Urteil des VG Arnsberg vom 29.11.2006
VG Arnsberg: aufschiebende wirkung, gerät, öffentliche sicherheit, gefahr, software, obg, spiel, wahrscheinlichkeit, vergünstigung, option
Verwaltungsgericht Arnsberg, 1 L 372/06
Datum:
29.11.2006
Gericht:
Verwaltungsgericht Arnsberg
Spruchkörper:
1. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
1 L 372/06
Tenor:
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten es hinsichtlich der
Ziffern 1 (betreffend die Spielgeräte Maxi Game", Captain Cook", Crown
Jewels De Luxe" und Bingo Gold"), 4 und 6 des Bescheides des
Antragsgegners vom 7. April 2006 übereinstimmend für in der
Hauptsache erledigt erklärt haben.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruches der Antragstellerin vom
18. April 2006 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 7. April
2006 wird wiederhergestellt: a) hinsichtlich der Ziffer 1 des Bescheides,
soweit darin die Aufstellung und der Betrieb des Gerätes Ultra Hot"
untersagt wird; b) hinsichtlich der Ziffer 1 des Bescheides, soweit darin
die Aufstellung und der Betrieb des Tokenmanagers untersagt wird.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruches der Antragstellerin vom
18. April 2006 gegen die Androhung von Zwangsgeldern zu Ziffer 9 in
dem angefochtenen Bescheid des Antragsgegners vom 7. April 2006
wird angeordnet: a) hinsichtlich der Androhung zu Ziffer 1 des
Bescheides, soweit das Spielgerät Ultra Hot" betroffen ist, b) hinsichtlich
der Androhung zu Ziffer 1 des Bescheides, soweit der Tokenmanager
betroffen ist.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt drei Viertel, der Antragsgegner ein Viertel der
Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 16.250,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
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Soweit die Beteiligten das Verfahren hinsichtlich der Ziffern 1 (betreffend die Spielgeräte
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„Maxi Game", „Captain Cook", „Crown Jewels De Luxe" und „Bingo Gold"), 4 und 6 des
Bescheides des Antragsgegners vom 7. April 2006 übereinstimmend für in der
Hauptsache erledigt erklärt haben, war gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 der
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) - nach deklaratorischer Teileinstellung
entsprechend § 92 Abs. 3 VwGO - nurmehr über die Kosten des Verfahrens zu
entscheiden.
Der sinngemäße Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihres
Widerspruches vom 18. April 2006 gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners
vom 7. April 2006 wiederherzustellen bzw. anzuordnen,
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ist im Übrigen als Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO zulässig, aber nur teilweise
begründet, wie aus dem Tenor ersichtlich. Die Regelungen in dem angefochtenen, den
besonderen Begründungsanforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO noch genügenden
Bescheid stoßen teilweise auf rechtliche Bedenken. Daher fällt die gebotene
Interessenabwägung auch teilweise zugunsten der Antragstellerin aus, soweit deren
private Interessen das öffentliche Interesse an dem Vollzug der angefochtenen
Ordnungsverfügung überwiegen; im Übrigen fällt sie zu ihren Ungunsten aus, soweit
rechtliche Bedenken gegen die Regelungen in dem Bescheid nicht überwiegen und
auch die offene Interessenabwägung gegen die Antragstellerin spricht.
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1. Rechtsgrundlage der angefochtenen Verfügung zu Ziff. 1. der Ordnungsverfügung
hinsichtlich der Untersagung der Aufstellung und des Betriebes im Einzelnen
bezeichneter „Unterhaltungsspielgeräte" - soweit diese noch Gegenstand des
Verfahrens sind - ist jedenfalls § 15 Abs. 2 der Gewerbeordnung (GewO). Danach kann
die Fortsetzung eines Gewerbes von der zuständigen Stelle verhindert werden, wenn
ein Gewerbe ohne die entsprechende Erlaubnis, Genehmigung, Konzession oder
Bewilligung (Zulassung) betrieben wird. Hierzu gehören auch Maßnahmen, die auf die
Entfernung von Spielgeräten gerichtet sind, die gemäß § 33 c oder § 33 d GewO einer
Zulassung bedürften, sie aber nicht haben. Die rechtlichen Anforderungen an
zulassungsfreie Spielgeräte stellt § 6a der Verordnung über Spielgeräte und andere
Spiele mit Gewinnmöglichkeit (SpielV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.
Januar 2006 (BGBl I S. 280) auf. Nach Satz 1 dieser Vorschrift ist die Aufstellung und
der Betrieb von Spielgeräten, die keine Bauartzulassung oder Erlaubnis nach den §§ 4,
5, 13 oder 14 erhalten haben oder die keiner Erlaubnis nach § 5a bedürfen, verboten, a)
wenn diese als Gewinn Berechtigungen zum Weiterspielen sowie sonstige
Gewinnberechtigungen oder Chancenerhöhungen anbieten oder b) wenn auf der
Grundlage ihrer Spielergebnisse Gewinne ausgegeben, ausgezahlt, auf Konten,
Geldkarten oder ähnliche zur Geldauszahlung benutzbare Speichermedien aufgebucht
werden. Gemäß Satz 2 der Vorschrift ist die Rückgewähr getätigter Einsätze unzulässig.
Satz 3 der Vorschrift sieht vor, dass die Gewährung von Freispielen nur zulässig ist,
wenn sie ausschließlich in unmittelbarem zeitlichem Anschluss an das entgeltliche
Spiel abgespielt werden und nicht mehr als sechs Freispiele gewonnen werden können.
Welches der in der Ordnungsverfügung genannten und noch im Streit verbliebenen
Geräte in welcher Weise gegen die vorgenannten Maßgaben des § 6a SpielV verstößt,
lässt sich der Verfügung zwar nicht entnehmen, so dass insoweit bereits ein Verstoß
gegen die Begründungspflicht vorliegt. Gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 des
Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) ist ein
schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter
Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen. Dabei muss die Begründung auf
den konkreten Fall abstellen und darf sich nicht in formelhaften allgemeinen
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Darlegungen erschöpfen.
Vgl. nur: Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 9. Auflage, 2005,
§ 39 Rn. 19.
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Diesen Erfordernissen tut die Begründung zu Ziff. 1 der angefochtenen Verfügung nicht
Genüge. Die Begründung der Beseitigungsanordnung erschöpft sich in allgemeinen
Ausführungen über die Unzulässigkeit sog. „fun games", einer Wiedergabe des
Verordnungstextes, der Begründung des Verordnungsgebers und der Fundstelle einer
Gerichtsentscheidung mit dem allgemeinen Hinweis, dass „die unter Ziffer 1 genannten
Geräte (...) alle nicht die Voraussetzungen des § 6a SpielV" erfüllen. Da aber der
Formverstoß gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG NRW durch den ergänzenden Vortrag des
Antragsgegners hinsichtlich der konkreten Spielgeräte in diesem Verfahren geheilt
worden sein dürfte, ist hinsichtlich der einzelnen Geräte nach dem Vortrag der
Beteiligten im Verlaufe dieses Verfahrens in der Sache auszuführen:
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a) Gerät „Trendy": Es spricht Maßgebliches dafür, dass die Beseitigungsanordnung
rechtmäßig ist, weil das Gerät gegen § 9 Abs. 1 SpielV verstößt. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz
1 SpielV darf der Aufsteller eines Spielgerätes oder der Veranstalter eines anderen
Spieles dem Spieler für weitere Spiele hinsichtlich der Höhe der Einsätze keine
Vergünstigungen, insbesondere keine unentgeltlichen Spiele, Nachlässe des Einsatzes
oder auf den Einsatz oder darüber hinausgehende sonstige finanzielle Vergünstigungen
gewähren. Die Software des „Trendy" erlaubt die Gewährung sog. „Bonuskredite" an
einen Spieler. Hierbei handelt es sich nach Angaben der Antragstellerin wirtschaftlich
um die Rabattierung eines getätigten Einsatzes. Diese Rabattgewährung ist jedoch
unzulässig.
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Vgl. zu derartigen Rabatten auch Verwaltungsgericht Osnabrück, Beschluss vom 25.
April 2006 - 1 B 21/06 - (Juris).
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Bei der vorliegenden Rabattgewährung handelt es sich um einen Einsatznachlass im
Sinne des § 9 Abs. 1 SpielV für weitere Spiele, wie bereits die Bezeichnung als
„Bonuskredit" hinreichend deutlich macht. Denn die gewährte Vergünstigung kann (und
muss) in der Form eines zusätzlichen Spieles „abgespielt" werden. Darüber hinaus
handelt es sich auch um die Gewährung eines „weiteren unentgeltlichen" Spieles im
Sinne der Vorschrift. Nach der Darstellung in der Bedienungsanleitung des „Trendy" (Bl.
140 der Gerichtsakte) ist der „Bonuskredit" offenbar eine standardmäßige
Softwareeinstellung der Maschine, so dass die - wohl zu bejahende - Frage, ob bereits
eine - abschaltbare - Option in der Software eines an sich zulassungsfreien
Unterhaltungsspielgerätes zu seiner Unvereinbarkeit mit § 6a SpielV führt (vgl. dazu
unten), hier nicht beantwortet werden muss. Sollte die Softwareoption abschaltbar sein,
gälten hier indes die Ausführungen unten c) entsprechend.
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b) Gerät „Photo Play": Für eine Spielverordnungswidrigkeit dieses Gerätes im Zeitpunkt
des Erlasses der angefochtenen Verfügung sprechen ebenfalls überwiegende
Anhaltspunkte. Der Antragsgegner hat ein „Prämiensystem" im Menü dieses Gerätes
gerügt, das jedenfalls zu einem Verstoß gegen § 9 Abs. 2 SpielV führt. Nach dieser
Vorschrift darf der Aufsteller eines Spielgerätes oder der Veranstalter eines anderen
Spieles dem Spieler neben der Ausgabe von Gewinnen über gemäß den §§ 33c und
33d der Gewerbeordnung zugelassene Spielgeräte oder andere Spiele keine sonstigen
Gewinnchancen in Aussicht stellen und keine Zahlungen oder sonstige finanziellen
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Vergünstigungen gewähren. Die Kammer legt diese Vorschrift als generelles Verbot
aller Zahlungen und Vergünstigungen an Spieler aus, die über diejenigen hinausgehen,
die von den bezeichneten zugelassenen Automaten gewährt werden.
Vgl. Beschluss vom 29. Mai 2006 - 1 L 263/06.
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Das „Prämiensystem" des Gerätes stellt eine solche Vergünstigung dar. Aufgrund des
„Prämiensystems" war die Möglichkeit gegeben, angesammelte Punktestände in
kommerzielle Prämien umzumünzen. Hierzu hat die Antragstellerin unter Hinweis auf
ein Schreiben der Herstellerfirma „fun net" dargelegt, dass Gewinnmöglichkeiten, auch
in Form von Gutscheinen, mit dem Inkrafttreten der neuen Spielverordnung auf „Photo
Play Terminals" nicht mehr zu finden sind. Im Zeitpunkt des Erlasses der
verwaltungsbehördlichen Entscheidung war dieser Menüpunkt auf dem Gerät der
Antragstellerin aber offenbar noch in Betrieb, wie die in den Verwaltungsvorgängen
befindliche Fotografie (Bl. 74 der Verwaltungsvorgänge) vom 6. April 2006 nahelegt. Die
Antragstellerin hat zudem nicht dargelegt, dass der Menüpunkt auch auf dem von ihr
aufgestellten Gerät inzwischen beseitigt wurde.
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c) Gerät „Black Jack": Auch hier spricht Überwiegendes für eine Unvereinbarkeit mit den
Vorschriften der Spielgeräteverordnung. Hinterlegungsspeicher und Tokenauswurf
verstoßen gegen das Verbot der Rückgewähr getätigter Einsätze (§ 6a Satz 2 SpielG).
Nach den Angaben des Herstellers der Maschine (Bl. 184 der Gerichtsakte) sind
Hinterlegungsspeicher und Wertmarkenausgabe (nur) softwaremäßig deaktivierbar.
Eine bloße softwaremäßige Deaktivierbarkeit von Optionen, welche die
Zulassungsfreiheit entfallen lassen, genügt den Vorgaben des § 6a SpielV jedoch nicht.
Bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift sind die dort bezeichneten Eigenschaften
eines Unterhaltungsspielgerätes mit der Zulassungsfreiheit dieser Geräte generell
unvereinbar. Die Regelung macht bei den Spielgeräten keinen Unterschied zwischen
einer Programmvariante, welche diese verbotenen Eigenschaften im aktuellen
Spielbetrieb nicht aufweist, und einer im aktuellen Betrieb unzulässigen
Programmvariante. Diese Auslegung wird durch das Ziel einer effizienten
Missbrauchsvorbeugung unterstützt, denn die praktische Überwachung der Maschinen
zugunsten einer Eindämmung der gerade vom Automatenspiel ausgehenden
erheblichen Suchtgefahren ist anders kaum zu bewerkstelligen. Eine zur
Zulassungspflichtigkeit führende Option in der Software eines angeblich
zulassungsfreien Spielgerätes macht bei einer Aufstellung des Gerätes im
Geltungsbereich der Spielgeräteverordnung und der Gewerbeordnung auch keinen
Sinn, weil der Aufsteller des Gerätes sich ohnehin an die Vorgaben der Rechtsordnung
halten muss, und er die rechtswidrige Option daher gar nicht auswählen dürfte. Den
Herstellern ist es zumutbar, sich hierauf einzustellen, auch wenn sie die Geräte für einen
internationalen Markt herstellen. Den Erfordernissen unterschiedlicher
Rechtsordnungen kann mit entsprechender „optionsfreier" Software Rechnung getragen
werden. Nach diesen Maßgaben trifft die angefochtene Regelung hier nicht auf
rechtliche Vorbehalte, weil die Antragstellerin bislang nicht dargelegt hat, dass die mit §
6a Satz 2 SpielV unvereinbaren Optionen des Gerätes jedenfalls unumkehrbar beseitigt
wurden.
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d) Gerät „Fun City Pro": Hierfür gilt sinngemäß das unter c) Ausgeführte.
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e) Gerät „Ultra Hot" (oder „Magic Games"): Bezüglich dieses Gerätes überwiegen die
Interessen der Antragstellerin, denn sie hat dargelegt, dass eine Einsatzrückgewähr
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über ein Softwareupdate des Herstellers nicht mehr möglich ist; dem ist der
Antragsgegner nicht entgegengetreten.
f) Gerät „Magic Chance Jackpot": Es spricht Überwiegendes für die Rechtmäßigkeit der
diesbezüglichen Beseitigungsverfügung. Der Antragsgegner hat das Gerät in seiner
Ordnungsverfügung zwar unter die inkriminierten „fun games" eingeordnet. Nach den
Angaben und Beschreibungen der Antragstellerin handelt es sich jedoch hierbei um ein
„Promotion-Gerät", das einmal täglich einen Gewinn ohne eigenen Einsatz ermöglicht.
Doch selbst wenn man hiervon zugunsten der Antragstellerin ausgeht, ist die
Beseitigungsanordnung mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtmäßig, weil ein Verstoß
gegen § 9 Abs. 2 SpielV vorliegt. Bereits aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 SpielV ergibt
sich ein umfassendes Verbot der In-Aussicht- Stellung sonstiger Gewinnchancen und
der Gewährung von Zahlungen oder sonstigen finanziellen Vergünstigungen. Die
Regelung differenziert weder nach Entgeltlichkeit und Unentgeltlichkeit noch nach
Koppelung des zusätzlichen Gewinnspiels mit einem Spielgerät oder anderem Spiel
und einer entsprechenden Entkoppelung. Danach erscheint es sachgerecht, zum
Schutz des Spielers und zur Verhinderung der Gefahr gesteigerter Spielanreize das
Spiel als Werbemittel für die Durchführung weiterer, dann kostenpflichtiger Spiele zu
untersagen.
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So auch Verwaltungsgericht Würzburg, Beschluss vom 7. März 2006 - W 5 S 06.162 -
(Juris).
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g) Die Untersagung der Aufstellung des Tokenmanagers dürfte dagegen nach einer
Beseitigung der vorstehend beanstandeten Geräte rechtlich bedenklich sein. Hierzu hat
die Antragstellerin dargelegt, dass es sich bei dem „Tokenmanager" um ein
Geldwechselsystem handelt, das Geld in Spielmarken wechselt. Auch wenn eine
Rücktauschoption noch nicht beseitigt worden sein sollte, spricht Vieles dafür, dass der
Rücktausch von Token, die ein Spieler z. B. auf Vorrat erworben hat, nicht grundsätzlich
spielverordnungswidrig ist. Letzeres wäre allenfalls denkbar, wenn Token rückgetauscht
werden, die der Spieler zuvor an einem Spielgerät „gewonnen" hat. Sofern die
beanstandeten und zwischenzeitlich nicht umgerüsteten Geräte entfernt werden - wozu
die Antragstellerin nach den obigen Ausführungen verpflichtet ist -, spricht
Überwiegendes dafür, dass das Wechselgerät weiterbetrieben werden darf.
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2. Die Untersagung der Aufstellung, Einrichtung und des Betriebes von „Jackpot-
Systemen" sowie sonstigen Verlosungen und Gewinnsystemen, die nach § 9 Abs. 2
SpielV (vgl. oben 1.f) nicht zulässig sind (Ziffer 2 der Ordnungsverfügung), trifft nicht auf
rechtliche Bedenken. Die auf § 15 Abs. 2 GewO gestützte Regelung erfasst auch das
Gerät „Magic Chance Jackpot" (vgl. 1. f), das von der Antragstellerin aufgestellt worden
ist. Insoweit bleibt sie als sinngemäße Wiedergabe des Verordnungswortlauts und
Anlass zum Hinweis im Einzelfall beanstandungsfrei. Eine „Stigmatisierung" der
Automatenbranche lässt sich dem Verbot, das mit den Vorgaben der Spielverordnung in
Übereinstimmung steht, nicht entnehmen; sie wäre als solche auch wohl rechtlich
unbeachtlich.
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3. Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung zu Ziff. 3 der Ordnungsverfügung, die in
der Spielhalle zulässigen Geldspielgeräte so aufzustellen, dass zwischen den 2er
Gruppen entweder ein Mindestabstand von 3 m eingehalten wird, oder zwischen den
jeweiligen Gruppen ein Mindestabstand von 1 m eingehalten wird, wenn diese Gruppen
durch eine Sichtblende in einer Tiefe von mindestens 0,80 m (gemessen von der
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Gerätefrontscheibe) bis in Höhe der Geräteoberkante voneinander getrennt sind, ist § 14
Abs. 1 des Ordnungsbehördengesetzes (OBG). Nach dieser Vorschrift können die
Ordnungsbehörden die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Falle
bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung (Gefahr) abzuwehren.
Vorliegend besteht diese Gefahr in der Verletzung der Vorschrift des § 3 Abs. 2 Satz 2
SpielV. Danach hat der Aufsteller die Geräte einzeln oder in einer Gruppe mit jeweils
höchstens zwei Geräten in einem Abstand von mindestens 1 Meter aufzustellen,
getrennt durch eine Sichtblende in einer Tiefe von mindestens 0,80 Meter, gemessen
von der Gerätefront in Höhe mindestens der Geräteoberkante. Die entsprechende
Anordnung des Antragsgegners zu Ziff. 3 der Ordnungsverfügung gibt damit nur die
bereits in der genannten Vorschrift aufgestellten Anforderungen wieder. Der
Antragsgegner hat jedenfalls die Geeignetheit der von der Antragstellerin benutzten
Blumenbänke als Sichtblenden wohl zu Recht bezweifelt, wie die vorgelegten
Fotografien (Bl. 72 der Verwaltungsvorgänge) beweisen. Eine Beseitigung oder den
Ersatz der Blumenbänke hat er nicht verlangt. Ob von der Antragstellerin sonst benutzte
Sichtblenden tatsächlich den Verordnungszweck erfüllen, ist fraglich, aber nicht mehr
entscheidend. Hieraus folgt jedenfalls, dass die Anordnung zu Ziff. 3 der angefochtenen
Verfügung voraussichtlich nicht auf rechtliche Bedenken stößt.
4. Die auf § 14 Abs. 1 OBG fußende Anordnung zu Ziff. 5 der Ordnungsverfügung ist mit
überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtmäßig, weil auch hier eine Gefahr für die
Rechtsordnung im Sinne der Vorschrift vorliegt. Die Untersagung von finanziellen
Vergünstigungen an die Kunden der Antragstellerin z. B: durch die Geräte „Trendy" und
„Magic Chance Jackpot" steht mit der generellen Regelung des § 9 Abs. 2 SpielV,
welche die Gewähr jeglicher Vergünstigungen außerhalb zugelassener Gewinne
verbietet, in Einklang. Die Bezeichnung „finanzielle Vergünstigung" nimmt insoweit
auch lediglich den Wortlaut des § 9 Abs. 2 SpielV auf. Auf die Ausführungen zu 1. a)
und f) wird ergänzend Bezug genommen.
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5. Die Anordnung zu Ziff. 7 der Ordnungsverfügung ist mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit bedenkenfrei (§ 14 Abs. 1 OBG iVm § 33i Abs. 1 Satz 1 GewO). Die
beiden Spielhallen der Antragstellerin in der S.------------straße sind unstreitig jeweils als
einzelne Spielhallen konzessioniert worden. Eine faktische räumliche Verbindung
beider Betriebe, wie sie in den Verwaltungsvorgängen des Antragsgegners
dokumentiert ist, widerspricht dieser separaten Konzessionierung.
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Vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 20. Dezember 2005 - 22 ZB
05.3030 - (Juris), m. zahlr. weit. Nachw.
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Einer Verwendung der Ausgänge der einzelnen Spielhallen als Fluchttüren steht dies
nicht entgegen, weil einfache technische Maßnahmen die Zuwegungen als Notausgang
ohne Eröffnung eines Dauerzuganges zu den jeweils dahinter liegenden
Räumlichkeiten der anderen Spielhalle nutzbar machen können.
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Die Interessenabwägung fällt daher mit Ausnahme der Regelungen betreffend das
Gerät „Ultra Hot" und den Tokenmanager zuungunsten der Antragstellerin aus. Das
Automatenspiel bedarf auf Grund seines Gefährdungspotentials, welches nach
derzeitiger Erkenntnislage dasjenige von z. B. Lotto oder Sportwetten weit übersteigt,
strengster Kontrolle. Verstöße gegen die Vorschriften der Spielverordnung müssen
danach auch nicht zeitweise zu geduldet werden, zumal die Automatenhersteller - wie
sich teilweise auch aus den vorgelegten Dokumenten in diesem Verfahren ergibt -
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zumindest in der Lage sind, ihre Produkte in kürzester Zeit den gesetzlichen Vorgaben
anzupassen.
Die auf §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60, 63 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für
das Land Nordrhein-Westfalen gestützten Zwangsmittelandrohungen in dem
angefochtenen Bescheid zu Ziffer 9. betreffend die Ziff. 1., die unproblematisch
dahingehend auszulegen sind, dass für jedes der unter Ziffer 1. der Ordnungsverfügung
aufgeführten Geräte ein Zwangsgeld in Höhe von 750,00 EUR für den Fall der
Nichtbefolgung der Beseitigungsverfügung angedroht wird, sind hinsichtlich der
beanstandeten Geräte (s. o.) ebenso wie die Androhungen unter Ziffer 9 bezüglich der
Ziff. 2, 3, 5 und 7 der Ordnungsverfügung rechtlich bedenkenfrei. Im Übrigen (Geräte
„Ultra Hot" und Tokenmanager) teilen die Zwangsmittelandrohungen das rechtliche
Schicksal der Verfügungsziffern, auf die sich sich beziehen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1, 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Soweit die
Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben
(Ziffer 1 betreffend die Spielgeräte „Maxi Game", „Captain Cook", „Crown Jewels De
Luxe" und „Bingo Gold", Ziffer 4 und Ziffer 6 der angefochtenen Ordnungsverfügung vom
7. April 2006), war gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO nurmehr über die Kosten des
Verfahrens zu entscheiden, wobei der bisherige Sach- und Streitstand zu
berücksichtigen war. Danach erschien angesichts des Sach- und Streitstandes die
Kostenteilung angemessen, weil der Verfahrensausgang insoweit offen erschien. Zwar
hat die Antragstellerin die genannten Geräte vor der Entscheidung der Kammer entfernt,
so dass unterstellt werden könnte, sie sei der Anordnung des Antragsgegners freiwillig
gefolgt. Jedoch hatte die Antragstellerin weiter vorgetragen, sie behalte sich vor, die
Geräte wieder in Betrieb zu nehmen, und darauf hingewiesen, dass hinsichtlich dieser
Geräte eine Umrüstverfügung das mildere Mittel gewesen sei. Die Entscheidung der
hiernach aufgeworfenen Fragen bedürfte weiterer umfangreicher Ermittlungen, die im
Rahmen einer Kostenentscheidung wie der vorliegenden unangebracht sind.
Entsprechendes gilt für das Prüfzeichen und das Informationsmaterial. Es bedürfte
nämlich weiterer Erhebungen zu klären, ob Prüfzeichen und Informationsmaterial vor
oder nach Erlass der angefochtenen Ordnungsverfügung angebracht bzw. ausgelegt
waren. Die Kammer weist darauf hin, dass die Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides
des Antragsgegners vom 7. April 2006 nicht übereinstimmend für erledigt erklärt wurde.
Im Übrigen hat die Kammer bei der einheitlichen Kostenentscheidung und der
Festsetzung der Quote den Erfolg der Beteiligten hinsichtlich des noch streitigen Teils
der Ordnungsverfügung berücksichtigt.
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Soweit die Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 7. November 2006 auf das Urteil des
Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 26. Oktober 2006 in Sachen der Kommission
gegen die Hellenische Republik - Rs. 1 C 65/05 - verwiesen hat, ist nicht dargelegt oder
ersichtlich, welche Auswirkungen dieses Urteil, mit dem der EuGH die strafbewehrte
griechische Verbotsregelung, elektrische, elektromechanische und elektronische Spiele
einschließlich aller Spiele für elektronische Rechner an öffentlichen oder privaten Orten
mit Ausnahme von Spielkasinos einzurichten und zu betreiben, für europarechtswidrig
erachtete, auf den vorliegenden Fall haben soll.
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Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2, 63 Abs. 2 Nr. 1 des
Gerichtskostengesetzes. Bei der Höhe der Festsetzung hat die Kammer für jedes
einzelne, in seinen Eigenschaften umstrittene Gerät (zehn konkret bezeichnete
Spielgeräte, ein Tokenmanager) die Hälfte des Auffangstreitwertes - der für ein
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Geldspielgerät regelmäßig in voller Höhe angesetzt wird - und für die Regelungen im
Übrigen insgesamt ebenfalls den Auffangstreitwert zugrundegelegt. Wegen der
Vorläufigkeit des Verfahrens war diese Summe zu halbieren.
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