Urteil des VG Berlin vom 03.09.2001

VG Berlin: besondere härte, umzug, kündigung, erwerb, familie, mieter, wohnraum, darlehen, zwangsversteigerung, eigennutzung

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Gericht:
VG Berlin 16.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
16 A 141.04
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 54 VwVfG
Voraussetzungen für die Gewährung von Familienheimförderung
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Der Kläger begehrt für den Erwerb einer Eigentumswohnung in Berlin-Charlottenburg die
Gewährung eines Familienheimdarlehens sowie zusätzlicher Aufwendungszuschüsse aus
Wohnungsfürsorgemitteln des Bundes.
Der Kläger ist Beamter im Dienst des Auswärtigen Amtes und derzeit als Generalkonsul
in Istanbul tätig. Nach seiner letzten Auslandsdienststelle in Sao Paulo kehrte er am 3.
September 2001 für einige Jahre zu seiner inländischen Dienststelle zurück, die
zwischenzeitlich nach Berlin verlegt worden war. Hier bezogen er und seine Familie
zunächst eine Mietwohnung in Berlin-W.. Gemeinsam mit seiner Ehefrau erhielt er in
einem Zwangsversteigerungstermin des Amtsgerichts Charlottenburg am 19. Mai 2003
den Zuschlag für eine 182,8 qm große Eigentumswohnung in der R.straße 17/S.straße
48 zu einem Bargebot von 212.000,-- Euro. Von der Versteigerung hatten sie einen Tag
zuvor (Sonntag) von Bekannten erfahren, die bereits eine Wohnung in dem
Mehrfamilienhaus bezogen hatten. Nach Erteilung des Zuschlags erbrachte der Kläger
noch am selben Tag die geforderte Sicherheitsleistung von 21.000,-- Euro; die
Restsumme wurde einschließlich Zinsen Anfang Juli 2003 gezahlt.
Bei Zuschlagserteilung war die zwangsverwaltete Wohnung vermietet. Die Mieter H.
wohnten dort seit 1974. Nachdem die Wohnung im Januar 1998 in Wohn- und
Teileigentum umgewandelt worden war, stand sie seit Juni 2001 bis zur
Zwangsversteigerung im Eigentum des Ersterwerbers S.
Wenige Tage nach der Versteigerung zeigte der Kläger den Erwerb der Wohnung bei der
damals zuständigen Oberfinanzdirektion Berlin – OFD Berlin - an und erklärte
gemeinsam mit seiner Ehefrau gegenüber den Mietern H. die Kündigung wegen
Eigenbedarfs. Unter dem 29. Mai 2003 beantragte der Kläger die Gewährung eines
Familienheimdarlehens in Höhe von 46.016,27 Euro sowie die Gewährung von
Aufwendungszuschüssen in Höhe von 24.542,-Euro.
Mit Schreiben vom 16. Juli 2003 lehnte die OFD Berlin den Antrag mit der Begründung
ab, dass die Antragsfrist versäumt worden sei: Im Erwerbsfall sei eine Antragstellung
gemäß Ziffer 4.2 der Sonderregelungen zur Familienheimförderung für Umzüge
aufgrund der Umzugsbeschlüsse – FHR-Umzug – nur möglich, bevor entweder der
Kaufpreis aus Dauerfinanzierungsmitteln entrichtet sei oder Nutzen sowie Lasten des
Grundstücks auf den Antragsteller übergegangen seien. Da das Eigentum im
Zwangsversteigerungsverfahren mit Erteilung des Zuschlags auf den Ersteher übergehe,
sei der Lasten- und Nutzenübergang bereits am 19. Mai 2003 erfolgt. Bis zu diesem
Zeitpunkt habe kein Förderungsantrag vorgelegen.
Die im Anschluss an die Kündigung des Mietverhältnisses erhobene Räumungsklage des
Klägers wies das Amtsgericht Charlottenburg mit rechtskräftigem Urteil vom 9.
Dezember 2003 unter Berufung auf eine bestehende Kündigungsbeschränkung infolge
Wohnungsumwandlung ab.
Nachdem der Kläger sich mit mehreren Schreiben an die Beklagte gewandt und
dargelegt hatte, dass sein Antrag fristgerecht gestellt und dem Mieter ordnungsgemäß
gekündigt worden sei, erklärte das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen im Februar 2004, dass die Fördervoraussetzungen immer noch nicht
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Wohnungswesen im Februar 2004, dass die Fördervoraussetzungen immer noch nicht
abschließend hätten geklärt werden können. Zwar sei die Förderung verfristet beantragt
worden, es bleibe jedoch zu prüfen, ob die Anwendung der Förderrichtlinien im Fall des
Klägers eine besondere Härte darstelle. Ein solcher Antrag sei bei der OFD Berlin zu
stellen. Voraussetzung sei nach Ziffer 10.6 FHR-Umzug allerdings, dass das erworbene
Eigentum grundsätzlich innerhalb von 12 Monaten vom Fördernehmer und seiner Familie
bezogen werde. Da die ersteigerte Wohnung noch vermietet sei, sei ein fristgerechter
Bezug bis Ende Mai 2004 fraglich. Es ergebe keinen Sinn, mit der OFD einen
Fördervertrag abzuschließen, dessen Kündigungsgründe bereits bei Vertragsschluss
vorlägen.
Mit Schreiben vom 16. Juli 2004 stellte der Kläger bei der zuständigen OFD Berlin einen
Härtefallantrag, den er im Wesentlichen mit seiner familiären Situation - insbesondere
unter Hinweis auf die Schwerbehinderung seines Sohnes Felix - begründete. Am selben
Tag hat der Kläger „zunächst fristwahrend“ Klage mit dem Begehren erhoben, ihm das
Familienheimdarlehen und die Aufwendungszuschüsse zu gewähren.
Am 23. September 2004 übergaben die bisherigen Mieter H. auf der Grundlage einer
anwaltlich getroffenen Vereinbarung die Wohnung an den Kläger, der diese mit seiner
Familie laut Anmeldebestätigung des Bezirksamts Charlottenburg-W. am 24. September
2004 bezog.
Nachdem der Kläger in der Folgezeit auf Bitten der OFD zur Bearbeitung des
Härtefallgesuchs verschiedene Unterlagen übermittelt hatte, lehnte die nunmehr
zuständige Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, Direktion Berlin (BImA) den Antrag
mit Schreiben vom 20. Juli 2005 unter Hinweis auf Ziffer 10.6 FHR-Umzug mangels
fristgerechter Eigennutzung der Wohnung ab: Dem Kläger sei die Vermietung und somit
die rechtliche Unmöglichkeit der fristgerechten Eigennutzung bekannt gewesen. Er habe
deshalb die Säumnis zu vertreten, zumal es sich um eine für eine
Immobilienersteigerung nicht untypische Situation handele. Auch die im Sommer 2004
noch geplante erneute Versetzung des Klägers ins Ausland könne nicht als soziale Härte
berücksichtigt werden, denn diese Verpflichtung betreffe alle Bediensteten des
Auswärtigen Amtes. Ebenso wenig führe die Schwerbehinderung seines Sohnes zu
einem abweichenden Ergebnis. Für dessen besonderen Bedarf habe der Kläger eine
Wohnung mit 5 separat begehbaren Zimmern und ggf. einem behindertengerechten
Aufzug angegeben. Ein Härtefall käme daher nur in Betracht, wenn es keine vergleichbar
geeignete 5-Zimmerwohnung in Berlin gegeben hätte, was angesichts der entspannten
Lage auf dem Wohnungsmarkt nicht angenommen werden könne. Im Übrigen verblieben
hinreichende finanzielle Mittel zur freien Gestaltung von Lebensplanung und
Familienunterhalt.
Nach der Ablehnung des Härtefallantrags führt der Kläger zur Begründung seiner Klage
aus: Der Verwaltungsrechtsweg sei eröffnet, denn die Entscheidung über die
Förderungswürdigkeit sei auf der Grundlage des öffentlichen Rechts zu treffen.
Gegenstand der Klage sei die Ablehnung des Förderantrags, wie sie sich in den nicht mit
einer Rechtsmittelbelehrung versehenen Schreiben der Beklagten vom 16. Juli 2003 und
vom 20. Juli 2005 manifestiere. Der geltend gemachte Anspruch stehe ihm zu. Er gehöre
zu dem berechtigten Personenkreis im Sinne der Ziffer 3 FHR-Umzug. Insbesondere
habe er den Antrag rechtzeitig gestellt. Ziffer 4.2 FHR-Umzug enthalte zwei
Tatbestandsalternativen, deren erste erfüllt sei. Er habe die Förderung ca. 1 Jahr und 9
Monate nach Dienstantritt beantragt und den Kaufpreis erst nach Antragstellung
entrichtet. Auch liege kein Verstoß gegen Ziffer 10.6 FHR-Umzug vor, weil die
Bestimmung gar nicht anwendbar sei. Geregelt werde dort nämlich nur die Kündigung
von Darlehen. Dies setze voraus, dass die Förderung bereits bewilligt und das Darlehen
ausgezahlt worden sei. Daran fehle es hier. Selbst wenn die Regelung anwendbar wäre,
habe er – der Kläger – den Ablauf der Jahresfrist nach Dienstortverlegung bzw. Erwerb
der Immobilie nicht zu vertreten. Vielmehr habe der Mieter die Wohnung trotz Kündigung
nicht geräumt. Er - der Kläger - habe alle ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten,
inklusive eines gerichtlichen Rechtsstreits, genutzt, um eine Räumung zu erreichen. Die
Mieter hätten jedoch als Gegenleistung für einen vorfristigen Auszug die Zahlung einer
Abfindung von mehr als 20.000,-- Euro verlangt, die nicht habe aufgebracht werden
können.
In jedem Fall lägen jedoch die Härtefallvoraussetzungen gemäß Ziffer 13.4 FHR-Umzug
vor. Sofern – wie die Beklagte behaupte – das über eine Zwangsversteigerung
erworbene Wohnungseigentum nicht förderungsfähig sei, liege darin eine besondere
Härte im Vergleich zum sonstigen Erwerb. Im Übrigen habe er erst am Sonntag von der
Versteigerung am darauf folgenden Vormittag erfahren, so dass eine vorherige
Unterrichtung der Beklagten gar nicht in Betracht gekommen sei. Eine weitere
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Unterrichtung der Beklagten gar nicht in Betracht gekommen sei. Eine weitere
besondere Härte liege für ihn – den Kläger – in seiner familiären und persönlichen
Situation. Sein Sohn Felix sei schwerbehindert und besuche eine Behinderteneinrichtung.
Der Grad der Behinderung betrage 80 %. Der Schwerbehindertenausweis trage die
Markenzeichen „B“ (unentgeltliche Beförderung in öffentlichen Verkehrsmitteln mit
ständiger Hilfsperson), „G“ (Störung der Orientierungsfähigkeit) und „H“ (als hilfslose
Person dauerhaft auf fremde Hilfe angewiesen). In der Wohnung müsse für die ständige
Betreuung des Sohnes eine Pflegeperson untergebracht werden. Da er oft und auch für
längere Zeit im Ausland sei, habe er seiner Familie mit der Wohnung ein Gefühl von
Sicherheit und Geborgenheit geben wollen. Dafür sei der ersteigerte Wohnraum
besonders gut geeignet, weil in dem Haus Kollegen und Freunde der Familie lebten.
Außerdem habe er sich im Frühjahr 2004 einer Herzoperation unterziehen müssen und
während dieser Zeit den Antrag auf Gewährung von Förderung nicht weiter verfolgen
können. Schließlich stelle die Ablehnung des Antrags auf Förderung auch in finanzieller
Hinsicht eine besondere Härte dar. Er müsse für sich und seine Familie auf Ersparnisse
und Rücklagen zurückgreifen, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Derzeit laufe
ein Kredit bei der Badischen Beamtenbank in Höhe von 18.000,-- Euro, der fast
vollständig in Anspruch genommen worden sei. Des Weiteren bestehe ein Privatdarlehen
aus dem Jahre 2004 in Höhe von 60.000,-- Euro, das zur Sanierung der Altbauwohnung
erforderlich gewesen sei. Insofern bestehe ebenfalls Rückzahlungspflicht. Er habe auf
eine positive Entscheidung der Beklagten vertraut, denn diese habe über Monate hinweg
immer weitere Unterlagen angefordert. Mit den Fördermitteln habe er wirtschaftlich
kalkuliert.
Schließlich stelle die Nichtgewährung der Fördermittel einen Eingriff in seine Rechte aus
den Grundsätzen des hergebrachten Berufsbeamtentums nach Art. 33 Abs. 5 GG dar. Er
habe einen Anspruch auf die Förderung. Die Sonderregelungen dienten dem Zweck,
dem vom Beschluss des Deutschen Bundestages vom 20. Juni 1991 betroffenen
Personenkreis im Wege der Eigentumsbildung zu einer angemessenen Versorgung mit
ausreichendem Wohnraum zu sozialverträglichen Bedingungen zu verhelfen. Hierbei
handele es sich um eine Ausgestaltung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Dieser habe
einen angemessenen Ausgleich für die verlegungsbedingten Belastungen zu schaffen.
Da die Beklagte Fördergelder ihres Dienstherrn verwalte, sei das Ermessen auf Null
reduziert.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, mit ihm und seiner Ehefrau einen Vertrag über die
Gewährung eines Familienheimdarlehens in Höhe von 46.016,27 Euro und von
Aufwendungszuschüssen in Höhe von 24.542,-- Euro für die Eigentumswohnung R.straße
17/S.straße 48 in Berlin-Charlottenburg abzuschließen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus: Der Erwerb förderungsfähigen
Wohneigentums im Wege der Zwangsversteigerung sei nicht grundsätzlich
ausgeschlossen. Erforderlich sei aber auch in diesen Fällen stets ein vorheriger –
naturgemäß noch ergänzungsbedürftiger – Antrag. Dies sei die Praxis in den wenigen
Zwangsversteigerungsfällen gewesen. Der Kläger habe zuvor nicht einmal eine Beratung
eingeholt. Unabhängig davon habe der Kläger den tatsächlich verspäteten Bezug der
Wohnung zu vertreten. Bereits in dem Gutachten zur Ermittlung des Verkehrswertes der
ersteigerten Wohnung zum Bewertungsstichtag 25. April 2002 sei mehrfach darauf
hingewiesen worden, dass die Wohnung vermietet und der Mietvertrag weder übergeben
noch eingesehen sei. Unter Verfügbarkeit habe es geheißen: „nicht bezugsfrei, keine
sofortige Eigennutzung“. Die Räumungsklage sei abgewiesen worden, weil für den
Ersteigerer eine Kündigung erst nach Ablauf der gesetzlichen Sperrfrist zulässig sei. Da
der Kläger somit bereits durch das vorgelegte Verkehrswertgutachten Kenntnis von dem
Bezugshindernis gehabt habe oder jedenfalls hätte haben müssen, sei von Anfang an
absehbar gewesen, dass eine Förderung entweder nur unter Missachtung geltenden
Rechts oder durch eine zusätzlich noch zu erfolgende Vereinbarung mit einem Dritten,
nämlich dem Mieter, habe erfolgreich sein können.
Nachdem eine einvernehmliche Vereinbarung zwischen Kläger und Mieter bis zum Ablauf
der Bezugsfrist von einem Jahr nicht zustande gekommen sei, sei der Härtefallantrag
ebenfalls abschließend abgelehnt worden. Die Umzugsrichtlinien stellten
ermessensleitende Verwaltungsvorschriften dar, die zur Selbstbindung der Verwaltung
führten. Danach betrage der späteste Zeitpunkt des förderungsfähigen Bezugs 1 Jahr
nach Erwerb des zu fördernden Objekts. Der Kläger habe diese Frist versäumt und damit
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nach Erwerb des zu fördernden Objekts. Der Kläger habe diese Frist versäumt und damit
den Förderzweck verfehlt. Dies beruhe allein auf seiner Fehleinschätzung, die ersteigerte
Wohnung trotz bestehender Vermietung rechtzeitig selbst beziehen zu können.
Förderzusagen seien dem Kläger zu keinem Zeitpunkt gegeben, ein
Vertrauenstatbestand nicht gesetzt worden. Sonstige persönliche Umstände, die die
Annahme eines Härtefalls rechtfertigen könnten, lägen ebenfalls nicht vor. Der
behauptete Eingriff in Art. 33 Abs. 5 GG sei nicht nachvollziehbar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Streitakten (2
Bände) sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten (3 Bände) verwiesen, die
vorgelegen haben und - soweit erheblich - Gegenstand der mündlichen Verhandlung
gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Der Klage ist als allgemeine Leistungsklage im Verwaltungsrechtsweg zulässig (I), aber
unbegründet (II).
I.
Begehren des Klägers ist auf den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages (§§ 54
ff. VwVfG) mit der Beklagten gerichtet. Der angestrebte „Vertrag über die Gewährung
eines Familienheimdarlehens und von Aufwendungszuschüssen“ ist dem Bereich der
Wohnungsfürsorge zuzuordnen, die durch öffentliche Mittel erfolgt. Gewährung und
nähere Ausgestaltung der Förderung erfolgen auf Grundlage der „Sonderregelungen zur
FHR-Umzug
FHR-Umzug-Berlin
(jeweils vom 31. Mai 1996, GMBl., S. 546 ff., 551). Eine gesonderte Vorabentscheidung
über die Subventionsbewilligung durch einen Zuwendungsbescheid ist nicht vorgesehen.
Demzufolge ist die Art und Weise der Gestaltung des Förderverhältnisses auch nicht
einem davon getrennten - nachfolgenden - zivilrechtlichen Vertrag überlassen, der
eigenständig und allein die Abwicklung der Förderung regelt. Gegenstand und Zweck des
Vertrages ist es vielmehr, die Rechte und Pflichten der von dem Umzugsbeschluss des
Deutschen Bundestages betroffenen Personenkreise wohnungsfürsorgerechtlich
umfassend und abschließend festzulegen, indem sie im Wege der Eigentumsbildung bei
einer angemessenen Versorgung mit ausreichendem Wohnraum finanziell unterstützt
werden (Satz 1 der Präambel FHR-Umzug), um auf diese Weise sowohl einen Ausgleich
für verlagerungsbedingten Belastungen zu schaffen als auch die Funktionsfähigkeit der
betroffenen staatlichen Einrichtungen zu gewährleisten. Diese Regelungen verleihen der
vertraglichen Vereinbarung ein weit überwiegend öffentlich-rechtliches Gepräge (vgl.
OVG Berlin, Beschl. v. 5. Juli 2004 – OVG 5 L 19.03, sowie Kammer, Beschl. v. 13.
Oktober 2003 und Urt. v. 28. April 2005 – VG 16 A 71.03).
Das Klageziel ist auf die Abgabe der für den Vertragsabschluss erforderlichen
Willenerklärungen gerichtet; es kann regelmäßig und in zulässiger Weise durch
allgemeine Leistungsklage geltend gemacht werden (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8.
Aufl., § 54 Rz. 16).
II.
Anspruch auf Abschluss des erstrebten Förderungsvertrages.
Ein gesetzlicher Anspruch auf die in Rede stehende Familienheimförderung durch
Darlehen und Aufwendungszuschüsse besteht nicht. Das Begehren des Klägers, der
unstreitig dem förderungsberechtigten Personenkreis nach Ziffer 3 FHR-Umzug
angehört, lässt sich nur aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) i.V.m.
der allgemeinen Verwaltungspraxis der Beklagten herleiten. Danach hat der Kläger,
worauf er zu Recht hinweist, seinen Antrag auf Förderung innerhalb der ihm
eingeräumten 2-Jahresfrist nach Verlegung des Dienstortes gestellt (Ziffer 13.2 Satz 1
FHR-Umzug). Die Frist gilt entsprechend für Personen, deren Dienstort nach einer
Auslandsverwendung in Vollzug des Umzugsbeschlusses im Inland neu begründet wird
(Ziffer 13.2 Satz 3 FHR-Umzug).
Ob der Kläger hingegen auch die zwischen den Beteiligten streitigen Voraussetzungen
der Ziffer 4.2 FHR-Umzug eingehalten hat, kann im Ergebnis dahinstehen. Insbesondere
kann offen bleiben, ob es sich bei der ersteigerten Eigentumswohnung im Zeitpunkt der
Antragsstellung am 29. Mai 2003 noch um einen förderungsfähigen Erwerb i.S.d. Ziffer
4.2 FHR-Umzug handelte, obwohl mit Zuschlagserteilung am 19. Mai 2003 das Eigentum
bereits übergegangen (§ 90 ZVG) und der Kaufpreis durch Sicherheitsleistung von einem
Zehntel des Bargebots zumindest angezahlt worden war (§ 68 Abs. 1 ZVG). Darauf
kommt es ebenso wenig an wie auf die Einzelheiten der Verwaltungspraxis der Beklagten
in den grundsätzlich förderungsfähigen Erwerbsfällen durch Zwangsversteigerung und
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in den grundsätzlich förderungsfähigen Erwerbsfällen durch Zwangsversteigerung und
den Umstand, dass der Kläger erst am Vortag der Versteigerung von der Möglichkeit
des Erwerbs erfahren hat. Denn jedenfalls haben er und seine Familie die Wohnung nicht
innerhalb der in Ziffer 10.6 FHR-Umzug erwähnten Jahresfrist bezogen, deren Einhaltung
in allen Erwerbsfällen gefordert wird. Die Gründe für die Säumnis hat der Kläger zu
vertreten.
Nach Ziffer 10.6 Satz 1 letzter Spiegelstrich FHR-Umzug kann der Bund die
ausgezahlten Darlehen…kündigen, wenn der Förderungszweck nicht erreicht wird,
insbesondere wenn…. der Antragsteller den geförderten Wohnraum aus von ihm zu
vertretenden Gründen nicht spätestens 1 Jahr nach Dienstortverlegung selbst bezieht.
1.
Anwendbarkeit der Regelung verneint, verkennt er den Rechtscharakter der Richtlinien,
die nicht nach den Regeln der Gesetzesinterpretation auszulegen sind. Maßgeblich ist
auch insoweit allein die behördliche Praxis. Der Vertreter der Beklagten hat in der
mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt, dass die zur Kündigung
berechtigende Versäumung der Jahresfrist nach Dienstortverlegung zunächst die sog.
Vorratsförderung betreffe. In diesen Fällen hätten die Fördernehmer bereits vor
Dienstortverlegung Wohneigentum erworben, dafür die zuvor beantragten Mittel erhalten
und oftmals – was gestattet sei – unter Verzicht auf das Wohnungsbesetzungsrecht des
Dienstherrn vorübergehend an Dritte vermietet. Sofern in einem solchen Fall die
Selbstnutzung nach Dienstortverlegung nicht binnen Jahresfrist erfolge, sei die
Kündigung des Vertrages wegen Verfehlung des Förderzwecks zulässig und geboten.
Denn förderungsfähig sei grundsätzlich nur die Selbstnutzung. Diesem Grundgedanken
der Wohnungsfürsorge werde in ständiger Verwaltungspraxis in allen anderen
Erwerbsfällen Rechnung getragen. Werde also – wie hier – Wohneigentum erst nach
Dienstortverlegung begründet, müsse die Selbstnutzung durch den Darlehensnehmer
und seine Familie ebenfalls binnen Jahresfrist erfolgen, aber nunmehr - naturgemäß -
nach Erwerb.
Diese Verwaltungspraxis der Beklagten, die sich an sachlichen Kriterien der
Wohnungsfürsorge orientiert und deren gleichmäßige Durchführung auch der Kläger
nicht bestreitet, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Vielmehr erfordert der angestrebte
sozialverträgliche Ausgleich für die verlagerungsbedingten Belastungen geradezu die
Eigennutzung in vertretbar kurzer Frist, denn die Sonderregelungen zur
Familienheimförderung sollen für die berechtigten Personenkreise im Wege der
Eigentumsbildung nur „zu einer angemessenen Versorgung mit ausreichendem
Wohnraum beitragen“ (Satz 1 der Präambel FHR-Umzug), nicht in erster Linie zur
Bildung einer Kapitalanlage und Nutzung der geförderten bzw. zu fördernden Wohnung
als Renditeobjekt. Anhaltspunkte für eine willkürliche Handhabung der geschilderten
Förderungspraxis durch die Beklagte sind nicht erkennbar. Auch die Jahresfrist ist
willkürfrei gesetzt. Da der Kläger und seine Familie die Wohnung erst nach ca. einem Jahr
und vier Monaten nach Zuschlagserteilung bezogen haben, haben sie die einzuhaltende
Frist versäumt.
Dem wohnungsfürsorgerechtlichen Erfordernis der Selbstnutzung des Wohnraums
innerhalb eines Jahres nach Dienstantritt/Erwerb kann der Kläger auch nicht mit Erfolg
entgegenhalten, dass sich diese Voraussetzung nur auf bereits geförderten Wohnraum
beziehe, weil Ziffer 10.6 FHR-Umzug unter der Überschrift „Kündigung von Darlehen“ im
Kapitel 10 „Auszahlung der Darlehen und sonstiger Vertragsinhalt“ stehe. Abgesehen
davon, dass es auf die systematische Stellung von Richtlinienbestimmungen mangels
Normqualität nicht ankommt, überzeugt die Auffassung auch in der Sache nicht.
Vielmehr sind tatsächliche Umstände, die zur Kündigung bereits gewährter Mittel wegen
Wegfalls bzw. Nichterreichens des Förderzwecks berechtigten, auch und sogar erst recht
geeignet, die erstmalige Bewilligung und Auszahlung der Fördermittel abzulehnen. Die
Verwaltungspraxis ist daher auch insoweit nicht zu beanstanden.
2.
vertreten. Dass die erworbene Eigentumswohnung vermietet war, wusste der Kläger. Er
hoffte – wie er in der mündlichen Verhandlung freimütig erklärte – auf den baldigen
Auszug der Mieter H. nach Kündigung des Mietverhältnisses. Diese hätten sich ihm
gegenüber entsprechend geäußert, zumal es nicht der erste Termin zu Versteigerung
der Immobilie gewesen sei. Aus den für den Kläger zugänglichen
Versteigerungsunterlagen hätte er allerdings erkennen müssen, dass die seit
Jahrzehnten vermietete Wohnung erst 1998 in Teileigentum umgewandelt und sein
Rechtsvorgänger erst im Juni 2001 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen worden
war, so dass die Wohnung im Erwerbszeitpunkt in jedem Fall noch einer
Kündigungssperrfrist nach § 577a BGB unterlag, die auch der Ersteher bei einer
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Kündigungssperrfrist nach § 577a BGB unterlag, die auch der Ersteher bei einer
Kündigung nach § 57a ZVG zu beachten hat (vgl. Blank in: Schmidt-Furrer, Mietrecht,
Kommentar 2007, § 577a BGB, Rz. 12; Bayerisches Oberstes Landesgericht,
Rechtsentscheid v. 10. Juni 1992 – RE-Miet 2/92 – juris). Soweit der Kläger sich in diesem
Zusammenhang auf erhebliche Unsicherheiten in Rechtsprechung und Literatur zur
Frage der Sperrfrist und ihrer Berechnung beruft, hilft ihm dies im Ergebnis nicht weiter.
Vielmehr gehen diese Unwägbarkeiten allein zu seinen Lasten, denn er ist trotz Kenntnis
der tatsächlichen und rechtlichen Umstände einer Eigenbedarfskündigung nach
Umwandlung und Zwangsversteigerung das Risiko einer nicht fristgerecht beziehbaren
Wohnung eingegangen. Die Gründe des verspäteten Einzugs fallen somit in seine
Sphäre, für die ausschließlich er die Verantwortung trägt.
3.
Ein Härtefall i.S.d. Ziffer 13.4 FHR-Umzug liegt nach dem unwidersprochen geblieben
Vorbringen zur Praxis der Beklagten nur vor, wenn die Ablehnung der Förderung
aufgrund der Anwendung der Richtlinien im Einzelfall eine besondere Härte in Bezug auf
den gesetzlich zugesagten Ausgleich von verlagerungsbedingten Belastungen im
Rahmen des § 8 Abs. 1 Bonn/Berlin-Gesetz vom 26. April 1994 (BGBl. I, S. 918 ff.)
darstellen würde. Da nach dem Willen des Gesetzgebers der Ausgleich für die vom
Umzug betroffenen Bediensteten und ihre Familien angesichts der ohnehin bereits
bestehenden dienstrechtlichen Regelungen im Hinblick auf die eingeschränkten
finanziellen Rahmenbedingungen auf das unbedingt Notwendige zu begrenzen ist (vgl.
Drescher/Schmidt, Reise- und Umzugskostenrecht des Bundes und der Länder, Bd. 3,
Std. 2007, § 3 BUKG, Rz. 21a: Amtl. Begründung der Sonderregelung), ist es rechtlich
nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Härtefallkriterien eng fasst und auf
Ausnahmefälle beschränkt.
Auf den Kläger bezogen bedeutet dies, dass die Versäumung der Bezugsfrist eine
besondere Härte darstellen müsste, deren Ausgleich deshalb erforderlich ist, weil sie
sich „bei Anwendung“ der Umzugsrichtlinien ergeben hat (vgl. Ziffer 13.4 FHR-Umzug).
Die Fristversäumung ist aber – wie die Beklagte zu Recht betont - eindeutig keine Folge
des Hauptstadtbeschlusses, dessen umzugsbedingten Konsequenzen für die
Bediensteten durch die Richtlinien abgemildert werden sollten, sondern allein der
Risikobereitschaft und der damit verbundenen Fehleinschätzung des Klägers geschuldet,
die ersteigerte Wohnung trotz bestehender Vermietung rechtzeitig selbst beziehen zu
können. Weder die familiäre Situation des Klägers noch seine häufige Auslandstätigkeit
führen zu einer abweichenden Beurteilung des mit dem Erwerb einer vermieteten
Wohnung typischerweise verbundenen Räumungsrisikos. Ebenso wenig ist die
Anforderung von Unterlagen durch die Beklagte zu weiteren Prüfzwecken geeignet, ein
schutzwürdiges Vertrauen auf eine positive Entscheidung zu begründen, zumal das
Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen den Kläger schon im Februar
2004 - und somit noch vor Stellung des Härtefallantrags - auf die Frist zur Eigennutzung
des Wohnraums und deren mögliche Bedeutung im Rahmen der Härtefallprüfung
hingewiesen hat.
Schließlich wird der Kläger durch die Nichtgewährung der Fördermittel auch nicht in
seinen Rechten Art. 33 Abs. 5 GG verletzt, denn die Beklagte hat ihm die Förderung in
Ausgestaltung ihrer Fürsorgepflicht nicht willkürlich versagt. Eine Ermessensreduktion auf
Null zu seinen Gunsten ist weder substantiiert dargetan noch sonst ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO
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