Urteil des VG Berlin vom 13.03.2017

VG Berlin: mündliche prüfung, wiederholung, ausbildung, prüfungsordnung, behandlung, staatsprüfung, prüfungsfach, prüfungsbehörde, anfang, erlass

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Gericht:
VG Berlin 3. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 L 268.09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 4 PodG
Ausbildung zur Podologin; Wiederholung einer Prüfung
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe
Der Rechtsschutzantrag der 49-jährigen Antragsstellerin, die seit Anfang Oktober 2006
am Bildungszentrum der Dienstleistung & Bildung gGmbH (D&B) eine zweijährige, aus
theoretischem und praktischem Unterricht sowie praktischer Ausbildung bestehende
Vollzeitausbildung zur Podologin gemäß § 4 des Podologengesetzes absolvierte und im
Januar 2009 die - im Anschluss an die Ausbildung abzulegende - staatliche Prüfung für
diese Ausbildung wiederholt nicht bestand, mit dem sie sinngemäß die einstweilige
Verpflichtung des Antragsgegners begehrt, sie erneut zu einer Wiederholungsprüfung
zuzulassen, hat keinen Erfolg.
Mit Bescheid vom 3. Februar 2009 erklärte das Landesamt für Gesundheit und Soziales
als zuständige Prüfungsbehörde die Staatsprüfung der Klägerin für endgültig nicht
bestanden, nachdem sie den mündlichen Teil der in der Zeit vom 8. bis 25. September
2008 durchgeführten Prüfung wegen mangelhafter Leistungen in zwei von vier Fächern
(Theoretische Grundlagen der podologischen Behandlung sowie Arzneimittellehre,
Material- und Warenkunde) nicht bestanden hatte und auch im Rahmen der
Wiederholung des mündlichen Teils der Prüfung am 31. Januar 2009 in zwei von vier
Fächern (Theoretische Grundlagen der podologischen Behandlung und Spezielle
Krankheitslehre) mangelhafte Bewertungen erhielt. Die gegen diese Bewertung
erhobenen Einwendungen der Antragsstellerin hat der Antragsgegner nach Einholung
ausführlicher Stellungnahmen der jeweiligen Fachprüferinnen mit Widerspruchsbescheid
vom 22. Mai 2009 zurückgewiesen, gegen den die Antragstellerin Klage erhoben hat (VG
3 K 269/09).
Soweit die Antragstellerin auf die Eilbedürftigkeit ihres Rechtschutzbegehrens verweist,
weil die Wiederholung der Prüfung bereits Anfang September 2009 durchgeführt werden
könnte, kann ihr der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche
Anordnungsgrund nicht abgesprochen werden; denn dass die Antragstellerin möglichst
noch zeitnah zur Absolvierung ihrer Ausbildung das insoweit erworbene Wissen in eine
Prüfung einbringen will, stellt ein im Hinblick auf Artikel 19 Abs. 4 GG schützenswertes
Anliegen dar. Die Gefahr einer Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache
besteht insoweit nicht, wenn ihr lediglich das erneute Ablegen der Prüfung ermöglicht
würde, ohne ihr zugleich einen Anspruch auf Bewertung und Berücksichtigung dieser
Bewertung für die erstrebte staatliche Prüfung einzuräumen.
Der Rechtsschutzantrag scheitert jedoch an einem fehlenden Anordnungsanspruch. Die
Antragstellerin kann nicht mit Erfolg geltend machen, die staatliche Prüfung zur
Podologin erneut ablegen zu dürfen. Nach § 2 Abs. 1 der auf Grund des § 7 des
Podologengesetztes vom 4. Dezember 2001 (BGBl I S. 3320) erlassenen Ausbildung-
und Prüfungsverordnung für Podologinnen und Podologen (PodAPrV) vom 18. Dezember
2001 (BGBl I 2002 S. 12) in der Fassung des Gesetzes vom 2. Dezember 2007 (BGBl I S.
2686) umfasst die staatliche Prüfung für die Ausbildung nach § 4 des Podologengesetzes
einen schriftlichen, einen mündlichen und einen praktischen Teil. Gemäß § 6 PodAPrV
erstreckt sich der mündliche Teil der Prüfung auf die vier Prüfungsfächer „Theoretische
Grundlagen der podologischen Behandlung“, „Spezielle Krankheitslehre“,
„Arzneimittellehre, Material- und Warenkunde“ sowie „Hygiene und Mikrobiologie“. Der
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„Arzneimittellehre, Material- und Warenkunde“ sowie „Hygiene und Mikrobiologie“. Der
mündliche Teil der Prüfung ist nur dann bestanden, wenn jedes dieser Fächer
mindestens mit „ausreichend“ benotet wird (§ 6 Abs. 2 Satz 4 PodAPrV). Gemäß § 10
Abs. 1 PodAPrV ist die staatliche Prüfung insgesamt nur bestanden, wenn jeder der darin
vorgeschriebenen Prüfungsteile bestanden ist. Ausgehend hiervon hat die
Antragstellerin die staatliche Prüfung im September 2008 nicht bestanden, weil sie in
zwei Fächern des mündlichen Teils der Prüfung nur mangelhafte Leistungen bot. Auch ihr
Versuch, die staatliche Prüfung zu wiederholen, blieb ohne Erfolg. Gemäß § 10 Abs. 4
PodAPrV kann „die mündliche Prüfung“ einmal wiederholt werden, wenn der Prüfling die
Note mangelhaft oder ungenügend erhalten hat. Von daher beschränkte sich die
Wiederholungsprüfung der Antragstellerin am 31. Januar 2009 zu Recht auf den
mündlichen Teil der Prüfung. Andererseits war entgegen ihrer Auffassung die gesamte
mündliche Prüfung, das heißt, die Prüfung in allen vier Prüfungsfächern, zu wiederholen.
Die Prüfungsverordnung ließ der Prüfungsbehörde keinen Spielraum dafür, die
Wiederholungsprüfung auf die mündlichen Prüfungsfächer zu beschränken, in denen die
Antragstellerin zuvor mangelhafte Bewertungen erhalten hatte; denn § 10 Abs. 4
PodAPrV sieht nur bei der schriftlichen Prüfung die Wiederholung einzelner
Aufsichtsarbeiten und bei der praktischen Prüfung die Wiederholung einzelner Fächer
vor. Da auch die Wiederholung des mündlichen Teils der Prüfung nicht dazu führte, dass
der Antragstellerin in jedem der vier Fächer mindestens ausreichende Leistungen
bescheinigt werden konnten, hat sie die staatliche Prüfung zur Podologin endgültig nicht
bestanden.
Den Anspruch auf eine weitere Wiederholungsprüfung kann die Antragstellerin nicht auf
den Einwand stützen, anderen Prüflingen sei nach jeder Frage in der mündlichen Prüfung
zunächst eine zehnminütige Überlegenszeit eingeräumt worden. Anhaltspunkte dafür,
dass auf diese Weise innerhalb derselben Prüfungsgruppe unterschiedlich verfahren
worden wäre, liegen nicht vor. Auch hat die Antragstellerin nicht darlegen können, dass
eine solche Verfahrensweise der ständigen Prüfungspraxis des Antragsgegners
entsprochen hätte und nur in ihrem Fall willkürlich davon abgewichen worden wäre.
Soweit sie beanstandet, dass sie die ihr im Rahmen des Prüfungsfachs „Spezielle
Krankheitslehre“ gestellte Frage nach einem Knickfuß damit zutreffend beantwortet
habe, dass ein Knickfuß sowohl nach innen als auch nach außen bestehen könne, macht
sie der Sache nach ohne Erfolg geltend, eine von ihr gegebene richtige beziehungsweise
vertretbare Antwort sei zu Unrecht als falsch bewertet worden. Die Antragstellerin hat
jedoch nicht dargelegt, dass sie insoweit eine fachlich zumindest vertretbare Antwort
gegeben habe. Hierzu hätte sie ihre Antwort stützende wissenschaftliche oder
medizinische Publikationen vorlegen müssen. Dagegen, dass die Antragstellerin insoweit
eine zutreffende oder jedenfalls vertretbare Antwort gab, spricht bereits, dass
ausweislich des Klinischen Wörterbuchs Pschyrembel (259. Auflage, S. 1287) der
sogenannte Knickfuß (pes valgus) durch eine Abflachung des medialen (mittelwärts, bzw.
einwärts gerichteten) Fußgewölbes gekennzeichnet ist und dass es sich nach „Wikipedia“
hierbei um eine krankhafte Fehlstellung eines Fußes mit einer Senkung am medialen
(inneren) Fußrand und einer Anhebung des lateralen (äußeren) Fußrandes handelt. Auch
die Fachprüferin W. ist ausweislich ihrer detaillierten Stellungnahme vom 13. Mai 2009
hiervon ausgegangen und hat darüber hinaus dargelegt, dass sie die Prüfungsleistung
der Antragstellerin auch deshalb als unzureichend bewertet habe, weil diese
grundlegende Fragen zum Fußgerüst nicht beziehungsweise nur unklar habe
beantworten können. Dem hat die Antragstellerin nichts Entscheidendes
entgegenzusetzen, außer dass sie inhaltlich richtige Antworten gegeben habe.
Einen Bewertungsfehler zeigt die Antragstellerin auch insoweit nicht auf, als sie darauf
hinweist, sie habe die Abkürzungen für verschiedene Nagelkrankheiten vorgetragen. Die
Fachprüferin hat in ihrer Stellungnahme von 13. Mai 2009 detailliert dargestellt, mit
welchen Fragen die Antragstellerin zum Prüfungsgegenstand Onychomykose konfrontiert
wurde und wie unzureichend ihre insoweit gegebenen Antworten ausfielen. Diese
Darstellung lässt die Bewertung dieses Prüfungsteils mit „5 (sehr mangelhaft, an der
Grenze zu 6)“ ohne weiteres als nachvollziehbar erscheinen. Dass die Bewertung
maßgeblich darauf beruhte, dass die Antragstellerin statt vollständiger Begriffe nur
(zutreffende) Abkürzungen und statt deutscher nur lateinische Begriffe genannt habe,
lässt sich der Stellungnahme nicht entnehmen.
Auch soweit die Antragstellerin der Bewertung der Fachprüferin S. im Prüfungsfach
„Theoretische Grundlagen der podologischen Behandlung“ entgegenhält, sie habe zum
Thema „Ulcera“ alles vorgetragen, was sie gewusst habe und ihr sei nicht bewusst, was
daran falsch gewesen sei, greift sie die in der Stellungnahme der Prüferin vom 13. Mai
2009 detailliert dargestellte Begründung für die Bewertung der mündlichen
Prüfungsleistungen nicht substantiiert an. Insbesondere stellt sie nicht dar, welche der
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Prüfungsleistungen nicht substantiiert an. Insbesondere stellt sie nicht dar, welche der
zahlreichen, von der Prüferin wiedergegebenen, als unzureichend bewerteten Antworten
sie so nicht gegeben habe beziehungsweise welche dieser Antworten in Gegensatz zur
Auffassung der Prüferin zutreffend oder jedenfalls fachlich vertretbar gewesen seien.
Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand der Antragstellerin, ihre Noten aus dem
Abschlusszeugnis der D&B hätten bei der Prüfungsnote berücksichtigt werden müssen.
Wie bereits ausgeführt, ergibt sich aus der hier maßgeblichen Prüfungsordnung, dass
das Bestehen der Prüfung voraussetzt, dass jeder der vorgeschriebenen Prüfungsteile
bestanden ist. Dazu gehört gemäß § 3 Abs. 1 PodAPrV auch die mündliche Prüfung, an
der die Antragstellerin wiederholt gescheitert ist. Eine Kompensation durch gute
Ausbildungsnoten sieht die Prüfungsordnung nicht vor.
Soweit die Antragstellerin unter Verweis auf den Zulassungsbescheid zur
Wiederholungsprüfung vom 15. Dezember 2008 geltend machen will, die
Wiederholungsprüfung habe sich nur auf zwei Prüfungsfächer erstrecken dürfen
beziehungsweise sie, die Antragstellerin, habe jedenfalls darauf vertrauen dürfen, dass
diese Prüfung nur die beiden von ihr im ersten Prüfungsversuch nicht bewältigten
Prüfungsfächer betreffen werde, kann sie damit nicht durchdringen. Die Prüfungsordnung
lässt, wie oben ausgeführt, die Wiederholung einzelner Teile der mündlichen
Prüfungsordnung nicht zu. Dies musste sich auch der Antragstellerin erschließen;
zumindest hätte es ihr oblegen, sich bei etwaigen Zweifeln durch Einholung einer
Beratung Gewissheit zu verschaffen. Aus dem beigezogenen Verwaltungsvorgang der
Antragsgegnerin ergibt sich, dass der Zulassungsbescheid vom 15. Dezember 2008, der
für die Wiederholungsprüfung nur zwei der Prüfungsfächer nannte, durch einen Bescheid
vom 18. Dezember 2008 ersetzt wurde, der als Prüfungsfach den mündlichen Teil der
Staatsprüfung ohne jede Einschränkung angekündigte und den Bescheid vom 15.
Dezember für ungültig erklärte. Dieser Bescheid wurde der Antragstellerin mit
Postzustellungsurkunde am 23. Dezember 2008 zugestellt. Die Beweiskraft dieser
Urkunde kann sie durch die bloße Behauptung, den Bescheid nicht erhalten zu haben,
nicht erschüttern.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 154 Abs. 1 VwGO, 39 ff., 52 f. GKG.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen, weil der
Rechtsschutzantrag von vornherein keine hinreichende Aussicht auf Erfolg versprach (§§
166 VwGO, 114 ZPO).
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