Urteil des VG Arnsberg vom 13.08.2009

VG Arnsberg (vergnügungssteuer, steuer, der rat, stadt, umsatzsteuer, richtlinie, land, ewg, steuersatz, monat)

Verwaltungsgericht Arnsberg, 5 K 677/09
Datum:
13.08.2009
Gericht:
Verwaltungsgericht Arnsberg
Spruchkörper:
5. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 K 677/09
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin
darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des
beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte
seinerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe
leistet.
T a t b e s t a n d :
1
Die Klägerin betreibt in einer Spielhalle in I. Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit (im
Folgenden: Gewinnspielgeräte).
2
Mit Vergnügungssteuererklärung vom 3. Februar 2009 meldete die Klägerin dem
Beklagten Vergnügungssteuer von 4.577,75 EUR für den Monat Januar 2009. Am 3.
März 2009 hat die Klägerin hiergegen Klage erhoben.
3
Mit weiteren Steuererklärungen vom 16. März 2009, 3. April 2009, 4. Mai 2009, 10. Juni
2009 und 2. Juli 2009 meldete die Klägerin Vergnügungssteuer von 5.192,34 EUR für
Februar 2009, 6.383,09 EUR für März 2009, 5.793,02 EUR für April 2009, 4.778,12 EUR
für Mai 2009 und 3.929,07 EUR für Juni 2009.
4
Hierauf hat die Klägerin ihre Klage mit am 16. April 2009, 30. April 2009, 4. Juni 2009, 9.
Juli 2009 und 31. Juli 2009 bei Gericht eingegangenen Schriftsätzen erweitert. Zur
Begründung der Klage führt sie u.a. Folgendes aus: Die der Festsetzung zugrunde
liegende Vergnügungssteuersatzung der Stadt I. sei unwirksam. Dem Rat der Stadt I.
fehle die Kompetenz, bei den Spielgeräteaufstellern eine Vergnügungssteuer von 15%
des Gesamtumsatzes der Gewinnspielgeräte zu erheben. Auch könne als
Besteuerungsgrundlage nur der um die Vergnügungssteuer und die Umsatzsteuer
bereinigte Kasseninhalt in Ansatz gebracht werden. Des Weiteren führe die Regelung in
§ 9 Abs. 2 Satz 4 der Satzung dazu, dass der tatsächliche Steuersatz höher als 15% sei.
Ferner stelle die Vergnügungssteuer eine Umsatzsteuer dar und verstoße somit gegen
5
Gemeinschaftsrecht. Überdies habe die Steuer erdrosselnde Wirkung. Der Steuersatz
sei ohne Ermittlung der im Satzungsgebiet anfallenden notwendigen
Veranstaltungskosten und damit letztlich willkürlich festgelegt worden. Zudem habe der
aktuell geltende Steuersatz im Zeitraum von Januar 2009 bis Juni 2009 zu einer im
Vergleich zu der ursprünglichen Pauschalbesteuerung deutlich höheren Steuerlast
geführt.
Mit Bescheid vom 11. August 2009 setzte der Beklagte für den Zeitraum von Januar bis
Juni 2009 Vergnügungssteuer von insgesamt 30.653,39 EUR fest und führte zur
Begründung aus, dass in der Steuererklärung der Klägerin für Januar 2009 ein falscher
Ablesezeitraum für ein Gewinnspielgerät benannt worden sei. Da durch den Bescheid
die bisherigen Steuerfestsetzungen der Höhe nach nicht verändert werden sollten, geht
das erkennende Gericht davon aus, dass die Benennung eines Steuerbetrages von
4.788,12 EUR irrtümlich erfolgt ist und die Festsetzung für diesen Monat nach wie vor
4.778,12 EUR beträgt.
6
Die Klägerin beantragt - schriftsätzlich und sinngemäß -,
7
den Vergnügungssteuerbescheid vom 11. August 2009 aufzuheben.
8
Der Beklagte beantragt - ebenfalls schriftsätzlich -,
9
die Klage abzuweisen.
10
Zur Begründung führt er aus, es sei rechtlich unbedenklich, negative Einspielergebnisse
mit 0 EUR zu besteuern. Die Steuer sei kalkulatorisch auf den Spieler abwälzbar und
habe auch keine erdrosselnde Wirkung. Vor der Festlegung des Steuersatzes von
nunmehr 15% habe eine ausreichende Abwägung seitens des Satzungsgebers
stattgefunden. Die Mehrheit der Geräteaufsteller habe seit dem 1. Januar 2006
Umsatzsteigerungen erzielt. Zudem sei die Anzahl der Spielhallen in I. seit dem Jahr
2006 zunächst von 43 Hallen mit insgesamt 389 Gewinnspielgeräten (1. Januar 2006)
auf 48 Hallen mit insgesamt 520 Geräten (1. Januar 2009) angestiegen; am 15. Juni
2009 seien 52 Spielhallen mit insgesamt 573 Gewinnspielgeräten betrieben worden.
Die Vergnügungssteuer habe ferner nicht den Charakter einer Umsatzsteuer und
verstoße somit nicht gegen Gemeinschaftsrecht.
11
Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 10. August 2009 und 11. August 2009
mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
12
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten
im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
13
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
14
Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 der
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung.
15
Die gemäß § 42 Abs. 1 VwGO zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Der
angefochtene Vergnügungssteuerbescheid vom 11. August 2009 ist rechtmäßig und
verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
16
Rechtsgrundlage für die Heranziehung zur Vergnügungssteuer ist die Neufassung der
Satzung über die Erhebung der Vergnügungssteuer in der Stadt I.
(Vergnügungssteuersatzung) vom 18. Dezember 2008 (VStS 2008). Diese Satzung
enthält, soweit vorliegend von Bedeutung, folgende Bestimmungen:
17
"§ 1 Steuergegenstand
18
Der Besteuerung unterliegen die im Gebiet der Stadt I. veranstalteten nachfolgenden
Vergnügungen (Veranstaltungen):
19
[...]
20
5. das Halten von Spiel-, Musik-, Geschicklichkeits-, Unterhaltungs- oder ähnlichen
Apparaten in
21
a) Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen
22
[...]
23
§ 3 Steuerschuldner
24
(1) Steuerschuldner ist [...] in den Fällen des § 1 Nr. 5 der Halter der Apparate
(Aufsteller).
25
[...]
26
§ 9 Besteuerung von Apparaten nach § 1 Nr. 5
27
(1) Die Steuer für das Halten von Apparaten nach § 1 Abs. 5 bemisst sich bei Apparaten
mit Gewinnmöglichkeit nach dem Einspielergebnis (Bruttokasse). Dieses errechnet sich
aus der elektronisch gezählten Kasse abzüglich der Nachfüllung A (= Saldo 2),
zuzüglich Fehlbetrag, abzüglich Prüftestgeld, Falschgeld, Fehlgeld sowie
Berücksichtigung der Nachfüllung B.
28
[...]
29
(2) Die Steuer beträgt
30
für Apparate mit Gewinnmöglichkeit in Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen (§ 1 Nr.
5 a) 15 %
31
[...]
32
Bei Apparaten mit Gewinnmöglichkeit werden negative Einspielergebnisse mit 0 EUR
besteuert.
33
[...]
34
(4) Für die Apparate mit Gewinnmöglichkeit hat der Steuerschuldner für jeden
Kalendermonat bis zum 20. Tag des Folgemonats eine Steueranmeldung auf dem von
35
der Stadt I. zur Verfügung gestellten Vordruck abzugeben und die Steuer für alle in I.
bestehenden Aufstellorte für jedes Gerät entsprechend der Einspielergebnisse
gesondert und insgesamt zu berechnen. Den Steuererklärungen sind auf Verlangen der
Stadt die Druckprotokolle der Apparate mit den Aufzeichnungen über die Spieleinsätze
bzw. den Einspielergebnissen beizufügen.
(5) Die Steueranmeldung nach Abs. 4 gilt als Steuerfestsetzung unter Vorbehaltung der
Nachprüfung. Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt nach Ablauf eines Jahres,
gerechnet ab Eingang der Steueranmeldung. Die Stadt I. kann die Steuer abweichend
von der Steueranmeldung festsetzen, wenn die vom Steuerpflichtigen vorgenommene
Berechnung fehlerhaft ist oder von den Satzungsvorgaben abweicht.
36
[...]
37
§ 12 Festsetzung und Fälligkeit
38
[...]
39
(3) Bei Apparaten mit Gewinnmöglichkeit gilt die unbeanstandete Entgegennahme der
Steueranmeldung als Steuerfestsetzung. In diesen Fällen wird die Steuer fällig am
letzten Kalendertag des auf den Abrechnungszeitraum folgenden Monats. Fällt der letzte
Kalendertag des folgenden Kalendermonats auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag,
so verschiebt sich die Fälligkeit der Steuer auf den darauffolgenden Werktag.
40
Wird bei Apparaten mit Gewinnmöglichkeit ein Steuerbescheid erteilt (etwa wenn der
Steuerpflichtige eine Steueranmeldung nicht rechtzeitig abgibt oder wenn die
Steuerschuld abweichend von der Anmeldung festzusetzen ist), ist die Steuer in diesem
Fall innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheides zu entrichten.
41
[...]
42
§ 16 Inkrafttreten
43
Diese Satzung tritt am 1. Januar 2009 in Kraft."
44
Die Vergnügungssteuersatzung stellt, soweit sie in § 9 Gewinnspielgeräte in Spielhallen
der Vergnügungssteuer unterwirft, eine wirksame Rechtsgrundlage für die
streitgegenständliche Steuerveranlagung dar.
45
Es bestehen zunächst keine Zweifel an der Normsetzungskompetenz des Rates der
Stadt I. für eine Besteuerung von Gewinnspielgeräten nach deren Einspielergebnis. Die
Auffassung der Klägerin, eine einspielergebnisbezogene Vergnügungssteuer für
Gewinnspielgeräte stelle keine Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a Satz 1 des
Grundgesetzes (GG) dar, trifft nicht zu. Nach der genannten Norm ist die Erhebung
örtlicher Aufwandsteuern gestattet, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich
geregelten Steuern gleichartig sind. Hiernach ist eine nach dem Maßstab des
Einspielergebnisses erhobene kommunale Vergnügungssteuer für Gewinnspielgeräte
zulässig, da diese nicht gleichartig mit der insoweit allein in Betracht kommenden
Umsatzsteuer ist. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG
NRW) hat hierzu in seinem Beschluss vom 30. Mai 2008 - 14 B 939/07 - Folgendes
ausgeführt:
46
"Der Hinweis, die Steuer sei als Aufwandsteuer nicht haltbar, weil sie gleichartig mit der
Umsatzsteuer sei und zu einer doppelten Belastung führe, trifft nicht zu. Der Umstand,
dass die Steuer nach dem Einspielergebnis erhoben wird, bedeutet nicht, dass sie nun
keine traditionelle Aufwandsteuer mehr wäre mit der Folge, dass ein Verstoß gegen das
Gleichartigkeitsverbot in Betracht gezogen werden könnte. Die Vergnügungssteuer für
Spielautomaten wurde früher (zulässigerweise) nur deshalb nach dem
Stückzahlmaßstab erhoben, weil eine praktikable Möglichkeit zu einer
wirklichkeitsnahen Besteuerung nicht gegeben war. Die nun erfolgte Änderung des
Steuermaßstabes ändert nichts an dem Befund, dass die Vergnügungssteuer auch für
Geldspielgeräte eine herkömmliche Gemeindesteuer bleibt, die nicht gleichartig mit
bundesgesetzlich geregelten Steuern ist."
47
Diesen Ausführungen schließt sich das erkennende Gericht an.
48
Ebenso wenig bestehen in formeller Hinsicht rechtliche Bedenken gegen die
Wirksamkeit der Vergnügungssteuersatzung. Die Klägerin hat keine konkreten, die
Vergnügungssteuersatzung betreffende Formmängel dargelegt, solche sind dem
Satzungsvorgang auch sonst nicht zu entnehmen.
49
Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht erweist sich die Vergnügungssteuersatzung,
soweit nach deren § 9 Abs. 1 Gewinnspielgeräte einer einspielergebnisbezogenen
Vergnügungssteuer unterliegen, als wirksam. Insbesondere bestehen keine rechtlichen
Bedenken gegen den in zulässiger Weise konkretisierten Steuermaßstab (1). Der
einspielergebnisbezogene Steuermaßstab verstößt ferner nicht gegen
Gemeinschaftsrecht (2). Die Höhe des Steuersatzes erweist sich schließlich ebenfalls
als rechtsfehlerfrei (3).
50
(1) Die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung von Gewinnspielgeräten gemäß § 9
Abs. 1 VStS 2008 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dabei kann es hier dahinstehen,
ob die verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine taugliche Bemessungsgrundlage
für eine Spielgerätesteuer aus Art. 105 Abs. 2a GG oder aus Art. 3 Abs. 1 GG
herzuleiten sind. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung erfordert Art. 105 Abs.
2a GG bei einer Aufwandsteuer wie der Spielautomatensteuer zumindest einen
lockeren Bezug zwischen dem verwendeten Steuermaßstab und dem letztlich zu
besteuernden Vergnügungsaufwand der Spieler. Bei der Wahl des konkreten
Steuermaßstabs innerhalb dieses Rahmens wird dem Normgeber ein weiter
Gestaltungsspielraum zugebilligt. Der gewählte Steuermaßstab muss aber
grundsätzlich geeignet sein, den zu besteuernden Vergnügungsaufwand zumindest
entfernt abzubilden.
51
Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 13. April 2005 - 10 C 5.04 -, Neue
Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 2005, 1316.
52
Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ist die
Tragfähigkeit eines Steuermaßstabs hingegen nicht an Art. 105 Abs. 2a GG, sondern
vielmehr an dem in Art. 3 Abs. 1 GG verankerten Grundsatz der gleichen Zuteilung
steuerlicher Lasten zu messen. Der sachgerechteste Maßstab für eine Spielgerätesteuer
ist danach der individuelle, wirkliche Vergnügungsaufwand des einzelnen Spielers.
Wählt der Normgeber im Vergnügungssteuerrecht statt des Wirklichkeitsmaßstabs einen
anderen (Ersatz- oder Wahrscheinlichkeits-) Maßstab, so ist er auf einen solchen
53
beschränkt, der einen bestimmten Vergnügungsaufwand wenigstens wahrscheinlich
macht.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009 - 1 BvL 8/05 -, Deutsches Verwaltungsblatt
(DVBl.) 2009, 777.
54
Der in § 9 Abs. 1 VStS 2008 enthaltene Steuermaßstab genügt sowohl den
verfassungsrechtlichen Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts als auch denen des
Bundesverfassungsgerichts. Nach der vorgenannten Regelung ist Einspielergebnis die
Bruttokasse; diese errechnet sich aus der elektronisch gezählten Kasse abzüglich der
Nachfüllung A (= Saldo 2), zuzüglich Fehlbetrag, abzüglich Prüftestgeld, Falschgeld,
Fehlgeld sowie Berücksichtigung der Nachfüllung B. Durch diesen Maßstab wird
sichergestellt, dass nur der von den Spielern tatsächlich erbrachte Aufwand der
Besteuerung unterliegt.
55
Vgl. im Übrigen zu einem ähnlichen Maßstab einer anderen Vergnügungssteuersatzung
auch: OVG NRW, Urteil vom 6. März 2007 - 14 A 608/05 -, Nordrhein-Westfälische
Verwaltungsblätter (NWVBl.) 2007, 351; Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen
durch BVerwG, Beschluss vom 31. März 2008 - 9 B 30.07 -; Verwaltungsgericht (VG)
Arnsberg, Urteil vom 24. Juli 2008 - 5 K 2296/07 -.
56
Maßgeblich für die Steuer ist das monatliche Einspielergebnis des einzelnen
Gewinnspielgeräts. Dies folgt aus § 9 Abs. 4 VStS 2008, wonach die Steueranmeldung
für jeden Kalendermonat, alle Aufstellorte und jedes Gewinnspielgerät abzugeben ist.
57
Überdies muss die Bruttokasse als Bemessungsgrundlage der Vergnügungssteuer
entgegen der Auffassung der Klägerin nicht um den Anteil gezahlter
Spielapparatesteuer, der als Bestandteil der Spielentgelte in die Kasse gelangt ist,
bereinigt werden. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof (Hess. VGH) hat hierzu in
seinem Urteil vom 20. Februar 2008 - 5 UE 82/07 -, Der Gemeindehaushalt 2008, 137,
Folgendes ausgeführt:
58
"Soweit nach dem Umsatzsteuergesetz Basis der Berechnung des prozentual
bemessenen Steuerbetrags der Nettopreis - also der um die Steuer verminderte
Bruttopreis - ist (§ 10 Abs. 4 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes), besteht kein Zwang,
dies auf die Bemessung der Spielapparatesteuer zu übertragen. Den Modus der
Berechnung der Steuerhöhe legt der Satzungsgeber nach seinem Ermessen fest. Es
steht ihm frei, ob er hierfür auf einen bestimmten Prozentsatz der Bruttokasse oder aber
der Nettokasse zurückgreift. Die Anknüpfung an die 'unbereinigte' Bruttokasse für die
Bemessung der Spielapparatesteuer liegt deshalb nahe, weil die Steuer vom Spieler als
Teil seines Spielentgelts entrichtet und sodann vom Apparateaufsteller an die
Gemeinde als Steuergläubiger abgeführt wird. So gesehen wird der Steueranteil der
gezahlten Entgelte aus dem Kasseninhalt wieder 'herausgezogen'. Bemessung der
Steuer auf 10% der Bruttokasse bei Gewinnspielgeräten [...] ist also nichts anderes als
die Berechnung der von den Spielern für das Spielen am jeweiligen Gerät entrichteten
Steuer anhand des Kasseninhalts."
59
Diesen Ausführungen, die auch für die Regelung des Steuermaßstabs in § 9 Abs. 1
Sätze 1 und 2 VStS 2008 Geltung beanspruchen, schließt sich das erkennende Gericht
an.
60
Vgl. VG Arnsberg, Urteile vom 6. November 2008 - 5 K 630/08 - und vom 4. Dezember
2008 - 5 K 523/08 -.
61
Der Steuermaßstab begegnet auch insoweit keinen rechtlichen Bedenken, als nach der
Definition des Einspielergebnisses in § 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 VStS 2008 nicht (auch)
die Umsatzsteuer vom Betrag der Bruttokasse in Abzug zu bringen ist. Das
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat hierzu in seinem Urteil
vom 6. März 2007 - 14 A 608/05 -, a.a.O., Folgendes ausgeführt:
62
"Soweit nach dem hier verwendeten Maßstab die Umsatzsteuer nicht abgezogen wird,
steht dies mit höherrangigem Recht in Einklang. Es gibt keinen Grundsatz, dass von
Bruttoeinnahmen nicht zwei Steuern nebeneinander erhoben werden dürfen. So wurde
auch nach dem Vergnügungssteuergesetz für das Land Nordrhein-Westfalen auf der
Grundlage des Bruttoprinzips die Vergnügungssteuer nach den Roheinnahmen
bemessen.
63
Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 31.1.2007 - 14 A 2042/05 - ."
64
Hieran hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in seinem
Beschluss vom 18. Juli 2008 - 14 A 4206/06 - festgehalten. Dem schließt sich das
erkennende Gericht an.
65
Vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 6. November 2008 - 5 K 630/08 -.
66
(2) Darüber hinaus verstößt die Besteuerung von Gewinnspielgeräten in der VStS 2008
auch nicht gegen Gemeinschaftsrecht. Die Beurteilung, ob eine nach dem
Einspielergebnis bemessene Vergnügungssteuer für Gewinnspielgeräte
gemeinschaftsrechtlich zulässig ist, richtet sich für den hier streitigen
Besteuerungszeitraum nach Art. 401 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.
November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (RL 2006/112/EG), die
zum 1. Januar 2007 in Kraft getreten ist (Art. 413 RL 2006/112/EG) und zugleich die
Richtlinie 77/388/EWG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten
über die Umsatzsteuer (RL 77/388/EWG) aufgehoben hat (Art. 411 Abs. 1 RL
2006/112/EG). Die genannte Vorschrift hat folgenden Wortlaut:
67
"Unbeschadet anderer gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften hindert diese Richtlinie
einen Mitgliedstaat nicht daran, Abgaben auf Versicherungsverträge, Spiele und Wetten,
Verbrauchsteuern, Grunderwerbsteuern sowie ganz allgemein alle Steuern, Abgaben
und Gebühren, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder
einzuführen, sofern die Erhebung dieser Steuern, Abgaben und Gebühren im Verkehr
zwischen den Mitgliedstaaten nicht mit Formalitäten beim Grenzübertritt verbunden ist."
68
Hiernach ist die Erhebung einer einspielergebnisbezogenen Vergnügungssteuer für
Gewinnspielgeräte nicht verboten, da sie weder Formalitäten bei Grenzübertritten
auslöst noch den Charakter einer Umsatzsteuer hat. Das Oberverwaltungsgericht für
das Land Nordrhein-Westfalen hat bereits in seinem Urteil vom 6. März 2007 - 14 A
608/05 -, a.a.O., festgestellt, dass eine Besteuerung von Gewinnspielgeräten nach dem
Einspielergebnis nicht gegen die RL 77/388/EWG verstößt, da sie keine Umsatzsteuer
darstellt, und hierzu Folgendes ausgeführt:
69
"Die Vergnügungssteuer für Geldspielgeräte nach dem Einspielergebnis verstößt auch
70
nicht gegen Art. 33 der 6. Richtlinie 77/388/EWG zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer. Nach Art. 33 der 6.
Richtlinie hindern die Bestimmungen dieser Richtlinie einen Mitgliedstaat nicht daran,
Abgaben auf Versicherungsverträge, auf Spiele und Wetten, Verbrauchssteuern,
Grunderwerbsteuern sowie ganz allgemein alle Steuern, Abgaben und Gebühren, die
nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder einzuführen. Das
BVerwG hat in seinem Urteil vom 7.1.1998 - 8 B 228/97 -, NVwZ-RR 1998, 672 unter
Zitierung weiterer Rechtsprechung ausgeführt, dass ein solcher Verstoß bereits
mehrfach sowohl durch das BVerwG als auch durch das BVerfG verneint worden ist.
Dieser Auffassung schließt sich der Senat auch für die Erhebung der Steuer für
Geldspielgeräte nach dem Maßstab des Einspielergebnisses an. Nach ständiger
Rechtsprechung des EuGH belässt Art. 33 der 6. Richtlinie den Mitgliedstaaten die
Befugnis zur Beibehaltung oder Einführung bestimmter indirekter Abgaben, sofern es
sich dabei nicht um Abgaben handelt, die den Charakter von Umsatzsteuern haben. Es
soll verhindert werden, dass das Funktionieren des gemeinsamen
Mehrwertsteuersystems durch steuerliche Maßnahmen eines Mitgliedstaats
beeinträchtigt wird, die den Waren- und Dienstleistungsverkehr in einer mit der
Mehrwertsteuer vergleichbaren Weise belasten. Als solche Maßnahmen sind Steuern,
Abgaben und Gebühren anzusehen, die die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer
aufweisen, selbst wenn sie ihr nicht in allen Einzelheiten gleichen. Diese Merkmale sind
folgende: Die Mehrwertsteuer gilt ganz allgemein für alle sich auf Gegenstände und
Dienstleistungen beziehenden Geschäfte; sie ist proportional zum Preis dieser
Gegenstände und Dienstleistungen; sie wird auf jeder Stufe der Erzeugung und des
Vertriebs erhoben; und sie bezieht sich schließlich auf den Mehrwert der Gegenstände
und Dienstleistungen.
Vgl. EuGH etwa Urteil vom 9. März 2000 - C-437/97 -, Slg. 2000, I - 1189 (I -1200); Urteil
vom 26. Juni 1997 - C-370/95 u.a. -, Slg. 1997, I 3721 (I 3742 f).
71
Es ist nicht erkennbar und von der Klägerin auch nicht mit Gründen von substanziellem
Gewicht behauptet worden, dass die in Rede stehende Vergnügungssteuer die Funktion
des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems belasten könnte. Bei Betrachtung der
einzelnen Merkmale der Mehrwertsteuer fehlt das Kriterium, dass die Steuer allgemein
sich auf alle auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte bezieht.
Die Steuer wird nur für Spielgeräte, örtlich unterschiedlich und nicht flächendeckend im
gesamten Bundesgebiet erhoben. Die Vergnügungssteuer wird ferner nicht auf jeder
Stufe der Erzeugung und des Vertriebes erhoben. Besteuert wird vielmehr nur die
Benutzung durch den jeweiligen Spieler. Zudem bezieht sich die Vergnügungssteuer
nicht auf den Mehrwert der Gegenstände und Dienstleistungen. Die Steuer wird nicht
nur zufällig, sondern von ihrem Konzept her nur einmal erhoben. Ein Vorsteuerabzug
findet nicht statt."
72
Diese zutreffenden Ausführungen, die in der Rechtsprechung einhellig geteilt werden,
73
vgl. Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 26. Februar 2007 - II R 2/05 - , Neue Zeitschrift
für Verwaltungsrecht-Rechtsprechungsreport (NVwZ- RR) 2008, 55, 57; Hess. VGH,
Beschluss vom 10. April 2007 - 5 TG 3116/06 -, Kommunale Steuer-Zeitschrift (KStZ)
2007, 131; Niedersächsisches OVG (Nds. OVG), Beschluss vom 22. März 2007 - 9 ME
84/07 -, Zeitschrift für Kommunalfinanzen (ZKF) 2007, 210; Sächsisches OVG,
Beschluss vom 19. Dezember 2006 - 5 BS 242/06 -, ZKF 2007, 138; OVG für das Land
Schleswig-Holstein, Urteil vom 18. Oktober 2006 - 2 LB 11/04 -; VG Düsseldorf, Urteil
74
vom 25. September 2006 - 25 K 4880/06 - (www.nrwe.de); VG Gießen, Beschluss vom
1. Februar 2007 - 8 G 2406/06 -, Gewerbearchiv (GewArch) 2007, 199; VG Münster,
Urteil vom 16. Mai 2007 - 9 K 769/03 - (www.nrwe.de); VG Minden, Urteil vom 30.
August 2006 - 11 K 4192/04 - (www.nrwe.de),
und denen sich das erkennende Gericht anschließt, gelten gleichermaßen für die
Regelung in Art. 401 RL 2006/112/EG, die der Erhebung von Vergnügungssteuer für
Gewinnspielgeräte in I. auf der Grundlage der VStS 2008 somit nicht entgegensteht.
75
Vgl. ebenso VG Arnsberg, Urteil vom 7. August 2008 - 5 K 2686/07 - (www.nrwe.de).
76
Auch aus der von der Klägerin benannten Richtlinie 92/12/EWG über das allgemeine
System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren
(Verbrauchsteuerrichtlinie) ergibt sich nichts anderes. Nach deren Art. 3 Abs. 3 Satz 2 ist
es den Mitgliedsstaaten ebenfalls weiterhin freigestellt, Steuern auf Dienstleistungen zu
erheben, soweit es sich nicht um umsatzbezogene Steuern handelt.
77
Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin kommt der Formulierung
"umsatzbezogene Steuern" in Art. 3 Abs. 3 Satz 2 RL 92/12/EWG nicht (allein schon)
aufgrund des unterschiedlichen Wortlauts ein anderer Regelungsinhalt zu als der
Wendung "Charakter von Umsatzsteuern" in Art. 33 RL 77/388/EWG bzw. Art. 401 RL
2006/112/EG. Es ist nicht erkennbar, dass die Vorgabe der Verbrauchsteuerrichtlinie,
Steuern auf Dienstleistungen dürften nicht "umsatzbezogen" sein, anders zu verstehen
sein könnte als die Regelungen der Richtlinie 77/388/EWG und der diese ersetzenden
Richtlinie 2006/112/EG zur Zulässigkeit nationaler Abgaben, die nicht den "Charakter
von Umsatzsteuern" haben. Auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs
(EuGH) legt ein solches Verständnis nicht nahe. Das Oberverwaltungsgericht für das
Land Nordrhein-Westfalen hat hierzu in seinem Beschluss vom 19. Januar 2009 - 14 B
1665/08 - Folgendes ausgeführt:
78
"In diesem Zusammenhang ist auf die Vorabentscheidung des Europäischen
Gerichtshofs vom 1. Juli 1999 - C 437/907 - (richtig: - C 437/97 -, Anmerkung des
erkennenden Gerichts) hinzuweisen. Dieses Verfahren betraf die
Europarechtswidrigkeit der österreichischen Gemeindegetränkesteuer. In den
Schlussanträgen des Generalanwalts, Zif. 24 bis 33, ist ausgeführt, dass die
Getränkesteuer keinen allgemeinen Charakter hat und nicht unter den Begriff der
Umsatzsteuer im Sinne des Art. 33 der 6. Richtlinie subsumiert werden kann. Zur
Vereinbarkeit der Getränkesteuer mit Art. 3 Abs. 3 der Verbrauchsteuerrichtlinie ist
ausgeführt (Ziff. 52), dass der Umstand, dass die Getränkesteuer - wie sich bei der
Prüfung der ersten Frage (Vereinbarkeit mit Art. 33 der 6. Richtlinie) herausgestellt habe
- nicht den Charakter einer Umsatzsteuer habe, dazu führe, dass sie mit der
vorgenannten Bestimmung vereinbar sei. Der Europäische Gerichtshof hat
dementsprechend entschieden."
79
In dem vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen vorstehend
angesprochenen Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur österreichischen
Getränkesteuer vom 9. März 2000 - C-437/97 -, NVwZ-RR 2000, 705, erfolgt im Übrigen
ebenso wenig eine inhaltliche Differenzierung zwischen den Regelungen in Art. 33 RL
77/388/EWG und Art. 3 Abs. 3 Satz 2 RL 92/12/EWG im Hinblick auf deren
unterschiedlichen Wortlaut wie in dem von der Klägerin ferner benannten Urteil des
Europäischen Gerichtshofs zu der in der Stadt G. erhobenen Getränkesteuer vom 10.
80
März 2005 - C-491/03 -, NVwZ 2005, 791.
(3) Ferner ist die Festsetzung des Steuersatzes durch den Satzungsgeber
rechtsfehlerfrei erfolgt. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist der Steuersatz von
15% nicht willkürlich festgesetzt worden. Es kann hier dahinstehen, ob sich die
Festlegung eines Steuersatzes für Gewinnspielgeräte bereits deshalb als willkürlich
erweisen kann, weil der Satzungsgeber vor der Beschlussfassung keine "ausreichend
verlässlichen Tatsachenermittlungen" angestellt hat,
81
vgl. in diesem Sinne VG Köln, Urteile vom 17. September 2008 - 23 K 4340/07 - und
vom 13. Mai 2009 - 23 K 3425/06 - jeweils m.w.N. (www.nrwe.de),
82
oder ob sich insoweit die gerichtliche Überprüfung auf die bloße Kontrolle des
Ergebnisses des Abwägungsvorgangs des Satzungsgebers beschränkt.
83
Vgl. VG Aachen, Urteil vom 30. Oktober 2008 - 4 K 1032/07 - m.w.N. (www.nrwe.de); VG
Münster, Urteil vom 3. September 2008 - 9 K 779/06 - (www.nrwe.de); VG Dresden,
Urteil vom 24. Februar 2009 - 2 K 642/07 -.
84
Denn der Rat der Stadt I. hat bei der Beschlussfassung über die VStS 2008 jedenfalls
(auch) die wirtschaftliche Situation der Spielhallenbetreiber in I. und mithin die
Angemessenheit der Steuer hinreichend berücksichtigt. Dem Ratsbeschluss lagen
ausweislich der Beschlussvorlage der Verwaltung vom 18. November 2008 -
Drucksachennummer 1067/2008 - die folgenden Erwägungen im Hinblick auf die
Erhöhung des Steuersatzes für Gewinnspielgeräte zugrunde:
85
"D Höhe der Vergnügungssteuer
86
Die Haushaltssituation der Stadt I. ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass ab 2003 ein
intensiver Konsolidierungsprozess zwar ein Konsolidierungsvolumen von ca. 35 Mio.
EUR erbracht hat, das jedoch nur im Jahr 2006 auch zu einem genehmigungsfähigen
Haushalt geführt hat. Die finanzielle Lage der Stadt I. hat sich seitdem dramatisch
verschlechtert. Seit Januar 2008 erarbeitet deshalb im Auftrag der Stadt ein Mentor
weitergehende Sanierungskonzepte mit dem Ziel struktureller finanzieller
Verbesserungen von etwa 120 Mio. EUR. Die Nichtgenehmigungsfähigkeit der
Haushalte 2008 und auch 2009 sind evident.
87
In dieser Situation ist die Stadt I. verpflichtet, bei der Einnahmebeschaffung alle
rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Eine Erhöhung der Vergnügungssteuer muss
sich deshalb an der oberen Grenze dessen orientieren, was in anderen Städten
festgesetzt ist und rechtlich haltbar ist.
88
Apparate mit Gewinnmöglichkeit:
89
Den bei weitem größten Anteil an der Vergnügungssteuer in I. haben die Steuern auf
Apparate mit Gewinnmöglichkeit. Das Gesamtsoll der Vergnügungssteuer für 2007
betrug 1.135.000 EUR, davon entfielen auf die Apparate mit Gewinnmöglichkeit 981.000
EUR. Die Stadt I. hat für Apparate in Spielhallen und in Gaststätten verschiedene
Steuersätze. Die Steuersätze anderer Städte seien zum Vergleich aufgelistet:
90
%-Satz in Spielhallen [...]
91
Düsseldorf 9
92
Hamm 10
93
Essen 12
94
Münster 12
95
Mönchengladbach 13
96
Duisburg 13
97
Köln 13
98
Oberhausen 13
99
Gelsenkirchen 14
100
Herne 14
101
Mühlheim 15
102
Arnsberg 16
103
Die Steuersätze in I. wurden zuletzt zum 1.1.2007 von 8% auf 10% (Spielhallen) [...]
erhöht. Die zu erwartende Lenkungsfunktion, ein Rückgang von aufgestellten
Automaten, blieb jedoch aus. [...]
104
Anz. 2006 Anz. 2007 Soll 2006 (8% [...]) fikt. Soll 06 bei 10% Soll 2007 (10% [...])
Apparate Spielhallen (8%, ab 2007 10%) 420 429 499.000 624.000 868.000 [...]
105
Zum Steuersatz für Apparate mit Gewinnmöglichkeit in Spielhallen: Ein Rückgang von
gemeldeten Apparaten im Jahr 2007 konnte allerdings trotz der Steuererhöhung nicht
verzeichnet werden. Im Gegenteil: die Einnahmen der Apparateaufsteller stiegen, sogar
überproportional, d.h. der Gewinn vergrößerte sich trotzt höherer Steuersätze. Wenn
sich die erhöhte Steuer überhaupt nicht auf den Spielumsatz ausgewirkt hätte, hätten
624.000 EUR an Vergnügungssteuer erklärt werden müssen. Tatsächlich stieg das Soll
auf 868.000 EUR. Das bedeutet, dass die wirtschaftliche Situation der Aufsteller sich
offensichtlich verbessert hat. Außerdem hat der gewünschte Lenkungseffekt, die
Eindämmung der Spielsucht, nicht gegriffen. Selbst ohne Zwang zur
Haushaltssanierung hätten deshalb Überlegungen hinsichtlich einer weiteren
Steuererhöhung angestanden.
106
Da die Stadt I. aufgrund der beschriebenen finanziellen Situation
Vergnügungssteuersätze im oberen Bereich des Vertretbaren wählen muss, wird für die
Apparate mit Gewinnmöglichkeit in Spielhallen deshalb ein Steuersatz von 15%
vorgeschlagen. Diese Erhöhung ist schmerzhaft, aber aufgrund der oben dargestellten
Entwicklung wirtschaftlich verkraftbar. Außerdem kann ansonsten der gewünschte
Lenkungseffekt nicht eintreten."
107
Aus der Beschlussvorlage geht hervor, dass der Rat der Stadt I. bei der Festlegung des
Steuersatzes das Steuersoll sämtlicher Gewinnspielgeräte, die in Spielhallen in den
Jahren 2006 und 2007 betrieben wurden, zugrunde gelegt hat. Gegen-stand der
Abwägung des Rates waren somit auch die von allen Spielhallenbetreibern mit
Gewinnspielgeräten erzielten Einnahmen, die sich mittelbar aus der für die Geräte zu
entrichtenden Vergnügungssteuer ergeben. Das vom Satzungsgeber zugrunde gelegte,
aussagekräftige Datenmaterial belegt, dass sich in den Jahren 2006 und 2007 die
wirtschaftliche Situation der Automatenaufsteller in I. (erheblich) verbessert hat. Vor
diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass der Rat der Stadt I. die Erhöhung des
Steuersatzes von 10% auf 15% auch unter Würdigung der Belange der
Spielhallenbetreiber als wirtschaftlich vertretbar erachtet hat, zumal bei der Abwägung
berücksichtigt wurde, dass auch der höhere Steuersatz sich im - wenn auch oberen -
Bereich der Steuersätze bewegt, die in vergleichbar großen nordrhein-westfälischen
Städten für Gewinnspielgeräte in Spielhallen gelten. Auch im Übrigen ist die
Begründung für die Neufestsetzung des Steuersatzes nicht zu beanstanden. So hat der
Satzungsgeber zum einen aufgrund des Zwangs zur Sanierung des
Kommunalhaushalts beabsichtigt, höhere Steuereinnahmen zu erzielen. Diese
Zielsetzung erweist sich als ebenso legitim
108
vgl. hierzu auch BVerfG, Beschluss vom 1. März 1997 - 2 BvR 1599/89 u.a. -,
Juristenzeitung (JZ) 1997, 843; OVG NRW, Beschluss vom 12. März 2009 - 14 A
1554/08 -
109
wie der ebenfalls verfolgte Lenkungszweck, die Spielsucht einzudämmen.
110
Vgl. hierzu BVerfG, Beschlüsse vom 1. März 1997 - 2 BvR 1599/89 u.a. -, a.a.O. und
vom 4. Februar 2009 - 1 BvL 8/05 -, a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 13. April 2005 - 10 C
5.04 -, a.a.O; BFH, Urteil vom 26. Februar 2007 - II R 2/05 -, a.a.O.
111
Soweit der Satzungsgeber davon ausgegangen ist, dass der gewünschte
Lenkungseffekt im Falle der Beibehaltung des Steuersatzes von 10% nicht erzielt
werden konnte, ist dies angesichts des Anstiegs der Zahl der Gewinnspielgeräte in
Spielhallen seit Anfang 2006 ohne weiteres nachvollziehbar.
112
Auch die Höhe des Steuersatzes erweist sich als (noch) unbedenklich. Entgegen der
Auffassung der Klägerin bewirkt zunächst die Bestimmung in § 9 Abs. 2 Satz 4 VStS
2008, wonach negative Einspielergebnisse von Gewinnspielgeräten "mit 0 EUR
besteuert" werden, keine Erhöhung des in § 9 Abs. 2 Satz 1 normierten Steuersatzes
von 15% für Gewinnspielgeräte in Spielhallen. Durch die beanstandete Regelung wird
einerseits klargestellt, dass für ein Gerät, das in einem Kalendermonat ein negatives
Einspielergebnis erzielt hat, in dem betreffenden Monat keine Vergnügungssteuer
anfällt, und zum anderen, dass das negative Einspielergebnis dieses Gerätes bei der
Ermittlung der Vergnügungssteuer der anderen Geräte an dem Aufstellort nicht von
deren (postitiven) Einspielergebnissen in Abzug gebracht werden darf. Diese
satzungsrechtliche Klarstellung ist nicht zu beanstanden. Denn die Vergnügungssteuer
zielt darauf ab, die mit der Einkommensverwendung für ein Vergnügen zum Ausdruck
kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu belasten.
113
Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Dezember 1999 - 11 CN 1.99 -, NVwZ 2000, 936.
114
In Gestalt der Spielautomatensteuer knüpft die Vergnügungssteuer daher an den
115
Aufwand an, den der Spieler für sein Vergnügen - das Bespielen des Automaten -
erbringt. Bei der Nutzung eines Gewinnspielgerätes kann sich im Ergebnis
herausstellen, dass der Spieler keinen Aufwand für sein Vergnügen hatte, weil er
(mindestens) seinen Spieleinsatz (zurück-)gewonnen hat. Der zu besteuernde Aufwand
des Spielers wäre in diesem Fall allenfalls mit einem Betrag von 0 EUR zu bemessen.
Der Spielaufwand kann dagegen selbst im Falle eines den Spieleinsatz übersteigenden
Gewinns nie negativ sein und sich folglich auch nicht in einem "Minusbetrag"
niederschlagen.
Vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 12. Oktober 2007 - 5 K 2838/06 - (www.nrwe.de); VG
Düsseldorf, Urteil vom 25. September 2006 - 25 K 4880/06 -, a.a.O.
116
Des Weiteren lässt sich nicht feststellen, dass der in § 9 Abs. 2 VStS 2008 bestimmte
Steuersatz von 15% erdrosselnde Wirkung hat. Ein unzulässiger Eingriff in die von Art.
12 Abs. 1 GG garantierte Berufsfreiheit wäre nur dann anzunehmen, wenn die
Besteuerung es in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen unmöglich werden ließe,
den gewählten Beruf ganz oder teilweise zur wirtschaftlichen Grundlage der
Lebensführung zu machen, wobei insoweit ein durchschnittlicher Betreiber im
Gemeindegebiet als Maßstab zu nehmen ist, da Art. 12 GG keinen Bestandsschutz für
die Fortsetzung einer unwirtschaftlichen Betriebsführung gewährleistet.
117
Vgl. BVerwG, Urteile vom 22. Dezember 1999 - 11 CN 3.99 -, NVwZ 2000, 933, 934 und
vom 13. April 2005 - 10 C 5.04 -, a.a.O. m.w.N.
118
Die Lage des konkreten Aufstellers - wie hier der Klägerin - an einem bestimmten
Standort oder gar nur hinsichtlich eines bestimmten Spielapparats ist hingegen nicht
entscheidend.
119
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Januar 1998 - 8 B 228.97 -, Buchholz, Sammel- und
Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Buchholz)
401.68 Vergnügungssteuer Nr. 32, 22, 25.
120
Eine in diesem Sinne erdrosselnde Wirkung der im Gebiet der Stadt I. erhobenen
Vergnügungssteuer für Gewinnspielgeräte in Spielhallen hat die Klägerin bereits nicht
substantiiert vorgetragen. Sie hat dem Gericht lediglich eine Aufstellung vorgelegt, aus
der die Einspielergebnisse der Gewinnspielgeräte sowie die daraus resultierende
Vergnügungssteuer im Zeitraum von Januar 2009 bis Juni 2009 hervorgehen, und
diesen Daten die fiktive Vergnügungssteuer bei einem - bis Ende 2008 in I. gültigen -
Steuersatz von 10% und dem ursprünglich in I. geltenden Stückzahlsteuerbetrag von
monatlich 200,00 EUR je Gerät gegenübergestellt. Da dieses Zahlenmaterial sich auf
nur eine Spielhalle bezieht, ist es nicht als repräsentativ für die Situation von
Spielhallenbetreibern in I. anzusehen und somit von vornherein für die Beurteilung einer
möglichen Erdrosselungswirkung des Steuersatzes ungeeignet. Auch enthält das
Vorbringen der Klägerin keinerlei Anhaltspunkte dafür, welche "notwendigen
Veranstaltungskosten" beim Betrieb ihrer Spielhalle oder einer Spielhalle in I. generell
anfallen und daher - nach ihrer Auffassung - vom Satzungsgeber bei der Festlegung des
Steuersatzes hätten berücksichtigt werden müssen.
121
Dafür, dass der in I. einheitlich geltende Steuersatz für in Spielhallen betriebene
Gewinnspielgeräte Automatenaufsteller in aller Regel in den wirtschaftlichen Ruin führt,
gibt es im Übrigen auch sonst keine hinreichenden Anhaltspunkte. Der von der Klägerin
122
im ersten Halbjahr 2009 zu leistende durchschnittliche Steuerbetrag von 251,51 EUR je
Gewinnspielgerät bewegt sich (noch) in einem Rahmen, der in der Vergangenheit von
der Rechtsprechung - bezogen auf die Verhältnisse in anderen Städten und eine
Besteuerung nach dem sog. Stückzahlmaßstab - als hinnehmbar anerkannt worden ist.
Vgl. etwa: BVerwG, Urteile vom 22. Dezember 1999 - 11 CN 1.99, a.a.O.: 600,00
DM/Monat und 11 CN 3.99, a.a.O., 934 f.: 400,00 DM/Monat -; BFH, Urteil vom 26.
Februar 2007 - II R 2/05 -, a.a.O.: 600,00 DM/Monat; Hess. VGH, Beschluss vom 14.
März 1996 - 5 TH 508/96 -, ZKF 1996, 232: 400,00 DM/Monat; VG Düsseldorf, Urteil
vom 17. März 2004 - 25 K 7334/03 -: 240,00 EUR/Monat; VG Arnsberg, Urteil vom 8.
Juni 2001 - 3 K 2272/99 -: 405,00 DM/Monat.
123
Gegen eine erdrosselnde Wirkung des in der VStS 2008 bestimmten Steuersatzes
spricht schließlich, dass sich die Zahl der Spielhallen in I. und der dort betriebenen
Gewinnspielgeräte seit dem Inkrafttreten der VStS 2008 nicht verringert, sondern im
Gegenteil deutlich erhöht hat. Nach Mitteilung des Beklagten vom 25. Juni 2009, der die
Klägerin nicht entgegengetreten ist, gab es zu Beginn des Jahres 2009 in I. 48
Spielhallen mit insgesamt 520 Gewinnspielgeräten. Zum 15. Juni 2009 wurden 52
Spielhallen mit insgesamt 573 Geräten betrieben. Folglich spricht nichts für die
Annahme, dass die Erhöhung des Steuersatzes auf 15% es Automatenaufstellern in I. in
aller Regel unmöglich werden lässt, ihren Beruf ganz oder teilweise zur wirtschaftlichen
Grundlage der Lebensführung zu machen.
124
Vgl. hierzu auch OVG NRW, Beschluss vom 12. März 2009 - 14 A 1554/08 -.
125
Vor diesem Gesamthintergrund ist überdies anzunehmen, dass die Vergnügungssteuer
als Aufwandsteuer auf den Spieler abgewälzt werden kann. Zu den die
Vergnügungssteuer als Aufwandsteuer kennzeichnenden Merkmalen gehört
insbesondere, dass sie auf den Benutzer der Veranstaltung abwälzbar sein muss.
126
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. Mai 2001 - 1 BvR 624/00 -, NVwZ 2001, 1264.
127
Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat zum Erfordernis der
Abwälzbarkeit der Vergnügungssteuer in seinem Urteil vom 6. März 2007 - 14 A 608/05
- a.a.O. Folgendes ausgeführt:
128
"Insoweit genügt die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne,
dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner
Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit
seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen treffen kann. Die rechtliche Gewähr,
dass er den von ihm entrichteten Betrag immer von demjenigen erhält, der nach der
Konzeption des Gesetzgebers letztlich die Steuer tragen soll, muss dem
Steuerschuldner nicht geboten werden. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine
Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist,
auch wenn eine Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt.
129
Vgl. BVerfG, Urteil vom 20. April 2004 - 1 BvR 1748/99, 1 BvR 905/00 -, DVBl. 2004,
705, 708
130
Bei der Kalkulation seiner Selbstkosten sind einem Spielhallenbetreiber zwar durch die
Vorgaben in der Spielverordnung Grenzen gesetzt. Dies bedeutet aber nicht, dass ihm
131
keine anderen Maßnahmen bleiben, um die Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens
aufrecht zu erhalten. Für eine kalkulatorische Überwälzung ist dabei nicht die absolute
Höhe der Steuer ausschlaggebend sondern die Möglichkeit, die Steuer in die Kosten
einzubeziehen. Es handelt sich hierbei um einen wirtschaftlichen Vorgang, wobei das
Gesetz es dem Steuerschuldner überlässt, die Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens
auch unter Berücksichtigung des Steuerbetrages zu wahren.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. Mai 2001 - 1 BvR 624/00 -, a.a.O."
132
Daran hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen auch in der
Folgezeit festgehalten.
133
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18. Juli 2008 - 14 A 4206/06 - und - 14 A 4269/06 -
sowie vom 19. Januar 2009 - 14 B 1665/08 -.
134
Dies entspricht zudem der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
135
vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28. August 2007 - 9 B 14.07 -, KStZ 2007, 212 und vom
8. Juli 2008 - 9 B 45.07 -
136
sowie des Bundesverfassungsgerichts, das in seinem Beschluss vom 4. Februar 2009 -
1 BvL 8/05 - a.a.O. zur Abwälzbarkeit der Vergnügungssteuer Folgendes ausgeführt hat:
"Wird eine Steuer nicht bei dem erhoben, dessen Leistungsfähigkeit sie in einem
bestimmten Vorgang, wie hier dem Spielaufwand, erfassen soll, sondern indirekt bei
einem Dritten, so muss sie dem wahren Besteuerungsgrund folgend von diesem
Steuerschuldner grundsätzlich auf den eigentlich zu Belastenden abwälzbar sein. Nach
den in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hierzu entwickelten
Grundsätzen (s. oben 1 c) genügt bei einer solchen indirekt erhobenen Steuer wie der
Vergnügungsteuer die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne,
dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner
Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit
seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen treffen kann. Es reicht aus, wenn die
Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den eigentlichen
Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt
(vgl. BVerfGE 110, 274 <295>). Bei der Besteuerung des Vergnügungsaufwands an
Geldspielautomaten besteht allerdings die Besonderheit, dass die gewerberechtlichen
Rahmenbedingungen den Aufsteller und Betreiber der Automaten in seinen
unternehmerischen Entscheidungsspielräumen einengen und damit die kalkulatorische
Abwälzung erschweren. Dies gilt namentlich für die im Ausgangsverfahren noch
maßgebliche Fassung der Spielverordnung (vgl. BGBl I 1962, S. 153 mit späteren
Änderungen, zuletzt BGBl I 1993, S. 460), nach der für Spielautomaten mit
Gewinnmöglichkeit unter anderem eine Mindestquote des auszuschüttenden Gewinns
und ein Höchstbetrag für den Einwurf vorgeschrieben waren (s. oben A I 4). Die Steuer
konnte daher weder ohne weiteres durch Erhöhung des Preises für das einzelne Spiel
noch durch Senkung der Gewinnquote weitergegeben werden. Diese
gewerberechtlichen Rahmenbedingungen ändern indes nichts daran, dass die
Spielgerätesteuer eine auf Überwälzung auf den Spieler angelegte Steuer ist, die
dessen im Spielaufwand zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit erfassen will (s.
oben I 2). Weder die Mindestquote des auszuschüttenden Gewinns noch der
Höchstbetrag des Einsatzes schließen die Abwälzbarkeit der Steuer aus, weil diese
rechtlichen Vorgaben den Aufsteller nicht daran hindern, seinen Umsatz zu steigern
137
(vgl. bereits BVerfGE 14, 76 <97 f.>) oder seine Betriebskosten zu senken. Die
Spielräume der Unternehmer als Steuerschuldner sind durch die konkrete
Ausgestaltung der Spielgerätesteuer und die Bedingungen der Spielverordnung nicht in
einer Weise begrenzt, die ihnen die Überwälzung der Steuerlast auf die Spieler, etwa
auf der Grundlage einer Erhöhung des Umsatzes oder der Senkung der Selbstkosten,
rechtlich oder tatsächlich unmöglich machen würde. Dies ist zumindest so lange nicht
der Fall, wie der Spielereinsatz den Steuerbetrag und die sonstigen notwendigen
Unkosten für den Betrieb des Spielgerätes deckt und in der Regel noch Gewinn abwirft
(vgl. BVerfGE 31, 8 <20>). In rechtlicher Hinsicht wird die betriebswirtschaftliche
Planung und Kalkulation des Unternehmers innerhalb der von den genannten Normen
eröffneten Spielräume nicht beeinflusst. Insbesondere setzt die gewerberechtliche
Regelung in der Spielverordnung der Erhöhung des Umsatzes je Apparat oder auch der
Senkung der Betriebskosten keine rechtlichen Grenzen; beides ist allein vom
kaufmännischen Geschick und der Marktlage abhängig (vgl. BVerfGE 14, 76 <98>)."
Hiernach konnte die Klägerin die Besteuerungsgrundlagen für Gewinnspielgeräte nach
der VStS 2008 bei der Kalkulation ihrer betrieblichen Kosten im streitgegenständlichen
Zeitraum von Januar 2009 bis Juni 2009 berücksichtigen.
138
Ist nach alldem die Vergnügungssteuersatzung wirksam, so erweist sich auch der
Vergnügungssteuerbescheid vom 11. August 2009 seinerseits als rechtmäßig, soweit
die Klägerin zu Vergnügungssteuer in Höhe von insgesamt 30.653,39 EUR
herangezogen worden ist. Diesbezüglich hat die Klägerin keine Bedenken geltend
gemacht und solche sind auch anderweitig nicht ersichtlich.
139
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708
Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
140
Die Berufung ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124a Abs. 1 Satz 1
i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO nicht vorliegen.
141