Urteil des VG Arnsberg vom 20.06.2005
VG Arnsberg: sanierung, öffentlich, grundstück, firma, kaserne, konzept, verwaltungsakt, nichtigkeit, anpassung, kostenbeteiligung
Verwaltungsgericht Arnsberg, 14 K 3791/04
Datum:
20.06.2005
Gericht:
Verwaltungsgericht Arnsberg
Spruchkörper:
14. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
14 K 3791/04
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, die auf dem Grundstück Gemarkung
Essentho Flur 4 Flurstück 565 (alte Parzellennummer) im Bereich des
ehemaligen Sportplatzgeländes erforderlichen Sanierungsmaßnahmen
entsprechend dem Sanierungskonzept der Firma Dr. Weßling
Beratenden Ingenieure GmbH vom 3. Mai 2001 durchzuführen.
Abweichend von diesem Konzept hat die Beklagte vier
Beweissicherungsproben als Mischproben zu entnehmen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
T a t b e s t a n d :
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Die Beklagte war Eigentümerin des Grundstücks Gemarkung Essentho Flur 4 frühere
Flurstücksbezeichnung 565, das sie mit notariellem Vertrag vom 2. Dezember 1998 von
der Bundesrepublik Deutschland erworben hatte. Auf diesem Grundstück befindet sich
der ehemalige Sportplatz einer ehemaligen belgischen Kaserne, die seit längerer Zeit
aufgegeben ist. Die obere Schicht der Laufbahn dieser Anlage besteht aus einem unter
der Bezeichnung "Kieselrot" bekannten Material, das in beträchtlichem Umfang mit
Dioxin belastet ist.
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Der Kläger bemüht sich seit geraumer Zeit um eine Sanierung des früheren
Kasernensportplatzes, der - wie die übrigen Anlagen der Kaserne - einer zivilen
Nutzung zugeführt werden soll. Zu diesem Zwecke fanden zwischen dem Kläger und
der Beklagten jedenfalls seit Anfang 2001 zahlreiche Kontakte statt, in deren Verlauf die
Beklagte ihre Bereitschaft bekundete, die Sanierung zu übernehmen, nachdem die
Bundesrepublik Deutschland in dem Vertrag vom 2. Dezember 1998 eine Beteiligung
an den Sanierungskosten in Höhe von bis zu 100.000,00 DM zugesagt hatte. Dieser
Betrag wurde im Dezember 2003 an die Beklagte ausgezahlt.
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Am 1./7. August 2002 vereinbarten die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits einen
"Sanierungsvertrag", der später in einer hier nicht interessierenden Weise geändert
wurde. Gegenstand des Vertrages war nach § 2 Abs. 1 Buchstabe b) unter anderem die
Laufbahn des Sportplatzgeländes. Diese sollte nach Maßgabe eines
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Sanierungskonzeptes, welches die Firma Dr. Weßling Beratende Ingenieure GmbH am
3. Mai 2001 im Auftrag der Beklagten vom 22. März 2001 erstellt hatte, erfolgen.
Abweichend von den Vorschlägen des Gutachters wurde vereinbart, von der sanierten
Fläche vier Beweissicherungsproben als Mischproben zu entnehmen, und zwar aus der
Geraden, der Gegengeraden und den beiden Kurven der Laufbahn. Die Kosten der
Sanierung hatte die Firma Dr. Weßling GmbH auf etwa 125.000,00 DM veranschlagt. In
§ 3 Abs. 2 des Vertrages vom 1./7. August 2002 verpflichtete sich die Beklagte, die
Kosten der vereinbarten Sanierungsmaßnahme zu tragen.
In der Folgezeit unternahm die Beklagte keine nennenswerten Schritte zur Sanierung
der ehemaligen Laufbahn. Deshalb wurde sie seitens des Klägers mehrfach gemahnt,
wobei dieser sich zumeist an die damaligen Bevollmächtigten der Beklagten wandte.
Zuletzt fand im September 2004 ein einschlägiges Telefongespräch statt. Gleichwohl
ergriff die Beklagte keine nennenswerten Sanierungsmaßnahmen.
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Am 1. Dezember 2004 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben, zu deren
Begründung er im Wesentlichen geltend macht: Die Beklagte sei aufgrund des
Vertrages vom 1./7. August 2002 zu der dort beschriebenen Sanierung des Sportplatzes
verpflichtet. Dieser Pflicht sei sie nicht nachgekommen, so dass Klage geboten sei.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, die auf dem Grundstück Gemarkung Essentho Flur 4
Flurstück 565 im Bereich des ehemaligen Sportplatzes erforderlichen
Sanierungsmaßnahmen entsprechend dem von der Fa. Dr. Weßling Beratende
Ingenieure GmbH, Bochum, am 3. Juni 2001 erstellten Sanierungskonzept (Anlage)
durchzuführen, wobei abweichend von diesem Konzept von der sanierten Fläche vier
Beweissicherungsproben als Mischproben zu entnehmen sind.
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Die Beklagte, der die Klageschrift am 7. Dezember 2004 ordnungsgemäß zugestellt
worden ist, hat keinen Antrag gestellt. Zur Sach- und Rechtslage hat sie sich ebenfalls
nicht geäußert.
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Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im
Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge des Klägers Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Kammer entscheidet über die vorliegende Klage nach Anhörung der Parteien auf
der Grundlage von § 84 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) durch
Gerichtsbescheid, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder
rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.
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Die Klage ist als (allgemeine) Leistungsklage zulässig. Soweit der Tenor des Urteils von
dem schriftsätzlichen Antrag des Klägers abweicht, dient dies lediglich der Klarstellung,
zumal das Grundstück Gemarkung Essentho Flur 4 Flurstück 565 (dieses war
Gegenstand des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der
Beklagten) heute nicht mehr existiert. Die unzutreffende Bezeichnung des Grundstücks
in der Klageschrift ist indessen unschädlich, weil aus dem übrigen Wortlaut des Antrags
und des Inhalts der Klage eindeutig zu erkennen ist, welche konkrete Fläche von der
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Beklagen zu sanieren ist.
Der Verwaltungsrechtsweg ist nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO gegeben, weil der Streit
um die Verpflichtung der Beklagten aus dem Sanierungsvertrag dem öffentlichen Recht
zuzuordnen ist. Ausweislich seiner Präambel handelt es sich bei dem
Sanierungsvertrag um eine Vereinbarung im Sinne von § 13 Abs. 4 des Bundes-
Bodenschutzgesetzes; die Rechtsmaterie des Bodenschutzes ist dem öffentlichen
Recht zuzuordnen. Ein Sanierungsvertrag nach § 13 Abs. 4 Bundes-Bodenschutzgesetz
ist mithin ein öffentlich-rechtlicher Vertrag nach den §§ 54 ff. des
Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG),
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vgl. Landel/Vogg/Wüterich, Bundes-Bodenschutzgesetz (2000) § 13 Rand-Nr. 29.
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Es fehlt auch nicht am Rechtsschutzbedürfnis des Klägers. Nachdem die
Vertragsparteien nicht von der Möglichkeit des § 61 VwVfG Gebrauch gemacht haben,
die Unterwerfung unter die sofortige Vollstreckung zu vereinbaren, muss der Kläger
seine Ansprüche gegen die Beklagte gerichtlich geltend machen, um gegebenenfalls
aus einem rechtskräftigen Urteil gegen die Beklagte vollstrecken zu können.
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Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat aufgrund des zwischen den Beteiligten
geschlossenen Vertrages vom 1./7. August 2002 einen Rechtsanspruch auf die im
Tenor dieses Urteils im Einzelnen aufgeführte Leistung.
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Der öffentlich-rechtliche Vertrag ist wirksam zustande gekommen. Nach § 54 Satz 1
VwVfG kommt ein öffentlich- rechtlicher Vertrag unter anderem dann in Betracht, wenn
andernfalls ein Verwaltungsakt ergehen würde. Dies ist hier der Fall. Die Beklagte als
(ehemalige) Eigentümerin des belasteten Grundstücks hätte auch im Wege einer
Ordnungsverfügung in Anspruch genommen werden können, die Sanierung zu
erledigen. Stattdessen haben sich die Beteiligten in zulässiger Weise der Vertragsform
bedient. Dem Erfordernis des § 57 VwVfG, wonach ein öffentlich-rechtlicher Vertrag
schriftlich zu schließen ist, wurde entsprochen.
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Umstände, die gemäß § 59 VwVfG zur Nichtigkeit des Vertrages führen könnten, sind
nicht ersichtlich. Gleiches gilt für eine etwaige Anpassung und Kündigung des Vertrages
nach § 60 VwVfG.
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Der klageweise geltend gemachte Anspruch ist auch fällig. Nach § 4 des Vertrages
sollte die Sanierung bis zum 30. Juni 2003 abgeschlossen werden. Zwischenzeitlich
sind nahezu zwei Jahre verstrichen, ohne dass die Laufbahn des ehemaligen
Sportplatzes von der dort aufgebrachten Schlacke befreit worden wäre. Der Kläger hat
die Beklagte auch mehrfach gemahnt; die Beklagte hat ausweislich der
Verwaltungsvorgänge des Klägers auch die Kostenbeteiligung der Bundesrepublik
Deutschland in Anspruch genommen, ohne ihrerseits zu leisten und den Vertrag zu
erfüllten. Dafür, dass die Beklagte die Nichtleistung etwa nicht zu vertreten haben
könnte, gibt es keinen Anhaltspunkt.
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Sonstige Gesichtspunkte, die der Begründetheit der Klage entgegenstehen könnten,
sind nicht ersichtlich. Ergänzend kann Bezug genommen werden auf die ausführlich
begründete Klageschrift. Indem die Beklagte mit keinem Wort den dortigen
Ausführungen entgegen getreten ist, bringt sie augenscheinlich zum Ausdruck, dass
auch sie keine Zweifel am Erfolg des Rechtsmittels hat. Angesichts dessen verbieten
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sich an dieser Stelle weitere Ausführungen des erkennenden Gerichts.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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