Urteil des VG Arnsberg vom 25.02.2009
VG Arnsberg: serbien und montenegro, diabetes mellitus, kosovo, innere medizin, bundesamt für migration, hypertonie, dokumentation, adipositas, gesundheitswesen, abschiebung
Verwaltungsgericht Arnsberg, 10 K 685/08.A
Datum:
25.02.2009
Gericht:
Verwaltungsgericht Arnsberg
Spruchkörper:
10. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
10 K 685/08.A
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht
erhoben werden.
T a t b e s t a n d :
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Der aus dem Kosovo stammende Kläger ist nach eigenen Angaben am 15. Januar 1949
geboren und wiederum eigenen früheren Angaben zu Folge Volkszugehöriger der
Roma. Am 3. Februar 1992 reiste er zusammen mit seiner Ehefrau E. und seinen beiden
Kindern, der am 28. Juni 1987 geborenen F. und dem am 13. Juli 1988 geborenen B. ,
auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein.
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Der Kläger stellte zusammen mit seiner Familie am 9. März 1992 einen Asylantrag, den
das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (nunmehr: Bundesamt
für Migration und Flüchtlinge, im Folgenden: Bundesamt) mit Bescheid vom 2.
September 1993 ablehnte. Die daraufhin erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht
Gelsenkirchen mit Urteil vom 9. März 2000 - 13 a K 6730/93.A - ab. Der hiergegen
gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung blieb auf Grund des Beschlusses des
Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) vom 11. Mai
2000 - 13 A 2014/00.A - ohne Erfolg.
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Am 11. Juni 2002 stellte der Kläger zusammen mit seiner Familie unter dem
Aktenzeichen 5001176 einen Asylfolgeantrag, zu dessen Begründung er sich im
Wesentlichen darauf berief, Angehörige ethnischer Minderheiten seien im Kosovo
zumindest quasi-staatlicher Verfolgung ausgesetzt. Zudem machte er das Bestehen
einer Abschiebungshindernisses gemäß § 53 Abs. 6 des Ausländergesetzes (AuslG)
geltend und berief sich unter Vorlage ärztlicher Bescheinigungen unter anderem darauf,
an Depressionen, chronisch obstruktiver Bronchitis, arterieller Hypertonie, coronarer
Herzerkrankung, Adipositas, chronischer Gastritits und Hyperlipoproteinaemie erkrankt
zu sein.
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Mit Bescheid vom 11. Juli 2002 lehnte das Bundesamt die Durchführung eines weiteren
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Asylverfahrens sowie eine Abänderung des Bescheides vom 2. September 1993
bezüglich der Feststellung zu § 53 AuslG ab und forderte den Kläger und seine Familie
zur Ausreise binnen einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung auf. Für den Fall
der nicht fristgerechten Ausreise drohte es ihnen die Abschiebung nach Jugoslawien
oder in einen anderen aufnahmebereiten Staat an. Die hiergegen erhobene Klage wies
das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen mit Urteil vom 16. Juni 2004 - 16a K 3364/02.A -
ab. Der Antrag auf Zulassung der Berufung blieb auf Grund des Beschlusses des OVG
NRW vom 28. Juli 2004 - 13 A 2870/04.A - ohne Erfolg.
Am 5. Juli 2007 stellte der Kläger einen weiteren Antrag auf Feststellung eines
krankheitsbedingten Abschiebungshindernisses gemäß § 60 Abs. 7 des
Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) und machte unter anderem geltend, er leide an
chronischer Niereninsuffizienz im Stadium III, polyzystischer Nierenerkrankung, renaler
Anämie, Leberzysten, chronisch obstruktiver Lungenerkrankung, Verdacht auf
Schlafapnoesyndrom, Adipositas, Mulitplen Lipomen, arterieller Hypertonie und
coronaren Herzerkrankungen.
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Mit Bescheid vom 12. Februar 2008 lehnte das Bundesamt den Antrag ab und führte zur
Begründung unter anderem aus: Es lägen schon die Voraussetzungen für ein
Wiederaufgreifen des Verfahrens nicht vor. Der Kläger habe die genannten
Erkrankungen bereits in seinem Asylverfahren zum Aktenzeichen 5001176 geltend
gemacht. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen habe hierzu in seinem Urteil vom 16.
Juni 2004 bereits ausgeführt, dass Gastritis, chronisch obstruktive Bronchitis, arterielle
Hypertonie und coronare Herzerkrankung im Kosovo behandelbar seien. Dies sei auch
weiterhin der Fall.
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Daraufhin hat der Kläger am 21. Februar 2008 die vorliegende Klage erhoben, zu deren
Begründung er auf sein bisheriges Vorbringen verweist und ergänzend unter anderem
geltend macht: Ausweislich der ärztlichen Bescheinigung des Facharztes für
Allgemeinmedizin/Sportmedizin Dr. S. vom 20. Februar 2008 bestehe eine Indikation
zur Herzkatheter-Untersuchung. Ferner bescheinige Dr. S. am 4. März 2008, dass er,
der Kläger, unter anderem an einem tablettenpflichtigen Diabetes mellitus, arterieller
Hypertonie, Niereninsuffizienz, COPD, Adipositas permagna und chronischer Gastritis
leide. Ausweislich des vorläufigen Entlassungsbriefs des St.- Marien-Hospitals M. vom
6. August 2008 liege bei ihm zudem inzwischen eine Niereninsuffizienz im Stadium IV
vor. Insoweit sei auch der ärztlichen Bescheinigung der Fachärztin für Innere Medizin,
Nephrologie, Diabetologie und Hypertensiologie DHL N. vom 15. August 2008 zu
entnehmen, dass er an einer dialysepflichtigen Niereninsuffizienz leide und sich seit
dem 18. August 2008 dreimal wöchentlich im chronischen Haemodialyseprogramm
befinde.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für
Migration und Flüchtlinge vom 12. Februar 2008 zu verpflichten festzustellen, dass
Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie bezieht sich zur Begründung auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides und
führt ergänzend aus: Die vom Kläger geltend gemachte dialysepflichtige
Niereninsuffizienz sei im Kosovo behandelbar. Es gebe derzeit im Kosovo sechs
Dialysezentren, in denen in Deutschland gekaufte und auf dem technischen Stand
befindliche Dialysegeräte verfügbar seien. Die Versorgung erfolge ohne Ansehung der
Person oder Ethnie. Die Kapazitäten seien knapp, aber ausreichend. Alle
Behandlungsintervalle (auch tägliche) seien möglich, kein neuer Patient werde
abgewiesen und für akute Dialysefälle gebe es keine Wartezeiten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten
im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes und des Bürgermeisters der Stadt M. Bezug
genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Das Gericht entscheidet trotz Ausbleibens der Beteiligten in dem Termin zur mündlichen
Verhandlung, weil diese ordnungsgemäß geladen und in der Ladung darauf
hingewiesen wurden, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt
und entschieden werden kann, vgl. § 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung
(VwGO).
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Die als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO zulässige Klage hat in der Sache
keinen Erfolg. Dies folgt hinsichtlich des Vorbringens des Klägers, er leide unter
anderem an Adipositas, einer Gastritis, einer chronisch obstruktiven Bronchitis,
arterieller Hypertonie und an einer coronaren Herzerkrankung daraus, dass dieser
Vortrag bereits Gegenstand des unter dem Aktenzeichen 5001176-138 betriebenen
Asylverfahren und des gerichtlichen Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht
Gelsenkirchen - 16a K 3364/02.A - war und insoweit die Voraussetzungen für ein
Wiederaufgreifen des Asylverfahrens gemäß § 71 Abs. 1 AsylVfG in Verbindung mit §
51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) nicht vorliegen. Das
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat in seinem Urteil vom 16. Juni 2004 bereits
festgestellt, dass die genannten Krankheiten im Kosovo behandelbar sind. Auch soweit
sich der Kläger auf eine Erkrankung an Diabetes mellitus beruft, liegen die
Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nicht vor. Denn der Kläger
hat nicht substantiiert dargelegt, seit wann diese Erkrankung besteht und warum es ihm
nicht möglich gewesen sein soll, sich auf diese bereits in seinem zuvor betriebenen
Asylverfahren zu berufen.
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Auch besteht insoweit für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens auf der Grundlage des
der Behörde durch §§ 51 Abs. 5, 48 oder 49 VwVfG eingeräumten Ermessens kein
Anlass. Der Kläger kann hinsichtlich der geltend gemachten Erkrankungen an
Adiopositas, Gastritis, chronisch obstruktiver Bronchitis, arterieller Hypertonie, coronarer
Herzerkrankung und Diabetes mellitus auch weiterhin die Feststellung eines
kranheitsbedingten Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG nicht
beanspruchen. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in
einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine
erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.
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Zwar kann die Gefahr, dass sich die Erkrankung eines ausreisepflichtigen Ausländers in
seinem Heimatstaat wegen dortiger unzureichender Behandlungsmöglichkeiten oder
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sonstiger Umstände verschlimmert, ein Abschiebungsverbot im Sinne von § 60 Abs. 7
Satz 1 AufenthG begründen. Voraussetzung ist, dass die befürchtete Verschlimmerung
der gesundheitlichen Beeinträchtigungen etwa als Folge fehlender
Behandlungsmöglichkeiten im Zielland der Abschiebung zu einer erheblichen
Gesundheitsgefahr führt, das heisst eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer
Intensität erwarten lässt. Dies ist der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand wesentlich
verschlechtern würde - was auch eine lebensbedrohliche Verschlimmerung umfasst -.
Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 29. Juli 1999 - 9 C 2.99 - und 7.
Dezember 2004 - 1 C 14.04 -; Beschluss vom 24. Mai 2006 - 1 B 118.05 -; Urteil vom 17.
Oktober 2006 - 1 B 18.05 -; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen
(OVG NRW), Beschluss vom 27. Juli 2007 - 13 A 2745/04.A -.
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Konkret ist die Gefahrenlage, wenn die befürchtete Verschlimmerung des
Gesundheitszustandes alsbald nach der Rückkehr des Betroffenen in den
Abschiebungszielstaat einträte, weil er dort etwa auf unzureichende Möglichkeiten der
Behandlung seiner Leiden trifft und anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen
könnte.
21
Vgl. BVerwG, Urteile vom 29. Juli 1999 - 9 C 2.99 - und 7. Dezember 2004 - 1 C 14.04 -.
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Eine nicht zu erwartende Heilung einer Erkrankung im Zielland stellt jedoch noch keine
Verschlimmerung einer Erkrankung und erst recht keine wesentliche Verschlimmerung
dar. Auch soll der Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dem
Ausländer weder einen Heilungserfolg unter Inanspruchnahme des
Gesundheitssystems des Zufluchtstaates Deutschland noch einen Heilungserfolg im
Abschiebungszielland sichern. Vor diesem rechtlichen Hintergrund können die
Voraussetzungen für ein gesundheitsbedingtes Abschiebungshindernis nach § 60 Abs.
7 Satz 1 AufenthG nicht an deutschen Standards gemessen sowie an Qualität und
Dichte der Gesundheitsversorgung im Abschiebungszielland einschließlich
Kostenbeteiligung des Betroffenen keine der hiesigen Gesundheitsversorgung
entsprechende Anforderungen gestellt werden.
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Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. September 2004 - 13 A 3598/04.A -. Ausgehend
von diesen Maßstäben besteht für das Gericht im vorliegenden Einzelfall im
maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung unter zusammenfassender wertender
Betrachtung aller relevanten Umstände und Aspekte (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO),
insbesondere unter pflichtgemäßer Sachverhalts- und freier Beweiswürdigung der von
dem Kläger vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nicht die beachtliche - im Sinne
überwiegender - Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich sein Gesundheitszustand bei
seiner Rückkehr in den Kosovo alsbald wesentlich oder gar lebensbedrohlich
verschlechtern wird.
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Die Kammer geht davon aus, dass Herz- und Kreislauferkrankungen im Kosovo
medizinisch behandelbar und auch kardiologische Kontrolluntersuchungen
durchführbar sind.
25
Vgl. Dokumentation des Bundesamtes zum Gesundheitswesen in Serbien und
Montenegro (inkl. Kosovo) von Juni 2004, S. 38; Auskunft des Deutschen
Verbindungsbüros Kosovo an das Verwaltungsgericht (VG) Sigmaringen vom 7. Juni
2005; Dokumentation des Bundesamtes zum Gesundheitswesen in Serbien und
26
Montenegro/Kosovo von Dezember 2005, S. 52 und 53.
Ferner sind etwa auch die Medikamente ASS und Omeprazol im Kosovo erhältlich.
27
Vgl. Auskünfte des Deutschen Verbindungsbüros Kosovo vom 25. Juli 2005 an das VG
Kassel und vom 12. Januar 2006 an das VG Saarlouis.
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Hierbei verkennt die Kammer nicht, dass ausweislich der ärztlichen Bescheinigung des
Facharztes für Allgemeinmedizin/Sportmedizin Dr. S. vom 20. Februar 2008 bei dem
Kläger eine Indikation zur Herzkatheter-Untersuchung bestanden haben soll, und diese
Untersuchung im Kosovo nicht durchführbar ist. Der Kläger hat jedoch nicht dargelegt
und - etwa durch Vorlage einer aktuellen ärztlichen Bescheinigung - glaubhaft gemacht,
dass eine Herzkathederuntersuchung auch im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen
Verhandlung noch erforderlich ist.
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Ferner sind eine chronische Gastritis,
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vgl. Dokumentation des Bundesamtes zum Gesundheitswesen in Serbien und
Montenegro (inkl. Kosovo) von Juni 2004, S. 39,
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eine arterielle Hypertonie und chronische obstruktive Atemwegserkrankungen,
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vgl. Auskunft des Deutschen Verbindungsbüros Kosovo an das VG Sigmaringen vom 7.
Juni 2005; Dokumentation des Bundesamtes zum Gesundheitswesen in Serbien und
Montenegro/Kosovo von Dezember 2005, S. 49,
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Diabetes mellitus,
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vgl. Dokumentation des Bundesamtes zum Gesundheitswesen in Serbien und
Montenegro/Kosovo von Dezember 2005, S. 50; Auskünfte des Deutschen
Verbindungsbüros Kosovo vom 25. Juli 2005 an das VG Kassel sowie vom 7. Juni 2005
und 27. September 2006 an das VG Sigmarinen,
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und auch Zivilsationskrankheiten wie Adipositas (Fettsucht) im Kosovo behandelbar.
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Vgl. Auskunft des Deutschen Verbindungsbüros Kosovo an das VG Sigmarinen vom 7.
Juni 2005.
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Hinsichtlich der - inzwischen - dialysepflichtigen Niereninsuffizienz liegen die
Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens zwar vor. In der
Verschlimmerung dieser Erkrankung (vormals Stadium III) ist eine nachträgliche
Veränderung der Sach- und Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG zu
sehen, die - bezogen auf die Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs.
7 AufenthG - zu Gunsten des Klägers eingetreten ist. Der Kläger konnte diesen
Wiederaufgreifensgrund auch nicht in einem früheren Verfahren geltend machen (vgl. §
51 Abs. 2 VwVfG), weil er sich ausweislich der ärztlichen Bescheinigung der Fachärztin
für Innere Medizin Dr. N. (erst) seit dem 18. August 2008 im Dialyseprogramm befindet.
Auch hat der Kläger auf diese Veränderung bereits mit anwaltlichem Schriftsatz vom 2.
September 2008 hingewiesen (vgl. § 51 Abs. 3 VwVfG).
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Die Klage hat jedoch auch insoweit in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger kann die
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Feststellung eines Abschiebungsverbots im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG
auch mit Blick auf die dialysepflichtige Niereninsuffizienz nicht beanspruchen.
Aus der ärztlichen Bescheinigung der Fachärztin für Innere Medizin Dr. N. vom 15.
August 2008 geht hervor, dass der Kläger an einer dialysepflichtigen Niereninsuffizienz
leidet und sich ab dem 18. August 2008 dreimal wöchentlich im chronischen
Haemodialyseprogramm befindet. Die Kammer geht insoweit von einer Behandelbarkeit
dieser Erkrankung im Kosovo aus. Dort gibt es sechs Dialysezentren, in denen in
Deutschland hergestellte, regelmäßig technisch gewartete Dialysegeräte sowie das
dafür benötigte Verbrauchsmaterial verfügbar sind. Alle Behandlungsintervalle werden
eingehalten, kein neuer Patient wird abgewiesen. Die Behandlung erfolgt ohne
Rücksicht auf die Ethnie.
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Vgl. Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschieberelevante Lage in der
Republik Kosovo vom 2. Februar 2009, Seite 24.
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Die danach mögliche Behandlung wird im Fall des Klägers mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit auch nicht an der fehlenden Finanzierbarkeit scheitern. Die Dialyse
selbst ist kostenlos, es gibt auch einen Fahrdienst. Soweit nach der genannten
Auskunftslage die Begleitmedikamente gegen Herzerkrankungen, Anämie u. ä. aus
Budgetgründen Patienten nicht zur Verfügung gestellt werden, sondern von diesen
selbst bezahlt werden müssen, ist bereits fraglich, ob dies in dieser Allgemeinheit gilt.
Denn als chronisch Kranker ist der Kläger von einer Beteiligung an den Kosten der
medizinischen Versorgung befreit.
42
vgl. Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschieberelevante Lage in der
Republik Kosovo vom 2. Februar 2009, Seite 20.
43
Doch selbst wenn mit der insoweit nicht differenzierenden Auskunftslage davon
auszugehen ist, dass der Kläger im vorliegenden Einzelfall die für die Medikamente
anfallenden Kosten (ganz oder teilweise) selbst bezahlen muss, ist davon auszugehen,
dass er diese wird aufbringen können. Mit Blick darauf, dass der Ausländer
grundsätzlich auf den in medizinischer und therapeutischer Hinsicht allgemein üblichen
Standard in seinem Heimatland zu verweisen ist, wobei selbstverständlich die
Erbringung zumutbarer familiärer Unterstützungsmaßnahmen, zu denen auch finanzielle
Hilfen zählen, jedenfalls im Rahmen der im Heimatland hierzu üblichen
Gepflogenheiten zu erwarten sind,
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vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. Oktober 2004 - 18 B 2140/03 -,
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kann von den - nach Aktenlage ebenfalls ausreisepflichtigen - 20 bzw. 21 Jahre alten
Kindern des Klägers erwartet werden, dass sie sich um die Aufnahme einer Tätigkeit
bemühen.
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Vgl. auch: VG Münster, Urteil vom 25. August 2008 - 6 K 20/06.A -.
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Sofern die Kinder des Klägers ein Bleiberecht erworben haben sollten, ist ebenfalls von
einer ausreichenden Unterstützung auszugehen. Selbst wenn bleibeberechtigte
Familienangehörige im Bundesgebiet Sozialleistungen beziehen, ist es beachtlich
wahrscheinlich, dass diese unter Zurückstellung eigener Bedürfnisse ihre unmittelbaren
Angehörigen nach deren Rückkehr in ihre Heimat noch in einem - nach hiesigen
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Maßstäben geringen - Umfang finanziell unterstützen werden, der für die Deckung der
notwendigsten Kosten für die medizinische Versorgung im Kosovo jedenfalls in der
Regel noch ausreichend sein wird.
Vgl. auch: Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 17. Mai 2006 - A 4 K 10267/04
-.
49
Anhaltspunkte, von dieser Annahme vorliegend abzuweichen, sind weder vorgetragen
noch sonst ersichtlich.
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Darüber hinaus hat auch die Ausländerbehörde des Bürgermeisters der Stadt M. am 20.
Februar 2009 der Einzelrichterin fernmündlich zugesagt, dass der Kläger im Falle seiner
Abschiebung einen Medikamentenvorrat für sechs Monate erhält. Mit Blick darauf ist
ebenfalls davon auszugehen, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers nicht
alsbald nach seiner Rückkehr in den Kosovo wesentlich verschlechtern wird.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 83 b AsylVfG.
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