Urteil des VG Berlin vom 13.03.2017

VG Berlin: wiedereinsetzung in den vorigen stand, öffentliches interesse, gewalt, hochschule, fristversäumnis, empfehlung, rechtsschutzversicherung, hauptsache, sammlung, quelle

1
2
3
4
5
6
Gericht:
VG Berlin 12.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 A 1320.05
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
Der Eilantrag, mit dem der Antragsteller die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen
Anordnung gem. § 123 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - verpflichtet wissen
will, ihn zum Wintersemester 2005/06 im ersten Fachsemester des Studiengangs
Zahnmedizin vorläufig zuzulassen, hat keinen Erfolg.
Es fehlt bereits an dem nach § 2 Abs. 2 Satz 3 der Verordnung über die zentrale
Vergabe von Studienplätzen (Vergabeverordnung - VergabeVO) vom 14. März 2005
(GVBl. S. 197), geändert durch 1. Änderungsverordnung vom 21. August 2005 (GVBl. S.
448), bei der Hochschule für das Wintersemester bis zum 1. Oktober zu stellenden
Antrag auf Zulassung auf einen Studienplatz außerhalb der festgesetzten
Zulassungszahl, da der Überkapazitätsantrag des Antragstellers erst vom 2. November
2005 datiert. Damit ist ein etwaiger Anspruch auf einen Studienplatz außerhalb der
festgesetzten Kapazität erloschen.
Bei summarischer Prüfung ist - entgegen der Ansicht des Antragstellers - nicht davon
auszugehen, dass die normierte Fristbestimmung unwirksam ist.
Soweit der Antragsteller mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 GG die generelle Zulässigkeit der
Fristbestimmung bezweifelt, ist dem die ständige obergerichtliche Rechtsprechung des
Oberverwaltungsgerichts Berlin zur entsprechenden Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 3
BerlHZVO entgegenzuhalten. Danach verbietet die Rechtsordnung nicht, die
Durchsetzung des Teilhaberrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG mit zumutbaren formellen
Anforderungen, wie einem formlos und keinen Begründungserfordernissen
unterliegenden fristgebundenen Antrag, zu verbinden (OVG Berlin, Beschluss vom 20.
März 2001 - OVG 5 Nc 47.00 -, zuletzt Beschluss vom 21. Mai 2004, OVG 5 Nc 33.04).
Vor dem Hintergrund, dass an der Befristung der Bewerbungsmöglichkeit für nicht
ausgewiesene Studienplätze ein berechtigtes öffentliches Interesse besteht, weil eine
zeitige Schließung des Bewerberkreises nicht nur dem Interesse der Hochschule an
einem zügigen Abschluss des Zulassungsverfahrens, sondern auch einer frühzeitigen
Antragstellung bei Gericht dient (OVG Berlin a.a.O.), ist es rechtlich auch unbedenklich,
die Frist nicht - wie vom Antragsteller gefordert - so großzügig zu bemessen, dass die
Entscheidung im Vergabeverfahren um einen innerkapazitären Studienplatz zuvor
getroffen ist.
Gleichfalls kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Bestimmung des Ablaufs
der Frist auf den 1. Oktober (vorliegend wegen Wochenende und Feiertag: 4. Oktober
2005) mit Blick darauf unwirksam ist, dass sie erst mit der am 13. September 2005 in
Kraft getretenen 1. Änderungsverordnung der VergabeVO vom 21. August 2005 und
damit tatsächlich kurzfristig (wieder) eingeführt worden ist. Ist es in der Rechtsprechung
geklärt, dass der Normgeber berechtigt ist, den zeitlichen Anwendungsbereich einer
Regelung sogar schon auf den Zeitraum vom Normbeschluss bis zur Verkündung zu
erstrecken und dass es den Betroffenen mit dem Tag des Beschlusses zumutbar ist, ihr
Verhalten auf die beschlossene Rechtslage einzurichten (BVerfGE 97, 67, 79), so besteht
kein Anhaltspunkt dafür, von der Unwirksamkeit einer normierten Ausschlussfrist, die gut
zwei Wochen nach ihrer Veröffentlichung abläuft, auszugehen.
Die Gewährung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bzw. eine
6
7
Die Gewährung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bzw. eine
„Nachsichtgewährung“ entsprechend § 32 VwVfG scheidet bei summarischer Prüfung
aus. Kommt eine solche Gewährung bei einer auf höherer Gewalt beruhenden Säumnis -
trotz des Ausschlusscharakters der Frist - zwar in Betracht, ist dem Vorbringen des
Antragstellers für das Vorliegen eines solchen Ausnahmegrundes indes nichts zu
entnehmen. Dabei kann dahinstehen, ob die Kurzfristigkeit der (Wieder-) Einführung des
fristgebundenen Antrageserfordernisses Grundlage höherer Gewalt geschuldeter
Unkenntnis von der Fristbestimmung sein könnte. Vorliegend hat der Antragsteller
nämlich nicht geltend gemacht, den Überkapazitätsantrag erst unter dem 2. November
2005 gestellt zu haben, weil er insoweit auf die ursprüngliche Regelung der VergabeVO
vom 14. März 2005 vor deren Änderung vertraut habe; er hat vielmehr als Ursache der
späten Antragstellung auf eine „trotz rechtzeitiger Anfrage“ verspätet erfolgte
Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung verwiesen. Dass eine Verzögerung der
Deckungszusage nicht als die Fristversäumnis entschuldigendes unabwendbares
Ereignis im Sinne höherer Gewalt anzusehen ist, bedarf keiner weiteren Darlegung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des
Verfahrensgegenstandes ergibt sich aus §§ 39 ff, 52 f des Gerichtskostengesetzes - GKG
-. Das Gericht geht dabei in Einklang mit der entsprechenden Empfehlung für die
Bewertung von Zulassungsstreitigkeiten im Streitwertkatalog für die
Verwaltungsgerichtsbarkeit (Katalogziffer 18.1) in der Fassung vom Juli 2004 (NVwZ
2004, 1327) vom Auffangwert von 5.000 Euro aus, wobei dieser wegen der faktischen
Vorwegnahme der Hauptsache nunmehr entsprechend der jüngst geänderten
Spruchpraxis des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 12.
August 2005 - OVG 5 L 36.05 -) im Eilverfahren ungeschmälert angesetzt wird.
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum