Urteil des VG Arnsberg vom 11.12.2001
VG Arnsberg: stadt, abfallentsorgung, abfallbeseitigung, grundstück, zahl, satzung, gebühr, aufwand, kreis, missverhältnis
Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Verwaltungsgericht Arnsberg, 11 K 1189/00
11.12.2001
Verwaltungsgericht Arnsberg
11. Kammer
Urteil
11 K 1189/00
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe
des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Abfallgebühren für das Jahr 2000.
Der Kläger ist Eigentümer des Hausgrundstücks F.-weg in Witten, das an die öffentliche
Abfallentsorgung der Stadt Witten angeschlossen ist. Er hielt dort im Jahre 2000 ein 1.100-
l-Restmüllgefäß vor. Die auf dem Grundstück anfallenden Bioabfälle entsorgte er über
dieses Restmüllgefäß.
Mit Grundbesitzabgabenbescheid vom 28.01.2000 zog der Beklagte den Kläger zu
Abfallgebühren für das 1.100-l-Restmüllgefäß bei 14-täglicher Leerung in Höhe von
3.305,28 DM heran. Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 15.02.2000
Widerspruch. Zur Begründung machte er geltend, der Abgabenbescheid sei rechtswidrig,
weil wegen der enormen Kostensteigerung gegenüber dem Vorjahr die erhobenen
Gebühren nicht mit den gesetzlichen Vorgaben vereinbar seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.02.2000 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur
Begründung führte er aus, dass am 01.01.2000 sowohl eine neue Abfallsatzung als auch
eine neue Gebührensatzung in Kraft getreten sei, mit denen die Einführung der Biotonne im
Stadtgebiet Witten abgeschlossen worden sei. Die Abfallgebühren habe er kostendeckend
kalkuliert, wie es gesetzlich gefordert sei. Dabei seien alle Kosten in Ansatz gebracht
worden, die durch die Abfallentsorgung entstünden. Neben den Personal-, Fahrzeugs- und
Entsorgungskosten seien in zulässiger Weise die Kosten der Beratung der Abfallbesitzer
und der Reinigung der Straßenpapierkörbe berücksichtigt worden. Weiterhin sei es
zulässig, verschiedene Abfallentsorgungsteilleistungen über eine einheitliche Gebühr
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zulässig, verschiedene Abfallentsorgungsteilleistungen über eine einheitliche Gebühr
bezogen auf das Restmüllgefäß abzurechnen. Die gesetzlichen Vorgaben, durch die
Gebührenbemessung Anreize zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen zu schaffen,
würden eingehalten. Im Rahmen der neu geschaffenen Satzungsregelungen habe der
Gebührenzahler die Möglichkeit, Einfluss auf die Gebührenhöhe zu nehmen, weil nur ein
Mindestrestmüllvolumen von 20 l pro Person und Woche - mit einer
Reduzierungsmöglichkeit auf 10 l - vorgeschrieben sei. Zudem habe der Kläger die
Möglichkeit, sein Restmüllvolumen von 1.100 l auf 480 l bei Verwendung zweier 240-l-
Restmüllgefäße zu verringern und so die Gebühren auf 1.442,88 DM zu senken.
Am 25.03.2000 hat der Kläger die vorliegenden Klage erhoben. Er ist der Auffassung, der
Grundbesitzabgabenbescheid sei rechtswidrig, weil der Beklagte nicht ansatzfähige
Kosten in die Gebührenkalkulation eingestellt habe. Die angesetzten Personalkosten von
4.493.299,00 DM seien zu hoch. Die Beschäftigung von 14 Fahrern und 38 Müllwerkern auf
nur 3 bzw. 8 Müllfahrzeugen, die im Anlagenachweis angeführt seien, sei überzogen. Im
Verwaltungsbereich würden die Angestellten und Beamten nicht ausschließlich für den
Bereich der Müllabfuhr eingesetzt, weshalb der Kostenansatz erläutert werden müsse; der
Beklagte habe die eingesetzten Mitarbeiter namentlich zu benennen. Auch die Sachkosten
seien zu hoch veranschlagt. Dies gelte für die Fahrzeugkosten, denn die Kalkulation
belege bei einem Kostenansatz von 420.000,00 DM nicht nachvollziehbar, dass die
Müllfahrzeuge tatsächlich nur für die Müllabfuhr eingesetzt würden. Der anlagenbezogene
Einsatz der Fahrzeuge sei durch Fahrtenbücher zu belegen. Der Kostenanteil über
26.000,00 DM für eine "Badeanlage" sei nicht schlüssig; um sicher gehen zu können, dass
keine allgemeinen Verwaltungskosten angesetzt würden, müsse der Beklagte den auf die
Abfallentsorgung entfallenden Kostenanteil belegen. Weiter seien die eingestellten
kalkulatorischen Kosten nicht nachvollziehbar. In dem für die Berechnung der
kalkulatorischen Zinsen maßgeblichen Anlagenachweis habe der Beklagte für das bebaute
Grundstück des "Mannesmann-Geländes" einen Anschaffungswert von 2.192.068,00 DM
ausgewiesen, obwohl das Grundstück nur teilweise von der Müllabfuhr genutzt werde. Der
Anschaffungswert für "Betriebsanlagen, sonstige Anlagen" über 26.000,00 DM sei
erläuterungsbedürftig. Im Übrigen dürfe der Beklagte kalkulatorische Zinsen nur vom
Anschaffungswert berechnen, nicht vom Wiederbeschaffungszeitwert. In die Kalkulation
seien Zinsen in Höhe von 8% errechnet von einem Restbuchwert über 2.444.239,00 DM
eingestellt worden, obwohl dieser Betrag nicht im Anlagenachweis ausgewiesen sei. Der
Fortschreibungsindex der angesetzten Wiederbeschaffungszeitwerte, welcher der
Berechnung der kalkulatorischen Abschreibungen zu Grunde liege, sei zu erläutern, weil
die Fortschreibungen nicht gleichmäßig erfolgt seien. Im Übrigen dürften Abschreibungen
und Investitionskosten nur in dem Umfang angesetzt werden, wie die Anlagegüter
tatsächlich für die Abfallentsorgung eingesetzt würden.
Der Kläger beantragt,
den Grundbesitzabgabenbescheid des Beklagten vom 28.01.2000 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 29.02.2000 aufzuheben, soweit darin
Abfallbeseitigungsgebühren in Höhe von 3.305,28 DM festgesetzt worden sind.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor, im Stadtgebiet Witten seien 10 Müllfahrzeuge im Einsatz.
Daneben würden Reservefahrzeuge vorgehalten. Bis auf ein Fahrzeug würden diese nicht
für andere Zwecke genutzt. Dieses eine Fahrzeug diene im Sommer als Reserve für das
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Einsammeln der gelben Säcke, im Winter als Streufahrzeug. Die Gesamtfahrzeugkosten
über 420.000,00 DM verteilten sich auf 19 Fahrzeuge im Rahmen der anteiligen Nutzung
für die Abfallentsorgung. Für die Sicherstellung der Abfallentsorgung würden 14 Fahrer und
38 Lader benötigt; im Verwaltungsbereich seien weitere 7 Angestellte und 6 Beamte -
jeweils überwiegend anteilig - tätig. Die auf diese Mitarbeiter entfallenden Personalkosten
zuzüglich eines Versorgungsanteils seien in die Kalkulation eingegangen. In der Position
"Badeanlage" seien die Kosten der Waschkaue für die Müllwerker enthalten; die Kosten
über 26.000,00 DM entsprächen der anteiligen Nutzung durch die
Abfallentsorgungseinrichtung. Die kalkulatorischen Abschreibungen der Neubaukosten für
die Gebäude auf dem "Mannesmann-Gelände" seien ebenfalls entsprechend dem Anteil
der Nutzung angesetzt worden. Bei den Kosten für das Anlagegut "Betriebsanlagen"
handele es sich um von den Gebäudekosten zu unterscheidende Erstellungskosten für die
Stiefelwasch-, Brandmelde-, Sprech-, Torschranken- und Uhrenanlage sowie
elektroakustische Einrichtungen. Die kalkulatorischen Abschreibungen und Zinsen seien
ordnungsgemäß in der Kalkulation berücksichtigt worden. Die
Wiederbeschaffungszeitwerte der Anlagegüter als Berechnungsgrundlage der
Abschreibungen erführen eine jährliche Anpassung. Bezugsgröße der Fortschreibungen
gemäß den Indexsteigerungen sei der Endstand des jeweiligen Vorjahres. Die
Steigerungen des Vorjahres würde so jährlich mit eingerechnet. Deshalb könne eine
lineare Aufrechnung der Steigerungen nicht erfolgen. Die Indizes entnehme er - der
Beklagte - den Veröffentlichungen des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik.
Der Abschreibungsbetrag lasse sich nicht unmittelbar dem Anlagenachweis des Jahres
1998 entnehmen, weil im Kalkulationszeitpunkt Ende 1999 zusätzlich noch die
Veränderungen des Haushaltsjahres 1999 anzusetzen gewesen seien. Zudem müsse der
Wegfall der im Jahr 1999 vollständig abgeschrieben Anlagegüter berücksichtigt werden.
Gleiche Erwägungen gelten für die Berechnung der kalkulatorischen Zinsen. Im Übrigen
seien die Restbuchwerte auf Basis der Anschaffungswerte zu Grunde gelegt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im
Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen
Verwaltungsvorgänge des Beklagten und die Verfahrensakte in den Parallelverfahren 11 K
1147/00 sowie 11 K 1153/00 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der angefochtene Grundbesitzabgabenbescheid des Beklagten vom 28.01.2000 in der
Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.02.2000 ist rechtmäßig und verletzt den
Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung -
VwGO -).
Der Grundbesitzabgabenbescheid vom 28.01.2000 findet seine Rechtsgrundlage in §§ 6
Abs.1, 24, 25 Abs. 1, Satz 1, 27 Abs. 2 der Satzung über die Abfallentsorgung in der Stadt
Witten (Abfallsatzung - AS -) vom 21.12.1999 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 der
Gebührensatzsatzung der Stadt Witten vom 10.12.1992 in der Fassung der 7.
Änderungssatzung vom 21.12.1999 (Gebührensatzsatzung - GS -). Gemäß § 24 AS werden
von den Eigentümern der an die Abfallentsorgung angeschlossenen Grundstücke (§§ 6
Abs. 1, 25 Abs. 1 Satz 1 AS) für die Benutzung der kommunalen
Abfallentsorgungseinrichtung der Stadt Witten Abfallentsorgungsgebühren nach der
Satzung der Stadt Witten über die Festsetzung der Gebühren für die Straßenreinigung und
Abfallentsorgung in der jeweils gültigen Fassung erhoben. Die Gebühr wird als
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Jahresgebühr erhoben, wobei vierteljährliche Vorausleistungen in Höhe eines Viertels des
Jahresbetrages fällig werden (§ 27 Abs. 2 AS). § 3 Abs. 1 Satz 1 GS schließlich bestimmt,
dass für die für die Benutzung der städtischen Abfallentsorgung bei 14-täglicher Leerung
für ein Restmüllgefäß mit einem Fassungsvermögen von 1.100 l jährlich eine Gebühr von
3.305,28 DM erhoben wird.
Diese Satzungsbestimmungen stehen im Einklang mit höherrangigem Recht. Namentlich
genügen sie den Anforderungen des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-
Westfalen (KAG) in der maßgeblichen Fassung vom 17.12.1999 (GV NRW S. 718) und des
Abfallgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesabfallgesetz - LAbfG -) in der
maßgeblichen Fassung vom 24.11.1998 (GV NRW S. 666).
Dies gilt zunächst für die Maßstabsbildung, wie sich aus § 3 Abs. 1 GS i. V. m. § 26 AS
erschließt. Danach wird bei der Bemessung der Gebühr auf die Zahl und Größe der
aufgestellten Restmüllbehälter und die Häufigkeit der Abfuhren abgestellt;
Eigenkompostierern wird ein Gebührenabschlag gewährt. Bei diesem Maßstab - dem so
genannten Behältermaßstab - handelt es sich um einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab im
Sinne der Regelung in § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG. Hiernach kann, wenn die Bildung eines
Wirklichkeitsmaßstabes besonders schwierig oder wirtschaftlich nicht vertretbar ist, ein
Wahrscheinlichkeitsmaßstab gewählt werden, der nicht in einem offensichtlichen
Missverhältnis zur Inanspruchnahme stehen darf. Diese Voraussetzungen sind im
vorliegenden Fall gegeben. Ein Wirklichkeitsmaßstab, der geeignet wäre, den Umfang der
jeweiligen Inanspruchnahme der - technisch und in ihrer Kostenstruktur hoch komplexen -
Einrichtung "Abfallentsorgung" wirklichkeitsgetreu abzubilden (§ 6 Abs. 3 Satz 1 KAG), ist
nicht ersichtlich. Von daher bleibt für die Gebührenbemessung nur ein
Wahrscheinlichkeitsmaßstab übrig. Der einzig auf die Größe des Restmüllgefäßes und
Häufigkeit der Abfuhr abstellende Behältermaßstab steht auch nicht in einem
offensichtlichen Missverhältnis zu der Inanspruchnahme. Angesichts der Vielzahl der
Dienstleistungen, welche die Stadt Witten im Bereich der Abfallbeseitigung bietet -
Einsammeln und Befördern von Restmüll (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 AS), von Bioabfällen (Nr. 2), von
Altpapier (Nr. 3), von sperrigen Abfällen und Sperrmüll (Nr. 4), von Alt- Kühlschränken (Nr.
5), von Alt-Elektro- und Alt-Elektronik-Geräten (Nr. 6) und von schadstoffhaltigen Abfällen
(Nr. 7), Durchführung der Abfallberatung (Nr. 8) und die Reinigung der Bioabfallgefäße (Nr.
10) - wäre die Bildung gesonderter Gebührentarife für die einzelnen Dienste offensichtlich
sowohl besonders schwierig als auch unwirtschaftlich. Die diesem Behältermaßstab zu
Grunde liegende Prämisse, dass mit zunehmender Größe und Abfuhrhäufigkeit der
bereitgestellten Restmüllgefäße nicht nur ein gesteigertes Restmüllaufkommen, sondern
auch ein Mehr an Inanspruchnahme der sonstigen Entsorgungsleistungen einhergeht, ist
denkbar und erscheint nicht offensichtlich unmöglich.
Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom
05.04.2001 - 9 A 1795/99 -.
Die Zulässigkeit einer ausschließlich am Restmüllbehälter orientierten
Gebührenbemessung folgt im Übrigen auch aus der Bestimmung in § 9 Abs. 2 Satz 5 2.
Halbsatz LAbfG. Hiernach ist es zulässig, verschiedene Abfallentsorgungsteilleistungen
über die Erhebung einer einheitlichen Abfallgebühr bezogen auf das Restmüllgefäß
abzurechnen.
Der gewählte Behältermaßstab steht in seiner konkreten Ausgestaltung auch im Einklang
mit dem Gebot des § 9 Abs. 2 Satz 3 LAbfG. Nach dieser Vorschrift sollen bei der
Gebührenbemessung wirksame Anreize zur Vermeidung, Getrennthaltung und Verwertung
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von Abfällen geschaffen werden. Anreize zur Abfallvermeidung werden hier dadurch
gesetzt, dass mit zunehmender Größe der Abfallbehälter und der Zunahme der
Entleerungshäufigkeit die Abfallgebühren linear ansteigen. Wer mit dem zugeteilten
Mindestrestabfallbehältervolumen von 20 l pro Grundstücksbewohner und Woche (§ 11
Abs. 3 AS) nicht auskommt, muss einen größeren Abfallbehälter oder eine häufigere
Entleerung beantragen und dementsprechend mehr Gebühren bezahlen. Andererseits ist
der Regelung in § 11 Abs. 4 AS zufolge die Möglichkeit eingeräumt, das
Mindesrestmüllvolumen auf bis zu 10 l pro Person und Woche zu reduzieren, wodurch
gleichzeitig entsprechend geringere Gebühren anfallen. Dabei ist unschädlich, dass diese
Reduzierungsmöglichkeit nach dem Satzungstext in das Ermessen der Stadt Witten gestellt
und auf "begründete Einzelfälle" beschränkt ist. Diese Bestimmung ist gesetzeskonform im
Hinblick auf die Regelung in § 9 Abs. 2 Satz 3 LAbfG in der Weise auszulegen, dass den
Anschlussnehmern eine entsprechende Wahlmöglichkeit zukommt. Sie wird - wie der
Kammer aus einer Reihe hier anhängiger und anhängig gewesener Verfahren bekannt ist -
vom Beklagten im Übrigen auch in entsprechender Weise praktiziert.
Der von der Stadt Witten gewählte Maßstab setzt auch Anreize für die Getrennthaltung und
Verwertung von Abfällen. Wer als Grundstückseigentümer die angebotenen
Sondersammlungs- und Entsorgungssysteme nutzt (vgl. die Aufstellung in § 17 Abs. 3 AS),
verringert Gewicht und Volumen des Abfalls, der ansonsten über die Restmülltonne zu
entsorgen wäre. Er kommt mit einem geringeren Restmüllbehältervolumen aus und spart
dadurch Gebühren. Eigenkompostierer sparen zusätzlich auf Grund eines ihnen gewährten
Gebührenabschlags (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 3 GS), da die von ihnen zu entrichtenden
Gebührensätze für das vorgehaltenen Restmüllgefäß niedriger sind, als bei Nutzern der
Abfallentsorgungseinrichtung, die neben ihrem Restmüllbehälter auch die
Bioabfallentsorgung des Beklagten in Anspruch nehmen. Umgekehrt müssen
Anschlussnehmer, die - wie der Kläger - auf Grund eines Befreiungstatbestandes (vgl. § 11
Abs. 2 AS) auf eine Trennung von Restmüll und Bioabfall verzichten und die letztere
Abfallfraktion in der Restmülltonne entsorgen, mit höheren Gebühren rechnen, weil sie
faktisch gezwungen sind, größere Restmüllvolumina in Anspruch zu nehmen.
Es ist schließlich rechtlich unbedenklich, dass nach § 11 Abs. 4 Satz 3 AS je Grundstück -
unabhängig von der Zahl der Bewohner - mindestens ein Restmüllbehälter von 60 l
aufzustellen ist. Die gesetzliche Befugnis für eine derartige Bestimmung ergibt sich aus § 9
Abs. 1 Satz 3 LAbfG. Hiernach kann in der (Abfall- )Satzung geregelt werden, dass für
einzelne Abfallfraktionen mindestens ein bestimmtes Behältervolumen vorzuhalten ist.
Allerdings ist - wie es in der Regelung weiter heißt - hierbei darauf zu achten, dass die
Anreizfunktion der Gebührenbemessung nach § 9 Abs. 2 Satz 3 zur Vermeidung,
Getrennthaltung und Verwertung nicht unterlaufen wird. Diesem Gebot wird im vorliegend
Fall dadurch entsprochen, dass auf Grund der Regelung in § 11 Abs. 6 AS die Möglichkeit
eröffnet wird, Entsorgungsgemeinschaften für benachbarte Grundstücke zu bilden. Auf
diese Weise kann etwa der allein stehende Bewohner eines Grundstücks durch
"abfallmäßigen Anschluss" an die Bewohner des Nachbargrundstücks das auf sein
Grundstück grundsätzlich entfallende Mindesrestmüllvolumen von 60 l auf das in § 11 Abs.
3 Satz 1, Abs. 4 AS vorgeschriebene Normalmaß von 20 l beziehungsweise 10 l pro
Grundstücksbewohner und Woche reduzieren und in entsprechendem Umfang Gebühren
sparen.
Das dem angefochtenen Gebührenbescheid zu Grunde liegende Satzungrecht der Stadt
Witten unterliegt auch hinsichtlich der Gebührensätze in § 3 Abs. 1 GS - namentlich im
Hinblick auf den hier einschlägigen Gebührensatz für Restmüllgefäße von 1.100 l bei 14-
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täglicher Leerung in § 3 Abs. 1 Satz 1 GS (= 3.305,28 DM) - keinen durchgreifenden
rechtlichen Bedenken. Es entspricht den gesetzlichen Vorgaben und verstößt
insbesondere nicht in rechtlich erheblicher Weise gegen das Kostenüberschreitungsverbot
des § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG. Danach soll das veranschlagte Gebührenaufkommen die
voraussichtlichen Kosten der Einrichtung in der Regel decken, aber nicht übersteigen. Bei
der nach dieser Maßgabe vorzunehmenden Kostenveranschlagung, die sich gemäß § 6
Abs. 2 Satz 1 KAG auf die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen
Kosten zu beschränken hat, steht dem Satzungsgeber ein Toleranzspielraum von bis zu 3
% zu, damit nicht bereits geringste Prognosefehler zur Ungültigkeit der Satzung führen.
Allerdings dürfen nicht willkürlich oder bewusst fehlerhaft Kosten angesetzt werden, um
etwa diesen Prognosespielraum auszunutzen.
Ständige Rechtsprechung des OVG NRW, vgl. zuletzt: Urteil vom 05.04.2001 aaO. mit
weiteren Nachweisen.
Die Bedarfsberechnung, die den hier fraglichen Gebührensätzen zu Grunde liegt, entspricht
diesen rechtlichen Maßgaben. Das vom Satzungsgeber veranschlagte
Gebührenaufkommen von 14.702.711,00 DM übersteigt auch nach Abzug (eventuell)
unzulässiger Kostenansätze nicht das nach den vorgenannten Grundsätzen ansatzfähige
Kostenvolumen.
Im Einzelnen gilt Folgendes:
Der in die Kalkulation eingestellte Ansatz für Personalkosten in Höhe 4.493.229,00 DM ist
im Wesentlichen nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, wie
sich dieser Kostenblock im Einzelnen zusammensetzt. Die vom Kläger insoweit erhobenen
Einwände dürften ausgeräumt sein, nachdem der Beklagte auf der Grundlage der
exemplarisch vorgelegten Anwesenheitsliste für den Monat Januar 2000 den konkreten
Einsatz der bei der Kostenveranschlagung berücksichtigten 14 Fahrer und 38 Lader näher
erläutert hat. Im Hinblick auf die notwendige Aufrechterhaltung der Müllabfuhr ist die
Beschäftigung einer solchen Zahl von "Müllwerkern" im Abfuhrbetrieb angesichts der
Größe der Stadt Witten und der Zahl der zum Einsatz gelangten Müllfahrzeuge auch nicht
überzogen.
Gleiches gilt für die - anteilig - berücksichtigten Kosten für die Verwaltungsmitarbeiter. Die
diesbezüglichen Ansätze für Angestellte und Beamte, die der Beklagte im Rahmen des
vorliegenden Verfahrens weiter erläutert und hinsichtlich der jeweiligen
Beschäftigungsquoten aufgeschlüsselt hat, entsprechen dem, was nach den Erfahrungen
der Kammer in Kommunen der Größenordnung von Witten üblich und insoweit auch
vertretbar ist. Was die Ansatzfähigkeit der Kosten für einen Abfallberater anbetrifft - bei der
Abfallberatung handelt es sich gemäß § 3 Satz 1 1. Halbsatz LAbFG um eine originäre
Aufgabe der Kreise und kreisfreien Städte - so hat der Beklagte auf Nachfrage durch das
Gericht dargelegt, dass der Ennepe- Ruhr-Kreis diese Aufgabe durch Verfügung vom
17.12.1992 auf die Stadt Witten übertragen hat. Eine derartige Verfahrensweise ist gemäß
§ 3 Satz 1 2. Halbsatz LAbfG zulässig, wenn die betroffene Kommune hiermit
einverstanden ist; letzteres ist im Hinblick auf die Stadt Witten offensichtlich der Fall. Da
eine - denkbare, aber rechtlich nicht zwingende - Regelung über einen Kostenersatz nicht
getroffen worden ist, verbleibt der für den Abfallberater erforderliche Aufwand bei der Stadt
Witten. Er durfte vom Satzungsgeber auf Grund der Regelung in § 9 Abs. 2 Satz 2 erster
Spiegelstrich LAbfG bei der Kalkulation der Abfallbeseitigungsgebühren ohne weiteres
berücksichtigt werden.
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Nicht ansatzfähig sind demgegenüber die unter dem Stichwort "Versorgungsanteil"
angesetzten Kosten in Höhe von 131.090,00 DM. In dieser Summe sind Leistungen -
Versorgung, anteilige Beihilfe, Sonderzuwendungen - zusammengefasst, welche die Stadt
Witten Versorgungsempfängern gewährt. Dabei handelt es sich offenbar um solche
Versorgungsempfänger, die entweder selbst im Abfallbetrieb der Stadt Witten tätig
gewesen sind oder die als Hinterbliebene Versorgungsansprüche von entsprechend
beschäftigt gewesenen Bediensteten ableiten. Die aus diesen Leistungen resultierenden
Kosten können nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG
bei der Gebührenkalkulation nicht Berücksichtigung finden. Kosten im Sinne dieser Norm
sind zu verstehen als der in einer bestimmten Periode erfolgende wertmäßige Verzehr von
Gütern und Dienstleistungen für Erstellung und Absatz betrieblicher Erzeugnisse sowie die
Aufrechterhaltung der dafür erforderlichen Kapazitäten, also den betriebsbedingten
normalen Verzehr von Produktionsfaktoren.
Vgl. grundlegend OVG NRW, Urteil vom 05.08.1994 - 9 A 1248/92 -, Nordrhein-
Westfälische Verwaltungsblätter (NWVBl) 1994, 428; Driehaus, Kommunalabgabenrecht,
Kommentar, Loseblattsamm- lung Stand: Sept. 2001, RdNr. 93a mit weiteren Nachweisen.
Aufwand für Versorgungsleistungen an ausgeschiedene Bedienstete beziehungsweise
deren Hinterbliebene ist im Sinne dieser Definition nicht betriebsbedingt; die
entsprechenden Ausgaben dienen weder unmittelbar der Erstellung des Produkts
"Abfallbeseitigung" noch sind sie zur Erhaltung der dafür benötigten betrieblichen
Kapazitäten erforderlich. Insofern ist der entsprechende Aufwand betriebsfremd und darf
bei den Personalkosten nicht berücksichtigt werden.
Vgl. hierzu auch die Aufstellungen bei Wöhe, Einführung in die Allgemeine
Betriebswirtschaftslehre, 19. Aufl. 1996, S. 1257; Heßhaus, Kalkulation kommunaler
Benutzungsgebühren, 1997, S. 74 mit weiteren Nachweisen.
Dies gilt ersichtlich unabhängig davon, ob und wie lange die Empfänger entsprechender
Versorgungsleistungen früher selbst im Abfallbetrieb tätig geworden sind. Soweit die
Vertreterin des Beklagten im Termin der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten
hat, dass die Stadt Witten hinsichtlich dieser Leistungen nicht anders behandelt werden
dürfe als eine Kommune, welche die Beiträge zu einem kommunalen Versorgungswerk in
die Gebührenkalkulation einrechne, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Dabei kann
offen bleiben, ob die unterstellte Annahme, dass derartige Versorgungsbeiträge generell in
eine Gebührenkalkulation eingestellt werden dürften, zutreffend ist. Selbst wenn dies der
Fall wäre, so wäre die gezogene Parallele fehlsam. Denn Kosten für Personal, welches
unmittelbar mit der Erstellung der in Rechnung gestellten Dienstleistung befasst ist, sind
offensichtlich leistungsbedingt. Dementsprechend können Zahlungen an die
Rentenversicherung ebenso angesetzt werden wie freiwillige Sozialaufwendungen, die
sich etwa auf Grund von Pensionszusagen ergeben.
Vgl. Wöhe und Heßhaus, jeweils aaO..
Was die weiteren in der Gebührenkalkulation berücksichtigten Kostenpositionen anbetrifft,
so vermag die Kammer die Gebührenschuldner benachteiligende Fehler nicht
festzustellen. Die in die Kalkulation eingestellten Sachkosten sind in vollem Umfang
sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach ansatzfähig. Dies gilt zunächst für den Ansatz
"Benutzung von Fahrzeugen" in Höhe von 420.000,00 DM, der die reinen Betriebskosten
(Reparaturen, Versicherungen und Steuern, TÜV etc.) für die bei der Müllentsorgung
eingesetzten 19 Fahrzeuge umfasst. Der Beklagte hat insoweit eine detaillierte
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Kostenaufstellung vorgelegt, die des Weiteren nicht mehr in Zweifel gezogen worden ist.
Die Anzahl der eingesetzten Fahrzeuge begegnet keinen Bedenken; ein entsprechender
Fahrzeugbestand ist angesichts der Größe des Entsorgungsgebietes und mit Rücksicht auf
eine notwendige Reserve durchaus angemessen. Dies gilt auch, soweit es sich bei den
Fahrzeugen nicht um reine Mülltransporter handelt. Der Einsatz von zwei Bühnenwagen
sowie zwei PKW rechtfertigt sich daraus, dass sich die von der Stadt Witten erbrachte
Entsorgungsleistung nicht lediglich auf die Leerung von Abfallgefäßen beschränkt,
sondern, wie bereits dargestellt, daneben auch eine Vielzahl sonstiger Dienstleistungen im
Abfallbereich umfasst (vgl. § 19 Abs. 4 AS).
Ebenso wenig zu beanstanden ist der Ansatz für "Fahrzeug-Leasingkosten" in Höhe von
485.100,00 DM. Diese Kosten stellen sich dem Grunde nach als Entgelt für in Anspruch
genommene Fremdleistungen dar, welches auf Grund der Bestimmung in § 6 Abs. 2 Satz 4
KAG auf die Gebühren umgelegt werden darf. Sie sind auch der Höhe nach schlüssig
belegt.
Bedenkenfrei ist weiterhin die Position "Kostenanteil Badeanlage" in Höhe von 26.000,00
DM. Dahinter verbirgt sich der - anteilige - Aufwand für eine Waschkaue - Personalkosten,
Reinigungs- und Verbrauchsmittel, Reinigung der Schutzkleidung, Wasser- und
Energiekosten -, welche die Stadt Witten unter anderem für die "Müllwerker" vorhält. Auch
dieser Aufwand, den die Stadt Witten zumindest im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht als
Dienstherrin, wenn nicht sogar auf Grund gesetzlicher Verpflichtungen zu betreiben hat, ist
dem Grunde und - wie sich aus vom Beklagten vorgelegten Unterlagen ergibt - der Höhe
nach angemessen.
Nichts zu erinnern ist schließlich gegenüber den in der Gebührenbedarfsberechnung
angesetzten kalkulatorischen Kosten. Der Beklagte hat im Hinblick auf entsprechende
Bedenken des Klägers im Einzelnen aufgeschlüsselt, wie die kalkulatorischen Kosten für
den Betriebshof auf dem "Mannesmann-Gelände" und die in diesem Zusammenhang
erstellten Betriebsanlagen ermittelt und aufgeteilt worden sind; gleiches gilt für die
sonstigen Anlagegüter, bei denen es sich im Wesentlichen um den Fahrzeugbestand und
die Müllgefäße handelt. Diese Müllgefäße sind dabei richtigerweise als Sachgesamtheit
gleichartiger Anlagegüter von hohem Bestandswert über mehrere Jahre abgeschrieben
worden.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20.09.1991 - 9 A 570/90 -.
Auf die entsprechenden Erläuterungen des Beklagten, die von der Klägerseite letztlich
auch nicht mehr in Zweifel gezogen worden sind, nimmt die Kammer insgesamt Bezug.
Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die vom Beklagten in diesem Zusammenhang
überreichte Darstellung des Restbuchwerts der Anlagegüter auf Anschaffungswertbasis
(Anlage 5 zum Schriftsatz vom 09.03.2001) insoweit missverständlich ist, als der Eindruck
entsteht, dass zwei in 1999 endgültig abgeschriebenen Müllfahrzeuge bei zwei
unterschiedlichen Positionen - und damit doppelt - als abzuziehender Abgang in Ansatz
gebracht worden sind; rechnerisch ist dies indessen - richtigerweise - tatsächlich nicht
geschehen.
Mit Ausnahme der als Personalkosten angesetzten Versorgungsleistungen entspricht die
den Abfallgebührensätzen in § 3 Abs. 1 GS zu Grunde liegende Kalkulation nach alledem
den gesetzlichen Anforderungen. Was den insoweit nicht ansatzfähigen Betrag von
131.090,00 DM anbetrifft, so liegt dieser noch unterhalb der Bagatellgrenze, die - bei einem
durch Gebühren zu deckenden Kostenbedarf von 14.571.621,00 DM (Gesamtkosten ./.
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Versorgungsleistungen ./. Einnahmen) - erst bei einem Betrag von 437.149,00 DM
überschritten wäre.
Die prognostischen Annahmen, von denen der Satzungsgeber bei der Verteilung der
Kostenmasse auf die Anschlussnehmer ausgegangen ist, unterliegen ebenfalls keinen
rechtlich erheblichen Bedenken. Dies gilt sowohl für das insgesamt veranschlagte
Restmüllbehältervolumen (= 5.052.840 l bei 14-täglicher Leerung) als auch den
angenommenen Anteil an Eigenkompostierern. Bei einer - wie der Beklagte in dem
Parallelverfahren 11 K 1147/00 vorgetragen hat - Anzahl von 21.256 Restmüllgefäßen und
einer geschätzten Zahl von 7.000 Gefäßen mit Eigenkompostierung liegt das - unter
Berücksichtigung der unterschiedlichen Behältergrößen und der sich daraus ergebenden
Verschiebungen beim Volumen - in der Kalkulation zu Grunde gelegte Verhältnis von 35%
Eigenkompostierern zu 65% Biotonnennutzer im Rahmen des dem Satzungsgeber
insoweit zuzubilligenden Beurteilungsspielraums. Die nachträglich durchgeführte
trennscharfe Erfassung der Gefäßstandorte - Restmüll mit Eigenkompostierung = 5.013
Standorte; Restmüll ohne Eigenkompostierung = 10.593 Standorte - bestätigt das
prognostisch angenommene Verteilungsverhältnis im Wesentlichen.
Der im vorliegenden Fall maßgebliche Gebührensatz ist schließlich auch nicht mit
Rücksicht auf den Gebührenabschlag fehlerhaft, den der Satzungsgeber gemäß § 3 Abs. 1
Satz 3 GS den Eigenkompostierern gewährt hat. Insoweit besteht allerdings zunächst in
tatsächlicher Hinsicht ein untrennbarer Zusammenhang zwischen den diesbezüglichen
Gebührensätzen, weil der infolge des Abschlags zwangsläufig auftretende
Gebührenausfall den übrigen Anschlussnehmern im Ergebnis zusätzlich auferlegt worden
ist. Dieser Zusammenhang ist auch rechtserheblich. Denn für die letzteren
Anschlussnehmer ergäbe sich eine ungerechtfertigte Mehrbelastung und - bei
Überschreitung der Bagatellgrenze - eine daraus folgende Nichtigkeit der sie betreffenden
Gebührensätze, wenn der Gebührenabschlag für Selbstkompostierer insgesamt nicht
gerechtfertigt oder zu hoch bemessen wäre. Aber auch in dem umgekehrten Fall eines zu
niedrigen Gebührenabschlags würde eine sich dann ergebende (Teil)-Nichtigkeit der
Gebührensätze für Selbstkompostierer nach den entsprechend anwendbaren Grundsätzen
des § 139 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) die Unwirksamkeit der übrigen
Gebührensätze - also auch des im vorliegenden Fall anwendbaren - nach sich ziehen.
Jedenfalls sind Anhaltspunkte für einen gegenteiligen Willen des Satzungsgebers nicht
ersichtlich; es ist vielmehr davon auszugehen, dass er in diesem Fall die Beitragssätze
insgesamt neu regeln wollte, um entstehende Gebührenausfälle zu kompensieren.
Vgl. zu dieser Problematik auch OVG NRW, Urteil vom 24.07.1995 - 9 A 2251/93 -, Städte-
und Gemeinderat (StuGR) 1995, S. 484, 487.
Der Gebührenabschlag, den die Stadt Witten den Selbstkompostieren einräumt, ist
zunächst dem Grunde nach nicht zu beanstanden. Vielmehr hat der Satzungsgeber
hierdurch der gesetzlichen Vorgabe des § 9 Abs. 2 Satz 7 LAbfG entsprochen, derzufolge
Eigenkompostieren ein "angemessener Gebührenabschlag" zu gewähren ist. Bezugspunkt
für diesen Abschlag ist dabei - wie der Entstehungsgeschichte der Regelung und der ihr
innewohnenden Systematik, insbesondere aber den Motiven des Gesetzgebers,
vgl. hierzu etwa Wortbeitrag der Ministerin Bärbel Höhn bei der zweiten Lesung des
Landesabfallgesetzes am 18.11.1998, Plenarprotokoll 12/101 S. 8368 (D) =
Gesetzesdokumenta- tion S. 000315,
zu entnehmen ist - die in § 9 Abs. 2 Satz 5 LAbfG geregelte "einheitliche Abfallgebühr
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bezogen auf das Restmüllgefäß". Dem entspricht das vom Satzungsgeber im vorliegenden
Fall gewählte Verfahren eines Abschlags auf die allein am Umfang des vorgehaltenen
Restmüllvolumens bemessenen Gebührensätze.
Auch der Höhe nach ist der gewährte Gebührenabschlag rechtlich bedenkenfrei. Der
Satzungsgeber hat sich hierbei - wie die Gebührenbedarfsberechnung, wenn auch etwas
fragmentarisch, ausweist - von der Erwägung leiten lassen, dass die Eigenkompostierer die
fixen Kosten der Bioabfallbeseitigung mitzutragen haben und lediglich von den variablen
Kosten der Bioabfallentsorgung zu entlasten sind. Als variablen Kostenanteil hat er
insoweit die von ihm für den Bioabfall veranschlagten Entsorgungsgebühren an den
Ennepe-Ruhr-Kreis in Höhe von 1.563.250,00 DM (6.500 t x 240,50 DM). Dies entspricht
einen Anteil von - gerundet - 9,03% an den in diesem Zusammenhang zu Grunde gelegten
Gesamtkosten für die Abfallbeseitigung in Höhe von 17.303.950,00 DM. Es kann offen
bleiben, warum der Satzungsgeber bei dieser Anteilsberechnung nicht den an anderer
Stelle ermittelten Gesamtkostenbetrag von 17.320.231,00 DM eingestellt hat, weil die
Differenz von rund 16.300,00 DM für das Ergebnis letztlich ohne Bedeutung ist.
Rechnerisch zutreffend hat der Satzungsgeber auf der Grundlage dieser Ansätze für die
Biotonnenbenutzer einen Literpreis von 3,0048 DM, für die Eigenkompostierer einen
Literpreis von 2,7335 DM, jeweils bezogen auf das vorgehaltene Restmüllvolumen,
bestimmt.
Die sich hieraus ergebenden Gebührensätze für Selbstkompostierer stehen sowohl mit
dem Landes- als auch dem Bundesrecht in Einklang. Im Rahmen der Novellierung des
Landesabfallgesetzes im Jahre 1998 hat der Landesgesetzgeber bewusst darauf
verzichtet, die Höhe des den Selbstkompostierern zu gewährenden Gebührenabschlags
näher zu konkretisieren. Er hat es insoweit in § 9 Abs. 2 Satz 7 LAbFG bei der gesetzlichen
Vorgabe eines "angemessenen" Abschlags belassen. Wie die Entstehungsgeschichte der
Gesetzesnovelle und die vom zuständigen Landtags-Ausschuss für die Einführung des
Gebührenabschlags gegebene Begründung aufzeigt,
Vgl. hierzu die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umweltschutz und
Raumordnung LTDrs. 12/3482 S. 62 = Gesetzesdokumentation S. 000268,
hatte der Gesetzgeber allerdings durchaus konkrete Vorstellungen davon, welche Kriterien
für die Höhe des Abschlags maßgebend sein könnten. Er nahm insoweit an, dass
einerseits eine Entlastung der Eigenkompostierer um von ihnen vermiedene Kostenanteile
- etwa für das Einsammeln und Befördern der biogenen Abfälle - in Betracht komme,
andererseits ein wertmäßig erfassbarer Vorteil dadurch entstehe, dass die kommunale
Struktur für die Verwertung von Bioabfällen auch Eigenkompostierern zu Nutze komme, da
sie - wie es wörtlich heißt - "bei diesen zu einer Reduktion der Kosten der
Restabfallbeseitigung und auch zu einer Qualitätssicherung des Kompostes bei den
Eigenkompostierern führen kann". Darüber hinaus könnten Eigenkompostierer
gegebenenfalls weitere in Verbindung mit der Bioabfallsammlung stehende Leistungen wie
etwa die Sammlung von Strauchschnitt im Bringsystem unentgeltlich in Anspruch nehmen.
Vgl. Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umweltschutz und Raumordnung aaO. S
62 f. Siehe hierzu auch die Dar- stellung bei Queitsch, StuGR 1999, S. 9, 14.
Inwieweit diese Erwägungen den Gegebenheiten bei den bestehenden
Entsorgungssystemen gerecht werden und gleichsam maßstabsgetreu umzusetzen sind,
kann dahinstehen; denn der zuständige Ausschuss verwies insoweit des Weiteren
ausdrücklich auf die Maßgeblichkeit der "jeweiligen örtlichen Verhältnisse" und die sich
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daraus ergebende "konkrete Höhe des Gebührenabschlags" (LTDrs. aaO. S 63). Immerhin
ist der oben wiedergegebenen Gesetzesbegründung zu entnehmen, dass der Gesetzgeber
die infrastrukturellen Vorleistungen der Kommunen für die Bioabfallbeseitigung bei der
Bemessung der Einheitsgebühr für Selbstkompostierer grundsätzlich berücksichtigt wissen
wollte. Ein Gebührenabschlag, der - wie im vorliegenden Fall - eine Beteiligung dieser
Benutzergruppe an den Kosten der entsprechenden Infrastruktur einschließt, steht von
daher nicht im Widerspruch zu den Vorgaben des § 9 Abs. 2 Satz 7 LAbfG.
Auch sonstige Erwägungen gebührenrechtlicher Art stehen dem nicht entgegen.
Namentlich der Grundsatz der gebührenrechtlichen Leistungsproportionalität schließt es
nicht aus, dass die Eigenkompostierer im Bereich der Stadt Witten mit Kosten für einen
Leistungsbereich - nämlich den fixen Kosten für die Bioabfallbeseitigung - belastet werden,
den sie nicht in Anspruch nehmen.
Vgl. hierzu allgemein OVG NRW, Urteil vom 17.03.1998 - 9 A 1430/96 - mit weiteren
Nachweisen; siehe auch Schulte/Wiesemann bei Drie- haus aaO. RdNrn. 328 ff. zu § 6.
Ausschlaggebend sind insoweit allerdings nicht die vom Gesetzgeber herausgestellten,
eher mittelbaren Kostenvorteile, welche Eigenkompostierer - gleichsam als
"Mitnahmeeffekt - auf Grund einer kommunalen Kompostierung haben mögen. Die
Belastung dieser Nutzergruppe findet ihre Rechtfertigung im vorliegenden Fall vielmehr
darin, dass die Stadt Witten im Bereich der Bioabfallbeseitigung Vorhalteleistungen
erbringt, die der Gruppe der Selbstkompostierer unmittelbar zu Gute kommen. Die Stadt
Witten ist auf Grund der satzungsrechtlichen Vorgaben in § 3 Abs. 5 der Satzung über die
Abfallwirtschaft des - entsorgungspflichtigen - Ennepe-Ruhr-Kreises vom 17.12.1992 in der
geänderten Fassung vom 21.12.1999 dazu verpflichtet, die Einsammlung und Beförderung
von Abfällen so zu organisieren, dass die getrennten Erfassung von Biomüll und sonstigem
Siedlungsabfall möglich ist. Dieses Erfassungssystem muss nachfragegerecht und
dementsprechend kapazitätsmäßig derart ausgestaltet sein, dass dorthin "zurückkehrende"
Eigenkompostierer jederzeit wieder aufgenommen werden können. Insoweit hält die Stadt
Witten das von ihr geschaffene System der getrennten Einsammlung und Beförderung von
Bioabfall in einem gewissen Umfang auch für die Gruppe der gegenwärtigen
Selbstkompostierer bereit.
Vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 05.04.2001 aaO..
Aus nämlichem Grund ist eine Beteiligung der Selbstkompostierer an den Vorhaltekosten
dieses Systems mit den bundesrechtlichen Vorgaben des allgemeinen Gleichheitssatzes
aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) zu vereinbaren.
Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 20.12.2000 - 11 C 7.00 -, Deutsches
Verwaltungsblatt (DVBl) 2001, S 489.
Dies gilt zumindest dann, wenn die für die Beseitigung des Bioabfalls anzusetzenden
Kosten nicht in krassem Missverhältnis zu den Gesamtkosten der Abfallbeseitigung stehen.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 20.12.2000 aaO. S. 490.
Dies ist hier indessen nicht der Fall. Der Beklagte hat auf Anfrage des Gerichts mitgeteilt,
dass nach der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2000 Kosten in Gesamthöhe von
rund 3,8 Mill. DM für die Bioabfallbeseitigung angefallen sind. Angesichts einer -
veranschlagten - Kostensumme von 17,2 Mill. DM für die gesamte Abfallbeseitigung kann
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von einem "krassen Missverhältnis" insoweit ersichtlich nicht die Rede sein.
Nach alledem ist es gerechtfertigt, die Eigenkompostierer an denjenigen Kosten der
Bioabfallbeseitigung zu beteiligen, die für die Herstellung und Aufrechterhaltung der
Betriebsbereitschaft des entsprechenden Systems entstehen. Hierzu zählen einerseits die
fixen Kosten,
vgl. zur Terminologie Wöhe aaO. S.505,
die bei den - kreisangehörigen - Gemeinden für das Einsammeln und den Transport dieser
Abfallfraktion anfallen. Andererseits rechnet dazu aber auch der Fixkostenanteil, den die
Kreise für die von ihnen betriebenen Entsorgungseinrichtungen aufwenden.
Dementsprechend kann der "angemessene Gebührenabschlag", der den
Eigenkompostierern gemäß § 9 Abs. 2 Satz 7 LAbfG zu gewähren ist, auf die
verbrauchsabhängigen Kosten der Bioabfallbeseitigung beschränkt werden in der Weise,
dass der auf sie angewandte Gebührensatz um den entsprechenden Kostenanteil gekürzt
wird.
Anderer Ansicht Schulte/Wiesemann bei Driehaus, aaO. RdNr. 330 zu § 6.
Hiervon ausgehend unterliegt es keinen Bedenken, dass die Stadt Witten bei der
Ermittlung des Gebührenabschlags lediglich die vom Ennepe-Ruhr-Kreis für den Bioabfall
erhobenen Entsorgungsgebühren - veranschlagte 1,56 Mill. DM - angesetzt hat. Hierbei
handelt es sich offensichtlich um "ausbringungsmengenabhängige" - variable - Kosten,
während die sonstigen Kosten in Höhe von rund 2,2 Mill. DM für Personal, Betrieb, Zinsen
und Abschreibungen etc. als fixe Kosten zu bewerten sind,
vgl. hierzu Bayerischer Verwaltungsgerichthof (VGH), Urteil vom 15.03.1991 - 23 B 90.2230
-, Kommunale Steuerzeitschrift (KStZ) 1992, S.11; Schulte/Wiesemann bei Driehaus aaO.
RdNr. 495 zu § 6,
die folglich den Eigenkompostierern angelastet werden können. Dies gilt auch - wie bereits
dargelegt - in Bezug auf die vom Ennepe-Ruhr-Kreis erhobenen Grundgebühren, soweit
diese anteilig der Bioabfallentsorgung zuzurechnen sind.
Der nach alledem in gebührenrechtlich unbedenklicher Weise ermittelte
Gebührenabschlag von 9,03 % ist auch mit Blick auf das Anreizgebot des § 9 Abs. 2 Satz 3
LAbfG nicht zu beanstanden. Dieses Anreizgebot, das nach dem Wortlaut der zitierten
Vorschrift bei der Gebührenbemessung schlechthin gilt, muss konsequenter Weise auch
bei der von den Eigenkompostierern zu entrichtenden Abfallgebühr Berücksichtigung
finden. Dementsprechend ist der nach § 9 Abs. 2 Satz 7 LAbfG zu gewährende
Gebührenabschlag derart zu bemessen, dass sich die Abfallverwertung durch
Eigenkompostierung den Anschlussnehmern als lohnende Alternative zur
Abfallbeseitigung darstellt. Diesem Anliegen ist - unabhängig von der absoluten oder
relativen Höhe des Gebührenabschlags im Einzelnen - jedenfalls dann hinreichend
Rechnung getragen, wenn sich - auch - auf Grund der Gebührengestaltung eine
nennenswerte Zahl von Anschlussnehmern zur Eigenkompostierung entschließt. Dies aber
ist im Bereich der Stadt Witten angesichts der bereits zitierten Verteilung von Grundstücken
mit Eigenkompostierung (=5.013 Standorte) und solchen ohne Eigenkompostierung
(=10.593 Standorte) offensichtlich der Fall. Auf Grund dieses Befundes ist der Rückschluss
erlaubt, dass die konkrete Gebührengestaltung im Ergebnis hinreichenden Anreiz zur
Eigenkompostierung bietet.
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Schlussendlich ist es rechtlich bedenkenfrei, dass der Gebührenabschlag linear nach
Größe des jeweils vorgehaltenen Restmüllbehälters (60-, 80-, 120-, 240-, 770- und 1.100-l-
Behälter) gewährt wird (§ 3 Abs. 1 Satz 3 GS). Dem liegt offensichtlich die Annahme zu
Grunde, dass die Menge des Restmülls mit der Menge des Bioabfalls jeweils in etwa
korreliert, so dass der Eigenkompostierer mit einer großen Restmülltonne entsprechend
mehr Bioabfall verwertet als der Eigenkompostierer mit einer kleinen Tonne. Diese
Annahme erscheint schlüssig. Sie wird im Übrigen auch nicht dadurch widerlegt, dass in
dem von der Stadt Witten vorgehaltenen System als Bioabfallgefäße lediglich Behälter in
den Gefäßgrößen 80 l, 120 l und 240 l zur Verfügung stehen (§ 10 Abs. 2 c) AS). Dies
bedarf in Bezug auf kleinere Restmüllgefäße keiner weiteren Darlegung. Was die größeren
Restmüllgefäße anbetrifft, so kann ein äquivalenter Bedarf an größerem Bioabfallvolumen
dadurch gedeckt werden, dass zusätzliche Biotonnen aufgestellt werden (§ 11 Abs. 7 AS).
Nach alledem hat der Beklagte den Kläger auf der Grundlage wirksamen Satzungsrechts
zu Gebührenzahlungen herangezogen. Die von ihm insoweit durch den angefochtenen
Bescheid vom 28.01.2000 festgesetzte Abfallbeseitigungsgebühr ist dem Grunde nach
berechtigt. Der Kläger hat den Gebührentatbestand in § 24 AS unstreitig verwirklicht, indem
er durch Bereithaltung entsprechender Müllgefäße auf seinem Grundstück die
Abfallbeseitigung der Stadt Witten in Anspruch genommen hat. Angesichts der Größe des
bereitgehaltenen Restmüllgefäßes - 1.100 l - ist die festgesetzte Gebühr schließlich auch
der Höhe nach nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die übrigen Nebenentscheidung
ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.