Urteil des VG Berlin vom 13.03.2017

VG Berlin: erneuerbare energien, vergütung, örtliche zuständigkeit, gerichtliche zuständigkeit, anteil, projekt, nachhaltige entwicklung, echte rückwirkung, drucksache, völkerrecht

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Gericht:
VG Berlin 10.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 A 109.08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 20 TEHG, § 5 ProMechG, § 4
EEG, § 35 VwVfG
Anspruch auf Zustimmung zu einem Grubengasprojekt
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus
dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages
leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin betreibt an verschiedenen Standorten in Nordrhein-Westfalen Anlagen zur
Verwertung des in den dortigen Kohlebergwerken entstehenden Grubengases. Einer
dieser Standorte liegt in D. auf dem Gelände der ehemaligen Schachtanlage E. .
Unter dem 17. Januar 2006 beantragte die Klägerin bei der Deutschen
Emissionshandelsstelle (DEHSt) gemäß § 5 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes unter
anderem für ihr Grubengasprojekt „D.“ die Zulassung als ‚Joint Implementation Project’
(JI-Projekt). Dem Antrag beigefügt waren ein vom September 2005 datierender Vertrag
mit dem niederländischen Investor ‚C.’., betreffend den Erwerb zugeteilter
Emissionsreduktionseinheiten, ein von diesem Investor erstelltes „Projekt Design
Dokument - PDD“ bezüglich der Grubengasnutzung D. sowie ein in englischer Sprache
abgefasster ‚Validation Report’ betreffend die ‚utilisation of coal-mine-methane D.’,
erstellt von der ‚RWTÜV Systems GmbH, Member Of TÜV NORD Group’. Die Anlage ging
im zweiten Quartal 2007 in Betrieb. Aus den stillgelegten Teilen des Bergwerks E. wird
Grubengas aktiv abgesaugt und in zwei Blockheizkraftwerken mit einer Leistung von
2,712 MW
el
verwertet. Der erzeugte Strom wird in das öffentliche Stromnetz eingespeist
und nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG)vergütet.
Mit Bescheid vom 14. November 2007 lehnte die DEHSt den Antrag der Klägerin vom
17. Januar 2006 ab und stimmte der beantragten Projekttätigkeit ‚Grubengasnutzung D.’
im Rahmen der gemeinsamen Projektumsetzung durch die Bundesrepublik Deutschland
nicht zu. Zur Begründung hieß es im Wesentlichen: Die Zusätzlichkeit der durch das
Projekt bewirkten Emissionsminderung sei nicht nachgewiesen. Ausweislich der
eingereichten Antragsunterlagen werde der eingespeiste Strom aus der
Grubengasnutzung nach dem EEG vergütet. Vor diesem Hintergrund lasse das Projekt
keine Emissionsminderung erwarten, die nicht auf öffentliche Fördermittel oder die
Vergütung nach dem EEG zurückzuführen sei. Die Annahme, die Vergütung nach dem
EEG fördere nur die Verdrängung fossiler Energieträger, nicht aber die der
Energiegewinnung vorgelagerte Methanzerstörung, gehe fehl. § 5 Abs. 1 Satz 5
ProMechG schließe die Doppelbegünstigung von Tätigkeiten aus, die bereits nach dem
EEG vergütet würden. Zwar sei eine Zustimmung auch bei nach dem EEG vergüteten
Projekten nicht gänzlich ausgeschlossen. Der Gesetzgeber habe dies jedoch an die
Bedingung geknüpft, dass das Projekt zu einer Emissionsminderung führe, die über die
Finanzierung durch öffentliche Fördermittel und die EEG-Vergütung hinausgehe. Dies
ergebe sich vorliegend nicht. Die EEG-Vergütung diene auch nicht der Absicherung von
Investitionen. Zudem könne infolge der EEG-Vergütung von einem wirtschaftlichen
Betrieb ausgegangen werden. Auch die Prüfung an Hand des vom Exekutivrat des UN-
Klimasekretariats erstellten Prüfungsleitfadens „Tool for the demonstration and
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Klimasekretariats erstellten Prüfungsleitfadens „Tool for the demonstration and
assessment of additionality“ führe zu dem Ergebnis, dass keine zusätzliche
Emissionsminderung durch die Projekttätigkeit zu erwarten sei.
Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die DEHSt mit Widerspruchsbescheid vom
26. März 2008 zurück.
Mit ihrer am 25. April 2008 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf
Erteilung einer Zustimmung gemäß § 5 ProMechG weiter. Zur Begründung macht sie im
Wesentlichen geltend:
Die formellen und materiellen Voraussetzungen der Zustimmung gemäß § 5 Abs. 1
ProMechG seien erfüllt. Projektdokumentation und Validierungsbericht entsprächen den
Anforderungen von § 5 Abs. 4 Satz 3 in Verbindung mit § 3 Abs. 4 Satz 3 ProMechG.
Werde in der Projektdokumentation und im Validierungsbericht festgestellt, dass eine
zusätzliche Emissionsminderung zu erwarten sei, so sei die nachgesuchte Zustimmung
zu erteilen. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ProMechG lägen dann vor,
wenn Projektdokumentation und Validierungsbericht ergäben, dass die Projekttätigkeit
eine zusätzliche Emissionsminderung ‚erwarten lasse’.
Mit dem PDD sei eine zusätzliche Emissionsminderung in Höhe von 62.754 t CO
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jährlich hinreichend dokumentiert. Eine Reduzierung der Referenzfallemissionen habe
nicht wegen einer ohnehin gegebenen Wirtschaftlichkeit der Projekttätigkeit zu erfolgen.
Es fehle schon an der Rechtsgrundlage. Selbst wenn man indes - wie die DEHSt - eine
Wirtschaftlichkeitsbetrachtung vornehme, gelange man zu dem Ergebnis, dass die
Projekttätigkeit ohne die Anerkennung als JI-Projekt bei sektoraler Betrachtung nicht
wirtschaftlich sein könne. Entscheidendes Kriterium sei die Verfügbarkeit von Kapital, die
maßgeblich von den Schlüsselfaktoren einer Investition abhänge, insbesondere von der
Höhe der Eigenkapitalverzinsung (Internal Rate Of Return - IRR), mit der der Investor
rechnen könne. Bei einer sektoralen Betrachtung könne bei einem Grubengasprojekt
unter Berücksichtigung der Vergütung nach dem EEG und ohne die Erlöse aus den
Emission Reduction Units (ERU) mit einer IRR von 5,6 %, indes unter Einbeziehung der
Erlöse aus den ERU mit einer IRR von 13,4 % gerechnet werden. Angesichts der
Erwartung eines Investors in Höhe einer IRR von 10 - 20 % sei ein Grubengasprojekt ohne
die Erlöse aus der Veräußerung der ERUs mithin nicht wirtschaftlich zu realisieren.
Maßstab für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit könne nur die Investorensicht ex-ante
sein. Im Übrigen decke das EEG kein sektorales Ausfallrisiko ab. Dem ‚Erfahrungsbericht
2007 zum Erneuerbare-Energien-Gesetz’ (EEG-Erfahrungsbericht) lasse sich nicht
entnehmen, dass die EEG-Vergütungssätze ausreichten, sektoral eine Wirtschaftlichkeit
der Grubengasverstromung zu erreichen. Er bestätige vielmehr, dass
Grubengasprojekte nicht schon unter Berücksichtigung der EEG-Vergütung wirtschaftlich
seien.
Eine Reduzierung der Referenzfallemissionen bzw. ein völliger Ausschluss der
Zustimmung wegen einer Vergütung des erzeugten Stroms nach EEG trete nicht ein.
Bezüglich der Rechtslage bis zum 31. Dezember 2008 gelte Folgendes: Gemäß § 5 Abs.
1 Satz 4 und 5 ProMechG sei eine Zustimmung bereits nicht gänzlich ausgeschlossen.
Führe die DEHSt aus, die Voraussetzungen der Zustimmung fehlten schon deshalb, weil
es an einer Darlegung fehle, dass das Projekt zu einer Emissionsminderung führe, die
nicht auf die Inanspruchnahme der EEG-Vergütung zurückzuführen sei, so verkenne sie,
dass es sich bei dieser Regelung um eine anspruchshindernde Tatsache handele, für die
die Beklagte die Beweislast trage.
Vorliegend bestehe keine Doppelbegünstigung des Projekts auf Grund gleichzeitiger
Förderung nach EEG. Eine solche Doppelbegünstigung sei wegen der für die Berechnung
der Emissionen ausschlaggebenden Systemgrenzen, für die eine
Festlegungsprärogative des Projektträgers bestehe, ausgeschlossen. Die Projekttätigkeit
beziehe sich ausschließlich auf die Vernichtung von Methan, nicht aber auf die nach EEG
vergütete Stromerzeugung. Der Vergütungsanspruch nach dem EEG entstehe mit der
Abnahme der Strommenge am Übergabepunkt zum Netz des
Übertragungsnetzbetreibers. Dies bedeute, dass der Strombedarf in dieser Höhe nicht
durch konventionell erzeugten Strom gedeckt werde. Die damit verbundene
Emissionsersparnis erfolge außerhalb der Systemgrenzen der Projekttätigkeit. Die
Vergütung nach EEG erfolge ausschließlich im Hinblick auf die durch den EEG-Strom
vermiedene Stromerzeugung aus konventioneller Energie, nicht aber im Hinblick auf die
Zerstörung von Methangas. Bezöge man die Stromerzeugung und die Vergütung nach
EEG in die Projektgrenzen ein, sei auch die im Netz durch die Stromerzeugung aus
Grubengas verdrängte Strommenge und die damit ersparten CO
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-Emissionen aus
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fossilen Energieträgern einzubeziehen. Selbst wenn man indes die Methanzerstörung als
durch die EEG-Vergütung mitfinanziert ansehe, so könne der finanzierte Anteil nur dem
in der EEG-Vergütung enthaltenen Förderanteil entsprechen, d. h. dem
Vergütungsanteil, der die ansonsten am Markt erzielbare Vergütung des Stroms
übersteige.
Bezüglich der Rechtslage ab dem 1. Januar 2009 ergäben sich keine relevanten
Änderungen. Die EEG-Novelle sei nicht einschlägig. Der von der Klägerin erzeugte Strom
erfülle nicht die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 EEG 2009, weil er in einer
bestehenden Anlage nach § 66 Abs. 1 EEG, die vor dem 1. Januar 2009 in Betrieb
gegangen sei, erzeugt werde. Gemäß § 66 Abs. 1 EEG habe eine Vergütung dann nach §
5 i. V. m. § 7 des EEG 2004 zu erfolgen. Im Übrigen stehe die neu in § 5 Abs. 1 Satz 5
ProMechG eingeführte Ausschlussregelung im Widerspruch zu der im Völkerrecht
üblichen Reziprozitätsklausel. Schließe Deutschland eine Anerkennung bestimmter JI-
Projekte aus, verlange aber andererseits für den Fall, dass Deutschland Investorstaat
sei, deren Anerkennung in einem Gastgeberland, verletze dies Völkerrecht.
Schließlich lägen weder schwerwiegende nachteilige Umweltauswirkungen gemäß § 5
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ProMechG vor noch Versagungsgründe gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1
ProMechG. Auch die Reziprozitätsklausel des § 5 Abs. 2 Nr. 2 ProMechG sei bezüglich
des Investorstaats Schweden erfüllt.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides des
Bundesumweltamtes vom 14. November 2007 sowie des Widerspruchsbescheides vom
26. März 2008 zu verpflichten, der Klägerin für die Projekttätigkeit ‚Grubengasnutzung
D.’ die Zustimmung nach § 5 ProMechG entsprechend ihres Antrags vom 17. Januar
2006 zu erteilen,
hilfsweise,
festzustellen, dass die angefochtenen Bescheide rechtswidrig waren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie macht im Wesentlichen geltend: Die Klage sei wegen fehlender
Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 5 Abs. 1 ProMechG unbegründet. Die Beklagte
habe bei der Prüfung von PDD und Validierungsbericht eine eigene Prüfungskompetenz.
Die PDD habe den Anforderungen von § 5 Abs. 4 ProMechG zu entsprechen, der
Validierungsbericht müsse sach- und fachgerecht gemäß § 7 ProMechG erstellt sein,
Annahmen der sachverständigen Stelle seien mindestens auf Plausibilität zu prüfen.
Eine Akkreditierung der Validierer könne nicht zur Einschränkung der
Prüfungskompetenz der Beklagten führen. Anderenfalls sei die Beklagte an der Prüfung
von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ProMechG gehindert, die Norm verlöre ihren
Regelungsgehalt. Ein Zusätzlichkeitsnachweis erfolge lediglich einmal bei der
Zustimmung zur Projekttätigkeit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ProMechG. Im Rahmen der
Verifizierung erfolge nur eine Überprüfung der Projektdurchführung gemäß des PDD (§ 6
Abs. 1 ProMechG). Dabei werde die Zusätzlichkeit aber als gegeben angesehen. Die
Projekttätigkeit lasse zwar vorliegend eine Emissionsminderung erwarten, soweit durch
die Projekttätigkeit weniger Methan aus dem Bergwerk frei werde. Diese
Emissionsminderung sei indes nicht zusätzlich. Die Entscheidung über die Zusätzlichkeit
sei auch nicht im Nachhinein korrigierbar.
Die Wirtschaftlichkeitsberechnung der Klägerin weise zudem erhebliche Unstimmigkeiten
und Annahmen auf, die wegen offensichtlicher Unvollständigkeit nicht als hinreichend
konservativ bewertet werden könnten. So habe die Klägerin etwa ihre Berechnung der
IRR nach Steuern durchgeführt, während die einschlägigen Vergleichswerte sich generell
auf einen Wert vor Steuern bezögen. Die Klägerin habe keine plausiblen Werte in Ansatz
gebracht, was dazu führe, dass ein durch das EEG finanzierter Anteil an der
Emissionsminderung auf dieser Grundlage nicht bestimmt werden könne. Es sei davon
auszugehen, dass ein wirtschaftlicher Betrieb der Anlage unter Berücksichtigung der
EEG-Vergütung möglich sei. Nach den Erkenntnissen des EEG-Erfahrungsberichtes 2007
seien die Vergütungssätze für Anlagen zur Verstromung von Grubengas so hoch, dass
eine deutliche Überförderung stattfinde.
Des Weiteren werde die gesamte Projekttätigkeit durch die Vergütung nach § 5 Abs. 1
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Des Weiteren werde die gesamte Projekttätigkeit durch die Vergütung nach § 5 Abs. 1
EEG gefördert. Nach Berücksichtigung dieser EEG-Vergütung verbleibe kein Anteil an der
Emissionsminderung, der nicht durch diese Mittel finanziert sei (§ 5 Abs. 1 Satz 4 und 5
ProMechG). Sowohl die Emissionsminderung durch Verdrängung konventionell erzeugten
Stroms als auch die Zerstörung des abgesaugten Methans seien tatbestandlich vom
EEG erfasst. Die EEG-Vergütung für die Verstromung des Grubengases werde auch für
die der Stromerzeugung immanente Methanzerstörung gewährt. Eine Systemgrenze
zwischen der Verbrennung des Gases und der Stromerzeugung lasse sich nicht sinnvoll
ziehen. Die Einbeziehung der Methanzerstörung in den Förderungszweck des EEG
entspreche dem Willen des Gesetzgebers.
Der Gesetzgeber habe indes trotz Förderung einer Projekttätigkeit durch öffentliche
Mittel eine zusätzliche Begünstigung durch eine Zustimmung zur Projekttätigkeit nicht
völlig ausgeschlossen. § 5 Abs. 1 Satz 4 und 5 ProMechG sei dahingehend auszulegen,
dass der dort genannte Anteil der durch die EEG-Vergütung finanzierten
Emissionsminderung alle diejenigen Tätigkeiten und Emissionsminderungen bezeichne,
die durch den Tatbestand des EEG erfasst würden. In den Referenzfallemissionen sollten
nur Minderungen nicht berücksichtigt werden, die auf weiteren, nicht vom EEG erfassten
Tätigkeiten beruhten. Auch nach der Aufforderung zur Konkretisierung und Berichtigung
der Angaben und Berechnungen in PDD und Validierungsbericht habe sich vorliegend
kein Anteil an der Emissionsreduktion bestimmen lassen, der nicht bereits durch die
EEG-Vergütung abgedeckt sei.
Bezüglich der Rechtslage nach dem 1. Januar 2009 sei schließlich auf die neue Regelung
in § 56 Abs. 3 EEG hinzuweisen, wonach Strom aus einer Anlage nicht gemäß dem EEG
vergütet werden dürfe, solange dort im Rahmen einer gemeinsamen Projektumsetzung
nach dem ProMechG für die Emissionsminderungen der Anlage ERU erzeugt werden
könnten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Streitakte und den Inhalt
der Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen, die zur Entscheidung vorgelegen
haben.
Entscheidungsgründe
Die örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Berlin für Klagen nach dem Gesetz
über projektbezogene Mechanismen nach dem Protokoll von Kyoto zum
Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen vom 11.
Dezember 1997 vom 22. September 2005 (Projektmechanismengesetz - ProMechG;
BGBl. I S. 2826), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2074 -
ProMechG 2009), ergibt sich aus § 20 Abs. 3 des Treibhausgas-
Emissionshandelsgesetzes vom 8. Juli 2004 (BGBl. I S. 1578), zuletzt geändert durch
Gesetz vom 25. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2074) - TEHG. Danach ist, soweit für
Streitigkeiten nach diesem Gesetz der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist, bei
Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte des Umweltbundesamtes das Gericht örtlich
zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde (Satz 1). Dies gilt
entsprechend für Verpflichtungsklagen sowie für Klagen auf Feststellung der Nichtigkeit
von Verwaltungsakten (Satz 2). Streitigkeiten über Streitgegenstände nach dem
Projektmechanismengesetz stellen auch Streitigkeiten nach dem Treibhausgas-
Emissionshandelsgesetz im Sinne von § 20 Abs. 3 TEHG dar. Der Gesetzgeber hat die
örtliche verwaltungsgerichtliche Zuständigkeit für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nicht
verfassungsrechtlicher Art, die das jeweilige Zuteilungsgesetz bzw. das
Projektmechanismengesetz betreffen, zentral in § 20 Abs. 3 TEHG geregelt. Dies ergibt
sich aus Folgendem: Das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz dient gemäß § 1 Satz 2
TEHG (auch) der Verknüpfung des gemeinschaftsweiten Emissionshandelssystems mit
den projektbezogenen Mechanismen im Sinne der Artikel 6 und 12 des Protokolls von
Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen vom
11. Dezember 1997. Damit ist klargestellt, dass ein Zweck dieses Gesetzes in der
Verklammerung der Regelungen des jeweiligen Zuteilungsgesetzes (ZuG 2007 und ZuG
2012) mit denen des auf Art. 6 und 12 des Kyoto-Protokolls gründenden
Projektmechanismengesetzes besteht (vgl. dazu auch § 6 Abs. 1 a bis 1 c TEHG). Weder
das Projektmechanismengesetz noch das Zuteilungsgesetz 2012 enthalten indes eine
besondere, die örtliche gerichtliche Zuständigkeit betreffende Regelung. Enthielt das
Zuteilungsgesetz 2007 mit § 22 Abs. 2 ZuG 2007 noch eine - dem § 20 Abs. 3 TEHG
entsprechende - parallele Regelung der gerichtlichen Zuständigkeit, so hat der
Gesetzgeber eine solche ausdrückliche Regelung nicht in das neue Zuteilungsgesetz
2012 übernommen und es insofern dem Projektmechanismengesetz gleichgestellt. Für
eine mit der Nichtübernahme von § 22 Abs. 2 ZuG 2007 verbundene Absicht des
Gesetzgebers, bei Streitigkeiten nach dem Zuteilungsgesetz 2012 die bisherige örtliche
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Gesetzgebers, bei Streitigkeiten nach dem Zuteilungsgesetz 2012 die bisherige örtliche
verwaltungsgerichtlichen Zuständigkeit zu ändern, finden sich indes keinerlei
Anhaltspunkte (vgl. dazu auch den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/ CSU und SPD
zur Änderung der Rechtsgrundlagen zum Emissionshandel im Hinblick auf die
Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 - Drucksache 16/ 5240 des Deutschen Bundestags
vom 8. Mai 2007). Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber
bei der Regelung der örtlichen Zuständigkeit lediglich das Zuteilungsgesetz 2012 und
das Projektmechanismengesetz in Übereinstimmung bringen wollte und neben § 20 Abs.
3 TEHG eine weitere besondere Regelung in diesen Gesetzen für überflüssig erachtete.
Die gerichtliche Zuständigkeit ist nunmehr allein im Treibhausgas-
Emissionshandelsgesetz bestimmt.
Örtlich zuständig ist danach das Verwaltungsgericht Berlin. Für die örtliche Zuständigkeit
ist der Ort maßgeblich, an dem die Entscheidungen des Umweltbundesamtes erlassen
werden. Die Vollzugsaufgaben des Umweltbundesamts nach § 20 Abs. 1 Satz 2 TEHG
werden von der ‚Deutschen Emissionshandelsstelle’ (DEHSt) wahrgenommen. Dieser
Fachbereich ist - unabhängig von der Sitzverlegung des Umweltbundesamtes nach
Dessau - weiter in Berlin tätig (vgl. dazu auch Drucksache des Deutschen Bundestages
15/ 4243 vom 22. November 2004 - S. 20).
Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig (§ 42 VwGO). Die gemäß § 5 ProMechG
begehrte Zustimmung (§ 2 Nr. 16 ProMechG) stellt einen Verwaltungsakt im Sinne von §
35 VwVfG dar.
Die Klage ist indes nicht begründet. Die Klägerin hat nach der seit dem 1. Januar 2009
geltenden Fassung des § 5 ProMechG keinen Anspruch auf Zustimmung zu ihrem
Grubengasprojekt ‚D.’ (dazu unten a.). Der seit dem 1. Januar 2009 geltende § 5 Abs. 1
Satz 5 ProMechG 2009 ist mit höherrangigem Recht vereinbar (dazu unten b.). Auch
nach der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung der Norm besteht kein
Anspruch auf die begehrte Zustimmung (dazu unten c.)
a. Maßgeblich für das mit der Verpflichtungsklage geltend gemachte
Zustimmungsbegehren ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen
Entscheidung. Es ist zu prüfen, ob der Kläger zu diesem Zeitpunkt einen Anspruch auf
Erlass des begehrten Verwaltungsaktes hat (vgl. dazu Kopp, VwGO 15. Auflage § 113
Rz.217 ff. m. w. N.). Aus dem materiellen Recht herrührende Anhaltspunkte, die eine
andere Betrachtung nach sich ziehen könnten, sind nicht ersichtlich.
Gemäß dem seit dem 1. Januar 2009 geltenden § 5 Abs. 1 Satz 1 ProMechG 2009 hat
die zuständige Behörde im Rahmen einer Gemeinsamen Projektumsetzung im
Bundesgebiet die Zustimmung zu erteilen, wenn die den Anforderungen des Absatzes 4
entsprechende Projektdokumentation und der sach- und fachgerecht erstellte
Validierungsbericht ergeben, dass die Projekttätigkeit eine zusätzliche
Emissionsminderung erwarten lässt und die Projekttätigkeit keine schwerwiegenden
nachteiligen Umweltauswirkungen verursacht. Eine Zustimmung nach Satz 1 ist gemäß
§ 5 Abs. 1 Satz 5 ProMechG 2009 ausgeschlossen, wenn mit der Projekttätigkeit zugleich
Strom erzeugt wird, der die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 des Gesetzes für den
Vorrang Erneuerbarer Energien vom 25. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2074 - Erneuerbare-
Energien-Gesetz - EEG) oder des § 5 des Gesetzes für die Erhaltung, die Modernisierung
und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung vom 19. März 2002 (BGBl. I S.1092), zuletzt
geändert durch Gesetz vom 25. August 2008 (BGBl. I S. 2101- Kraft-Wärme-
Kopplungsgesetz - KWKG), erfüllt. Dies ist vorliegend der Fall.
Eine Zustimmung gemäß § 5 ProMechG 2009 zu dem Grubengasprojekt ‚D.’ ist gemäß §
5 Abs. 1 Satz 5 ProMechG 2009 ausgeschlossen. Mit dieser Projekttätigkeit wird zugleich
Strom erzeugt, der die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 EEG 2009 erfüllt. Nach dieser
Vorschrift müssen Netzbetreiber den Anlagenbetreiberinnen und -betreibern Strom aus
Anlagen, die ausschließlich Erneuerbare Energien oder Grubengas einsetzen,
mindestens nach Maßgabe der §§ 18 bis 33 EEG 2009 vergüten. Die tatbestandlichen
Voraussetzungen der Norm sind erfüllt. Die Klägerin betreibt eine Anlage, in der
vermittels der Projekttätigkeit einer ausschließlichen Verbrennung von Grubengas Strom
erzeugt wird.
Soweit die Klägerin an dieser Stelle geltend macht, der erzeugte Strom erfülle nicht die
Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 EEG 2009, weil er in einer bestehenden Anlage nach §
66 Abs. 1 EEG 2009, die vor dem 1. Januar 2009 in Betrieb gegangen sei, erzeugt werde
und gemäß § 66 Abs. 1 EEG 2009 eine Vergütung dann nach § 5 EEG 2004 in
Verbindung mit § 7 EEG 2004 zu erfolgen habe, kommt es darauf nicht an. § 5 Abs. 1
Satz 5 ProMechG 2009 setzt tatbestandlich lediglich voraus, dass die Voraussetzungen
des § 16 Abs. 1 EEG 2009 erfüllt sind. Dies ist hier der Fall. Der tatsächliche Bezug einer
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des § 16 Abs. 1 EEG 2009 erfüllt sind. Dies ist hier der Fall. Der tatsächliche Bezug einer
Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz ist irrelevant. Soweit § 16 Abs. 1 EEG
2009 auch die Worte „mindestens nach Maßgabe der §§ 18 bis 33 vergüten“ enthält,
handelt es sich nicht um Voraussetzungen der Norm, sondern um deren Rechtsfolge.
b. § 5 Abs. 1 Satz 5 ProMechG 2009 verstößt in der seit dem 1. Januar 2009 geltenden
Fassung nicht gegen höherrangiges Recht. Es verstößt insbesondere nicht gegen das in
Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Vertrauensschutzgebot, dass § 5 Abs. 1 Satz 5 ProMechG
2009 ohne Übergangsregelung auch bei bereits vor dem Inkrafttreten der Neuregelung
begonnenen Verfahren Anwendung findet. Die Vorschrift entfaltet insoweit keine echte
Rückwirkung, da sie vorliegend nicht rechtsgestaltend in einen in der Vergangenheit
liegenden Sachverhalt eingreift. Die Aufhebung einer vor dem 31. Dezember 2008
erteilten Zustimmung steht nicht in Rede. Im Fall einer unechten Rückwirkung geht der
verfassungsrechtliche Vertrauensschutz jedoch nicht so weit, den Bürger vor jeder
Enttäuschung zu bewahren. Der Einzelne kann sich nicht auf den Grundsatz des
Vertrauensschutzes berufen, wenn sein Vertrauen auf den Fortbestand einer
gesetzlichen Regelung eine Rücksichtnahme durch den Gesetzgeber billigerweise nicht
beanspruchen kann. Dabei ist abzuwägen zwischen dem Ausmaß des
Vertrauensschadens des Einzelnen und der Bedeutung des gesetzgeberischen
Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss
vom 16. Oktober 1968 - 1 BvL 7/62 - zitiert nach Juris; siehe dazu auch
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 BvR 3067/08 in: UPR
6/2009 S. 225 ff.; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. April 2009 - OVG 2 B
6.08 - zitiert nach Juris). Diese Abwägung ergibt hier, dass der Gesetzgeber die Grenzen,
die seiner Gestaltungsfreiheit durch das Vertrauensschutzgebot gezogen sind, durch
den Verzicht auf eine Übergangsregelung nicht überschritten hat. Vorliegend durfte die
Klägerin zu keinem Zeitpunkt auf den Fortbestand der in § 5 Abs. 1 Satz 5 ProMechG in
der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung vertrauen. Dies ergibt sich aus
Folgendem:
Bereits der Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und Bündnis 90/ Die Grünen über ein
Gesetz zur Einführung der projektbezogenen Mechanismen nach dem Protokoll von
Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen vom
11. Dezember 1997 und zur Umsetzung der Richtlinie 2004/101/EG (vgl. Drucksache des
Deutschen Bundestages 15/5447 vom 10. Mai 2005) führt zur Begründung von § 5 Abs.
1 Satz 4 und 5 ProMechG aus:
„Satz 4 regelt die finanzierungsbezogene Zusätzlichkeit der Projekttätigkeit im
Hinblick auf öffentliche Fördermittel der Bundesrepublik Deutschland.
Es wird sichergestellt, dass durch den Einsatz öffentlicher Fördermittel keine
Emissionsgutschriften erzeugt werden und der Empfänger der Förderung dadurch
doppelt begünstigt wird. Dies ist bei der Errechnung des Referenzfalles zu
berücksichtigen. Eine Rückausnahme ist für solche Fördermittel vorgesehen, die der
Absicherung von Investitionen dienen.
Zugleich wird auch eine Doppelbegünstigung aufgrund gleichzeitiger Förderung der
Projekttätigkeit im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes sowie des Kraft-Wärme-
Kopplungsgesetzes ausgeschlossen. Dies stellt Satz 5 klar.“
Sollte somit bereits nach der im bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung von § 5
Abs. 1 ProMechG nach dem ausdrücklich erklärten Willen des Gesetzgebers die
Doppelbegünstigung einer Projekttätigkeit nach dem Projektmechanismengesetz und
nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz nicht stattfinden, so war dies von jedem
Projektträger, der - wie die Klägerin, die nach ihrem Vortrag für den gesamten bislang
durch die Grubengasverbrennung ‚D.’ erzeugten Strom eine Vergütung nach dem
Erneuerbare-Energien-Gesetz erhalten hat - zu berücksichtigen. Jeder Projektträger, der
in der Zeit vor dem 31. Dezember 2008 nicht von vornherein auf eine EEG-Vergütung für
den von ihm erzeugten Strom verzichtet hat, musste danach mindestens die
Möglichkeit in Rechnung stellen, nicht zusätzlich auch noch eine Zustimmung nach § 5
ProMechG - und in der Folge eine Übertragung von Emissionsreduktionseinheiten -
erhalten zu können. Bei einer solchen Konstellation aber kann ein schutzwürdiges
Vertrauen nicht entstehen.
Demgegenüber überwiegt das Allgemeininteresse an einer Klarstellung und
Vereinfachung des Ausschlusses einer Doppelbegünstigung, wie sie der Gesetzgeber mit
der Änderung von § 5 Abs. 1 Satz 5 ProMechG beabsichtigt hat. Im Entwurf der
Bundesregierung zum Gesetz zur Neuregelung des Rechts der erneuerbaren Energien
im Strombereich und zur Änderung damit zusammenhängender Vorschriften vom 18.
Februar 2008 (vgl. dazu Drucksache des Deutschen Bundestags 16/8148 vom 18.
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Februar 2008 (vgl. dazu Drucksache des Deutschen Bundestags 16/8148 vom 18.
Februar 2008) heißt es zur Begründung der Änderung von § 5 Abs. 1 Satz 5 ProMechG:
„… Die Änderung von § 5 Abs. 1 Satz 5 beseitigt die methodisch kaum zu
bewältigenden Schwierigkeiten der bisherigen Regelung, nach der die Wirkung der EEG-
Vergütung oder des KWK-Zuschlags bei der Ermittlung des Minderungseffektes
herausgerechnet werden sollte.
Die neue Regelung in Satz 5 ermöglicht zukünftig eine saubere Trennung.
Projekttätigkeiten, die eine Vergütung des Stroms nach EEG erhalten können, sind nicht
zustimmungsfähig nach ProMechG. Für diese klare Abgrenzung der
Anwendungsbereiche von EEG und ProMechG kommt es allein auf die
Vergütungsfähigkeit des EEG-Stroms an. ….“
Soweit die neue Regelung auch als eine Verschärfung gelesen werden kann, insofern
nunmehr für eine Projekttätigkeit, die eine Vergütung des Stroms nach dem EEG
erhalten kann, jegliche Zustimmungsfähigkeit nach dem Projektmechanismengesetz
ausgeschlossen sein soll (zur alten, bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Regelung
sogleich), steht dem - wie ausgeführt - ein schutzwürdiges Vertrauen nicht entgegen.
Es bestand in diesem Kontext auch keine Veranlassung, dem in der mündlichen
Verhandlung geäußerten Wunsch des Klägervertreters nachzukommen, ihm weitere
Gelegenheit zur Stellungnahme insbesondere zu der verfassungsrechtlichen Problematik
der ab 1. Januar 2009 geltenden Gesetzesänderungen zu geben. Der Klägervertreter hat
bereits in seinen Schriftsätzen vom 22. Juli 2008 und 30. Juni 2009 ausführlichst zur
Änderung von § 5 Abs. 1 ProMechG Stellung genommen. Die verfassungsrechtlichen
Fragen wurden in der mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten - und auch mit dem
Klägervertreter - eingehend erörtert.
Soweit die Klägerin weiter geltend macht, die Bundesrepublik Deutschland setze sich mit
der neu in § 5 Abs. 1 Satz 5 ProMechG 2009 eingeführten vollständigen
Ausschlussregelung in Widerspruch zu ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen, als die
Regelung gegen die im Völkerrecht übliche Reziprozitätsklausel verstoße, greift dies
nicht durch. Zwar sind völkerrechtliche Übereinkommen ihrer Natur nach grundsätzlich
vom Gedanken der Gegenseitigkeit der Rechte und Pflichten der beteiligten Staaten
getragen. Der für JI-Projekte wie das vorliegende maßgebliche und von § 1 Abs. 1
ProMechG 2009 in Bezug genommene Art. 6 des Kyoto-Protokolls legt indes eine
spezielle Gegenseitigkeit innerstaatlicher Ausschlussregelung der dortigen
Vertragsparteien nicht zwingend fest. Danach ‚kann’ jede Vertragspartei
Emissionsreduktionseinheiten von jeder anderen Vertragspartei nach Maßgabe der dort
unter lit. a bis lit. d. näher bezeichneten Kriterien erwerben bzw. an diese übertragen.
Aus dem im Anhang zum Projektmechanismengesetz aufgeführten Marrakesch-
Beschluss 16/CP.7 - Leitlinien für die Durchführung des Art. 6 des Protokolls von Kyoto -
ergibt sich ebenso wenig anderes wie aus der Richtlinie 2004/101/EG des Europäischen
Parlaments und Rates vom 27. Oktober 2004 zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG
über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der
Gemeinschaft im Sinne der projektbezogenen Mechanismen des Kyoto-Protokolls (vgl.
Amtsblatt der Europäischen Union, L 338/18 - DE - vom 13. November 2004). Im
Übrigen kann sich die Klägerin als Privatrechtssubjekt schließlich nicht auf den Grundsatz
der Reziprozität berufen, da dieser nur zwischen Staaten als Vertragspartnern gilt (vgl.
dazu Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 24. November 2005 - 2
BvR 1667/05 - zitiert nach Juris).
c. Darüber hinaus ist die Klägerin durch die ab dem 1. Januar 2009 geltende
Neuregelung von § 5 Abs. 1 ProMechG auch deshalb nicht in einer ihr zukommenden
Rechtsposition betroffen, da sie schon nach dem bis zum 31. Dezember 2008 geltenden
Recht keinen Anspruch auf Erteilung einer Zustimmung gemäß § 5 ProMechG in der bis
dahin geltenden Fassung hatte.
Ein solcher Anspruch auf Zustimmung lässt sich mit Blick auf die bis zum 31. Dezember
2008 geltenden Fassung von § 5 Abs. 1 Satz 4 und 5 ProMechG nicht feststellen. Wird
danach eine Projekttätigkeit durch öffentliche Fördermittel der Bundesrepublik
Deutschland finanziert, ist der Anteil derjenigen Emissionsminderung der
Projekttätigkeit, der durch öffentliche Fördermittel finanziert wird, Bestandteil der
Referenzfallemissionen; dies gilt nicht, wenn die öffentlichen Fördermittel der
Absicherung von Investitionen dienen (Satz 4). Die Vergütung von Strom nach § 5 Abs. 1
des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und der Zuschlag für KWK-Strom aus Anlagen nach
§ 5 des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes stehen einer Finanzierung durch öffentliche
Fördermittel gleich (Satz 5). Existiert danach ein Anteil der Emissionsminderung, dem
eine Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz zugerechnet werden kann, wird
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eine Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz zugerechnet werden kann, wird
dieser Teil Bestandteil der Referenzfallemissionen (§ 2 Nr. 6 ProMechG) mit der Folge,
dass für diesen Anteil wegen der angestrebten Vermeidung einer Doppelbegünstigung
keine Zustimmung - und damit im Weiteren keine Emissionsreduktionseinheiten -
erlangt werden können. Verbleibt mithin ein nicht nach dem Erneuerbare-Energien-
Gesetz vergüteter Anteil der Emissionsminderung, so kann diesbezüglich die
Zustimmung grundsätzlich erteilt werden. Ein solcher, nicht nach dem Erneuerbare-
Energien-Gesetz vergüteter Anteil ist vorliegend bei der Projekttätigkeit ‚D.’ indes nicht
erkennbar. Dort wird - wie die Klägerin schon mit der PDD angab - der gesamte mit der
Projekttätigkeit erzeugte Strom in das öffentliche Stromnetz eingespeist und nach dem
Erneuerbare-Energien-Gesetzes vergütet. Verbleibt aber kein Anteil an dem durch die
Projekttätigkeit erzeugten Strom, der nicht nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz
vergütet wird, so kann auch nach der bis zum 31. Dezember 2008 gelten Rechtslage
eine Zustimmung nicht erteilt werden. Auf die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob
die EEG-Vergütung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 4 und 5 ProMechG in der bis zum 31.
Dezember 2008 geltenden Fassung als - mit einer Darlegungslast für die Beklagte
verbundene - anspruchshindernde Tatsache anzusehen ist, kommt es vor diesem
Hintergrund nicht an.
Die Klägerin beruft sich in diesem Kontext darauf, eine Doppelbegünstigung finde nicht
statt, sei vielmehr wegen der für die Berechnung der Emissionen ausschlaggebenden
Systemgrenzen ausgeschlossen. Die Projekttätigkeit beziehe sich ausschließlich auf die
Vernichtung von Methan, nicht aber auf die nach dem EEG vergütete Stromerzeugung.
Die Vergütung nach dem EEG erfolge aber allein mit Blick auf die vermiedene
Stromerzeugung aus konventioneller Energie. Dem kann nicht gefolgt werden: Sowohl
die Stromerzeugung aus der von der Klägerin betriebenen Anlage wie auch die von der
Klägerin vorgetragene Verdrängung konventionell erzeugten Stroms sind von der
Verbrennung des Methan CH
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nicht sinnhaft zu trennen. Beides ist physikalisch von der
mit der Oxidation des Methan CH
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als einem exothermen Prozess verbundenen
Energiegewinnung abhängig und ohne diese Oxidation nicht denkbar. Die energetische
Verwertung des im Grubengas enthaltenen Methans ist gerade Ziel der Förderung nach
dem EEG. Grubengas wurde - obschon es sich nicht um eine erneuerbare Energie
handelt (§ 3 Abs. 1 EEG) - vom Gesetzgeber in das EEG aufgenommen, um mit Blick auf
eine Verbesserung der Klimabilanz Anreize zur Nutzung seines Energiegehalts zu setzen
(vgl. dazu Peter Salje, Erneuerbare-Energien-Gesetz, 4. Auflage 2007, § 3 Rz. 51; siehe
auch Altrock/ Oschmann, Theobald, EEG Erneuerbare Energiengesetz, 2. Auflage 2008, §
3 Rz. 33). Begehrt die Klägerin für die - naturwissenschaftlich allein klimarelevante -
Oxidation des Methan CH
4
in ihrer Anlage zusätzlich zur Vergütung der daraus
erzeugten Energie nach dem EEG auch noch eine Berücksichtigung nach dem
Projektmechanismengesetz, so erstrebt sie eine Doppelbegünstigung. Diese soll laut
Gesetz nicht sein (vgl. in diesem Zusammenhang auch die Antwort der Bundesregierung
auf die Kleine Anfrage verschiedener Bundestagsabgeordneter zur Mehrfachförderung
klimarelevanter Investitionsprojekte und Gleichbehandlung deutscher und ausländischer
Unternehmen in: Drucksache 16/ 910 des Deutschen Bundestages vom 13. März 2006).
Die Bezugnahme auf die EEG-Vergütung ist auch nicht der Höhe nach auf einen in dieser
Vergütung enthaltenen Förderanteil beschränkt. Die gegenteilige Auffassung findet keine
Stütze im Gesetz. § 5 Abs. 1 Satz 5 ProMechG a. F. spricht allein von der ‚Vergütung von
Strom nach § 5 Abs. 1 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes’. Nach dieser Norm sind
Netzbetreiber grundsätzlich verpflichtet, Strom, der in Anlagen gewonnen wird, die
ausschließlich Erneuerbare Energien oder Grubengas einsetzen und den sie nach § 4
Abs. 1 oder Abs. 5 EEG abgenommen haben, nach Maßgabe der §§ 6 bis 12 EEG zu
vergüten. Weitere Differenzierungen enthält § 5 Abs. 1 Satz 5 ProMechG a. F. nicht.
Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Vergütungsanspruch bei der Einspeisung
Erneuerbarer Energien einen Anreiz für Investitionen bieten soll, indem neben dem
Marktpreis als Gegenleistung für die Stromerzeugung noch ein darüber liegender
Vergütungsanteil gezahlt wird (vgl. dazu Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 18.
Februar 2009 - a. a. O.), so ist auch durch § 5 Abs. 1 Satz 5 ProMechG a. F. die gesamte
Vergütung nach EEG, bestehend aus dem Marktpreis zuzüglich einem darüber liegenden
Betrag, in Bezug genommen und nicht lediglich ein Vergütungsanteil.
Die EEG-Vergütung dient schließlich nicht der Absicherung von Investitionen. Die
Zahlung einer Vergütung für Strom aus erneuerbaren Energien bzw. Grubengas dient
vielmehr dem in § 1 Abs. 1 EEG beschriebenen Zweck, insbesondere im Interesse des
Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu
ermöglichen, die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung auch durch die
Einbeziehung langfristiger externer Effekte zu verringern, fossile Energieressourcen zu
schonen und die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus
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schonen und die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus
Erneuerbaren Energien zu fördern.
Der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag, der Ablehnungsbescheid vom 14.
November 2007 und der Widerspruchsbescheid vom 26. März 2008 seien rechtswidrig
gewesen, kann keinen Erfolg haben. Dabei mag dahinstehen, ob man diesen Antrag als -
dann mit Blick auf die erhobene Verpflichtungsklage gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO
subsidiären - Feststellungsantrag oder aber als Fortsetzungsfeststellungsantrag
entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO begreift. Denn der Antrag ist in jedem Fall
unbegründet. Die Ablehnung der Zustimmung durch die genannten Bescheide begegnet
keinen rechtlichen Bedenken. Die Klägerin hat - wie ausgeführt - weder nach der bis zum
31. Dezember 2008 noch nach der ab dem 1. Januar 2009 geltenden Fassung des § 5
ProMechG einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Zustimmung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO in Verbindung mit §§
708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gemäß §§ 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO war wegen der
grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Berufung zuzulassen.
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