Urteil des VG Arnsberg vom 29.03.2004

VG Arnsberg: besondere härte, subjektives recht, aufschiebende wirkung, einberufung, ermessen, rechtsgrundlage, erfüllung, wehrpflichtiger, rechtsschutz, vollziehung

Verwaltungsgericht Arnsberg, 3 L 403/04
Datum:
29.03.2004
Gericht:
Verwaltungsgericht Arnsberg
Spruchkörper:
3. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
3 L 403/04
Tenor:
Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.
Der Antrag des Antragstellers gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung
(VwGO) in Verbindung mit § 35 Satz 2 des Wehrpflichtgesetzes (WPflG),
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die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 00.00.00 gegen den
Einberufungsbescheid vom 00.00.00 anzuordnen,
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ist zulässig, aber nicht begründet.
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Bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Überprüfung der Sach-
und Rechtslage erweist sich der angegriffene Einberufungsbescheid als rechtmäßig, so
dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides das private
Interesse des Antragstellers, einstweilen vom Vollzug verschont zu bleiben, überwiegt.
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Der Antragsteller kann sich zum einen nicht auf einen Zurückstellungsgrund berufen,
den er mit Erfolg dem angefochtenen Einberufungsbescheid verteidigungsweise
entgegensetzen könnte. Soweit der Antragsteller insoweit darauf verwiesen hat, in
seinem Falle liege eine besondere Härte vor, da zu befürchten sei, dass er seinen
Arbeitsplatz verliere, greift sein Vorbringen nicht durch. Nach § 12 Abs. 4 Satz 1 WPflG
soll ein Wehrpflichtiger auf Antrag zurückgestellt werden, wenn die Heranziehung zum
Wehrdienst für ihn wegen persönlicher, insbesondere häuslicher, wirtschaftlicher oder
beruflicher Gründe eine besondere Härte bedeuten würde. Eine besondere Härte in
diesem Sinne ist nicht darin zu sehen, dass der Antragsteller möglicherweise seinen
Arbeitsplatz verliert, wenn er der Einberufung Folge leisten muss. Anders als etwa die in
§ 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 3 WPflG genannten beruflichen Gründe führen
berufliche Gründe der vom Antragsteller geltend gemachten Art in der Regel nicht zu
einer Zurückstellung. Soweit sich aus letzteren Härten ergeben, hat der Gesetzgeber
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dem vielmehr durch die Schaffung des Arbeitsplatzschutzgesetzes Rechnung getragen.
Soweit das Arbeitsplatzschutzgesetz im konkreten Einzelfall zugunsten des
Wehrpflichtigen nicht eingreift, kann im Hinblick auf die aufgezeigte gesetzliche
Systematik im Regelfall auch keine zu einer Zurückstellung führende besondere Härte
angenommen werden.
Vgl. Beschluss der Kammer vom 27. April 2001 - 3 L 498/01 -.
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Etwas anderes kommt nur dann in Betracht, wenn der Wehrpflichtige eine einmalige
berufliche Chance verlieren würde und es ihm unmöglich wäre, jemals in seinen Beruf
zurückzukehren. Der Verlust der Chance muss wehrdienstbedingt endgültig, d. h. es
muss ausgeschlossen sein, die gegebene Chance auf anderem Weg oder zu anderer
Zeit zu verwirklichen. Die Erfüllung dieser Voraussetzungen ist vorliegend nicht
erkennbar.
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Soweit der Antragsteller - sinngemäß - geltend gemacht hat, seine Heranziehung zum
Wehrdienst erfolge willkürlich und verstoße gegen den die Wehrpflicht beherrschenden
Grundsatz der Wehrgerechtigkeit, weil nach den seit dem 1. Juli 2003 geltenden
Einberufungsrichtlinien u. a. Verheiratete, Wehrpflichtige, die über 23 Jahre alt seien,
sowie solche, die „T 3" gemustert worden seien, in der Regel nicht mehr einberufen
würden, greift sein Vorbringen ebenfalls nicht durch. Aus der betreffenden
Verwaltungspraxis kann der Antragsteller keine Rechte herleiten, die er seiner
Einberufung entgegenhalten könnte. Denn das den Kreiswehrersatzämtern bei der
Auswahl der für den Grundwehrdienst verfügbaren Wehrpflichtigen durch § 21 Abs. 1
WPflG eingeräumte Ermessen dient ausschließlich dem öffentlichen Interesse an einer
optimalen Personalbedarfsdeckung der Bundeswehr und nicht zugleich auch privaten
Interessen des Wehrpflichtigen. Ein subjektives Recht auf fehlerfreie
Ermessenausübung bei der Auswahl der zur Einberufung anstehenden Wehrpflichtigen
besteht nicht.
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Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 26. Februar 1993 - 8 C 20/92 -,
Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1993, 2065 (2066); Verwaltungsgericht (VG)
Gelsenkirchen, Beschluss vom 17. März 2004 - 15 L 620/04 -; VG Koblenz, Beschluss
vom 10. März 2004 - 7 L 616/04.KO -; Johlen, Wehrpflichtrecht in der Praxis, 4. Aufl.
1996, Rdnr. 266; a. A.: VG Köln, Beschluss vom 23. Dezember 2003 - 8 L 3008/03 -.
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Mangels einer Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie
Entscheidung der Antragsgegnerin über die Heranziehung des Antragstellers zum
Wehrdienst kann der Antragsteller sich auch nicht erfolgreich auf den Gleichheitssatz
(Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes) berufen.
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Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 26. Februar 1993 - 8 C 20/92 -, NJW 1993, 2065 (2066).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 1
und 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG).
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Dieser Beschluss ist gemäß § 34 Satz 1 WPflG unanfechtbar.
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