Urteil des VG Berlin vom 13.03.2017

VG Berlin: zahl, universität, verfügung, medien, amtsblatt, verminderung, ausbildung, kommunikation, hochschule, studienordnung

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Gericht:
VG Berlin 3. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 L 384.10
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
KapVO BE, LVerpflV BE, HSchulG
BE
Zulassung zum Hochschulstudium und Berechnung der
Ausbildungskapazität
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Sinne von § 123 Abs. 1 VwGO,
mit dem die vorläufige Zulassung zum Studium der Publizistik und
Kommunikationswissenschaft (Bachelor) im 1. Fachsemester an der Freien Universität
Berlin (Antragsgegnerin) vom Wintersemester 2009/2010 an erstrebt wird, hat keinen
Erfolg. Die im vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren allein gebotene und
mögliche summarische Prüfung ergibt, dass in dem oben genannten Studiengang über
die in der Zulassungsordnung der Antragsgegnerin für das Wintersemester 2010/11
(ABl. der Antragsgegnerin Nr. 27/2010 vom 8. Juli 2010) festgesetzte Zulassungszahl
von 91 Studienplätzen und über die Zahl der tatsächlich vergebenen 134 Studienplätze
hinaus keine weiteren Studienplätze zur Verfügung stehen.
I. Die der Festsetzung der Zulassungszahlen zugrunde liegende Kapazitätsberechnung
beruht auf der Verordnung über die Kapazitätsermittlung, die Curricularnormwerte und
die Festsetzung von Zulassungszahlen - KapVO - vom 10. Mai 1994 (GVBl. S. 186),
zuletzt geändert durch Verordnung vom 11. März 2004 (GVBl. S. 119). Die aufgrund
dieser Vorschriften von der Antragsgegnerin zum Berechnungsstichtag 1. Mai 2010
vorgenommene Ermittlung der Aufnahmekapazität hält im Ergebnis einer Überprüfung
stand.
1. Zur Ermittlung des unbereinigten Lehrangebots nach §§ 8 und 9 KapVO ist von den
der Lehreinheit zugewiesenen Planstellen des Lehrpersonals auszugehen. Die
Antragsgegnerin hat ihrer Kapazitätsberechnung für die Lehreinheit Publizistik folgende
Ausstattung mit wissenschaftlichem Lehrpersonal (Bestand an verfügbaren Stellen, § 8
KapVO) zugrunde gelegt:
- 8 Stellen für Professoren (C 3/ W 3 - C 4)
- 1 Stelle für Juniorprofessoren in der ersten Phase des Dienstverhältnisses (W 1)
- 2 Stelle für wissenschaftliche Assistenten/ Hochschulassistenten (C 1)
- 1 Stelle für Lehrkräfte für besondere Aufgaben (BAT II a/I b)
- 4 Stellen für befristet vollzeitbeschäftigte wissenschaftliche Mitarbeiter (BAT II a)
- 2 volle Stellen für befristet beschäftigte wissenschaftliche Mitarbeiter (drei 2/3-Stellen)
- 2,5 volle Stellen für befristet beschäftigte wissenschaftliche Mitarbeiter (fünf halbe
Stellen)
Die Regellehrverpflichtung des hauptamtlichen Lehrpersonals beträgt nach der
Lehrverpflichtungsverordnung i.d.F. vom 22. Oktober 2008 (GVBl. S. 294) – LVVO - für
Professoren 9 Lehrveranstaltungsstunden (LVS), für Juniorprofessoren für die Dauer der
ersten Phase des Dienstverhältnisses 4 LVS und für die zweite Phase 6 LVS, für
wissenschaftliche Assistenten 4 LVS, für auf Dauer angestellte wissenschaftliche
Mitarbeiter mit Vollzeitbeschäftigung 8 LVS, für Lehrkräfte für besondere Aufgaben 16
LVS und für vollzeitbeschäftigte wissenschaftliche Mitarbeiter mit befristeten Verträgen
(Qualifikationsstellen) 4 LVS.
Aus dem Bestand von insgesamt 21 vollen Stellen hat die Antragsgegnerin ein
Lehrangebot aus verfügbaren Stellen von 138,01 LVS errechnet.
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Hierbei setzt die Antragsgegnerin für die (in eine IIa-Stelle umgewandelte) C 2-Stelle
150420 (M.) zutreffend weiterhin eine Regellehrverpflichtung von 8 LVS an, um den
durch die Umwandlung der Stelle in früheren Berechnungszeiträumen eingetretenen
Kapazitätsverlust zu kompensieren (vgl. Beschlüsse vom 26. Januar 2009, VG 3 A 589.08
u.a., und vom 18. Dezember 2009, VG 3 A 540.09 u.a.).
Die gegenüber dem Wintersemester 2009/10, für das die Kammer die
Kapazitätsberechnung der Antragsgegnerin für die Lehreinheit Publizistik zuletzt
überprüft hat (vgl. Beschlüsse vom 18. Dezember 2009, a.a.O.) eingetretenen
Stellenveränderungen sind kapazitätsrechtlich als wirksam anzuerkennen:
a) Hinsichtlich der (halben) Stelle einer Lehrkraft für besondere Aufgaben (ohne
Stellennummer; J.) hat die Antragsgegnerin bereits in den das Wintersemester 2008/09
und 2009/10 betreffenden Kapazitätsunterlagen glaubhaft gemacht, dass diese – zentral
finanzierte – Stelle der Lehreinheit nur befristet zur Verfügung stand (zunächst bis 30.
April 2009, sodann verlängert bis 28. Februar 2010).
b) Die Verlagerung der Stelle 150885 (BAT II a) in die Lehreinheit Politikwissenschaft, für
die der nach § 71 Abs. 1 Nr. 5 BerlHG erforderliche Beschluss des Fachbereichsrats von
der Antragsgegnerin nicht nachgewiesen wurde, führt zwar zu einem Deputatsverlust
von 4 LVS. Dies wird jedoch durch die Umwandlung der Ia-Stelle 150848 (vormals W.; 8
LVS) in eine Stelle für eine Lehrkraft für besondere Aufgaben (LfbA; 16 LVS), die mit
einem Deputatsgewinn von 8 LVS einhergeht, mehr als ausgeglichen und ist daher im
Ergebnis kapazitätsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Universität muss kraft ihrer
Autonomie die Möglichkeit haben, rechtswidrig weggefallene Stellen bzw. Stellenanteile
auszugleichen und die faktisch vorhandenen Lücken im Lehrangebot zu schließen (vgl.
OVG Berlin, Beschluss vom 10. März 1988 – OVG 7 S 283.87 – m.w.N.).
c) Ob der Tausch der halben Stelle 15191 3 (BAT II a) der Lehreinheit Publizistik gegen
die halbe Stelle 15192 5 der Lehreinheit Politikwissenschaft wirksam allein durch das
Dekanat beschlossen werden kann, kann dahin stehen, da diese stellenwirtschaftliche
Maßnahme angesichts des Lehrdeputats der beiden halben Stellen von jeweils 2 LVS
jedenfalls kapazitätsneutral bleibt.
21 Stellen
138 LVS
7,5 LVS
a) Die von der Antragsgegnerin gem. § 9 Abs. 1 Nr. 4 LVVO in Ansatz gebrachte
Lehrverpflichtungsverminderung von 4,5 LVS für den Dekan, Prof. B., die auf einer vom
Präsidium der Antragsgegnerin getroffenen generellen Regelung beruht(vgl. „Generelle
Ermäßigung der Lehrverpflichtung für Dekaninnen und Dekane der Fachbereiche sowie
für die Vorsitzenden der Institutsräte der Zentralinstitute“, Rundschreiben des
Präsidiums der Antragsgegnerin, FU-Rundschreiben V Nr. 4/05 vom Januar 2005), ist
rechtlich nicht zu beanstanden. Eine auf den konkreten Amtsinhaber bezogene
Entscheidung ist insoweit nicht erforderlich (vgl. Beschluss des OVG Berlin-Brandenburg
vom 23. August 2006, OVG 5 NC 21.06).
b) Die angesetzte Verminderung der Lehrverpflichtung von 2 LVS für Frau Prof. P. zur
Wahrnehmung der Funktion als Sprecherin des Fachkollegiums 111
„Sozialwissenschaften“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ist gemäß § 9
Abs. 1 Nr. 4 LVVO zu berücksichtigen, da die Tätigkeit gemäß § 99 Abs. 4 Satz 2 BerlHG
zur dienstlichen Aufgabe erklärt worden ist (Bescheid vom 16. September 2008).
c) Gerechtfertigt ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 LVVO auch die Verminderung des
Lehrdeputats der Lehrkräfte für besondere Aufgaben K. und … durch Bescheide vom 12.
Januar 2010 zur konzeptionellen Entwicklung und Betreuung einer Lehrredaktion,
Kooperation mit dem Offenen Kanal Berlin, Betreuung von Lehrbeauftragten und Pflege
der Kontakte zu Medienredaktionen im Umfang von jeweils 1 LVS, die angesichts der
Befristung bis zum 31. März 2011 nur zu Hälfte zu berücksichtigen war.
3. Gemäß § 10 Satz 1 KapVO werden als Lehrauftragsstunden die
Lehrveranstaltungsstunden in die Berechnung einbezogen, die der Lehreinheit für den
Ausbildungsaufwand nach § 13 Abs. 1 KapVO in den dem Berechnungsstichtag
vorausgehenden zwei Semestern (Sommersemester 2009 und Wintersemester
2009/10) im Durchschnitt je Semester zur Verfügung standen und nicht auf einer
Regellehrverpflichtung beruhen; dies gilt nicht, sofern die Lehrauftragsstunden aus
Haushaltsmitteln für unbesetzte Stellen vergütet wurden (§ 10 Satz 2 KapVO).
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Nach den von der Antragsgegnerin vorgelegten Aufstellungen wurden im
Sommersemester 2009 Lehraufträge im Umfang von 42 LVS und im Wintersemester
2009/10 im Umfang von 43 LVS erteilt und durchgeführt, wobei die gemeinsam mit
Stelleninhabern der Lehreinheit Publizistik abgehaltenen Lehrveranstaltungen nur zur
Hälfte anzurechnen waren. Die Verrechnung der im Sommersemester 2009 und
Wintersemester 2009/10 angefallenen Lehrauftragsstunden mit dem Lehrangebot, das
in diesen Semestern wegen Stellenvakanzen entfallen war (§ 10 Satz 2 KapVO), ist nicht
zu beanstanden. Diese Vakanzen belaufen sich auf je 15 LVS im Sommersemester 2009
und Wintersemester 2009/10.
Für beide Bezugssemester hat die Antragsgegnerin den sachlichen Zusammenhang
zwischen Lehraufträgen und unbesetzten Stellen im Umfang von jeweils 15 LVS
hinreichend dargelegt. Es entspricht langjähriger Rechtsprechung der Kammer und des
Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg, Lehrauftragsstunden in entsprechender
Anwendung des § 10 Satz 2 KapVO insoweit außer Ansatz zu lassen, als die Lehraufträge
nicht zusätzliche Lehrleistungen der Lehreinheit darstellen, sondern lediglich zur
„Vakanzvertretung“ erteilt wurden (vgl. Beschluss des OVG Berlin vom 2. März 2000 –
OVG 5 NC 1.00 – m.w.N.). Der dazu notwendige sachliche Zusammenhang ist nach der
hier nur möglichen summarischen Prüfung dadurch als hinreichend dargelegt
anzusehen, dass die von der Antragsgegnerin bezeichneten vakanten Stellen zu den
Arbeitsbereichen der Lehreinheit Publizistik gehören, denen die betreffenden
Lehraufträge sachlich zuzuordnen sind.
27,5 LVS
Lehraufträge zur Verfügung.
4. In die Ermittlung des Lehrangebots ist schließlich auch die Lehrleistung der
Privatdozenten, außerplanmäßigen Professoren und Honorarprofessoren (sog. Titellehre
) einzubeziehen. Die Antragsgegnerin hat insoweit für den entsprechend § 10 S. 1
KapVO maßgeblichen Zeitraum (Sommersemester 2009 und Wintersemester 2009/10)
ein weiteres Lehrangebot im Pflichtlehrbereich von insgesamt 4 LVS (Sommersemester
2 LVS
160 LVS
Stellen - 7,5 LVS Verminderung + 27,5 LVS Lehraufträge + 2 LVS Titellehre).
5. Dieses Lehrangebot vermindert sich gemäß § 11 KapVO ( Dienstleistungsexport )
wegen der Belastung der Lehreinheit Publizistik mit Ausbildungsverpflichtungen für die
ihr nicht zugeordneten Studiengänge:
Der Dienstleistungsbedarf wird nach der Formel 2 in der Anlage 1 der KapVO 1994 E = ∑
q CA q x Aq/2 berechnet, wobei Aq für die Anzahl der jährlichen Studienanfänger des der
Lehreinheit nicht zugeordneten Studiengangs (§ 11 Abs. 2 KapVO) steht. Die Lehreinheit
Publizistik bietet Studentinnen und Studenten anderer Kombinations-
Bachelorstudiengänge zur Ergänzung ihres Kernfachstudiums sogenannte Modulpakete
im Umfang von 60 bzw. 30 Leistungspunkten.
a) 60 LP Modulpaket
Nach § 9 Abs. 1 der „Studienordnung für den Bachelorstudiengang Publizistik und
Kommunikationswissenschaft sowie das 60- und 30-Leistungspunkte-Modulangebot in
Publizistik und Kommunikationswissenschaft an der Freien Universität Berlin“ (Amtsblatt
der Antragsgegnerin Nr. 44/2006 vom 29. August 2006) sind im Rahmen des 60-LP-
Modulangebots die Basismodule 1, 2, 3b und 4b sowie jeweils ein Modul aus dem
Wahlpflichtteil I und II zu absolvieren. Der von der Antragsgegnerin anhand eines
0,9833
Es bestehen keine Bedenken dagegen, dass die Antragsgegnerin bei den
Anrechnungsfaktoren und angesetzten Betreuungsrelationen nach eigenen Angaben
(vgl. Schriftsatz vom 14. Oktober 2008 in den das WS 2008/09 betreffenden
Kapazitätsunterlagen) den Vorgaben der Entschließung des 204. Plenums der
Hochschulrektorenkonferenz vom 14. Juni 2005 („Empfehlung zur Sicherung der Qualität
von Studium und Lehre in Bachelor- und Masterstudiengängen“), III. Abschnitt
(Berechnung des Lehraufwands), S. 5 ff., folgt. Denn damit wird den besonderen
Anforderungen der im Zuge der Einführung einer gestuften Studienstruktur zunehmend
eingerichteten Bachelorstudiengänge Rechnung getragen. Diese Anforderungen, die zu
einer Reduzierung der Abbrecherquoten und zu kürzeren Studienzeiten führen sollen,
zielen auf eine Intensivierung der Ausbildung, die nach den Vorstellungen der HRK
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zielen auf eine Intensivierung der Ausbildung, die nach den Vorstellungen der HRK
(a.a.O.) wiederum nur durch Lehrveranstaltungen mit kleineren Gruppengrößen und
einer Ausweitung des Anteils dieser Lehrveranstaltungen am Curriculum zu erreichen ist.
Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung der Kammer setzt die Antragsgegnerin -
den Empfehlungen der Hochschulrektorenkonferenz entsprechend - dabei
beanstandungsfrei für Übungen eine Gruppengröße von mindestens 30 und für die
sogenannten Medien-, Ressort- oder Projektseminare eine Gruppengröße von 15 - 30
(Mittelwert 22,5) an, ebenso wie für das Modulteil „Einführendes
Seminar/Projektseminar“ (vgl. Beschlüsse vom 26. Januar 2009, VG 3 A 589.08 u.a.).
Dass die Antragsgegnerin bei der Berechnung mangels anderer Anhaltspunkte von einer
gleichmäßigen Verteilung der Studierenden auf die Wahlpflichtmodule ausgegangen ist,
begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Der Dienstleistungsabzug liegt unter
Zugrundelegung der Einschreibergebnisse des Wintersemesters 2009/2010 im Hinblick
46,2151 LVS
b) 30-LP-Modulpaket
Nach § 10 Abs. 1 der „Studienordnung für den Bachelorstudiengang Publizistik und
Kommunikationswissenschaft sowie das 60- und 30-Leistungspunkte-Modulangebot in
Publizistik und Kommunikationswissenschaft an der Freien Universität Berlin“ (Amtsblatt
der Antragsgegnerin Nr. 44/2006 vom 29. August 2006) sind im Rahmen des 30-LP-
Modulangebots zwei der Basismodule 1, 3b und 4b sowie im Rahmen des Wahlpflichtteils
eines der fachlich vertiefenden Module Kommunikationstheorie/Empirische
Kommunikations- und Medienforschung, Kommunikationsgeschichte und –kultur und
Kommunikationsökonomie, -politik, -recht zu absolvieren. Der von der Antragsgegnerin
0,5055
Einschreibergebnisse des Wintersemesters 2009/2010 ermittelte jährliche
Studienanfängerzahl von 16 sind nicht zu beanstanden. Der Dienstleistungsabzug liegt
4,044 LVS
Das bereinigte Lehrangebot beträgt danach (160 LVS – 46,2151 LVS – 4,044 LVS =)
109,7409 LVS
6. Dem so errechneten Lehrangebot ist die Lehrnachfrage des einzelnen Studierenden
in der Lehreinheit Publizistik gegenüber zu stellen. Die Lehrnachfrage wird ausgedrückt
durch den Curricularnormwert (CNW), der den in Deputatstunden gemessenen Aufwand
aller beteiligten Lehreinheiten, der für die ordnungsgemäße Ausbildung eines
Studierenden in dem jeweiligen Studiengang erforderlich ist, bestimmt (§ 13 Abs. 1 Satz
1 KapVO).
Bei der Ermittlung der Lehrnachfrage sind grundsätzlich die in der Anlage 2 zur KapVO
aufgeführten Curricularnormwerte (CNW) anzuwenden (§ 13 Abs. 1 Satz 2 KapVO). Die
dort unterschiedslos für Diplom-, Magister- und Bachelorabschlüsse in den
Studiengängen Publizistik bzw. Kommunikationswissenschaft jeweils festgesetzten
Curricularnormwerte von 3,0 (Abschnitt I, Buchstabe d) Nr. 6 der Anlage 2 KapVO) bzw.
3,2 (Abschnitt I, Buchstabe c) Nr. 30 der Anlage 2 KapVO), von denen auch die
Antragsgegnerin nicht ausgeht, geben die Lehrnachfrage des erst durch die Studien-
und Prüfungsordnung vom 11. Januar 2006 (Amtsblatt der Antragsgegnerin vom
44/2006 vom 29. August 2008) eingerichteten Bachelorstudiengangs Publizistik und
Kommunikationswissenschaft erkennbar nicht zutreffend wieder. Dies ergibt sich schon
daraus, dass es sich nicht um einen vollständigen Studiengang handelt, wie dies bei
einem sogenannten Mono-Bachelorstudiengang der Fall wäre, sondern nur um das 90
Leistungspunkte und damit etwa nur die Hälfte der Lehrnachfrage eines vollständigen
Studiums, umfassende Kernfachstudium, das erst durch Module aus anderen fachlichen
Bereichen im Umfang von 60 LP sowie das 30 LP umfassende Modul Allgemeine
Berufsvorbereitung zu einem vollständigen Studium zu ergänzen ist.
Für den Bachelorstudiengang geht die Antragsgegnerin nunmehr von dem von der
Kammer errechneten (vgl. Beschlüsse vom 18. Dezember 2009, a.a.O.) Curricularanteil
1,4389
7. Da der Lehreinheit Publizistik neben dem Bachelorstudiengang auch der konsekutive
Masterstudiengang „Medien und politische Kommunikation“ zugeordnet ist, muss
zunächst ein gewichteter Curricularanteil beider Studiengänge gebildet werden.
Den auf diesen Masterstudiengang entfallenden Curriculareigenanteil hat die
Antragsgegnerin mangels eines entsprechenden Normwertes ebenfalls mittels eines
Beispielstudienplans anhand der Masterstudienordnung vom 16. April 2008 offenbar
gleichfalls den Vorgaben der Hochschulrektorenkonferenz und der Rechtsprechung der
Kammer (vgl. Beschlüsse vom 26. Januar 2009, a.a.O.) folgend beanstandungsfrei mit
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Kammer (vgl. Beschlüsse vom 26. Januar 2009, a.a.O.) folgend beanstandungsfrei mit
1,6667
Bei der Ermittlung des gewichteten Curricularanteils für die in der Lehreinheit
zusammengefassten Studiengänge sind die von der Hochschule festgesetzten
Anteilquoten zu berücksichtigen, mittels derer sie die Verteilung der vorhandenen
Aufnahmekapazität auf die einzelnen Studiengänge vornimmt. Diese „Widmung“ der
Ausbildungskapazität für bestimmte Studiengänge ist grundsätzlich - solange sie nicht
willkürlich und „kapazitätsvernichtend“ erfolgt (Bahro/Berlin, a.a.O., § 12 KapVO Rdn. 3) -
vom Gericht zu beachten. Materielle Kriterien hält die KapVO insoweit nicht bereit. Nach
ständiger Rechtsprechung der Kammer (vgl. Beschlüsse vom 19. Februar 2004 - VG 3 A
1564.03 u.a. - Politikwissenschaft FU - und 13. Dezember 2005 - VG 3 A 414.05 u.a. -
Wirtschaftskommunikation FHTW - ) ist es sachgerecht, für die Bemessung der jeweiligen
Anteilquote auf die Zahl der Studienanfänger bzw. die insoweit festgesetzte
Zulassungszahl eines der Lehreinheit zugeordneten Studiengangs im Verhältnis zu der
entsprechenden Zahl der anderen derselben Lehreinheit zugeordneten Studiengänge
abzustellen. Gerade wenn die Hochschule für diese Studiengänge Zulassungszahlen
festsetzt, darf die darin zum Ausdruck gebrachte Verteilung der Ausbildungskapazität
der Lehreinheit nicht in Widerspruch zu der sich aus der Anteilquotenbildung ergebenden
Verteilung stehen, insbesondere dann nicht, wenn eine hohe Anteilquote für einen
Studiengang mit vergleichsweise niedriger Zulassungszahl nicht durch einen
entsprechend höheren Curricularanteil dieses Studiengangs zu rechtfertigen wäre. Ein
solches Missverhältnis liegt hier jedoch nicht vor, da die Antragsgegnerin für den
Bachelorstudiengang 91 zugelassen, die Zulassungszahl für den Masterstudiengang auf
60 (ABl. der Antragsgegnerin Nr. 27/2010 vom 8. Juli 2010) und die Anteilquoten auf 0,6
und 0,4 festgesetzt hat. Danach errechnet sich nach der Formel 4 der Anl. 1 zur KapVO
folgender gewichteter Curricularanteil:
8. Bei Verdopplung des bereinigten Lehrangebots, Division durch den gewichteten
Curriculareigenanteil (Formel 5 der Anlage 1 zur KapVO 1994) und anschließender
Multiplikation mit der für den Bachelorstudiengang festgelegten Anteilquote ergibt sich
86,0713
9. Diese Basiszahl ist um eine Schwundquote zu erhöhen (§ 14 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. § 16
KapVO), wenn anzunehmen ist, dass die Zahl der Abgänge an Studierenden in höheren
Fachsemestern größer sein wird als die Zahl der Zugänge. Die von der Antragsgegnerin
0,9534
summarischer Prüfung nicht beanstandenswert (vgl. Anlagen zum Schriftsatz vom 20.
September 2010). Die Basiszahl dividiert durch diesen Schwundfaktor ergibt eine Zahl
90
10. Nach Auskunft der Antragsgegnerin sind von ihr bereits 134 Studierende zugelassen
und immatrikuliert worden (vgl. Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 14. Dezember
2010). Die dabei vorgenommenen Überbuchungen haben kapazitätsdeckende Wirkung
(vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 26. Juli 2001 - OVG 5 NC 13.01). Es sind keine
Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass dies etwa rechtsmissbräuchlich mit der Absicht
geschehen sein könnte, die Erfolgsaussichten von klagenden Studienbewerbern zu
verringern (vgl. zu diesem Maßstab Beschlüsse der Kammer vom 31. Mai 2001 - VG 3 A
69.01 u.a. - FHW Sommersemester 2001). Die Antragsgegnerin hat hierzu erklärt, dass
sich diese „Überbuchung“ aus dem sehr guten Annahmeverhalten der Studienbewerber
ergeben habe, welches nach der Notwendigkeit von insgesamt 3 Nachrückverfahren im
WS 2009/10 nicht vorhersehbar gewesen sei (vgl. Schriftsatz vom 22. Dezember 2010).
Im Übrigen wirkt sich die „Überbuchung“ bereits deshalb nicht zu Lasten der
Antragsteller aus, da die Antragsgegnerin die Kapazität zutreffend berechnet und die
Zulassungszahl entsprechend festgesetzt hat, so dass es auf die Überbuchungen zur
Kapazitätsdeckung gar nicht ankommt.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf
§§ 39 ff., 52 f. GKG.
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