze hinaus nunmehr für die Erstattung in voller Höhe
vorausgesetzt wird, dass der Beamte nicht besser als nach der Besoldungsgruppe A 8
besoldet wird.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 11, 711
der Zivilprozessordnung.
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